Autonomes Blättchen Nr. 51 erschienen

Gedruckt gibt es das Blättchen (wie immer in eurem Infoladen und in einigen gut sortierten Buchläden) bereits seit letzter Woche. Digital nun jetzt auch hier und auf autonomesblaettchen.noblogs.org

Die letzte Ausgabe ist ja weggegangen wie warme Semmeln! Das freut uns. Es gab viel Lob und Zuspruch - aber auch 2 Zusendungen mit deutlicher Kritik an uns als Redaktionskollektiv. Da beide nicht zur Veröffentlichung gedacht sind, werden wir sie nicht abdrucken. Aber ignorieren wollen wir sie auch nicht.

Die Interventionistische Linke Hannover möchte ausdrückliche nicht, dass ihre Kritik an uns veröffentlicht wird. Sie hat stark kritisiert, dass wir mit dem Abdruck des Artikels „Radikaler Zweifel“ in der letzten Ausgabe einen ihrer Meinung nach „täterschützenden“ Text kommentarlos veröffentlicht haben. Dadurch würden wir uns an die Seite eines Täters stellen, der sexualisierte Gewalt ausgeübt habe. Wir respektieren den Wunsch der IL, ihre Kritik nicht veröffentlicht sehen zu wollen. Aber wir selbst haben nichts desto trotz einen Text, der unsere derzeitige Meinung zu dem Thema darstellt, geschrieben, weil wir den Vorwurf zurückweisen wollen, wir seien solidarisch mit Menschen, die sexualisierte Gewalt ausüben. Wir sind immer solidarisch mit den Betroffenen dieser Gewalt - nur halten wir die Realität für etwas komplexer, als es die IL gerne hätte. Ihr findet unsere Antwort auf die Kritik in dieser Ausgabe.

Jetzt wird es wieder diejenigen geben, die sagen, wieso beschäftigt ihr euch überhaupt mit einer Kritik, die von der IL kommt? Nun lesen wir euer Heft erst recht nicht mehr! Was soll der reformistische Scheiß? Tja, wir glauben, dass wir in einer Welt voller Widersprüche leben. Die ständig wiederholte, vehemente Forderung nach revolutionärer Klarheit und nihilistischer Radikalität scheint uns ein Ausdruck der Zweifelbeseitigung. Wir wischen ihn beiseite. Sorry. Womit wir bei der zweiten Kritik an uns wären: Wir würden zensieren und sowieso immer reformistischer werden.

Wir wissen, dass wir Verantwortung dafür tragen, was wir veröffentlichen, und was nicht. Wir haben die Verantwortung darüber, was hier publiziert wird; die beinhaltet auch die Entscheidung, Texte nicht zu veröffentlichen. Es gibt Monate, da schicken uns, so schätzen wir es ein, Leute aus dem gleichen Klüngel 5 bis 10 Texte zu. Alle mit der gleichen Stoßrichtung. Und wenn wir dann nicht alle Texte veröffentlichen, wird uns Zensur vorgeworfen. Wir lassen aber keine Texte draußen, weil sie uns zu radikal wären, sondern entweder weil sie formell ungenügend sind (z.B. wirre Texte und Textfragmente ohne inhaltliche Stoßrichtung oder Texte die viel zu lang sind), oder weil wir Positionen so falsch finden, dass wir ihnen keinen oder wenig Raum geben wollen. Manchmal gibt es auch einfach zu viele Texte für eine Ausgabe. Außerdem versuchen wir, monothematische Ausgaben zu verhindern.

Wir bekommen oft von einzelnen Personen zu jeder Ausgabe 5 lange Texte zugeschickt, die wir nicht veröffentlichen, weil sie abzudrucken bedeutete, ihnen das Autonome Blättchen inhaltlich zu überlassen. Wir machen uns aber nicht die Arbeit, um einzelnen wenigen (Männern) eine Plattform für ihre Ego-Show zu liefern. Die anarchistischen, autonomen Bewegungsreste sind unterschiedlich und entwickeln diverse Ausprägungen. Das war schon vor 100 oder 150 Jahren nicht anders. Wir wollen der inhaltlichen Breite unserer politischen Strömung Raum geben. Darum sind wir bemüht. Wir versuchen dabei demütig gegenüber der Macht zu sein, die uns der politische Einfluss, den wir mit dem Blättchen haben, ermöglicht.

Zudem möchten wir darauf hinweisen, weil es immer mal wieder gesagt wird, dass wir kein Sammelsurium von bereits veröffentlichten Indymedia-Artikeln sind. Einige Texte sind dort bereits veröffentlicht, wenn das Blättchen erscheint. Aber sie wurden uns in der Regel auch zugeschickt. Sollen wir sie dann nicht mehr abdrucken, obwohl wir sie vielleicht gut
und wichtig finden? Wir stellen fest, dass Viele gar nicht mehr so oft bei Indy reinschauen. Deswegen ist eine bereits erfolgte Veröffentlichung im Netz für uns kein Grund, einen Text nicht abzudrucken. Es ist jedoch auch oft so, dass ein Text erst „exklusiv“ im Blättchen erscheint und anschließend im Netz auftaucht. Achtet mal drauf...

Puh, das war jetzt viel zu uns. Und die Welt da draußen? Sieht schlecht aus.

Zu dieser Ausgabe:
Ihr findet die erste Hälfte eines recht langen Textes aus Tschechien, der eine deutliche Absage an den Diskurs Militarismus und Kriegsbeteiligung mit anarchistischen oder linken Ideen zu begründen und gutzuheißen. Weiterhin gibt es einen Text von kurdischen Frauen zu der andauernden Revolte im Iran. Spannend fanden wir auch eine Positionierung zu der Letzten Generation, da wünschen wir uns noch mehr Meinungen zu! Zu zwei 129er Ermittlungen gibt es einordnende und persönliche, kämpferische Texte aus Norddeutschland und München - Viel Kraft weiterhin an die Betroffenen! Zum Schluss haben wir noch das Vorwort eines kollektiv geschriebenen Buches zu Flucht, Exil und Illegalität, was wir thematisch und als kollektive Auseinandersetzung und Annäherung an diese Themen sehr begrüssen und uns freuen das Menschen diesen Weg über eine Veröffentlichung gewählt haben.

Inhalt:

Zu den Vorwürfen des Täterschutzes bezüglich Köln
Kurdische linke Feminist*innen zum Aufstand in Iran
Wärt ihr mal lieber baden gegangen…
Beiss die Hand die dich füttert!
Kein Öl für Krieg – kein Krieg für Öl!
Die Isolation durchbrechen
Lützerath verteidigen!
Feuer der Kohleinfrastruktur
Das Bestehende tötet!
Tyre Extinguishers lassen die Luft aus SUV-Reifen
Tage der internationalen Solidarität mit Deserteuren
Mythen über den Krieg in der Ukraine (Teil I)
BUS & BAHN FÜR ALLE
Neueste Entwicklungen rund um das 129er Verfahren in München
[HB] Freiheit für Alfredo Cospito und alle anderen Gefangenen
Offener Brief an das Solidaritätsbündnis Antifa-Ost
„Hunde-Elend“ – Teil EINS
[Bayern] Kamera und Mikro vor Wohnung gefunden
Brandanschlag auf Transporter der MAT in Kaisariani / Athen
All my friends are bad kids!
Autonomie und Solidarität
[B] Brandstiftung gegen Fahrzeug der griechischen Botschaft
Bahnsabotage
[HH] Besuch bei Maritime Carrier Shipping
In Solidarität mit Boris
Ich vermisse euch wie Sau

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Ergänzungen

So Zweifel haben im Falle von sexualisierter Gewalt ist ja gar nicht so selten. Komisch nur finde ich dass diese Zweifel so oft zugunsten der Täter ausgelegt werden. Woran liegt das? Fällt es euch wirklich so schwer sich in die Perspektive von Betroffenen hineinzuversetzten?