Pfingstkongress des Coburger Convent 2010

bücherwurm 14.03.2010 15:05 Themen: Antifa Bildung Gender
Jedes Jahr zu Pfingsten trifft sich der Coburger Convent (CC), als Dachverband von über 100 Landsmannschaften und Turnerschaften, zum Pfingskongress im Nordbayrischen Coburg. Einige Tausend Burschis werden auch dieses Jahr vom 21. bis 25. Mai nach Coburg kommen, um die deutschen Soldaten der beiden Weltkriege zu ehren, in einem Fackelzug durch die Innenstadt zu laufen und zu saufen.
Diese Woche hat die Mobilisierungskampagne gegen die Untriebe des CC und zu den Gegenveranstaltungen begonnen.
*Der CC*
An vielen Universitäten in Österreich und Deutschland gibt es Studentenverbindungen. Unter den Begriff Studentenverbindungen fallen u.a. Landsmannschaften und Turnerschaften. Die meisten letzterer sind im Dachverband Coburger Convent zusammengeschlossen.

*Was ist der Coburger Convent?*
Im Coburger Convent sind ca. 100 Landsmannschaften und Turnerschaften ausschließlich sog. klassischen Typs – d.h. farbentragend und pflichtschlagend – vereinigt. Nach außen geben sie sich meist unpolitisch, selbstverständlich tolerant und gegen jede Art von Extremismus. Man stellt sich gerne als lebendige Gemeinschaft von Studenten und Akademikern dar, deren Zweck nur in der Pflege von Freundschaft, dem Erfahrungsaustausch und der gemeinsamen Bildung besteht.

*Und in echt?*
Tatsächlich verbirgt sich hinter der weltoffenen und fortschrittlichen Fassade ein gut organisiertes System aus Seilschaften, welches dem einzelnen Mitglied wirtschaftliche und soziale Vorteile verschaffen und als homogene Einheit gesellschaftlichen Einfluss ausüben soll. Dieser Einfluss ist ganz und gar nicht unpolitischer, sondern vielmehr rechtskonservativer bis reaktionärer Natur. Im Mittelpunkt der Bemühungen steht die Aufrechterhaltung einer nationalen Elite, welche durch Corpsgeist und damit einem Anti-Individualismus à la „Die Verbindung ist alles – du bist nichts“ bereits über Generationen hinweg besteht. „In unsicheren Zeiten bewähren sich gute Verbindungen“ als zeitloser Werbeslogan steht nicht erst seit der aktuellen Wirtschaftskrise symbolisch für den Kampf der Elite gegen den sozialen und demokratischen Fortschritt. Nicht umsonst sahen sich die meisten Studentenverbindungen am Ziel ihres Strebens – und somit für überflüssig – als das 3. Reich das Problem des Bestehens einer Linken aus der Welt schuf. Sie lösten sich beinahe widerspruchslos auf.
So finden sich unter den „Alte Herren“ genannten Ex-Aktiven dann auch Namen wie Günther Oettinger, der den Nazirichter Filbinger posthum zum Antifaschisten verklärt hat oder Fritz Hippler, der sich sowohl für den NS-Propagandafilm „Der ewige Jude“, als auch für das revisionistische Buch „Korrekturen“ verantwortlich zeichnet, welches im CC auch begeistert gelesen wird.
Eine Distanzierung des Coburger Convent von der deutschen und eigenen Vergangenheit ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Bei der Revision der Geschichte dagegen ist man bemüht sich gegenseitig zu übertreffen.

*Der Pfingstkongress des Coburger Convent*
Der jährlich in Coburg stattfindende Pfingstkongress ist das zentrale Ereignis und verbindende Element der Aktivitäten des Dachverbandes. Für ein Wochenende lässt er die Coburger Innenstadt zu einem Pflaster für längst – zumindest öffentlich – verbannt geglaubte Ansichten wie Rassismus, Sexismus, Homophobie, Chauvinismus etc. werden. Besonderen und offiziellen Stellenwert hat jedoch der bereits genannte Geschichtsrevisionismus. An zahlreichen Orten kann man in Coburg rund um Pfingsten so genannte Gedenkfeiern zu Ehren der in den Weltkriegen gefallenen Soldaten beobachten. Dabei wird in Neonazimanier die Schuld vor allem am 2. Weltkrieg unter den Tisch gekehrt und den deutschen Soldaten in Stalingrad und anderswo – sogenannten Opfern der Hitler-Diktatur – hinterhergetrauert. Im nächsten Satz folgt meist – diesmal in CDU/CSU-Manier – die Klage um den Stasiterror und das Studentenverbindungs-Verbot in der DDR.
Seinen Gipfel findet der Kongress in einer nächtlichen Parade uniformierter Fahnenträger im Schein hunderter Fackeln und begleitet von Marschmusik. Zu deren Abschluss am Coburger Marktplatz hält dann noch die präsidierende Verbindung eine Ansprache und stimmt zusammen mit Bürgern und Convent das – oft komplette – Deutschlandlied an.
Spätestens hier unter dem Eindruck der Szenerie von nationalem Bürgertum, begeisterten Neonazis und aggressiver Schutzpolizei erinnert man sich mit Gänsehaut – ohne hier einzelnen Personen zu nahe treten zu wollen – warum man sich selbst als AntifaschistIn bezeichnen will.

*Nicht ohne uns!*
Auch wir sind dieses Jahr wieder mit Protestaktionen dabei. Es wird eine Demo und diverse Kungebungen geben. Außerdem soll sich auch sonst einiges tun. Konzerte, Infoveranstaltungen und überhaupt eine Menge an Programm sind in der Mache. Der Widerstand ist gut aufegstellt für einen breiten Protest und freut sich darauf, dem CC zu zeigen was ’ne linke ist! Und wir freuen uns auf euch, wenn es wieder soweit ist. Zu pfingsten gilt:

Heraus gegen den Coburger Convent!


Infoblog zum CC und zur Gegenaktivitäten:
 http://coburgerconvent.blogsport.de/

Reader. Stützen der Gesellschaft - Elite und Untertanen. Geschichte, Ideologie und Praxis Studentischer Korporationen:
 http://jpberlin.de/antifa-pankow/antifa-tu/limbo/images/Reader/EliteUndUntertanen_web_kor.pdf
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Ergänzungen

Kontaktadresse

Kontaktlos 15.03.2010 - 09:38
Die alte Kontaktadresse für Widerständige (coburgerconvent+et+gmx.de) ist nichtmehr gültig. Auf coburgerconvent.blogsport.de wird demnächst eine neue bekanntgegeben.

2009 hat gerockt !!

nürnbergi 15.03.2010 - 19:59
die demo letztes jahr gegen den cc war echt super!! ( http://de.indymedia.org/2009/05/252187.shtml ) 500 demonstratis in coburg!! und ein schwarzer block!! das hats die letzten 10 jahre nicht mehr gegeben. auf ein neues!

Oettinger

Karlsquell 15.03.2010 - 20:08
hat Filbinger niemals als Antifaschist bezeichnet, das ist schlicht und ergreifend falsch.

@Karlsquell

fx 23.07.2010 - 20:10
> hat Filbinger niemals als Antifaschist bezeichnet, das ist schlicht und ergreifend falsch.

Natürlich hat er das: nicht wortwörtlich als "Antifaschist" (was auch niemand behauptet hat), sondern sinngemäss, nämlich als "ein Gegner des NS-Regimes".

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