Stellungnahmen gegen geplante Verschärfung des Asylrechts: Es gibt keine sicheren Herkunftsländer
Flüchtlings- und MenschenrechtsaktivistInnen sind empört über ein geplantes Gesetz, das Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina per Gesetz zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklären soll, obwohl dort massive Menschnrechtsverletzungen dokumentiert sind. Gegen diese erneute Asylrechtsverschärfung gilt es aktiv zu werden.
Am 19. September wird der Bundesrat über eine weitere Verschärfung des Asylrechts entscheiden. Stimmen die Bundesländer zu, würden Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina per Gesetz zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt, obwohl besonders Roma und LGBT in diesen Ländern erheblicher Diskriminierung ausgesetzt sind.
Laut Bundesregierung soll mit diesem Gesetzentwurf darauf reagiert werden, dass Asylsuchende aus diesen Ländern nur eine sehr geringe Anerkennungsquote haben. Angesichts stark gestiegener Flüchtlingszahlen wolle man gegen „offensichtlich unbegründete“ Asylanträge vorgehen, um dem Schutzanspruch anderer Asylsuchender gerecht werden zu können.
"Ein Schlag ins Gesicht für verfolgte Roma." kommentiert der Bundes Roma Verband e. V. "Wir haben in den vergangen Jahren unzählige Stellungnahmen, Berichte und Interviews veröffentlicht, die belegen, dass es kein sicheres Leben für Roma in diesen Ländern gibt – und auch keine Perspektive darauf."
Auch zahlreiche andere Berichte und Stellungnahmen u.a. von Amnesty International, PRO ASYL UNHCR, DPWV und Kirchen haben nachgewiesen, dass es massive Menschenrechtsverletzungen und Verfolgung von Roma und anderen Minderheiten in Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina gibt. Trotzdem soll die rechtlich äußerst fragwürdige Praxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, im Schnellverfahren nahezu alle Asylsuchenden aus diesen Ländern abzulehnen, nun per Gesetz festgeschrieben und legitimiert werden.
KritikerInnen, wie der Flüchtlingsaktivist Bruno Watara sehen deshalb als Ziel des Gesetzentwurfes "die unerwünschten asylsuchenden Roma abzuschrecken, sie möglichst rasch wieder in ihre Herkunftsstaaten abzuschieben oder in die Illegalität zu drängen."
Zunächst hatten Bündnis 90/Die Grünen angekündigt, dem Gesetzentwurf im Bundesrat ihre Zustimmung zu verweigern. Presseberichte über Verhandlungen mit der Bundesregierung lassen inzwischen vermuten, dass sie mittlerweile zur Zustimmung bereit sind, wenn die Bundesregierung im Tausch dagegen Zugeständnisse im Sozialrecht oder beim Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende macht.
Darüber sind viele empört: "Wir, Flüchtlinge und MenschenrechtsaktivistInnen, lehnen diese Regierungslogik als menschenverachtend ab. Wir Flüchtlinge lassen uns nicht spalten in richtige und falsche Asylsuchende, in erwünschte und unerwünschte Asylsuchende. Wir haben alle ein Recht auf Schutz." heißt es im Online-Appell von Bruno Watara, der zur Zeit im Minutentakt unterzeichnet wird.
Die Flüchtlingsfrauengruppe Women in Exile, die gerade den taz-Panter-Publikumspreis erhielt, weißt daraufhin, was der Gesetzentwurf für Flüchtlingsfrauen bedeutet: Serbien ist das Herkunftsland von Asylsuchenden mit dem höchsten Frauenanteil und gleichzeitig das Herkunftsland mit der niedrigsten Schutzquote. Ähnlich hohe Frauenanteile wie Serbien hat Mazedonien, auch hier: Die Chancen von Frauen, in Deutschland Schutz zu finden, sind verschwindend gering. Elisabeth Ngari, Sprecherin von ‘Women in Exile kommentiert: “Im Prinzip ist es immer das gleiche. Mit der absurden Konstruktion von angeblich sicheren Herkunftsländern oder sicheren EU-Staaten schiebt Deutschland die Verantwortung für den Schutz von Frauen vor Verfolgung einfach ab. Deshalb forderte sie anlässlich der Preisverleihung zum Aktivwerden auf: "Wir freuen uns sehr über diesen Preis und sehen ihn als Ausdruck einer wachsenden Solidarität mit den Kämpfen von Flüchtlingsfrauen. Diese Solidarität brauchen wir auch sehr, denn zur Zeit plant die Bundesregierung Schritte zu unserer weiteren Entrechtung. Schon nächste Woche soll per Gesetz noch mehr asylsuchenden Frauen als bisher ihr Recht auf Schutz genommen werden. Wir bitten alle, die uns dabei unterstützt haben, den Taz-Panterpreis zu gewinnen: Bitte nutzen Sie alle ihre Einflussmöglichkeiten, um die Unterzeichnung dieses Gesetzes im Bundesrat zu verhindern und setzten Sie sich gemeinsam mit uns für ein faires Asylverfahren für alle Asylsuchenden ein."
Gelegenheit dies zu tun, gibt es in der kommenden Woche reichlich:
Online-Appell von Bruno Watara: Keine Kompromisse beim Asylrecht!
18.09.2014, Berlin: Aktions-Nachmittag – Asylgesetzverschärfung verhindern!
19.09.204: Protestkundgebung vor dem Bundesrat: Gegen die Verschärfung des Asylrechts!
Links:
Stellungnahme des BundesRomaVerbands: Sichere Herkunftsländer? Ein Schlag ins Gesicht für verfolgte Roma.
Women in Exile & Friends: Flüchtlingsfrauen stellen fest: Es gibt keine sicheren Herkunftsländer!Refugee Schul- und Unistreik: Aufruf zum Protest gegen die geplante Asylgesetzverschärfung
Aufruf des Flüchtlingsrats Berlin: Kundgebung am 19.09.14 ab 8.45h Bundesrat: Gegen die Verschärfung des Asylrechts!