Anquatschversuche in Jena, November 2023

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Mitte/Ende November 2023 kam es bei 2 Personen aus Jena zu Anquatschversuchen durch den Verfassungsschutz. Im folgenden Beitrag werden die Abläufe der Situationen geschildert und Personenbeschreibungen angefertigt.

 

 

 

 

1.

 

 

 

Am 15.11.2023 gegen 16 Uhr kam es an der Wohnung einer Person zu einem Anquatschversuch.
Der Beamte klingelte und sagte über die Wechselsprechanlage, dass er mit der Person sprechen müsse. Auf Nachfrage verweigerte er anzugeben, worum es eigentlich geht. Er beharrte eindringlich darauf, mit der Person sprechen zu müssen und gab an, dass er diese Sache ungern über die Wechselsprechanlage besprechen wolle. Es würde sich alles klären, wenn die Person den Beamten sehen würde.

Die angesprochene Person wollte nun vor das Haus gehen, um mit der Person, die geklingelt hatte zu sprechen. Der Beamte stand jedoch beim Öffnen der Wohnungstür schon direkt davor. Er stellte sich mit Dienstausweis als „Tim Klein“ vom Innenministerium vor. Er bezog sich auf den Berufswechsel der angesprochenen Person vor mehreren Jahren, meinte er wolle das Gespräch suchen und fragte, ob alles für die angesprochene Person so aufgegangen sei, wie erhofft. Auf Nachfrage, warum er sich denn darüber unterhalten will, gab er an, vom Verfassungsschutz zu sein. Er fragte nun, ob die angesprochene Person eine „Affinität“ zu linkspolitischen Gedankengut hätte - er habe gehört, dass die Person aus linken Gründen ihren damaligen Beruf als Polizist*in gekündigt habe. Die angesprochene Person antwortete hierauf nicht. Nun bot er an, ein Gespräch zu führen, um herauszufinden, ob man eine Übereinkunft treffen könne, von der „beide etwas haben würden“. Wenn die angesprochene Person dies nicht wollen würde, dann würde er gehen. Die Person antwortete hierauf, dass sie auf keinen Fall mit ihm sprechen wolle und beendete die Begegnung, indem sie die Wohnungstür schloss.

Am 17.11.23 gegen 09:45 Uhr wurde die Person von einer anonymen Nummer angerufen. Hier stellte sich die Person am Telefon erneut als „Tim Klein“ vor und meinte, er habe das Gefühl, dass das Gespräch zwei Tage zuvor „nicht ganz rund“ für ihn gelaufen sei. Er erkundigte sich, ob er denn etwas falsch gemacht habe und wollte wissen, weshalb die angesprochene Person nicht gesprächsbereit war. Hierauf entgegnete die angesprochene Person, dass sie einfach nicht mit ihm reden wolle und legte auf. Seitdem kam es zu keinem weiteren Anquatschversuch bei der angesprochenen Person.

Tim Klein wurde männlich gelesen, hatte grau-meliertes kurzes Haar, blaue Augen, ca. 170- 175cm groß, sportliche Statur, auf ca. 50 Jahre geschätzt, unauffällig gekleidet und trug eine graue Steppjacke.

 

 

 

2.

 

 

 

Am 23.11.2023 gegen 11:00h kam es bei einer Person aus Jena zu einem Anquatschversuch auf der Arbeitsstelle.

 

 

 

Der Beamte klopfte und öffnete nach einem „Herein“ die Tür zum Büro, er sprach direkt die gesuchte Person an und bat um ein Gespräch unter 4 Augen, ohne sich vorher vorzustellen. Daraufhin verließen die Person und der Beamte das Gemeinschaftsbüro und gingen in den Flur. Auf die Frage, wer die Person sein, stellte sich der Beamte als Beamter des Innenministeriums vor.

 

Der Beamte versuchte mit Informationen über den Wohnkontext der aufgesuchten Person einzuschüchtern und fragte nach der Möglichkeit nach einem längeren Gespräch unter 4 Augen. Nach einer Ablehnung versuchte der Beamte durch weitere bereits polizeilich erfasste Informationen zu konkreten Aktionen aus dem näheren Umfeld einzuschüchtern. Hierbei handelte es sich um Kleingruppenaktionen und „Tag X“ in Leipzig. Daraufhin fragte die aufgesuchte Person nach dem Ausweis und Namen des Beamten. Dieser stellte sich als „Tim Klein“ vor uns zeigte seinen Ausweis, aus dem ersichtlich wurde, dass er 1975 geboren sei. Das Ausweisfoto sah veraltet aus, was mutmaßen lässt, dass der Beamte schon seit mehreren Jahren in dieser Funktion tätig ist und die gleiche Person wie in den unten verlinkten Artikeln sein kann. Nach mehrmaligen ablehnenden Äußerungen und Gesten, wurde das Gespräch beendet. Während des Weggehens, fragte „Tim Klein“ nach dem Wissensstand zu untergetauchten Personen aus dem Budapestkontext.

 

 

 

 

 

Tim Klein war männlich gelesen, hatte schwarze kurze Haare, einen schwarzen kurzen Bart, eine gepflegte Erscheinung, sportliche Statur, war 1,65-1,70 groß, komplett in schwarz, unauffälig gekleidet, hatte eine leichte Daunenjacke an, trug eine braune Lederaktentasche unter dem Arm, hatte keine Brille auf, hatte einen Cut oder weiße Leerstelle in linker Augenbraue und versuchte einen gut informierten Eindruck zu vermitteln.

 

 

 

Hier noch ein paar allgemeine Hinweise (kopiert aus Indymedia: https://de.indymedia.org/node/207889):
Lass dich nicht verrückt machen – Anquatschversuche haben wenig mit dem eigenen Verhalten zu tun. Sie haben einfach bestimmte „Schablonen“, wen sie zu welchem Zweck anquatschen, in die du ihrer Ansicht nach rein passt. Im Prinzip kann es jede*n treffen. Spekulationen über die Hintergründe des Versuchs helfen den Repressionsbehörden.
Dennoch sollte dir bewusst sein, dass du vor und nach einem Anquatschversuch im Blick der Behörden stehst. In der Regel sind es Mitarbeiter*innen des Verfassungsschutzes, die dich ansprechen. Sie haben sich über dich informiert, dich beobachtet und nutzen das gewonnene Wissen, insbesondere vermeintliche persönliche Schwachstellen/Schwierigkeiten, um psychischen Druck auszuüben, dir zu drohen oder dich einzuschüchtern.

 

Oft werden gerade junge Menschen angequatscht, in der Annahme, dass diese einfacher zu beeinflussen seien, gut vernetzte Personen oder welche, die nicht super sichtbar in Strukturen aktiv sind.
Wichtig ist zu wissen, dass keinerlei Mitwirkungspflicht besteht. Es muss nicht einmal eine wahrheitsgemäße Angabe darüber gemacht werden, ob mensch die Person ist, für die sie eine*n halten. Du musst nicht mit ihnen reden und sie haben keine rechtlichen Sanktionsmittel gegen dich in der Hand. Aus einer Ablehnung können also keine juristischen Nachteile entstehen, im Gegenteil, sie ist die einzig richtige Reaktion!
Eine zeitnahe Veröffentlichung des Anquatschversuchs verhindert, dass sich Anquatschversuche gegenüber derselben Person wiederholen und schützt vor anderen Nachteilen, wie der Umsetzung der Drohungen. Zudem kann eine Veröffentlichung andere sensibilisieren und ermutigen, eigene Erfahrungen ebenfalls öffentlich zu machen.
Die Zielsetzung solcher Versuche kann ganz unterschiedlich sein:
tatsächlich Informant*innen anwerben, Einschüchterung oder auch einfach Unruhestiftung. Wie damit umzugehen ist, ist jedoch immer gleich: Ablehnen und nichts sagen! Je klarer und deutlicher geäußert wird, dass kein Interesse besteht, desto besser stehen die Chancen, nicht nochmal angesprochen zu werden. Außerdem ist es wichtig, dein Umfeld zu informieren und den Vorfall zeitnah im Anschluss zu veröffentlichen (dafür reicht eine grobe Beschreibung des zeitlichen und örtlichen Ablaufs und eine Personenbeschreibung).

 

Linksammlung:

 

Rote Hilfe Flyer: Anquatschversuch – Was tun? https://rote-hilfe.de/77-news/169-neuer-flyer-anquatschveruch-was-tun

 

 

 

Anquatschversuch von Tim Klein von 2012: https://linksunten.archive.indymedia.org/node/69428/index.html (inklusve weiterführender Links zu Tim Klein)

 

 

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