Revolte im Abschiebeknast Brüssel

no borders no nations 22.02.2011 12:30 Themen: Antifa Antirassismus Soziale Kämpfe
Während einer Solidemonstration für einen vom Knastpersonal zusammengeschlagenen Gefangenen revoltieren die Insassen des Abschiebeknastes Steenokkerzeel, Brüssel. Zuvor waren sie in Hungerstreik getreten. Es kommt zu Aufständen in den Zellen: Einrichtungsgegenstände werden zerlegt und aus den Zellen geworfen, eine Zelle angezündet, einige Gefangene steigen aufs Dach des Knastes, einem Mann gelingt die Flucht.
Am 15. Februar wurde ein junger Ägypter im Abschiebeknast Steenokkerzeel von Beamten gefesselt und geschlagen. Er trägt sichtbare Verletzungen. "Sie haben mich gefangen und 4 Personen haben mich geschlagen. Damit du nie wieder nach Belgien kommst, haben sie zu mir gesagt. Sie haben mich festgehalten und gefesselt, an Händen und Füßen verletzt, ich habe Wunden am Kopf." Als Antwort auf den Vorfall sind einige der Insassen in Hungerstreik getreten.
" Heute starten wir einen offenen Hungerstreik, um gegen die inhumanen Aktionen gegen einen jungen Gefangenen zu protestieren, dieser ist der Folter durch die Wärter ausgesetzt worden. Wir starten mit einem Hungerstreik, aber es gibt die Möglichkeit weiterer Aktionen.“
 https://bxl.indymedia.org/articles/1081

Diesen Sonntag 20. Februar gab es eine Soli-Demo vor dem Abschiebeknast.
Die kleine Demonstration von ca. 50 Menschen kam, um ihre Solidarität mit den Hungerstreikenden Gefangenen auszudrücken. In direktem Sichtkontakt, getrennt durch 2 hohe Drahtzäune wird mit Tanspas, Rufen und Megafon der Kontakt zu den Gefangenen hergestellt., auch ein Kontakt-Telefon, auf das die Gefangenen anrufen können existiert. Die Gefangenen berichten von ihrer schlimmen Situation, von einem Hungerstreikenden, dessen Gesundheitszustand nach mehreren Tagen Durststreik kritisch ist, sie berichten von Schlägen seitens der Beamten.

Demonstrant_innen rütteln am Zaun, lautes Rufen, „solidarité, liberté“ „no border no nation“, Plakate mit „freedom for all“, „Menschenrecht in Gefahr“.
Nur wenige Meter trennen die Demonstrierenden drinnen und draußen. Aufgrund der Bauweise des Knastes in einer Mulde, befinden sich die Zellen im ersten Stock (der oberste Etage) beinahe in Augenhöfe mit der Demonstration draußen. Die Wut und Verzweiflung Migrant_innen ist zu spüren.

Auf einmal ist Lärm von innen, aus einer der Zellen zu hören und dann fliegen Schranktüren und andere Einrichtungsgegenstände durch die Gitterstäbe nach draußen! In anderen Zellen wird das Fenster eingeschlagen. In der äußersten Zelle kann man sehen wie Tücher und später auch Kopfkissen angezündet werden. Recht groß schlagen die Flammen durch das geöffnete aber vergitterte Fenster, dann quillt dicker Rauch nach draußen.
Ein wenig beklemmend die Situation, solange unklar ist was mit den Gefangenen in der brennenden Zelle nun passiert. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass der Staat Menschen in Zellen verbrennen lässt. Erleichterung, als die Tür aufgeht und wohl zumindest einige der Zellen aufgeschlossen werden und die Leute auf den Hof dürfen.
Die Leute winken, zeigten Victory-Zeichen und rufen laut nach Freiheit, einige kommen den kleinen Hügel hoch, bis an den Zaun zur Demonstration.
Einem Mann gelingt es den engmaschigen und hohen Zaun hochzuklettern und so den ersten Zaun zu überwinden, der die Gefangenen von der Demonstration trennt. Ein klein wenig innerhalb der ca. 2-3 m auseinander stehenden Zäune gerannt, eine Stelle gefunden und dann konnte tatsächlich auch der zweite Zaun überwunden werden. Der Mann konnte verschwinden.
Die Polizei draußen hält sich während der ganzen Zeit relativ zurück, sie versperren zwar mit einigen Kräften in Kampfmonitur die direkte Einfahrt zum Knast, lassen aber Rütteln am Zaun und das Kommunizieren mit den Insassen geschehen. Erst nach der Flucht wird auf die Demonstrant_innen zugegangen, sie versucht abzudrängen, was jedoch gar nicht nötig ist, da sich die Demonstration eh auflöst und die Menschen über die Felder gehend verschwinden. Mittlerweile trifft auch die Feuerwehr ein.
Auf dem Rückweg werden noch einige Polizeiwagen, die ggf. auf der Suche nach dem Entflohenen sind blockiert.

Die Revolte drinnen geht weiter. Wenig später kommen wieder einige Demonstrant_innen und nähern sich dem Knast. Zwar ist viel mehr Polizei vor Ort, ein direktes Herankommen an den Zaun somit verhindert, aber die Ankommenden werden lautstark durch die revoltierenden Leute im Hof begrüßt. Einige befinden sich mittlerweile auf dem Dach und laufen dort herum. Was in den anderen Zellen, los ist, kann von außen nicht eingesehen werden.
Mittlerweile ist auch die Presse eingetroffen, bzw. wieder zurückgekehrt, nachdem sie kurz am Anfang der Demonstration dabei war. Das belgische Fernsehen und andere Kameras sind vor Ort.

Als es dunkel wird und die Polizei ihre „Kräfte“ mittlerweile verstärkt hat, gehen die Demonstrant_innen langsam zurück. Es konnte nicht mehr ausgerichtet werden, eventuelle Angriffe und doch noch Festnahmen seitens der Polizei sollten verhindert werden. Ein mulmiges Gefühl, trotz der überwältigenden Ereignisse bleibt, die Gefangenen können sich nicht zurückziehen, sie sind der Staatsmacht direkt ausgeliefert.
Doch immer wieder wurde sich für die Solidarität und die Hilfe bedankt. Die Isolation des Knastapparates konnte durchbrochen werden. Es gibt viele Kämpfe seitens von Migrant_innen, nur gemeinsam sind wir stark. Laßt uns die Mauern durchbrechen!


Abschiebeknäste zu Baulücken!!
Zäune zu Zahnstochern!
No Borders No Nations - Fight deportations!

Video:
 http://www.youtube.com/watch?v=p5MazqOSDXQ
 http://gettingthevoiceout.wordpress.com/

Video und Berichte auf RTL Belgien:
 http://video.rtlinfo.be/video/278151.aspx?
 http://www.rtlinfo.be/info/belgique/societe/776966/des-demandeurs-d-asile-se-revoltent-au-centre-127bis#mainVideo

weitere Fotos:
 https://bxl.indymedia.org/articles/1096

Artikel auf indymedia uk in englisch:
 http://www.indymedia.org.uk/en/2011/02/474539.html

weitere Indyartikel auf deutsch:
 http://de.indymedia.org/2011/02/300999.shtml?c=on#comments2
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Ergänzungen

übersetzter_innen gesucht

translator@ 22.02.2011 - 15:09
aufruf an alle, die französich oder flämisch können,
bitte übersetzt doch neuere informationen und postet sie weiter!!!

solidarität muss international werden!!

bewegungsfreiheit für alle!

Stellungnahmen von Gruppen

free all 23.02.2011 - 15:51
Hier 2 Stellungnahmen zur Flucht eines Gefangenen, von Gruppen aus Belgien und Frankreich
oben die ungefähre deutsche Übersetzung (Achtung, z.t. maschinelle), unten Original in französisch

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Übersetzung:
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Kommuniqué von SôS Soutien ô Sans-papiers (SOS Unterstützung für Sans Papiers (Papierlose))

SôS Soutien ô Sans-papiers gibt seine Teilnahme an der Demonstration am Sonntag aufgrund der Folter im Abschiebegefängnis Steenokkerzeel bekannt. Wir haben gesehen/waren dabei, bei der Befreiung von zumindest einer Person und das Feuer eines Teiles des Camps .

SôS Soutien ô Sans-papiers prangert die rassistische Haltung des belgischen Staates an, der Sans-Papiers (Papierlose) für vier Monate einsperrt und nach einem gescheiterten Abschiebeversuch die Monate wieder von vorne zu zählen beginnt. In der Praxis bedetet dies eine unbegrenzte Haftzeit.

Der befreite Gefangene wurde von unseren belgische Mitstreiter_innen den Aktivist_innen der Assoziation anvertraut.
Er ist nun sicher in Frankreich, unter unserem Schutz.

SôS Soutien ô Sans-papiers fordert die unverzügliche Freilassung von Sans-Papiers (Papierlose, Undokumentierte), die Opfer der Repression im Lager geworden sind und deren Leben gefährdet ist / in Gefahr gebracht wurde (?).

SôS Soutien ô Sans-papiers fordert die französischen Behörden auf, nicht mit den belgischen Ermittlern zusammenzuarbeiten und den Status des politischen Asyls als Opfer von Rassismus vor den belgischen Behörden anzuerkennen.


Schließt die CRA´s (Centre de Rétention Administrative [„Zentrum für behördliche Verwahrung“, CRA]
Papier für alle
für die freie Wahl des Wohnortes und Bewegungsfreiheit


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SOIF D'UTOPIES (Durst nach Utopien) begrüßt, dass sich ein Gefangener des Abschiebegefängnisses Steenokkerseel, Brüssel am Sonntag, 21. Februar 2011 befreien konnte.
SOIF D'UTOPIES ist solidarisch mit SôS Soutien ô Sans-Papiers und und bietet jegliche Unterstützung an, damit unser freigekommene Mitstreiter nicht wieder verhaftet und abgeschoben werden kann.

Wir fordern alle Vereine, Gruppen, die für die Legalisierung aller Papierlosen, Bewegungsfreiheit und Niederlassungsfreiheit, für die Schließung und Zerstörung von Lagern kämpfen auf,
ebenfalls ihr volle Unterstützung zuzusichern, damit der Papierlose nicht wieder verhaftet und abgeschoben werden kann.

Tours, le 22/02/2011
COLLECTIF SOIF D'UTOPIES
06 20 91 20 44
 soifdutopies@yahoo.fr


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Original:
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communiqué de sôs soutien ô sans papiers

SôS Soutien ô Sans-papiers assume sa participation à la manifestation de
dimanche dernier suite aux actes de torture au centre de rétention de
Steenokkerzeel. Nous avons assisté à la libération d'au moins une personne et à
l'incendie partiel du camp.

SôS Soutien ô Sans-papiers dénonce l'attitude raciste de l'Etat belge qui
enferme les sans-papiers quatre mois et remet les compteurs à zéro lorsqu'une
expulsion a échoué. En pratique, cela permet une détention illimitée.
Le prisonnier libéré a été confié par nos camarades belges à des militants de
l'association.
Il est maintenant en sécurité en France, sous notre protection.

SôS Soutien ô Sans-papiers exige la libération immédiate des sans-papiers
victime de la répression dans le camp et dont la vie a été mise en danger.

SôS Soutien ô Sans-papiers exige des autorités françaises la non collaboration à
l'enquête belge ainsi que le statut de réfugié politique pour cette victime du
racisme des autorités belges.

Fermeture des CRA
Des papiers pour tous
Libre installation, libre circulation

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SOIF D'UTOPIES se félicite qu'un retenu ait pu se libérer du camp de rétention de Steenokkerzeel à côté de Bruxelles dimanche 21 février 2011.
SOIF D'UTOPIES est solidaire de SôS Soutien ô Sans-papiers et apportera toute son aide pour que notre camarade libéré ne puisse être arrêté et expulsé.
Nous appelons toutes les associations, collectifs luttant pour la régularisation de tous les sans papiers, la liberté de circulation et d'installation, la fermeture et la destruction des camps de rétention a également apporté tout leur soutien pour que ce sans papiers ne soit pas arrêté et expulsé.
Tours, le 22/02/2011
COLLECTIF SOIF D'UTOPIES
06 20 91 20 44
 soifdutopies@yahoo.fr

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