Klassenkampf statt Weltkrieg vor Führerbau

Posselt 26.09.2013 08:52 Themen: Antifa Kultur Militarismus Weltweit
Zum 75.Jahrestag des "Münchner Abkommens" finden heute 2 Veranstaltungen statt. Eine der Kriegsgegner und eine derer, die die Revanche für den Ausgang des 2.Weltkriegs anstreben und damit den nächsten anstreben. Der Ober-Revanchist is a beim Symposium der bayrischen Staats-regierung, Bernd Posselt("Ich möchte, dass der Sudetendeutsche Tag noch in diesem Jahrzehnt erstmals auch in der tschechischen Republik stattfindet.") Auf nach Prag, bevor die es tun.
Nie wieder München! Nie wieder Lidice!

Wird ein gefräßiges Raubtier zum Vegetarier, wenn man ihm einen Fetzen Fleisch zum Fressen gibt? Wohl kaum.
Wurde Nazideutschland satt und sanft wie ein Lamm, als man ihm 1938 Teile der Tschechoslowakei zum Fraß vorwarf? Sicher nicht.
Das wurde aber gemacht vor 75 Jahren, als im „Führerbau“ (der heutigen Musikhochschule in München) das sogenannte Münchner Abkommen beschlossen wurde. Damals vereinbarten die kapitalistischen Mächte Frankreich, Großbritannien und Italien mit Hitlerdeutschland, Teile der Tschechoslowakei („Sudetenland“) an eben dieses Deutschland anzuschließen – um den „Frieden“ zu sichern, wie sie sagten. Ihre Hoffnung war, dass das Nazi-Raubtier seinen weiteren Hunger im Krieg gegen die Sowjetunion stillen würde. Anfang Oktober 1938 marschierten deutsche Truppen in die „Sudetengebiete“ ein. Am 3. Oktober feierten sie die „Wiedervereinigung“ mit dem Deutschen Reich. Doch der Hunger des Raubtiers wurde durch die Einverleibung Österreichs und der westlichen Gebiete der Tschechoslowakei keineswegs gestillt, auch wenn der „Führer“ des „Dritten Reiches“ Vegetarier war. Es wurde dabei groß und stark, ohne einen Krieg führen zu müssen. Es wurde gefräßiger als jemals zuvor.
Es begnügte sich auch nicht mit dem Überfall auf die anderen Teile der Tschechoslowakei und auf Polen, sondern besetzte Frankreich und bombardierte England. Es entfesselte einen Weltkrieg, der jede bis dahin begangene Barbarei übertraf. Dieser brachte 55 Millionen den Tod. Allein in der Tschechoslowakei ermordeten die Nazis in Gefängnissen, Konzentrationslagern oder bei Massakern wie im Dorf Lidice 360.000 Menschen. Das ist das
Ergebnis des zweiten von deutschem Boden aus begonnenen Weltkrieges.
Um Nazideutschland zu schlagen, Faschismus und Krieg zu beseitigen, verbündeten sich über hundert Nationen, darunter vor allem Großbritannien, Frankreich, die USA und die Sowjetunion. Der Krieg kam nach München und Berlin zurück, wo er begonnen wurde, und endete 1945 mit der Befreiung Deutschlands, der Tschechoslowakei und ganz Europas. Damit lag das Raubtier am Boden, aber das kapitalistische Wirtschaftssystem und seine Gier nach Profit, aus dem Faschismus und Krieg geboren werden, wurde nicht beseitigt.
Die neu gegründete Bundesrepublik Deutschland wurde geprägt und aufgebaut von den ganzen alten Nazis. Die wurden nicht etwa für ihre Verbrechen verurteilt, sondern saßen sehr bald wieder in Amt und Würden. Sie unterrichteten in der Schule, verhafteten bei der Polizei, urteilten bei Gericht, lehrten in der Uni oder regierten im Bundestag. Und die Profitinteressen und das Machtstreben der deutschen Kapitalisten waren noch lange nicht befriedigt. Sie wollten zunächst die DDR zurückholen und mit der sogenannten „Wieder vereinigung“ am 3. Oktober 1990 wurde die BRD wieder größer und zu einer Weltmacht – aber auch diesmal keineswegs friedlicher.
Und heute?
Das kapitalistische System steckt in der größten Weltwirtschaftskrise seit den 1920er Jahren. Und auch wenn es uns hierzulande noch nicht so hart getroffen hat, können wir schon sehen, was Krise heißt. Auch hier verhungern die ersten Kinder oder werden alte Menschen aus ihren Wohnungen geworfen und erfrieren. Und in vielen Teilen Europas spüren
die Menschen noch viel schärfer, was es heißt, in einem System zu leben, in dem der Profit der deutschen Banken und Konzerne über allem steht: Jeder dritte Portugiese oder Italiener ist arbeitslos. In Griechenland und Spanien ist es mehr als die Hälfte der unter 25Jährigen. In Griechenland hungern Kinder und die Krankenhäuser werden geschlossen – um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Die Regierungen anderer Länder werden von unseren Herrschenden unter Androhung von Zwangsmaßnahmen dazu gezwungen, dem eigenen Volk „den Gürtel enger zu schnallen“. Es werden Spardiktate verhängt, die diese Staaten bis aufs Blut auspressen, um den deutschen Profit zu sichern. In der ausländischen Presse wird ganz offen von „Merkels Europa“ getitelt. Die britische Daily Mail schreibt sogar: „Hitler scheiterte daran, Europa mit militärischen Mitteln zu erobern, die modernen Deutschen schaffen es mit Handel und finanzieller Disziplin.“ Aber was ist, wenn wirtschaftliche Ausplünderung und politische Erpressung nicht mehr ausreichen? Bundeskanzlerin Angela Merkel gab da schon 2004 auf der sogenannten NATO-Sicherheitskonferenz die Marschrichtung vor: „Um die Politik anderer Nationen zu beeinflussen, um den Interessen und Werten der eigenen Nation zu dienen, müssen alle Mittel in Betracht gezogen werden, von freundlichen Worten bis hin zu Marschflugkörpern.“ Sie sprechen nicht nur von Krieg, sondern er wird mit unzähligen Maßnahmen tagtäglich vorbereitet.
So wird die Tschechische Republik schon wieder von Deutschland bedroht. Die Unabhängigkeit unseres Nachbarlandes wird Stück für Stück ausgehöhlt. Die Führung der Tschechischen Armee wird von der deutschen Bundeswehr unterwandert. 2012 übten deutsche Soldaten und unter ihrem Kommando stehende zivile Hilfsorganisationen in Karlovy Vary (Karlsbad) das Schießen, Handgranatenwerfen und das Überwinden zerstörter Brücken. Anschließend marschierten sie durch die Stadt. Die deutsche Polizei macht wieder Menschenjagd in einem anderem Staat. Die Sudetendeutsche Landsmannschaft, diejenigen also, die nach wie vor für die Auslieferung Tschechiens an Deutschland arbeiten, dürfen bei einem Staatsakt zum „Münchner Abkommen“ im ehemaligen Führerbau sprechen, während Kriegsgegnern der Eintritt verwehrt wird. Auch die Wirtschaft in der Tschechischen Republik ist kaum mehr in tschechischer Hand. Allein der Handel ist zu einem Drittel im Besitz von deutschen Handelsketten. Der große tschechische Autobauer Škoda wurde von Volkswagen übernommen und die Presse in Tschechien ist zu 90 Prozent deutsch.
Und weil dem so ist. Und weil sie in unserem Land schon wieder mitten im Frieden den Krieg vorbereiten, müssen wir uns wehren, um nicht noch einmal für die deutschen Wirtschaftsherren in den Krieg geschickt zu werden. Wir wissen, dass es immer die Arbeiter und die Völker waren, die die von Deutschland begonnenen Weltkriege beendeten. Um einen nächsten großen Krieg zu beenden, bevor er beginnt, müssen wir, die wir nicht von Krieg und Zerstörung profitieren, uns zusammenschließen und eine friedliche Welt aufbauen – an der Seite der Völker der Welt.
Wenn euch die Welt, so wie sie ist, nicht gefällt und wenn ihr mit anderen Jugendlichen
gemeinsam etwas gegen Faschismus, Rassismus und Krieg machen wollt, dann schreibt uns eine Mail oder kommt einfach vorbei.
Exakt 75 Jahre nachdem im „Führerbau“, der heutigen Hochschule für Musik und Theater, dieses „Münchner Abkommen“ geschlossen wurde, wird dort ein Lastwagen-Konvoi aus alten Militärfahrzeugen stehen, über dem in großen Lettern zu lesen sein wird:
KLASSENKAMPF STATT WELTKRIEG
Mit diesem Zug gegen den Krieg wird eine internationale Aktionseinheit von Jugendlichen
und Arbeitern aus der Republik Polen, der Tschechischen Republik und dem größeren Deutschland gemeinsam seine Fahrt aufnehmen. Er wird von München durch mehrere Städte Bayerns über die Grenze nach Tschechien bis in dessen Hauptstadt Prag fahren. Unterwegs werden wir unter anderem eine Gedenkkundgebung in Lidice abhalten.
Kommt zum Zug, schaut ihn euch an!

Stationen in München am 29. September 2013:
11.00–• 13.00 Uhr Ehemaliger
„Führerbau“, Arcisstraße 12
• 13.30 Uhr CSU-Zentrale,
Nyhmpenburgerstraße 64
• 14.00 Uhr Platz der Opfer des
Nationalsozialismus
• 14.30 Uhr Staatskanzlei,
Franz-Joseph-Strauß-Ring 1

Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD, Ortsgruppe München
Kontakt:  jungefriedenskaempfer@gmail.com
Kommt vorbei! Bericht und Bilder vom Aktionszug: 23. Oktober , 18.00 Uhr, im Haus mit der Roten Fahne, Tulbeckstraße 4



Kasten: Die Kinder von Lidice (Denkmal): Nachdem am 27. Mai 1942 Reinhard Heydrich, „der Henker von Prag“, durch einen Anschlag des Widerstandes umkam, folgten Massenerschießungen
durch die Nazis an der tschechoslowakischen Bevölkerung. Am 10. Juni 1942 wurden alle 172 männlichen Bewohner des Örtchens Lidice, die älter als 15 Jahre waren, aus Rache erschossen. Auch die neun Männer, die zu dieser Zeit nicht zu Hause waren, wurden später
hingerichtet. Die 202 Frauen des Dorfes wurden in das Konzentrationslager Ravensbrück verschleppt, wo 52 von ihnen ermordet wurden. Von den 98 Kindern aus Lidice wurden 85 im
Vernichtungslager Kulmhof vergast.




PM1: Dr. Klaus Hahnzog
Vorsitzender des Beirats der Weißen Rose Stiftung e.V.
Bayerischer Verfassungsrichter

Staatsregierung unterdrückt Erinnerungsarbeit an das Naziregime:
75. Jahrestag des Münchner Abkommens

Stichpunkte für das Pressegespräch am 11. September 2013
1. Vor 75 Jahren - am 29. September 1938 wurde das „Münchner Abkommen" zwischen Deutschland auf Einladung Hitlers mit Großbritannien (Ministerpräsident Chamberlaine), Frankreich (Ministerpräsident Daladier) und Italien (Mussolini) geschlossen. Ort war der „Führerbau" vor der Arcisstraße, jetzt Standort der Bayerischen Hochschule für Musik und Theater. Nach dem Abkommen musste die Tschechoslowakei große Gebiete abtreten.

Mit dieser internationalen Reputation konnten die Nazis es sich kurz darauf leisten, die Reichspogromnacht am 9. November 1938 ohne große Proteste durchzuführen. Am 1. September 1939 erfolgte dann der militärische Überfall nach Polen, der Beginn des 2. Weltkriegs.

2. Der 75. Jahrestag sollte unbedingt in breiter Erinnerung gehalten werden. Es ist sehr erfreulich, wenn diese auch mit breitem bürgerschaftlichem Engagement geschieht. Es ist deswegen ein toller Plan, dies auch am authentischen Ort, dem ehemaligen „Führerbau" zu machen, zumal die jetzige Hochschule für Musik und Theater in unmittelbarer Nähe des entstehenden NS- Dokumentationszentrums situiert ist.

Stattfinden wird vor der Hochschuhe der Start eines Zuges ehemaliger Militärwagen mit deutschen, tschechischen und polnischen Teilnehmern als Antikriegsprojekt „Klassenkampf statt Weltkrieg", mit dem Ziel Prag. Geplant war zusätzlich ein musikalischer Auftakt in der Musikhochschule. Gespielt werden sollten Kompositionen von Erwin Schulhoff, einem jüdischen Musiker von großer Bedeutung, der in Prag verhaftet und dann 1942 in einem Außenlager des KZ Dachau ermordet wurde.

3. Im letzten Jahr hatte das Vorhaben einer Antikriegsveranstaltung in den Räumen der Musikhochschule große Schwierigkeiten mit einer ganz kurzfristigen Kündigung des Überlassungsvertrags gemacht. Ich hatte mich daraufhin mit einem Schreiben an den Präsidenten für die Veranstaltung eingesetzt. Die Veranstalter hatten dann Erfolg beim Amtsgericht München, das am 25. September 2012 die Kündigung für unwirksam erklärte. Herr Smuda erhielt im Juni 2013 eine Ablehnung des Konzerts mit Schulhoff-Kompositionen, weil am 29. September 2013 eine interne Orgelmatinee stattfinde. Er bat mich daher um Hilfe bei dieser Sache.

4. Herr Prof. Nerdinger, der Leiter des NS-Dokumentationszentrums vermittelte mir ein Gespräch mit dem Kanzler der Musikhochschule, das im Juli stattfand, Ergebnis: Absage. Obwohl ich angeboten hatte, wenn die Musik aus mir unerklärlichen Gründen nicht im Inneren - auch nicht im breiten Treppenhaus stattfinden könne, dann wenigstens auf einer der beiden äußeren Treppen, von denen eine noch nicht einmal allgemeine Eingangsfunktion habe.

Das war der Auftakt von insgesamt 20 Schreiben und Gesprächen mit der Musikhochschule, dem Wissenschaftsministerium und dem Kultusministerium. Ich telefonierte dann mit dem für Hochschulen verantwortlichen Wissenschaftsminister Heubisch persönlich. Er wollte sich des Anliegens annehmen. Sein Ministerialdirektor Weiß erklärte mir dann am 1. August die endgültige Absage. Die Musikhochschule lehne politische Veranstaltungen ab, außerdem sei ja Wahlkampf. Da musste ich ihm noch erklären, dass der Wahlkampf schon eine Woche früher, am 22. September, beendet sei.

Danach wandte ich mich an das Ministerbüro von Staatsminister Spaenle, der als Kultusminister für die staatliche Erinnerungsarbeit zuständig ist. Mir wurde in vielen Gesprächen mitgeteilt, der Minister habe sich der Sache angenommen. Letztlich hieß es, es bleibe bei einer Absage des Wissenschaftsministers, der das Verhalten der Musikshochschule wegen des politischen Aspekts respektiere.

Das Verhalten der Staatsregierung insbesondere von Staatsminister Heubisch ist empörend:

Einmal gibt es Vieles in Musik und Theater was politischen Hintergrund hat und auf politische Bereitschaft hinwirkt. Auch sind Hochschulen hier besonders gefordert. Es wäre unvorstellbar, wenn sich die LMU ihrer politischen Geschichte so verweigern würde wie die Musikhochschule ihrer Geschichte als „Führerbau". In der LMU hat die Weiße Rose Stiftung ihre Denkstätte mit vielen Tausend Besuchern. In der LMU findet jährlich eine Weiße Rose Gedächtnisvorlesung und die Verleihung des Geschwister Scholl Preises statt.

Zum Anderen darf die Erinnerungsarbeit nicht den politischen Repräsentanten allein überlassen bleiben. Gegenüber früheren Jahrzehnten - ich hatte das in den 90er Jahren als Vorsitzender des Fördervereins für internationale Jugendbegegnung in Dachau hautnah erlebt - ist es erfreulich, dass auch aus anderen Kreisen die Notwendigkeit der Erinnerungsarbeit gesehen wird: etwa die Bundeskanzlerin Merkel in Dachau oder Minister Spaenle für das NS- Dokumentationszentrum. Aber auch von diesen Repräsentanten wird immer wieder betont: Insbesondere erforderlich sind gesellschaftliche Aktivitäten, um das „Nie wieder" als aktuelles Engagement breit zu verankern.

Mir wurde von staatlicher Seite nicht entgegengehalten, die Staatsregierung denke selbst an eine Veranstaltung zum 75. Jahrestag. Jetzt habe ich etwas von einem Termin dazu am 26. September gehört. Das würde zeigen, wie hohl die Forderungen nach bürgerschaftlichem Engagement sind. Wenn diese Veranstaltung in der Hochschule stattfinden würde, wäre das nicht Politik? Außerdem wäre die Wahl gerade dieses Tages seltsam. An ihm jährt sich der furchtbare Terroranschlag aus rechter Ecke beim Oktoberfest 1980, bei dem 12 Festgäste starben und 211 zum Teil schwerste Verletzungen erlitten. An diesem Tag findet die traditionelle Gedenkfeier am Denkmal am Wiesn-Haupteingang statt.
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Ergänzungen