Den deutschen Täter_innen keine Träne!

Bündnis gegen Geschichtsrevisionismus 17.11.2013 22:17 Themen: Antifa Antirassismus Kultur Militarismus
In Rosenheim regt sich Widerstand gegen die Instrumentalisierung der Geschichte. Zum Volkstrauertag marschieren dort Soldat_innen und Gebirgsschützen auf, um den deutschen "Opfern" zu Gedenken. Die Rosenheimer_innen feiern die eigenen Toten, die pauschalisiert, in einem Atemzug mit den Opfern des Nationalsozialismus genannt werden. Sind nun alle „irgendwie Opfer“, weil sie alle während des zweiten Weltkrieges ums Leben kamen? Wird dabei nicht Wesentliches unterschlagen: Wer den Krieg begonnen hat mit dem Ziel, die ganze Welt zu unterwerfen?
Am heutigen Volkstrauertag marschierten ca. hundert Soldat_innen, Polizist_innen, Feuerwehrmänner und -Frauen und Gebirgsschützen teils uniformiert, teils bewaffnet durch die Innenstadt zum Friedhof. Sie gedachten den deutschen Gefallenen der beiden Weltkriege. Am Rand des Aufmarsches demonstrierten ein Dutzend Aktivist_innen aus dem linksradikalen Umfeld gegen die Veranstaltung und verteilten Flugblätter. „Den deutschen Täter_innen keine Träne!“ war auf den Flyern zu lesen. Nach eigenen Angaben wollten die linken Aktivist_innen gegen Volkstrauertag und deutschen Opfermythos mobil machen und plädierten für eine antifaschistische Gedenkkultur, „eine Gedenkkultur, die sich nicht auf Sonntagsreden beschränkt und zum Handeln gegen staatlichen Rassismus und aktuellen Naziterror aufruft“ wie es in den Flugblättern heißt. Die linke Gegenveranstaltung wurde jedoch schon nach wenigen Minuten von der Polizei jäh beendet. Es hagelte polizeiliche Platzverweise. Ein Aktivist wurde wegen einer angeblichen Beleidigung festgenommen und verbrachte die folgenden Stunden in einer Polizeizelle. Einem weiteren Antifaschisten wurde ein Transparent abgenommen. Eine aufschlussreiche Begründung sei von den Polizeibeamten aber nicht zu hören gewesen sagten die linken Aktivist_innen. Schließlich sei das Transparent „nicht einmal ausgerollt worden“.

Die Antifaschist_innen kritisieren, dass beim Volkstrauertag „verschwimme, wer Täter war und wer Opfer“. Das diene der „Rehabilitierung Deutschlands“ und der „Negierung und Abwehr deutscher Schuld“. Die Gebirgsschützenkompanie Rosenheim (GSK) konnte mit dieser Kritik nicht viel anfangen, „Polizei, nehmt sie gleich mit!“ war aus den Reihen, der mit Gewehren vom Typ Karabiner 98k bewaffneten Menge zu hören. Beachtlich ist, dass selbige Karabiner auch von der Wehrmacht getragen und benutzt wurden. Benutzt wurden, um Millionen von Menschen hinzuschlachten. Da passe es gut ins Bild, echauffierte sich eine Antifaschistin, dass 2006 auch die HIAG, die Hilfsgemeinschaft der SS-Veteranen am von der Stadt organisierten Trauermarsch teilnahm und einen Kranz ablegte.

Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer, die ebenfalls am Gedenkmarsch teilnahm versuchte, einen der Aktivist_innen zu beschwichtigen. Mit mäßigem Erfolg. Die Demonstrant_innen warfen ihr Scheinheiligkeit vor. Denn während sie sich auf Sonntagsreden gegen Krieg und Rassismus ausspreche seien „Rosenheimer Polizist_innen auf der Jagd nach Flüchtlingen“. Dass es hierbei auf die ethnische Herkunft, auf Hautfarbe und Kultur ankomme, also nach rassistischen Kriterien entschieden werde, „wer hier bleiben darf und wer ins Elend abgeschoben wird“, scheine der Oberbürgermeisterin und großen Teilen der Bevölkerung egal zu sein, monierten die Aktivist_innen. Die Öffentlichkeit sei eben nur gegen Rassismus, wenn „es gerade passt.“

Doch wie stellen sich die linken Demonstrant_innen ein ehrliches Gedenken an die Opfer des Faschismus vor? „Wir wollen eine Gedenkkultur, die die Täter klar benennt“ und „nicht von alten, bewaffneten Männern ins Lächerliche gezogen wird“ heißt es hierzu im Flugblatt. Eine Gedenkkultur, die sich nicht auf Sonntagsreden beschränke und die klar zum Handeln gegen staatlichen Rassismus und Naziterror auffordere.
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