Chiapas: Zapatistas gründen neuen Autonomen Landkreis

La Jornada 31.03.2003 19:52 Themen: Freiräume Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Chiapas: Zapatistas gründen neuen Autonomen Landkreis in Aldama
(Übersetzung eines Artikels aus der mexikanischen Tageszeitung La Jornada, der auf Indymedia Chiapas veröffentlicht wurde.)


ZAPATISTAS GRÜNDEN NEUEN AUTONOMEN LANDKREIS MAGDALENA DE LA PAZ IN ALDAMA, CHIAPAS

Mit dem neuen Bürgermeister wünscht die Bundesstaatsregierung, das die Ruhe in nach Zinacantán zurückkehrt

La Jornada, 29.3.2003 ANGELES MARISCAL und ELIO HENRIQUEZ

Tuxtla Gutierrez, Chiapas, 28. März. Zapatistische Indígenas haben eine neue autonome Gemeindeverwaltung, Magdalena de la Paz, gegründet, die in der Grenzregion zu Guatemala liegt; die "Büros" in denen die neuen rebellischen Autoritäten ihre Geschäfte tätigen, sind nur drei Blocks vom Landkreisrathaus von Aldama entfernt.
In dieser Region hat es während der vergangenen Wochen verschiedene Landkonflikte zwischen SympathisantInnen der aufständischen Gruppe und priistischen Bauern und Bäuerinnen gegeben.

Die neuen autonomen Autoritäten gaben bekannt, dass der Rat des Landkreises im Januar diesen Jahres gewählt wurde, als Antwort "auf die Nichterfüllung der Abkommen von San Andrés. Wir führen jetzt unsere Rechte und unsere Autonomie aus", signalisierten sie.

Die Installationen der autonomen Präsidentschaft befinden sich drei Blocks vom Landkreisrathaus des Bezirkes Aldama entfernt, ein konstitutioneller Landkreis, der erst 1999 als Teil der Neugliederung der Konfliktzone gegründet wurde.

Die Autoritäten, die sich in dem Lokal befanden, das mit einem Blechdach und Holzwänden gebaut wurde und an dessen Außenwand sich ein handgemaltes Schild mit der Aufschrift "Autonomer Landkreis von Magdalena de la Paz" befindet, erklärten, dass sie sich um die Zivilbevölkerung kümmern, die mit der EZLN sympathisiert, und [um Angelegenheiten] von Geburtsurkunden bis hin zu Residenzfragen. Außerdem praktizieren sie Maßnahmen, die mit Disputen juristischen Typs zu tun haben.

In der Region und den umliegenden Landkreisen hat man einige Differenzen zwischen Bauern und Bäuerinnen, die mit der EZLN sympathisieren, und Militanten von anderen Organisationen festgestellt. In der vergangen Erntezeit stritten sich die Landwirte ebenfalls um das Recht auf Land.

Auf der anderen Seite übernahm diesen Freitag der Vertreter des Bürgermeisters von Zinacantán, Martín Sánchez Hernández, von der PRD sein Amt, unter Appellen zum Dialog und zur Vermeidung weiterer Zusammenstöße der Streitgruppen von Seiten der Bundesstaatsregierung.

Der neue Ratsherr ersetzt seinen Gesinnungsgenossen Domingo de la Cruz Pérez, der in den vergangenen Tagen die Freistellung vom Amt beantragte, als Konsequenz auf einen Zusammenstoß zwischen PRDistas und PRIistas, der 2 Tote (von der PRI) und 15 Verletzte hinterließ. Die Verhandlungen beinhalteten ebenfalls, den Antrag auf Zulassung von zwei der drei Stadträten von Seiten der PRI.
[...]

***
Übersetzung: Gruppe B.A.S.T.A.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Was für Folgen hat das?

Preian 01.04.2003 - 15:54
Mal ein paar Frage, an Leute die etwas mehr in der Materie drin sind:
Was für Konsequenzen hat die Erichtung nun?
1. Werden die EZLN-Sympathisanten nun irgendwie staatlich verfolgt wegen Amtsanmaßung oder ähnlichem?
2. Werden die autonomen Autoritäten auch von größeren Teilen des Volkes anerkannt? Gibt es schon andere solcher Landkreise mit indigener autonomer Verwaltung?
3. Was für Möglichkeiten haben die Zapatistas überhaupt eine "Parallelverwaltung" aufzuziehen?
4. Sind die EZLN-Basisgemeinden etwas ähnliches oder wie sind diese strukturiert?

Mit bitte um Antwort.
(Ist schwierig aus dem doch recht großen Info-Angebot zu dem Thema die wichtigen und interessanten Dinge rauszufinden. Gibt es irgendwo eine Art "Einstieg" zu dem Thema EZLN/Chiapas, der auch bis zur heutigen Zeit reicht, und nicht nur die Zeit der PRI-Regierungen umfasst )

...vielleicht ein paar Antworten

Gruppe B.A.S.T.A. 01.04.2003 - 16:13
(Hallo, hier ein aktueller, eher einführender Artikel, der vielleicht einige Deiner Fragen beantwortet, solidarische Grüße, Luz, Gruppe B.A.S.T.A.)


Zapatistas bauen Autonomie weiter aus

Neuer Autonomer Landkreis gegründet. Gespannte Lage setzt sich fort.

Chiapas/Mexiko. In der Grenzregion zu Guatemala haben AnhängerInnen der Zapatistischen Befreiungsarmee EZLN einen neuen autonomen Landkreis namens „Magdalena de la Paz“ ausgerufen. Damit führen die Unterstützungsbasen der EZLN ihre Strategie fort, regierungsunabhängige und selbstverwaltete Parallelstrukturen in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Versorgung aufzubauen. Nach Angaben von Sprechern des neuen Landkreises leben allein in dieser Region etwa 21.000 SympathisantInnen der EZLN.
Die bäuerlichen Indígenas reagieren damit auf die anhaltende Weigerung des mexikanischen Staates, die bereits 1996 ausgehandelten Abkommen von San Andrés über indigene Rechte und Kultur, angemessen umzusetzen. In Chiapas existieren bereits über 30 autonome Landkreise und auch in anderen mexikanischen Bundesstaaten orientiert sich die marginalisierte Landbevölkerung am Vorgehen der EZLN, wodurch viele neoliberale Modernisierungsprojekte der Regierung gefährdet sind.
Nach einem fast zweijährigen Schweigen, das von paramilitärischem Terror, Belästigungen durch die mexikanische Bundesarmee, Spaltungsversuchen mittels Finanzprogrammen und gezielter Desinformation über die angebliche „Schwäche“ der linksgerichteten Bewegung geprägt war, hatten sich die Zapatistas am 1. Januar des Jahres eindrucksvoll zurückgemeldet: 20.000 vermummte und mit Stöcken und Macheten bewaffnete Indígenas hatten gemeinsam mit einem Teil der Kommandantur der EZLN die alte Kolonialstadt San Cristóbal de las Casas symbolisch für einen Tag eingenommen und den weiteren Ausbau ihrer Defacto-Autonomie angekündigt. Sie solidarisierten sich mit dem weltweiten Widerstand gegen den Neoliberalismus und kritisierten massiv den ausbeuterischen Krieg im Irak.
Mit ihrer aktuellen politischen Offensive will die EZLN offenbar ihren Einfluss in der Konfliktzone Montes Azules, im Osten von Chiapas, ausweiten. Die Nichtregierungsorganisation Global Exchange gab in der vergangen Woche bekannt, dass nach ihren Erkenntnissen dort in naher Zukunft weitere, überwiegend pro-zapatistische Gemeinden durch Regierungskräfte geräumt werden sollen, damit Konzerne die wertvolle biologische Vielfalt dieser Urwaldregion ausnutzen können.
Für den Fall weiterer Räumungen hatte die Leitung der EZLN bereits Ende Dezember 2002 angekündigt, ihren bedrohten Basisgemeinden „in allem“ zu helfen. Die gespannte Lage setzt sich dadurch weiter fort.
(31.3.2003)

Korrekturen zum La Jornada-Artikel

Gruppe B.A.S.T.A. 02.04.2003 - 16:14
Es gibt einige Korrekturen zu dem La Jornada-Artikel, den wir (Gruppe B.A.S.T.A.) übersetzt haben. Normalerweise ist diese Zeitung sehr gut informiert!
Danke für die Korrekturen an die GenossInnen von "Direkte Solidarität mit Chiapas"/ Zürich !


hier also ihre Ergänzungen:

1. der autonome bezirk magdalena de la paz (früher teil
von chenalho) ist nicht neu entstanden, sondern wurde schon früher (ev. im dez.94) ausgerufen. neu ist wahrscheinlich das offizielle büro.
2. der autonome bezirk magdalena de la paz liegt also in den altos, keineswegs "an der grenze zu guatemala", wie die sonst gut informierten jornada-journalistInnen schreiben.
3. der bezirk aldama ist eine geografische kopie des autonome bezirks magdalena de la paz - eine der drei neuen landkreise, welche albores im rahmen seiner remunizipalisierung gründete.
4. obwohl zinacantan ja auch in den altos liegt,
befindet sich der autonome bezirk magdalena de la paz doch in ziemlicher distanz zu zinacantan. die vermischung der beiden bezirke im artikel ist ziemlich fahrlässig... übrigens sind drei gemeinden des autonomen bezirks magdalena de la paz teil der kooperative mut vitz.

liebe grüsse

...indigene botschaft...

werner 06.04.2003 - 16:30
...neu...