[B] Zwangsumzüge

Hände weg vom Wedding 24.04.2013 12:12 Themen: 3. Golfkrieg Freiräume Soziale Kämpfe
Am 30. April wird in Wedding, im Rahmen der Antikapitalistischen Walpurgisnacht wieder eine berlinweite Demonstration gegen steigende Mieten, Rassismus und soziale Ausgrenzung stattfinden. Bereits am 19. April fand eine lange Nacht der linken Locations statt. An den einzelnen Infoveranstaltungen nahmen immer rund 40 (+) Personen teil.

# 28. April | Graffiti-Jam | 15 Uhr, Leopoldplatz
[Infos: HWVW-Blog]

# 30. April 2013, S.-U.-Bhf. Gesundbrunnen | 15 Uhr, Kundgebung | 20.30 Uhr, Demonstration
[Aufruf | Material]

Das Bündnis "Hände weg vom Wedding!" hat zur Situation im Bezirk eine Broschüre erstellt, die sich mit Mietsteigerung, der Rolle der Quartiersmanagements, staatlichem Rassismus und weiteren Themen befasst. Auf Indymedia werden in den Wochen vor dem 30. April als inhaltliche Begleitung veröffentlicht.

In den letzten Monaten kam es immer wieder zu Aktionen gegen Zwangsräumungen, maßgeblich getragen durch das Bündnis "Zwangsräumungen verhindern!". Das Bündnis wird sich auch am 30. April an der Demonstartion beteiligen.
Aus gegebenen Anlässen hier also der dritte Teil der Artikelserie zum Thema Zwangsumzüge.

# Teil 3: "Zwangsumzüge"
Der internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19.12.1966 beinhaltet im Artikel 11 erstmals das Grundrecht auf Wohnen. Dieser völkerrechtliche Vertrag wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet und seitdem von 160 Staaten unterzeichnet. Die unterzeichnenden Staaten, darunter auch Deutschland, müssen das Recht auf adäquates Wohnen anerkennen, respektieren, schützen und erfüllen. Jedoch ist dieses Recht nicht einklagbar, denn das Recht auf Wohnen widerspricht dem Recht auf Besitz, dem Besitz von Mieteigentum. In der Regel sind insbesondere Menschen, die durch den WSK-Pakt geschützt werden sollten, die Menschen, die von Zwangsumzügen und Verdrängung betroffen sind.Aber wie kommt es zu Zwangsumzügen? Verdrängung einkommensschwacher Bevölkerungsteile ist die Folge einer am Gewinn orientierten Stadtentwicklung. Das Land Berlin hat durch den Verkauf kommunaler Wohnungsbestände und der Abschaffung des sozialen Wohnungsbaus im Interesse von Immobilienspekulant_innen gehandelt und sich gegen eine soziale Wohnraumpolitik entschieden.Die Verdrängung aus den Kiezen, das Abschieben in Ghettos – alles politisch verursacht, weil die Interessen der Spekulant_innen im Mittelpunkt der Politik stehen.
Ein Drittel der Berliner Haushalte benötigt soziale Transferleistungen, um sich die Kosten für Unterkunft leisten zu können. Aber gerade durch Hartz IV und der damit zusammenhängenden AV Wohnen (Ausführungsvorschriften Wohnen) erfolgen Zwangsumzüge und die Verdrängung der Mieter_innen aus ihren angestammten Wohnquartieren. Die AV Wohnen war als Ländersache angelegt, weil das Land die Höhen der Mietgrenzen ermitteln sollte. Diese Mietobergrenzen, an die sich das Job Center halten muss, liegen weit unter dem eigentlichen Mietspiegel. Das führt dazu, dass Kund_innen des Job Centers dazu aufgefordert werden ihre „Miete zu senken“. Eine Untersuchung der Kampagne gegen Zwangsumzüge hat gezeigt, dass bei einem Drittel der Betroffenen die Differenz zwischen der Miethöhe und dem, was das Job Center zahlt, bis zu 100 € betragen. Da die Suche nach einer günstigeren Wohnung oft aussichtslos ist (viele Hausverwaltungen nehmen keine ALG-II-Empfänger_innen, die Mieten liegen oft über der Mietobergrenze des Job Centers, generelle Wohnungsknappheit etc.) bezahlen viele die Differenz von ihrer Regelleistung (die für Essen und Leben gedacht ist) oder sind von Zwangsumzügen bis hin zur Obdachlosigkeit betroffen.Ein weiterer Grund für Zwangsumzüge ist die Abschaffung des sozialen Wohnungsbaus. Beim sozialen Wohnungsbau wurde über Jahre die sogenannte „Anschlussförderung“ vom Senat an die Eigentümer_innen gezahlt, also das was aus der Sozialmiete nicht abgedeckt werden konnte an der sogenannten „Kostenmiete“. Dem Senat wurde dies jedoch zu teuer, er strich die Anschlussförderung und die_der Eigentümer_in darf die Miete bis zur Kostenmiete erhöhen. Jedoch sind die meisten Mieter_innen nicht in der Lage, die nun erhöhten Mietkosten zu zahlen, schließlich wurden sie genau aus diesem Grund im sozialen Wohnungsbau untergebracht. Was folgt ist ein Zwangsumzug, meist an den Rand von Berlin.
Nicht nur die Verdrängung in Randbezirke nimmt seit Jahren stetig zu, auch die Anzahl von Menschen, die von Obdachlosigkeit betroffen sind, steigt zunehmend. In Neukölln reagiert der Bezirk unter Leitung des rechtspopulistischen Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) mit immer mehr Obdachlosenunterkünften. Unterkünfte für Familien mit Kindern, alten und jungen Menschen. Hauptsache Berlin bleibt sauber und die Armut ist nicht mehr auf der Strasse zu sehen. Doch die Lebensbedingungen in diesen Unterkünften sind brutal: Mehrbettzimmer, keine Rückzugsmöglichkeit etc. und die Kosten pro Person sind enorm, liegen oft im Bereich der verordneten Mietobergrenze des Job Centers. Letzten Endes verdienen daran Freie Träger, die diese Unterkünfte gewinnorientiert anbieten (über 10 € pro Nacht/pro Person). Als Beispiel sei hier die Treberhilfe Berlin gGmbH genannt, die durch ihren Geschäftsführer „Maserati-Harry“ deutschlandweit Schlagzeilen machte. Aber nicht nur die Treberhilfe Berlin gGmbH verdient sich unter dem Deckmantel einer sozialen Einrichtung eine goldene Nase. Alle freien Träger arbeiten im kapitalistischen System gewinnorientiert, um konkurrenzfähig zu bleiben. Die Verknüpfungen zwischen den Vorständen/Geschäftsführer_innen solcher Träger und der Politik sind oft sehr schnell zu erkennen, so war Maserati-Harry seit Jahrzehnten aktives SPD-Mitglied und lud regelmäßig die wichtigen Parteifreund_innen in seine Villa ein.

Was können wir gegen unsoziale Wohnraumpolitik, gegen steigende Mieten, Verdrängung und Zwangsumzüge tun?

Am 22.10.2012 konnte eine Zwangsräumung in Kreuzberg verhindert werden. Dies war möglich durch die Unterstützung von Freund_innen, Nachbar_innen und der Kampagne „Zwangsumzüge verhindern“, die sich kurzerhand entschlossen, den Weg zur Wohnung für die Gerichtsvollzieherin zu blockieren. Steigende Mieten, Verdrängung und Zwangsräumungen sind Themen die uns alle betreffen, daher redet mit euren Nachbar_innen, schließt euch zusammen, organisiert den Widerstand.Das Land Berlin besitzt auch nach dem Verkauf der GSW landeseigene Hausverwaltungen und Immobilien. Die Hausverwaltungen sind vom Senat aufgefordert, gewinnorientiert diese Immobilien zu verwalten, so vermieten diese keine Wohnungen mehr an Menschen mit Schulden (negative Schufa) und auch Bezieher_innen von Transferleistungen ziehen meistens den kürzeren entgegen einkommensstarken Bewerber_innen auf eine Wohnung. Auch der Liegenschaftsfond verkauft die landeseigenen Immobilien an die_den Höchstbietende_n.

Wir fordern den Berliner Senat auf, eine soziale Wohnraumpolitik umzusetzen, in der allen Menschen das Recht auf adäquates Wohnen zugesprochen wird, wie es der WSK-Pakt vorsieht. Keine Gewinnorientierung der landeseigenen Hausverwaltungen und des Liegenschaftsfonds!
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Ergänzungen

Fast zeitgleich in Nord-Neukölln

Killer-Schiez 24.04.2013 - 14:28
Am 28.04.2013 um 16.00 Uhr Kundgebung in der Weisestr. 47 (nähe U Bhf Boddinstraße)

Wohnung gesucht? Haus steht leer!

Die Mieten in der Berliner Innenstadt steigen immer weiter und im Norden Neuköllns werden inzwischen Kaltmieten( Miete ohne Betriebskosten und Heizung) zwischen 10 und 13 Euro pro m² verlangt und teilweise auch gezahlt. Viele Menschen mit geringem Einkommen oder Hartz-4 suchen aber bezahlbaren Wohnraum. Immer mehr werden aus ihren Wohnungen zwangsgeräumt, damit die Besitzer ihre Profitinteressen durchsetzen können.

In dem Haus Weisestrasse 47 gibt es sehr billige Wohnungen mit geringem Standard( Ofenheizung, Etagenklo), aber sie werden nicht vermietet. Der Eigentümer Conle lässt das Haus seit etlichen Jahren leer stehen, nur zwei Wohnungen im Hinterhaus sind noch bewohnt. Dagegen wird seit Jahren protestiert, am 28. April 2012 gab es eine Hausbesetzung , die von der Polizei brutal beendet wurde. So darf das Haus weiter leer stehen, bis der Eigentümer das Haus am profitabelsten verwerten kann.

Wir wollen das weder vergessen noch hinnehmen und rufen deshalb 1 Jahr nach der Besetzung zu einer Kundgebung auf:

Spekulativen Leerstand enteignen!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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