[FR] Demo für eine Gesellschaft ohne Knäste

3112 01.01.2012 13:42 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Am Abend des 31.12.2011 fand in Freiburg, wie auch in vielen anderen Städten, eine Demonstration gegen Knäste und für eine befreite Gesellschaft statt. Rund 60 Menschen beteiligten sich an der nicht bei den Behörden angemeldeten und nicht öffentlich beworbenen Aktion.
Sie liefen einmal rund um die “Justizvollzugsanstalt Freiburg” und weckten mit viel Feuerwerk und Pyrotechnik die Aufmerksamkeit von Gefangenen und Anwohner_innen. Vor dem Haupttor wurde ein Redebeitrag des Vorbereitungskreises gehalten, sowie Grußwörter auf Englisch, Französisch, Spanisch und Deutsch verlesen:

“Hallo liebe Menschen hinter den Mauern dieser Welt,
wir stehen hier draußen in relativ beschissenen, gewalttätigen Verhältnissen. Ihr seid dort drinnen, unter noch beschisseneren und ebenso gewalttätigen Verhältnissen. Hinter dicken Mauern und Stacheldraht. Ihr sitzt dort, weil ihr gegen vorgegebene Gesetze verstoßen habt, aus welchen Gründen auch immer. Ihr sitzt dort, weil dadurch die Herrschaft des Staates in Frage gestellt wurde. Knäste stellen eine extreme, brutale und widerliche Form der Herrschaftsausübung und Unterdrückung des Staates im Kapitalismus dar.

Wir stehen hier draußen, weil wir eine Gesellschaft erreichen wollen, in der es kein Eigentum, keine Grenzen, aber auch keine Herrschaft von Menschen über Menschen, also keinen Sexismus, keine Homophobie, keinen Rassismus und alle anderen Unterdrückungsmechanismen, und somit auch keine Knäste mehr gibt!

Wir stehen hier draußen, um euch unsere Solidarität auszudrücken, euch weiterhin viel Mut und Durchhaltevermögen und ein besseres 2012 zu wünschen!"


Kurz vor Ende der Kundgebung tauchten die ersten Streifenwagen auf, die sich aber im Hintergrund hielten. Das Haupttor des Knastes wurde mit pinker Farbe beworfen. Die Demonstration zog weiter über die Habsburgerstraße bis in die Kaiser-Joseph-Straße wo die Anarchistische Gruppe Freiburg einen Redebeitrag hielt. Am Bertoldsbrunnen löste sich die Demonstration ohne Zwischenfälle auf.

“Wir werten die heutige Demonstration als Erfolg, weil wir ohne großes Polizeiaufgebot und somit ohne Repression unsere Inhalte vermitteln konnten.”, so Benjamin L. aus dem Vorbereitungskreis der Aktion.

“Uns war es wichtig, heute nicht nur den Knast zu kritisieren, sondern auch die Gesellschaft, die ihn hervorbringt.”, so Katharina A., eine Teilnehmerin der Demonstration.

In die gleiche Richtung zielte auch der Redebeitrag des Vorbereitungskreises: “[...]Die entfremdete Existenz im Knastalltag, die erzwungene Einsamkeit, die monotone Sinnlosigkeit der als Strafe zugewiesenen Zwangsarbeiten geben in konzentrierter Weise die Zustände wieder, die auch außerhalb der Gefängnismauern gelebt werden.[...]”

Wir werden in Freiburg auch weiterhin sowohl inhaltlich, als auch mit Aktionen für eine Gesellschaft ohne Knast, Strafe und Kapitalismus kämpfen.

Für den Kommunismus! Für die Anarchie!

Fotos: flickr.com/agfreiburg
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Ergänzungen

@Mods

Fotos 01.01.2012 - 13:59
Der Foto-Link funktioniert nicht, richtig müsste er so heiszen:  http://www.flickr.com/photos/agfreiburg/sets/72157628656125993

ach bürger

nachbar 01.01.2012 - 17:37
.. keine(r) hat im artikel (und bei der demo) von "freilassung aller gefangenen" geredet. von einer "gesellschaft ohne knäste" - soll bedeuten, daß eine Gesellschaft geschaffen werden soll und kann - die auf die übliche straf-und racheaktionen zugunsten von anderen konfliktbewältigungen verzichtet -klar gibt es da auch weitere abscheuliche handlungen, arschlöcher ( übrigens sind kriege die spitze dieser straf-und racheaktionen) --- weiterhin heisst das, daß rd. 80-90 prozent aller momentanen gefangenen keine gewalttäter*innen sind ( sondern wegen eigentumsdelikten, vergehen gegen die staatliche ordnung, drogen einsitzen) - ob die wirklich in den knast gehören -

deine mörder und vergewaltiger, es fehlen in deiner argumentation noch die nazis , sind etwa 3 bis 5 prozent der leute im knast und dafür gibt es keine alternativen strukturen z.zt. die es ermöglichen, daß so ein verhalten heute oder morgen nicht passiert - real will und kann die keine(r) raushaben wollen

aber deine sprüche sind so altbacken und langweilig, weil sie immer kommen, wenn es um knast geht - kein interesse an den wirklichen verhältnissen, und kinder? habe ich nicht mehr, weil sie von einem braven anständigen besoffenen bürger totgefahren worden ist ---

Flyer

Tadaa 01.01.2012 - 19:31
Hier ( http://linksunten.indymedia.org/de/node/52674) gibt es auch die zwei Flyer, welche verteilt wurden.
Einer von der Demoorga ( http://linksunten.indymedia.org/de/system/files/data/2011/12/8220853834.pdf), das ist der Text oben.
Und einer von der Anarchistischen Gruppe Freiburg:  http://linksunten.indymedia.org/de/system/files/data/2011/12/1371037744.pdf

Bericht: Anti Knast Demo in Köln

afunke 02.01.2012 - 23:01

Die Gefängnisnation

Von Mumia Abu-Jamal 02.01.2012 - 23:58

31.12.2011 / Ausland / Seite 6

Die Gefängnisnation
Wie die herrschende Klasse ihren Reichtum gegen die besitzlosen Massen schützt
Von Mumia Abu-Jamal

Jedes Gefängnis ist gleich, und jedes ist anders. Jedes Gefängnis hat seinen eigenen Mythos – denken wir nur an Alcatraz, Sing Sing und Attica – und seinen eigenen inneren Rhythmus: hart, lässig, straff, locker oder rauh. Jedes Gefängnis entspricht einer bestimmten Kategorie, abhängig von der Klassifizierung von Verbrechen, die Gerichte und Justizverwaltungen danach vornehmen, wessen Interessen jeweils bedroht sind.

(...)

Die herrschende Klasse der Wohlhabenden hat Gefängnisse und Gerichte erschaffen, um sich und ihren Reichtum gegen die besitzlosen Massen zu schützen. Sie schufen auch die Illusion von der Klassenlosigkeit, die sie durch ihre Medien verbreiten und aufrechterhalten lassen. Unaufhörlich plärrten sie von »Freiheit«, während gleichzeitig das gewaltigste Gefängnissystem errichtet wurde, das die Welt je gesehen hat: den gefängnisindustriellen Komplex – die Gefängnisnation USA.

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@ nachbar

emanzipation 04.01.2012 - 13:17
".. keine(r) hat im artikel (und bei der demo) von "freilassung aller gefangenen" geredet."

ähh, doch, ehrlich gesagt war das eine der hauptparolen, die dort gerufen wurden. auch wenn es im redebeitrag oder im artikel nicht vorkam. ich gebe dir recht, es geht um eine gesellschaft ohne knäste, das mögen die aktivistInnen auf der demo auch überwiegend gemeint haben, doch formuliert wurde weistetgehend was anderes

ob eine gesellschaft ohne knäste in den augen der teilnehmerInnen das meint, das du damit definierst
"eine Gesellschaft [...] - die auf die übliche straf-und racheaktionen zugunsten von anderen konfliktbewältigungen verzichtet -klar gibt es da auch weitere abscheuliche handlungen, arschlöcher ( übrigens sind kriege die spitze dieser straf-und racheaktionen) ---"
weiss ich nicht. mir ist unklar, wie wir aus der heutigen lage den umgang einer befreiten gesellschaft mit den dann vorhandenen "verstößen" gegen die gemeinsamen zusammenlebensregeln vorwegdenken wollen. was sind den "übliche straf- und racheaktionen"? ich denke du meinst den justiz und bullen-apparat doch üblich strafaktionen finden doch durchaus auch auf anderen ebenen statt und repressives verhalten ist nicht etwas, das nur durch staatliches organe ausgeführt wird. (schule, arbeit, jugendamt....)

"weiterhin heisst das, daß rd. 80-90 prozent aller momentanen gefangenen keine gewalttäter*innen sind ( sondern wegen eigentumsdelikten, vergehen gegen die staatliche ordnung, drogen einsitzen) - ob die wirklich in den knast gehören -"
ja, die überwiegende mehrheit sitzt in der brd wegen eigentumsdelikten ein, und doch gibt es da ja auch noch ne menge unterschiede: hat eine/r wiederholt im laden geklaut, ne bank überfallen oder omas die handtasche abgezogen? steigt jemensch regelmäßig bei wohlhabenden leuten ein oder zieht sie/er regelmäßig mit vorgehaltenem messer leute ab, die sich garantiert nicht wehren können, weil das so schön einfach ist? ...
eigentumsdelikt ist kein widerspruch zu körperlichen übergriffen und bedrohung, und eigentumsdelikte könne auch absolut asozial sein!

aber ja, knast ist keine lösung. die leute einfach pauschal als arme opfer des bösen staates zu sehen aber auch nicht.

"deine mörder und vergewaltiger, es fehlen in deiner argumentation noch die nazis , sind etwa 3 bis 5 prozent der leute im knast und dafür gibt es keine alternativen strukturen z.zt. die es ermöglichen, daß so ein verhalten heute oder morgen nicht passiert - real will und kann die keine(r) raushaben wollen"

ok, aber freiheit für alle gefangenen heisst nun mal alle...

und ehrlich gesagt, etwas wissen über den konkreten knast, den mensch so vor sich hat, ist auch kein fehler. freiburg hat einen "langstrafer-knast", das heisst dort gibt es eben doch ein etwas anderes klientel. langstrafe ist eine strafe von mindestens 5 jahren und länger. natürlich sind auch unter langstrafern viele, die irgendwie eigentumsdelikte begangen haben, doch deine rechnung "80-90%" der einsitzenden geht im langstraferknast nicht mehr auf. für 5 und mehr jahre knast muss mensch halt doch noch einiges "tun". in der jva freiburg sitzen auch baden-württembergweit die meisten sicherheitsverwahrte, und auch darunter haben mehr als 50% eigentumsdelikte begangen, keine frage.

in der jva bruchsal sitzt der genosse thomas meyer-falk seit jahren in sicherheitsverwahrung, er ist sehr aktiv und schreib viel gutes zu knast, sicherungsverwahrung und die fragen von repression und staat. er hat auch zum thema vergewaltiger/sexualstraftäter einen sehr lesenswerten artikel geschrieben:
 http://freedomforthomas.wordpress.com/2011/09/11/sexualtater-im-knast-uber-den-umgang-mit-vergewaltigern/

"aber deine sprüche sind so altbacken und langweilig, weil sie immer kommen, wenn es um knast geht - kein interesse an den wirklichen verhältnissen, und kinder? habe ich nicht mehr, weil sie von einem braven anständigen besoffenen bürger totgefahren worden ist --- "
scheisse! es tut mir leid, dass deine tochter totgefahren wurde. und aus der erfahrung einer freudin, der selbiges mit ihren eltern passierte, weiss ich wie wenig interesse der gesellschaft und ihren organen es daran gibt, solches zu sanktionieren.
das ist krass, nicht weil ich denke es würde etwas besser machen oder knast wäre tolerabler, wenn auch solche leute längere knaststrafen bekämen, sondern weil es die doppelmoral im jusitzsystem so richtig deutlich macht.
wenn jemand dem "anständigen bürger" unter androhung von schlägen die bude ausräumt und dabei nur das wirklich wertvolle luxusgut mitnimmt gibt es knast nicht unter 5 jahren: "schwerer raub"..., wenn der "anständige bürger" im suff auto fährt und dabei jemand umbringt ist das kaum mehr als ne geldstrafe und führerscheinentzug wert. das ist zynismus pur.

klar ist ein menschenleben im kapitalismus weniger wert als gold und geschmeide, und klar ist das system, dass diese wertigkeiten in gesetze und strafen giesst grundverkehrt. doch würde für mich anti-knast-arbeit schon wesentlich mehr differenzierungen beinhalten und setzt wissen über die verhältnisse vor ort voraus.

ich freu mich trotz all dieser kritik, dass es die knast-demo gab und wünsche mir, dass sie nächste sylvester etwas besser vorbereitet und mit noch mehr leuten wieder stattfindet.