Kommunistisches Programm zu Krise, Krieg, Kapitalismus

Neue Zeitung Kommunistisches Programm Winter 2022/2023 erschienen! Hier das Editorial:

Liebe Leserinnen und Leser,

die von uns schon lange prognostizierte Zunahme der imperialistischen Widersprüche bis hin zu einem Weltkrieg hat mit dem Krieg in der Ukraine einen neuen Höhepunkt erfahren. Die mit den Maßnahmen anlässlich der Covid-Pandemie begonnene polizeistaatliche Formierung und mediale Gleichschaltung war geradezu ein Vorspiel für die derzeitige Kriegspropaganda. Und es sind bezeichnenderweise die Grünen und die Linke des Kapitals, die dieser vermeintlich „neuen Realität“ mit der alten demagogischen Ideologie des Antifaschismus begegnen, um für das imperialistische Gemetzel zu mobilisieren. Ideologische Kriegsfähigmachung lässt sich eben nicht nur mit einer völkischen, chauvinistischen und rassistischen Propaganda bewerkstelligen, sondern auch mit der Demagogie von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten. In welcher Form die einseitige Parteinahme dieser Antifaschist_innen gegen „den russischen Aggressor“ und „Kriegsverbrecher Putin“ mit einem Ausblenden des ukrainischen Nationalismus der Bandera-Verherrlicher_innen und Asow-Faschist_innen einhergeht, ist nur eine kuriose Fußnote dieser Kriegshetze.

Weniger kurios aber um so dramatischer ist, wie viele vermeintlich radikale Linke der Kriegshetze erlegen sind und hinter der Kriegspropaganda hertaumeln. Sie glauben wirklich, es gehe darum, einen reaktionären Aggressor zu stoppen und zivilisatorische Freiheiten zu verteidigen. In unserem umfangreichen Artikel „Wer greift Europa an“ zeigen wir die materiellen Hintergründe des aktuellen Krieges auf und stellen sie in die Kontinuität der imperialistischen Entwicklung, wie sie von unserer Partei schon am Ende des Zweiten Weltkrieges analysiert worden ist. Dass der Stellvertreterkrieg der USA mit Russland nicht nur der Destabilisierung eines geostrategischen Gegners dient und den Konflikt mit China vorbereitet, sondern auch der Schwächung der europäischen Konkurrenz, müssen inzwischen auch die europäischen Politiker_innen zur Kenntnis nehmen. Finanzminister Lindner warnte jüngst vor einem Handelskrieg mit den USA angesichts deren „enorm protektionistischer Wirtschaftspolitik“.

Während der sog. Isolationist Trump die Losung „America first“ posaunte, hat der sog. Transatlantiker Biden mit einem Hunderte Milliarden US-Dollar schweren Investitionsprogramm für ausschließlich amerikanische Waren Fakten geschaffen. Der deutsche Imperialismus, der seine Abhängigkeit von billiger russischer Energie mit teurem US-Frackinggas eingetauscht hat, befürchtet jetzt eine Standort- und Kapitalflucht aus Europa und Macron hat schon einen „Buy European Act“ vorgeschlagen. Eine einheitliche Front für eine „wertebasierte Weltordnung“ sieht anders aus...

Nur auf der Grundlage einer klaren Analyse der kapitalistischen Entwicklung lässt sich auch eine klare Haltung zum imperialistischen Krieg entwickeln. Diese ist spätestens seit dem Ersten Weltkrieg der revolutionäre Defätismus. Wir haben sowohl in dem Artikel „Der Krieg und die proletarische Klassenposition“ als auch in dem geschichtlichen Beitrag zur kommunistischen Linken „Der revolutionäre Defätismus im Zweiten Weltkrieg und die Gründung der IKP“ diese grundlegende proletarische Position dargestellt. Auch wenn es leider wenig direkte proletarische Aktionen gegen den Krieg gibt und diese z.B. in Italien eine starke antigewerkschaftliche Repression zur Folge haben, so führen die Verschärfung der Krise durch den Krieg und die zunehmenden Krisenangriffe auf die Arbeiter_innenklasse zu einer Zunahme von Arbeitskämpfen in Europa aber auch in den USA. Dies betrifft nicht nur den durch die Coronakrise besonders betroffenen Bereich des Gesundheitswesens, sondern z.B. auch die Logistik. In den USA droht nach dem Versuch einer staatlichen Zwangsschlichtung ein großer Eisenbahnstreik, den Biden – wie 1991 Präsident Bush – mit Verweis auf Krieg und volkswirtschaftliche Kosten auf jeden Fall unterbinden will (Stand 5.12.22).

Es ist der kapitalistische Staat, der nicht nur immer direkter in die Wirtschaft eingreift, sondern sich auch repressiv gegen den Klassenkampf in Stellung bringt. Um so absurder ist es, wenn sich die gescheiterten „Bewegungslinken“, deren Volksbegehren „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ gerade in einem parlamentarischen Ausschuss bürokratisch zerrieben wird, zur Wahlwiederholung 2023 in Berlin mit der neuen Kampagne „Immobilienlobby abwählen!“ jetzt als Wahlkampf-helfer_innen für die Linke und die Grünen engagieren. Wie erfahrungsresistent und geschichtsvergessen diese Linke des Kapitals ist, zeigte sich auch bei der großen „Umverteilen!“-Demo im November in Berlin, die sich in ihrem Aufruf nicht nur für staatliche Maßnahmen gegen die Auswirkungen der kapitalistischen Krisenangriffe aussprachen (z.B. „Reichtum besteuern“), sondern auch den aktuellen Krieg als krisenverschärfenden Ausdruck der imperialistischen Entwicklung mit keinem Wort erwähnte. Demgegenüber zeigten wir in unserem Flugblatt den Zusammenhang von Krise, Krieg, Inflation und der konzertierten Aktion auf und propagierten die Notwendigkeit, den Generalangriff auf die Arbeiter_innenklasse zurückzuschlagen.

Die Wiederaufnahme des Klassenkampfes ist ein längerer Prozess. Es gibt an vielen Orten kleine hoffnungsvolle Zeichen für ein (zumindest temporäres) Aufbrechen des sozialen Friedens in unmittelbaren Arbeitskämpfen. Und es gibt angesichts des offensichtlichen Bankrotts der Linken des Kapitals ein wahrnehmbares neues Interesse an der marxistischen Theorie und den Positionen der kommunistischen Linken. Durch unsere kontinuierliche theoretische und organisatorische Arbeit als Ausdruck der historischen Partei des Proletariats und auf der Grundlage des kommunistischen Programms versuchen wir nicht nur eine Orientierung zu geben, sondern v.a. die formale Partei zu entwickeln, die unverzichtbar ist, um aus der Utopie einer freien Gesellschaft eine reale, revolutionäre Perspektive zu machen.

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