MURDERED BY MARXISTS: Luigi Berneri

Bis zur Aktionswoche gegen Linke Einheit ab dem 25.09.2023 veröffentlicht Breaking the Spell täglich eine kurze Lebensgeschichte eines*einer vom Marxismus ermordeten Anarchist*in - heute: Luigi Berneri

 

Intro

Es gab eine Welt vor dem Marxismus: Von 1872 bis ca. 1919 waren der Marxismus und seine Vorläufer*innen eine Randnotiz der Geschichte. Der Hauptteil der Sozialist*innen waren entweder anarchistisch oder anti-autoritär – sie lehnten den Staat ab und wollten eine dezentrale, von unten organisierte Gesellschaft. Wie kommt es dann, dass heute die Linke so sehr auf den Staat als Mittel fokussiert ist? Ein wichtige Rolle spielte der marxistische Terror gegen die anarchistische Bewegung. Tausende von Anarchist*innen wurden durch Marxist*innen ermordet, inhaftiert, gefoltert und vergewaltigt. Hier ist eine kurze Lebensgeschichte eines*einer dieser Anarchist*innen. (Anmerkung zur Sprache: Es wird das überlieferte Geschlecht benutzt, es gab mit Sicherheit auch trans*, inter*, nicht-binäre und agender Anarchist*innen damals. Die Lage von Orten wird oft in der Kurzform „in Nationalstaat“/„(Nationalstaat)“ erklärt, in allen Fällen wird deren Gebietsanspruch abgelehnt.

Luigi Berneri

 

Luigi Camillo Berneri wurde 1897 in Lodi in der Lombardei (Norditalien) geboren. Seine Mutter war Lehrerin und sein Vater lokaler Staatsangestellter. Väterlicherseits war die Familie mit der republikanischen nationalistischen Bewegung Italiens verbunden. In seiner Kindheit erkrankte er mehrmals schwer.
Als er politisch aktiv wurde, war er zunächst Mitglieder der Jugend Föderation der sozialistischen (sozialdemokratischen) Partei Italiens und schrieb für die Zeitung l’Avanguardia. Aufgrund der Nicht-Unterstützung der Sozialistischen Jugend Föderation für Unruhen gegen den Ersten Weltkrieg in der Reggio Emilia, wo er lebte, verließ er die Föderation (Die Sozialistische Partei positioniert sich weder für noch gegen den Krieg. Luigi war klar gegen den Krieg). Einer seiner Freund*innen wurde der anarchistische Buchbinder Torquato Gobb.
Luigi heiratet die Anarchistin Caleffi Giovanina, mit welcher er bis zu seinem Tod zusammenlebte. Ihre beiden Kinder Giliana und Marie Louise Berneri waren auch Anarchist*innen. Giliana schrieb u.a. für die französische anarchistische Zeitung Le Libertaire und Marie war beim anarchistischen Verlag Freedom Press aktiv.
Als Luigi einberufen wurde agitierte er in der Armee weiter gegen den Krieg. Nach dessen Ende arbeitete er als Philosophie-Professor und gründete u.a. zusammen mit Errico Malatesta die italienische anarchistische Union (welcher zur Hochzeit fast 700 Gruppen angehörten) und deren Zeitung „Umanità Nova“. 1920 nahm er an Fabrikbesetzungen in Norditalien teil.
Als 1926 die faschistische Repression, die letzten öffentlichen anarchistischen Aktivitäten unmöglich machte, musste Luigi nach Frankreich fliehen. Dort schrieb er u.a. mehrere Analysen zur Psychologie des italienischen Faschismus und zum Antisemitismus. In dieser Zeit wurde er wiederholt des Landes verwiesen und saß zweimal im Knast. Weil alle Länder um Frankreich herum ihn ebenfalls auswiesen, konnte er aber in Paris bleiben.
Mit Beginn des spanischen Bürger*innenkriegs und der anarchistischen Revolution macht er sich mit Waffen und Munition im Gepäck auf den Weg nach Katalonien. Dort wurde ihm eine Position im ökonomischen Rat angeboten, weil er aber begriff, dass es sich um einen Regierungsposten handelte, lehnte er ab und veranstaltete stattdessen einen Versammlung zu der ca. 100.000 Menschen kamem, wo er Grußworte von italienischen Anarchist*innen weitergab. Kurzzeitig nahm er in einer italienischsprachigen anarchistischen Einheit an den Kämpfen gegen die Faschist*innen an der Front teil, wegen Seh- und Gehörschwierikeiten kehrte Luigi jedoch nach Barcelona zurück. Er stellte sich gegen die Ideologie des Antifaschismus und die Militarisierung (Verstaatlichung) der Milizen. Für ihn war der bewaffnete Kampf nur zusammen mit der Revolution zu gewinnen.
Luigi wurde am Ende der Maiereignisse 1937 in Barcelona von den Stalinist*innen (Kommunistische Partei Spaniens), wohl auf direkten Befehl aus Moskau, zusammen mit dem Anarchisten Francesco Barbieri ermordet.

Weiterführendes
Berneri, Luigi Camillo, 1897-1937 – Toni – Übersetzung: David Short
https://libcom.org/article/berneri-luigi-camillo-1897-1937:
Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Camillo_Berneri
Texte von Beneri (auf Englisch):
https://struggle.ws/berneri.html
Giliana Beneri – Nick Heath:
https://libcom.org/article/berneri-giliana-1919-1998
Marie Louise Berneri – aus From “Freedom / 100 Years” by Freedom Press:
https://libcom.org/article/berneri-marie-louise-1918-1949
Giliana Calleffi – Nick Heath:
https://libcom.org/history/caleffi-giovanina-1897-1962
The Tragic Week in May: the May Days Barcelona 1937 – Augustin Souchy:
https://libcom.org/article/tragic-week-may-may-days-barcelona-1937-augustin-souchy
Wikepdia – Maiereignisse:
https://de.wikipedia.org/wiki/Maiereignisse

Luigi Berneri(stark gekürzt).pdf

 

Outro


Es wird eine Welt nach dem Marxismus geben:
Er und der andere Ableger der staatlichen Linken der Liberalismus bestimmen heute die Linke Szene, dadurch kontrollieren sie die anarchistische Bewegung. Uns daran zu erinnern, dass den Staat abzulehnen nicht utopisch, sondern normal ist, bedeutet uns zu befreien - weiter bewegen zu können. Das ist nicht nur eine Frage des Selbstbewusstseins als Anarchist*innen. Praktisch führt die Linke Liebe zum Staat beispielsweise dazu, dass beim Widerstand gegen die von Kapitalismus, Staat und Kolonialismus verursachte Klimakatastrophe der Staat statt als Gegner „als Mittel zu ihrer Lösung" gesehen wird. Brechen wir mit der Linken und der Linken Szene! Keinen Frieden mit Marxismus und Liberalismus! Weitere Texte und Links über das Leben dieses*dieser und anderer Anarchist*innen, die vom Marxismus ermordet wurden gibt's unter: breakingthespell.blackblogs.org/murdered-by-marxists

 

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