Quito / Ecuador: SOLIDARITÄT MIT ALVARO

Jatun Risto 27.05.2010 15:59 Themen: Antifa Weltweit
"Dein Leben zu verteidigen, ist kein Verbrechen"

Am Morgen des 17. Mai wurde Alvaro Paredes in der Nähe der staatlichen Universität Quitos von einer Gruppe Skinheads überfallen. Auf dem Weg zu einem Internetcafe standen ihm plötzlich 10 Mitglieder der faschistischen ANC (Accion Nacional Revolucionaria) mit Baseballschlägern und Messern im Weg. Alvaro flüchtete in das Café doch die Neonazis folgten ihm und fingen an ihn zu schlagen woraufhin er sich in Todesangst verteidigte und sich den Weg zum Ausgang freimachte. Quer über die vielbefahrene Avenida America schaffte es Alvaro bis in den Parque Italia , wo ihn seine Verfolger mit Baseballschlägern zusammenschlugen bis ihm jemand zu Hilfe kam und er sich in das Institut für Bildende Kunst, seinem Studienort retten konnte. Alvaro Paredes ist 20 Jahre alt und Mitglieg und Sprecher der Antifaschistischen Brigade Quito, einer Gruppe die an der Universität Veranstaltungen über und Konzerte gegen Faschismus organisiert. Es ist das dritte Mal das die Nazi Skins versuchen ihn umzubringen, einmal mitten im Unterricht als sie in den Klassenraum stürzten, und das andere Mal als sie ihm die Pistole unter die Nase hielten und er vom Rektor des Institutes in letzer Minute gerettet werden konnte. Doch diesmal hat es einen von ihnen erwischt, einer der Angreifer starb am Messerstich seines eigenen Messers, als Alvaro in Notwehr um sein Leben rang.
Seit etwas mehr als 10 Jahren gibt es in Ecuador sich als solche erklärende neofaschistische Gruppen wie die ANC, die Nationalsozialistische Front Ecuador, oder gar der Hitlerjugend Riobamba, die sich zur Aufgabe gemacht habe eine soziale Säuberung der Städte durchzuführen. Ihre nächtlichen Patrullen richten sich gegen Prostituierte, Strassenkinder, Homosexuelle, Bettler und vor allem gegen linke Jugendliche, Punks und Langhaarige. Dabei können sie nach eigenen Aussagen in vielen Stadtvierteln auf die Mithilfe der Polizei rechnen, bzw eine zugesicherte Straffreiheit in Anspruch nehmen wenn sie ihre Überfälle und Morde begehen. Zwischen drei und vierhundert militante Neonazis soll es nach offiziellen Angaben landesweit geben. 17 Anzeigen gegen namentlich Bekannte Schläger dieser Nazi Gruppen liegen der Staatsanwaltschaft vor. Der bekannteste Fall war im September 2007 der Überfall auf Cora Cadena, Sprecherin der Kulturpolitischen Initiative Quitu Raymi (1). Die Regierung Rafael Correa solidarisierte sich öffentlich mit Cora und versprach das der Mordversuch gegen sie nicht straffrei ausgehen werde. Passiert ist seit dem garnichts und weiterhin verbreiten die faschistischen Banden ihren Terror. Ermordete und verschwundene Strassenkinder und Prostituierte haben meist niemanden der Anzeige erstattet, die Dunkelziffer der “sozialen Säuberungen” ist extrem hoch.

Seit dem Tag des Überfalles ist Alvaro nun erst einmal untergetaucht, er sprach aber gleich am Tag darauf eine Erklärung auf Video, die in fast allen Medien zumindest auszugsweise gesendet wurde (2). Auch die Neonazis gaben den Medien Erklärungen in denen sie Rache schwören und für jeden Toten Kamaraden 100 AntifschistInnen umbringen wollen. “Wir kriegen Dich auch im Knast, Sieg Heil…” brüllten vermummte Glatzköpfe in die Fernsehkamaras. Während die Medien die Geschehnisse gerne als einen unpolitischen Bandenkrieg darstellen, versucht das Antifaschistische Solidaritäts Komite, ein Zusammenschluss diverser linker Kollektive das sich nach dem 17. Mai gegründet hat, den politischen Charakter des Neo-Naziterrors und ihren Kampf dagegen ins richtige Licht zu rücken. Die Veröffentlichung der Verbindungen der Faschisten zu kolumbianischen Paramiltärs, aber vor allem deren gute Kontakte zu staalichen Organen Ecuadors, allen vorran Sondereinheiten der Polizei, sollen die ecuatorianische Regierung zum Handeln bewegen. Wie kann es sein das trotz aller Anzeigen noch keiner der namentlich bekannten Neo Nazis eine Vorladung erhalten hat; wie können Akten dieser Anzeigen in der Staatsanwaltschaft einfach verschwinden?

Alvaro ist zur Zeit in Sicherheit, doch er hat Angst um sein Leben und das seiner Angehörigen und GenossInnen. In der Videoerklärung schildert er die Geschehnisse des verhängnisvollen Montags und erklärt sich bereit sich den Behörden zu stellen, wenn diese ihm sein Leben garantieren können. Die Anwälte der Menschrechtsorganisation INREDH versuchen eine Zusage zu erhalten das Alvaro in einem sicheren Trakt des Gefängnisses untergebracht wird, haben aber bislang diese Zusage nicht erhalten. Ihn erwarten im besten Falle 6 bis 12 Monate Untersuchungshaft und dann ein Freispruch wegen legetimer Notwehr, im schlimmsten Falle mehr als ein dutzend Jahre wegen Mord, bzw seine Hinrichtung durch Nazi Skinheads im Gefängniss. Das Studium ist auf jeden Fall erst Mal hin, und seine Eltern und Geschwister sind ständigen Drohanrufen ausgesetzt. Das Antifaschistische Komite trifft sich fast täglich um die Solidarität zu organisieren, Geld muss her für die Anwälte, für Alvaros Grundbedürfnisse, für Flugblätter, Plakte und vieles mehr (3). Doch vor allem liegt der drohende Rachefeldzug der Faschisten in der Luft. Sie haben Aufmärsche und Veranstaltungen angekündigt. Die Antifas haben ebenfalls zu einer Demo aufgerufen. Wird es zu weiteren Toten kommen, wann reagiert der ecuatorianische Staat endlich auf den rechten Terror, warum werden die Polizeieinheiten, die in den von Skinheads kontrollierten Stadtvierteln so gerne beide Augen zudrücken nicht endlich Mal unter die Lupe genommen? Viele Fragen und ausser oberflächlichen Erklärungen der Regierung keine Antworten. Wartet die sich als “sozialistische Bürgerrevolution” anpreisende ecuatorianische Regierung bis es zu spät sein wird? Für die Antifaschisten ist klar das sie nicht alleine darauf warten können und rufen auf zur internationalen Solidarität mit Alvaro Paredes.

1=  http://www.llacta.org/notic/2007/not0920a.htm
2=  http://www.youtube.com/watch?v=g72RSXRKLLA&feature=player_embedded
3=  comitesolidaridadantifascista@gmail.com /  ecuador@indymedia.org

Mehr Informationen in:
 http://ecuador.indymedia.org
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Ergänzungen