Egin auch nach fünf Jahren noch geschlossen

ralf streck 17.07.2003 08:55 Themen: Medien Repression Soziale Kämpfe
Interview mit Javier Salutregi, Direktor der baskischen Tageszeitung und des Radios „Egin“, die am 15. Juli 1998 in Spanien wegen angeblicher Mitgliedschaft in der Separatistenorganisation ETA „vorläufig“ geschlossen wurden. 20 Journalisten wurden dabei verhaftet. Die Belegschaft zog am fünften Jahrestag mit einem Autokorso nach Hernani, um zu prüfen, ob die Schließung aufgehoben wurde. Obwohl die "vorläufigen Maßnahmen" auf höchstens fünf Jahre beschränkt sind, haben sie Egin-Arbeiter noch immer keinen Zugang zu den Installationen
Wie fühlen sie sich, nach fünf Jahren noch immer vor einem geschlossenen Redaktionsgebäude zu stehen?

Komisch. Es ist eine Mixtur aus Hilflosigkeit, Trauer und Nostalgie, denn es war ein schönes Abenteuer, das wir 20 Jahre mit dem Egin erlebten. Wenn man sieht, wie in den fünf Jahren selbst das Gebäude verfällt, dann steigt einem die Wut hoch. Hier könnte weiter eine brillante, lebendige und kritische Zeitung gemacht werden.

Welche neue Lage ergibt sich jetzt?

Theoretisch müssten sie uns heute, vorläufige Maßnahmen sind auf fünf Jahre begrenzt, alles in dem Zustand zurückgeben, wie sie es damals vorgefunden haben. Doch wir kommen wohl weiter nicht hinein, die Druckmaschinen, die EDV-Anlage und vieles mehr dürfte inzwischen kaputt sein. Wie es in den Studios und Archiven aussieht, kann man nur erahnen.

Wie ist die juristische Situation, sie wurden damals quasi als Chef Medienchef der ETA verhaftet?

Ja, und bald wieder entlassen. Der Ermittlungsrichter Baltasar Garzón hat zwar lang und breit seine Märchen dargelegt, aber Beweise hat er für die Erfindungen nicht. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen hat er vor ein paar Monaten an eine Strafkammer übermittelt. Vor ein paar Tagen hat die Staatsanwaltschaft nun beantragt, einen Prozess durchzuführen. Es kann wieder Jahre dauern, bis es dazu kommt. Noch immer können wir uns nicht verteidigen, weil wir noch immer keine volle Akteneinsicht haben.

Wie bewerten sie es, dass die Sozialversicherung nun Schulden des Egin, fünf Millionen Euro, bei der Zeitung Gara eintreiben will?

Es ist ein Trick, um auch den Gara abzuwürgen, dafür wird eine ideologische Kontinuität beider Projekte angeführt. Wenn es die gibt, dann ist regierende Volkspartei im spanischen Staat der ideologische Nachfolger der Diktatur. Sie wurde vom Franco-Minister Manuel Fraga Iribarne gegründet und wäre so für die Erschießungen, Folter etc verantwortlich. Aber der Gara ist eine neue Firma, die vom Egin nicht mal einen Stift erhalten konnte. Das Vorgehen gegen Gara ist durch nichts zu rechtfertigen. Vielleicht könnte der Egin seine Schulden sogar selbst begleichen.

Wie entwickelt sich die Pressefreiheit im Baskenland?

Sie wird, wie andere demokratische Rechte, immer mehr beschnitten. Im Februar wurde die Zeitung Egunkaria geschlossen, zwei Jahre zuvor die Zeitschrift Ardi Beltza. Selbst das öffentlich rechtliche Radio und Fernsehen im Baskenland wird angegriffen. Die Repression bewirkt auch, dass wieder eine Selbstzensur entsteht, wie wir es schon in der Diktatur kennen.

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Ergänzungen