Toyz Club, München - Erste Sendung

IMC München + Feierwerk 12.12.2003 00:44 Themen: Indymedia Kultur Netactivism Repression
"Toyz sind die Anfänger, die Neulinge. Toyz sind Spielzeuge - multimediale Spielzeuge. Im "Toyz Club" wird ernsthaft gespielt. Und zwar mit politischen Inhalten und mit der Nutzung, der Umnutzung und dem "Missbrauch" multimedialer Kommunikationsmittel."
+Am 23.11.2003 fand in der Kranhalle im Münchner Feierwerk der erste sogenannte "Toyz Club" statt, ein abendfüllendes Event mit politischer Kunst, visuellen Spielereien, Filmvorführungen, Konzerten und einer Podiumsdiskussion.

Das Thema lautete "Total Control" -totale Überwachung- und es ging dabei um Überwachung durch den Staat, Kontrolle durch die Polizei und ganz allgemein um die "Kontrolle" als abstrakter Begriff. Die Veranstalter über sich selbst:


"Toyz sind die Anfänger, die Neulinge. Toyz sind Spielzeuge - multimediale Spielzeuge. Im "Toyz Club" wird ernsthaft gespielt. Und zwar mit politischen Inhalten und mit der Nutzung, der Umnutzung und dem "Missbrauch" multimedialer Kommunikationsmittel. Der "Toyz Club" ist eine Veranstaltung, die politische Themen aufgreift und sie in Form einer multimedialen Performance aufbereitet.
Ein junges Redaktionsteam aus dem Umfeld der Projekte "Homegrown" und "Radio Feierwerk" bereitet die Themen auf. Die Redakteure organisieren und moderieren den "Toyz Club" und versuchen, traditionelle Präsentationsformen (Talkrunde, Podiumsdiskussion, Publikumsbefragung) zu erweitern und mit neuen medialen Möglichkeiten zu experimentieren.


Der "Toyz Club" ist ambitioniert! Angestrebt wird eine möglichst breite Veröffentlichung junger politischer Anliegen. Die Vision ist die Schaffung einer überregionalen (europaweiten) Diskussionsplattform und die Vernetzung von Einrichtungen und Medien, die ähnliche Auseinandersetzungsprozesse fördern."


Dieser Audiobeitrag ist eine Aufnahme der Podiumsdiskussion zum Thema des Abends. Diese wurde moderiert von Dirk Wagner (M94,5 -  http://m945.afk.de/) und die geladenen Gäste waren: Jochen Ringler, Rechtsanwalt und Mitglied der Bayrischen Strafverteidigerinitiative, Bettina Jodda und Jan Markus von der Webinitiative www.stop1984.com, die uns etwas über die Problematik der Videoüberwachung erzählten, und Roman, Jugendlicher aus München.


Roman gab zunächst eine beispielhafte Veranschaulichung polizeilicher Diskrimierung gegen Jugendliche und erzählte wie ihm unter fadenscheinigen Umständen vorgeworfen wurde, mit einem Edding-Stift Sachbeschädigung begangen zu haben, worauf er es in der folgenden Zeit bei seiner Bewegung durch die Stadt mit mehr als zehn polizeilichen Kontrollen und Leibesvisitationen zu tun bekam. Rein zufällig natürlich.


Der Anwalt Jochen Ringler gab hierzu Stellung und umriss die jeweilige Rechts(un)gültigkeit des polizeilichen Vorgehens und bot den anwesenden Zuhörern nochmals erinnernde Hinweise über die rechtliche Aussichtslosigkeit gegenüber Polizeiwillkür. So muss man es ausdrücken, denn leider wurde das Thema "Total Control" nicht von einem moralischen, wirklich staatskritischen Blickwinkel aus betrachtet. Inwiefern hat der Staat überhaupt das moralische Recht, Bürger zu überwachen? Worin kann die Rechtfertigung liegen bei pauschaler Überwachung und einer Umkehr der Beweislast, also der Praxis der Schuldvermutung bis hin zum Beweis der Unschuld eines Betroffenen wie im Falle Romans?


Im Toyz Club-Forum gab es hierzu einen interessanten Kommentar von 'wozere':


"Mir is schlecht. Ich glaub ich muss kotzen.


Die Diskussion über Bullenkontrollen (Ich betone: "Bullen") war schon wieder einmal sehr ernüchternd. Schön, die uns im täglichen "Leben" vorgeführten Tatsachen mal aus dem Mund von Juristen gehört zu haben. Wir, Bürger der Bundesrepublik Deutschland, also Ärsche vom Dienst, können von Menschen, die angeblich zu unserem Schutze da sind, total willkürlich durchsucht, kontrolliert und überwacht werden und können ÜBERHAUPT NICHTS dagegen tun. Und für dieses Recht garantiert uns noch Vater Staat! Sogar Rechtsanwälte können nur mit Zynismus helfen. Also der Fakt: Wir sind völlig rechtslos. Wir können nur dumm zusehen und schaun, bis sie uns irgendwann doch mal drankriegen. Und ändern können wir auch nichts dran. Denn was sollen wir tun (im rechtsstaatlichen Rahmen)? Eine Partei wählen, die hier genauere Gesetzesvorschriften fordert? Das ist die einzige Möglichkeit laut Gesetz unsere Stimme geltend zu machen. Doch welche Partei soll das bitte sein? Die Franz Josef Strauß Partei unseres geliebten (biersüffigen) Vaterlandes (Bayern), die uns den ganzen Scheiß eingebrockt hat? Die SPD und die Grünen, deren huptsächliche Aktivitäten derzeit in Führen von Angriffskriegen und der Einschränkung sämtlicher Zivil- und Ausländerrechte besteht? Oder eine andere Partei? Welche andere Partei? Es gibt niemanden, der unsere Interessen vertritt außer wir selbst, und wir selbst haben nichts zu sagen. Man könnte ja immer noch auswandern. Doch wohin? Wir haben die Wahl zwischen Hungersnot und Tretminen oder das selbe in Grün. So ist die Welt, wie ich, wie wir, wie die Generationen von Freiheitskämpfern vor uns sie sich vorgestellt haben. Schön."


Die Möglichkeiten außerparteilicher, außerstaatlicher Gesellschaftsbildung könnte guter Stoff für eine zukünftige Diskussion sein. Denn welchen Wert hat es, sich auf ein Rechtssystem zu stützen, das von vorneherein gegen einen ausgelegt ist?


Zwischendrin und im Anschluss gab es noch Konzerte von der Münchner Trash-Pop-Band Peter Coretto, Nikitaman und Mono (deutschsprachiger Dancehall aus Düsseldorf (Rootdown Records), sowie Lea-Won, 'Polit-MC' aus München.


Die Konzerte sind nicht in der Aufnahme enthalten, aber dafür gibt es am Ende nochmal einen Song von Lea-Wons neuem Album 'Laut-Leben', welches man auf seiner Homepage auch runterladen kann:  http://kriegste.de/leawon/

Viel Spass!


Länge: 114 min
Format: MP3pro 24kbit mono
Hinweis: Die 'Kontrolltests' waren Videofilme, in denen mittels Verkleidung getestet werden sollte, wann und wie die Polizei im Hauptbahnhof zu Personenkontrollen neigt.


Der Audiobeitrag ist 'Copyleft' und für die Weiterverwendung freigegeben.


Links:
Toyzclub München - demnächst auch mit Inhalt :)
Feierwerk
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Auch in München:
Anschlag auf kurdischen Verein
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Demo gegen Bildungs- und Sozialabbau
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Ergänzungen

Ich war zwar nicht da..

Hotzenplotz 12.12.2003 - 11:37
habe aber von allen, die da waren gehört, dass die Podiumsdiskussion echt mieß war. Nur Lullen auf dem Podium, die dann auch noch so Sätze wie "wir sind ja auch dafür, dass die Polizei Verbrecher fängt, aber..." abgelassen haben. Wahrhaft peinlich, fürwahr!!

ich war da

wrhtawe8g 12.12.2003 - 13:14
klar, es fehlte an radikalität.

aber ich denke man wollte sich da auch nicht zu weit aus dem fenster lehnen. trotzdem besser als alles was uns die sonstige medienlandschaft bietet.

man kann sowas ja auch selber vom stapel lassen: aufnahmegerät hinstellen, leute zusammentrommeln, meinetwegen im kleinen kreis ein thema abdiskutieren und hier veröffentlichen. seit indymedia gibts da echt keine ausreden mehr.

selbermachen statt meckern!

Teilweise echt doof, weil...

Nurso 12.12.2003 - 18:48
...als die eine Band im Durchgangsraum gespielt haben wurde im anderen Raum nicht die Musik ausgedreht und so haben sich das Konzert nur zehn Leute angehört. Der Anwalt auf der Bühne war nicht unbedingt ne Leuchte und der eine Film, im Gegensatz zu den anderen zweien war wohl eher mehr eine Selbstdarstellung (20 min skaten ohne Worte), als daß er die in München übriggebliebenen Freiräume oder was auch immer zeigt, wobei der erste Teil über die Sicherheitskonferenz unterlegt mit fetzigem Sound ganz gut rüberkam. Die Animation war auch gut und der andere am Münchner Hauptbahnhof gedrehte Film war nicht ohne, nur schade, daß ein paar Sachen gefehlt haben, doch leider wurde ja wie bekanntgegeben der Kameramann als erstes verhaftet. Die Idee mit den grimmigen Türstehern am Eingang war auch gut, einige haben die echt für wirkliche Saalbeschützer gehalten und Respekt oder Wut gezeigt. Alles in allem wurde zu wenig mobilisiert. Nun ja, beim nächsten Mal wird´s bessser.