Erl: Was bleibt vom Feminismus an der Uni?

Linke und kritische StudentInnen (Luks) 05.07.2011 11:09 Themen: Bildung Freiräume Gender
Am Donnerstag, den 30.06.2011 veranstalteten die Linken und kritischen StudentInnen (Luks) eine Podiumsdiskussion unter dem Titel: „100 Jahre Internationaler Frauenkampftag. Was bleibt vom Feminismus an der Uni?“
100 Jahre ist der Internationale Frauenkampftag mittlerweile alt. In dieser Zeit veränderte sich die Situation der Frauen durch die Kämpfe der feministischen Bewegung. Uns stellte sich die Frage inwiefern Feminismus in unserer Gesellschaft, und noch spezieller an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürn¬berg (FAU) noch eine Rolle spielt. Die Gäste gaben einen Einblick in die verschiedensten Aspekte feministischer Politik. In der Vergangenheit und Heute. In der Uni und in der Gesellschaft. In Theorie und Praxis.

Auf dem Podium saßen die Frauenbeauftragte der FAU, Prof. Dr. Anette Scheunpflug, die Arbeits- und Industriesoziologin Prof. Dr. Ingrid Artus, Svea eine Vertreterin des autonomen feministischen Referats des AStAs der Uni Bremen und Lissy, eine Aktivistin vom Bündnis zum Frauenkampftag in Nürnberg 2011. Moderiert wurde die Veranstaltung von zwei Luks-Mitgliedern.

Zunächst wurden die etwa 70 ZuschauerInnen durch die Moderation begrüßt. Hierbei wurden die Referentinnen kurz vorgestellt, auf die Geschichte des Frauenkampftages eingegangen und über das konkrete Vorhaben berichtet, dass Luks ein feministisches Referat an der Uni einrichten möchte. Anschließend stellten sich die Referentinnen noch einmal kurz selbst vor und schilderten ihre Arbeitsschwerpunkte.

Die erste Frage der Diskussion war, weshalb Feminismus heute nach wie vor notwendig ist.
Hierzu führte Ingrid Artus aus, dass es nötig sei eine genaue Definition von Feminismus zu geben. Sie schilderte außerdem, dass nach wie vor ungleiche Bedingungen für Männer und Frauen in der BRD präsent sind, dass Gewalt immer noch deutlich mehr von Männern begangen wird und schließlich, dass die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung nach wie vor existiere. All dies sind Gründe warum der Feminismus notwendig sei.
Anette Scheunpflug ging spezieller auf die Situation in der Universität ein und kritisierte obwohl sich der Anteil der Professorinnen an der Uni in den letzten Jahren erhöht habe, die deutlich geringere Wahrscheinlichkeit einer Studentin im Vergleich zu einem Studenten eine Professurenstelle zu erhalten. Gerade auch in sog. typisch weiblichen Studiengängen. Die Uni versuche demnach in einem Cascadenmodell von „unten“ wirksam zu werden. Es gäbe Mentorinnenprogramme, die Vereinbarkeit von Familie und Berufe würde verbessert und sog. typisch männliche Studiengänge sollen für Frauen attraktiver gestaltet werden.
Lissy betonte, dass der Feminismus eine politische Bewegung sei, die Unterdrückungsmechanismen erkennen und bekämpfen will. Dazu müsse die geschlechtsspezifische Rollenbildung und die Kategorie „Geschlecht“ aufgebrochen werden. Feminismus sei nach wie vor nötig, da Frauen noch immer strukturell unterdrückt werden.
Svea artikulierte, dass der Feminismus auch in einer befreiten Gesellschaft notwendig sei, denn es gebe kein Ende der Geschichte. Deshalb sei immer eine Reflexionsphase der gesellschaftlichen Bedingungen notwendig. Ganz konkret bedeutet dies, das aktive Aufbrechen der Konnotierung von Geschlechtern.

Die zweite Frage drehte sich darum warum Frauen in dieser Gesellschaft noch immer benachteiligt, bzw. unterdrückt werden.
Lissy und Svea sagten hierzu, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse, hier insbesondere der Kapitalismus, enorm von einer Unterdrückung der Frau profitieren. Darüber hinaus artikulierte Svea, dass auch mit dem Ende des Kapitalismus das Patriarchat nicht obsolet werden würde, sondern dieser sich transformieren würde.
Ingrid Artus machte für Unterdrückung die gesellschaftliche Arbeitsteilung verantwortlich, denn diese Form der Arbeitsteilung nutzt bestimmten Teilen der Gesellschaft. Zudem sei es im Interesse von einigen Menschen genau diese Zustände beizubehalten.
Auch Anette Scheunpflug markierte die Arbeitsteilung und darüber hinaus die Familie, bzw. die momentane Form der Familie und die Verantwortung der Reproduktionsarbeit durch die Frauen, als Mechanismen der Unterdrückung. Dazu bemerkte sie, dass die erkannten Probleme auch angegangen werden müssen. Es seien viele kleine Stellschrauben an denen es sich zu drehen lohnt und dadurch die Situation verändert werden würde.

Abschließend wurde die Frage gestellt, wie die Uni nach dem „Sieg“ des Feminismus aussehen würde. Darin waren sich alle Diskutantinnen einig: Das Geschlecht würde in dieser Uni keine Rolle mehr spielen, Geschlechterkategorien wären aufgelöst, Kinder würden besser integriert und die sexuelle Selbstbestimmung läge bei den Frauen selbst.

Nach den vorgegebenen Fragen wurde das Publikum miteinbezogen. Hierbei ging es von sog. natürlichen Unterschieden zwischen Männern und Frauen, über die Frage der Bildung von Bewusstsein sexistischer Verhaltensweisen, bis zu Fragen wie der Weg einer antisexistischen Universität und Gesellschaft gegangen werden könnte. Interessant hierbei war, dass von den 70 ZuschauerInnen, etwa ¾ weiblich waren und die Publiukumsfragen nur von Frauen gestellt wurden.

Wir werten die Veranstaltung als Erfolg, bedanken uns bei den Referentinnen und den TeilnehmerInnen im Publikum. Es ist gewiss, dass es noch einiges zu tun gibt, bis der Weg zu einer Gesellschaft, in der Feminismus keine Rolle mehr spielen muss, verwirklicht wird. Dazu ist es auch nötig ganz konkrete Vorhaben, wie die Einführung des feministischen Referats zu verwirklichen, aber auch die gesellschaftlichen Zustände kontinuierlich anzugreifen. Feminismus an der Uni wird solange notwendig bleiben und aktiv forciert werden, bis sich die patriarchalen Zustände in dieser Gesellschaft aufgelöst haben. Eine solche Veranstaltung kann demnach auch nur einen Schritt zur Abschaffung sexistischer Zustände sein, indem sie Bewusstsein schafft. Sie darf jedoch nicht das Ende des gemeinsamen Kampfes markieren.

Fight Sexism, gegen Patriarchat in der Uni und anderswo!
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Ergänzungen

Es gibt kein Patriarchat

egal 06.07.2011 - 00:05
Wenn es Benachteiligungen der Frauen als Konkurrenzsubjekte im Kapitalismus gibt, liegt das sicher nicht daran, dass "Geschlechterkategorien aufgelöst" werden müssen, dass das "Patriarchat" im Kapitalismus weiterwirkt, sondern an der simplen Kosten-Nutzen-Rechnung des Kapitals. Leider macht sich der akademische Feminismus zum Apologeten des Kapitalismus, wenn er mit der Forderung nach Frauen in Führungspositionen und Professuren antritt.
Interessanter Vortrag von Prof. Dr. Margaret Wirth (Uni Bremen, Gegenstandpunkt) zu diesem Thema:  http://kk-gruppe.net/mp3/Frauenfrage_B_20090113.mp3

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Wortspielerei bleibt — FemiNistPlatz