Widerstand gegen den Coburger Convent

AKZC-ND 31.05.2009 19:19 Themen: Antifa Bildung Repression
Am 30. Mai 2009 fand in nordbayrischen Coburg eine Demonstration anlässlich des Pfingstkongresses des Coburger Convents (im Folgenden CC) statt. Auf Grund der überregionalen Mobilisierung und des Bürgerbündnisses beteiligten sich 450 Demonstrant_innen, was im Vergleich zu den letzten Jahren einen qualitativen Quantensprung darstellt.
Widerstand gegen den Coburger Convent

Was ist der Coburger Convent?

Im Coburger Convent sind ca. 100 Landsmannschaften und Turnerschaften ausschließlich sog. klassischen Typs – d.h. farbentragend und pflichtschlagend – vereinigt. Nach außen geben sie sich meist unpolitisch, selbstverständlich tolerant und gegen jede Art von Extremismus. Man stellt sich gerne als lebendige Gemeinschaft von Studenten und Akademikern dar, deren Zweck nur in der Pflege von Freundschaft, dem Erfahrungsaustausch und der gemeinsamen Bildung besteht.

Und in echt?

Tatsächlich verbirgt sich hinter der weltoffenen und fortschrittlichen Fassade ein gut organisiertes System aus Seilschaften, welches dem einzelnen Mitglied wirtschaftliche und soziale Vorteile verschaffen und als homogene Einheit gesellschaftlichen Einfluss ausüben soll. Dieser Einfluss ist ganz und gar nicht unpolitischer, sondern vielmehr rechtskonservativer bis reaktionärer Natur. Im Mittelpunkt der Bemühungen steht die Aufrechterhaltung einer nationalen Elite, welche durch Corpsgeist und damit einem Anti-Individualismus à la „Die Verbindung ist alles – du bist nichts“ bereits über Generationen hinweg besteht. „In unsicheren Zeiten bewähren sich gute Verbindungen“ als zeitloser Werbeslogan steht nicht erst seit der aktuellen Wirtschaftskrise symbolisch für den Kampf der Elite gegen den sozialen und demokratischen Fortschritt. Nicht umsonst sahen sich die meisten Studentenverbindungen am Ziel ihres Strebens – und somit für überflüssig – als das 3. Reich das Problem des Bestehens einer Linken aus der Welt schuf. Sie lösten sich beinahe widerspruchslos auf.
So finden sich unter den „Alte Herren“ genannten Ex-Aktiven dann auch Namen wie Günther Oettinger, der den Nazirichter Filbinger posthum zum Antifaschisten verklärt hat oder Fritz Hippler, der sich sowohl für den NS-Propagandafilm „Der ewige Jude“, als auch für das revisionistische Buch „Korrekturen“ verantwortlich zeichnet, welches im CC auch begeistert gelesen wird. Eine Distanzierung des Coburger Convent von der deutschen und eigenen Vergangenheit ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Bei der Revision der Geschichte dagegen ist man bemüht sich gegenseitig zu übertreffen.

Zur Demo:

Die Demo startete mit leichter Verzögerung um ca. 15:00 Uhr, da sich Genoss_innen noch Vorkontrollen unterziehen mussten. Vom Anger aus, an dem auch das Festzelt des CC steht ging es über nicht gerade belebte Straßen zum Bahnhofsplatz. Die restriktiven Auflagen zwangen die Demo sich auf eine Straßenseite zu beschränken. Dennoch war es nicht nur für bayrisch-provinzielle Verhältnisse eine kraftvolle und kämpferische Demonstration, bei der auch Seitentransparente mitgeführt werden konnten. Letzteres führte dazu, dass die Demonstration von einem kompakten, dunkelbunten Block angeführt wurde. Bis zur Zwischenkundgebung wurde in einem Redebeitrag das Problem einer deutschen Elite, wie sie der CC darstellt thematisiert. Am Rand der Demonstration kam es wiederholt zu Pöbeleien von Korporierten.

Bei der Zwischenkundgebung gab es weitere Redebeiträge zu Nation & Europa, dem wichtigsten „rechtsintllektuellen“ Theorieorgan der extremen Rechten, welcher in Coburg residiert und einer der einflussreichsten Nazipropagandaverlage ist. Ein weiteres Feature thematisierte das Deportationsregieme BRD, also Abschiebungen, Frontex, institutionellen Rassismus, Nationalismus und kultureller Abgrenzung. Nachdem die inhaltlich gut gefüllte Kundgebung leider ohne großes Aufsehen der Coburger Bevölkerung vorbei war, ging es weiter Richtung des Verlagsgebäudes von Nation & Europa. Trotz eines Verbotes, dort eine Zwischenkundgebung abzuhalten blieb die Demo einige Zeit vor dem stark geschützten Gebäude stehen und äußerte ihren antifaschistischen Unmut. Hier kam es auch zu ersten Rangeleien mit den Pigs. Wenige Meter später stand am Straßenrand eine weitere kleine Gruppe Nazis, die sich ebenfalls von der Staatsmacht schützen ließ. Ab der Zwischenkundgebung war die Demo noch lauter und entschlossener als zuvor, was wohl auch an der zunehmend attraktiven Route gelegen haben dürfte. Viele Coburger_innen konnten sich so, während ihres Einkaufsbummels ein eigenes Bild von der im Vorfeld stark kriminalisierten Demo machen. Um ca. 16:30 Uhr erreichte die Demo den Marktplatz auf dem sie von angetrunkenen, korporierten Deutschen und am Rand stehenden Neonazis schon erwartet wurde.

Ein kurzer Endspurt in Richtung Burschis wurde vom USK mit Pfefferspray gestoppt. Danach wurde die Situation hektisch und unübersichtlich. Immer wieder kam es am Rand der Kundgebung zu brutalsten Übergriffen auf Demoteilnehmer_innen. Gruppen wurden gejagt und an uneinsehbaren Orten, an denen eine Presseöffentlichkeit nicht mehr hergestellt werden konnte verprügelt und eingeschüchtert. Die Polizeigewalt wurde von den Korporierten bejubelt, die sich auf Grund ihres Schutzes durch die Pigs sicher fühlten. Weitere Angriffsversuche seitens des USK wurden aber vehement militant beantwortet und waren somit zum Scheitern verurteilt. Die Demonstrant_innen, die in Notwehr ihre angemeldete Kundgebung verteidigten schickten einzelne der Pigs auf den Boden. Als die Situation im Folgenden zunehmend unkalkulierbar wurde, entschied sich die Demoleitung die Versammlung aufzulösen.

Die Polizei war gewillt ihre Gefahrenprognose mit selbstgeschaffenen Fakten zu füllen und die Propaganda der bürgerlichen Presse zu untermauern. Dieses Ziel wurde mit 16 Festnahmen, davon eine über Nacht, erreicht.

Als Resümee lässt sich sagen, dass deutlich mehr Menschen dem Aufruf zum Protest gefolgt sind als in den Jahren zuvor. Das entging auch den, seit den ersten Minuten präsenten Nazis (nicht nur denen in Uniform) nicht, die vor allem angesichts des klar antifaschistischen Ausdrucks und Entschlossenheit der Demo schlucken mussten.

Fürs nächste Jahr gilt: Pfingsten im Kalender markieren und auf nach Coburg!
Eliten treffen – Vaterland abzwillen! Heraus gegen den Coburger Convent!
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Ergänzungen

Mehr Infos

Randalia Autonomia 31.05.2009 - 19:25
Mehr Infos gibts auf CoburgerConvent.Blogsport.de

Aktion!

Fuchsjagd 31.05.2009 - 19:27
Andere Aktionen:

Montag, 01.06.2009 Kundgebungen:

09:30 - 12:30 am Reiterdenkmal im Hofgarten - Gegen Geschichtsrevisionismus und Heldenmythen

22:00 - 01:00 am Spitaltor in der Innenstadt - Gegen den Fackelmarsch des CC

Mehr Fotos und anderes

i.v. 01.06.2009 - 00:12

empfehlung

cobugerin 01.06.2009 - 10:05
wer sich inhaltlich tiefer mit burschis etc. auseinandersetzen will, dem kann ich die broschüre "burschenschaften, verbindungen, corps..." von der ag5 aus marburger nur empfehlen.

findet mensch auf der homepage  http://www.ag5.antifa.net unter "schwerpunkt burschen"

Coburg

xyz 01.06.2009 - 11:36
Gratulation für den Erfolg :) Es super wie sich unter den schweren Bedingungen vor Ort Widerstand manifestiert - es ist ein Anfang jedoch total wichtig.

Traditonsstadt Coburg:
Erste Stadt die Hitler zum Ehrenbürger machte, eine Stadt in der die linke Opposition ausgeschaltet wurde und die begeistert dem NS anhing. Nach dem Sieg über die Nazi Barbarei war Coburg einer der Städte in der faschistisches und Nationalsozialistisches Gedankengut weiter gepflegt wurde, während über die eigenen Verbrechen jahrzehntelang ein Mantel des Schweigens gelegt wurde. Diktaturen, und rassistische Regimes wurden von Mitgliedern des Coburger Stadtrats unter Billigung der Stadt Coburg unterstützt (siehe Hilfkomittee Südliches Afrika - haben z.B. den Ehrenteller der Stadt Coburg erhalten, während sie darum bemüht waren das mörderische Terrorregime in SA zu unterstützen) Alle Jahre wieder traf sich der Coburger Convent, mit seiner großdeutschen Attitüde in Coburg und es interessierte keinen. Die einen machten ein gutes Geschäft mit den alkoholisierten Elitisten, wie immer Stand nicht die Frage nach dem Inhalt, sondern nach dem Geld im Vordergrund (der CC gibt Stadt Coburg schon im Vorfeld große Summen Schweigegld, damit die Schäden durch Korporierte gedeckt werden) , die anderen schwiegen aus Obrigkeitshörigkeit (denn wie es ein Beamter der Coburger Polizei formulierte: "Am CC lieber keine großen Autos anhalten die Schlangenlinien fahren, es könnte dein Vorgesetzter drinsitzen") oder aus nationalistischer SOlidarität. Schließlich ist noch der Nazi Mob zu erähnen, der zusammen mit den Bürgern udn Bürgerinnen der Stadt Coburg und den angereisten POlizisten zusammen die nationalistische Mahnstunde begeht und in Tateinheit mit ihnen versucht jede äußerung von Widerstand oder Protest zu unterdrücken. Gewalttaten von Seiten der Polizei, Neonazis und rechtsorientierten Coburger Bürgern und Bürgerinnen sind Pfingsten an der Tagesordnung. Dagegen regt sich Widerstand und das ist auch gut so! Es ist erfreulich, dass eine große Zahl von Menschen mit der Situation in COburg nicht einverstanden ist. Hoffentlich geht auch die diesjährige Feierstunde nicht ohne ein deutliches Zeichen des Protestes über die Bühne.

In diesem Sinne, nächstes Jahr wieder auf nach Coburg, den Widerstand aufbauen und dem CC und der Stadt Coburg die Suppe immer stärker versalzen!



Hooligan Bernd Rebhan

. 01.06.2009 - 23:22
laut kommentaren in der lokalpresse war der örtliche polizeichef der auslösende hooligan:

 http://www.infranken.de/nc/nachrichten/lokales/artikelansicht/article/demo-gegen-coburger-convent-22736.html

"#1 read
y461 schrieb am 01.06.09 00:17
Es liegen Augenzeugenberichte und Fotos vor, nach denen es erst dann zu Ausschreitungen kam, als die Demonstranten durch Polizeioberrat Bernd Rebhan, CSU-Ortsvorsitzender von Küps, CSU-Marktgemeinderat und Zweiter Bürgermeister von Küps, beschimpft und provoviert wurden.

Es entsteht der Eindruck, dass sich bei der Polizei in Coburg eine Rechtslastigkeit entwickelt hat, die zu solchen Entgleisungen führt.

Der Freistaat Bayern soll Polizeibeamte, die CSU-Mitglieder, CSU-Ortsvorsitzende, CSU-Zweite Bürgermeister sind, nicht bei solch sensibelen Einsätzen einplanen. Solche Beamte sollen lieber beim CSU-Seniorentag als Raumordner eingesetzt werden. Da können sie keinen Schaden anrichten."

"#9 Michael Scheffler schrieb am 01.06.09 20:32
ich war am Samstag, den 30.05.2009 bei einer Veranstaltung gegen den Coburger Convent! Diese Veranstaltung ist friedlich verlaufen.

Ic h möchte hier ausdrücklich allen Einsatzkräften der Bereitschaftspolizei für ihr Verhalten danken.

Dem Fass wurde jedoch der Boden ausgeschlagen als Bernd Rebhan in Funktion als Coburger Polizeichef, bei der Abschlusskundgebung Transparente von friedlichen demonstranten herunterriß, und zwar in Polizeiuniform, und die Situation eskalierte, sodaß es zu Ausschreitungen kam.

Ich habe Bernd Rebhan darauf angesprochen, worauf er sich wütend äüßerte: Du Johannisthäler Ars....- weiteres möcht ich hier nicht Aussprechen.

Ich muß dazu erwähnen, daß Bernd Rebhan auch CSU Vorsitzender, zweiter Bürgermeister von Küps und Coburger Polzeichef ist.

Die Frage stellt sich deshalb sofort: Haben sich Fasistische Tendenzen in der Polizei, in den schwarzen Gemeinden oder in sogennanten Christlichen Parteien breit gemacht.

Es war und wäre bis zum Ende eine friedliche Veranstaltung gewesen, gäbe es da nicht einen Bernd Rebhan , welcher wissen müsste das ich ein Demokrat bin der sich nie an Gewaltaktionen beteillgt hat, und dies hätte auch in Coburg verhindert werden können, wenn dieser sogenannte Polizeichef dies nicht bewusst provoziert hätte.

Wie schon erwähnt, mache ich den Bereitschaftspolizisten und Hundeführern keinen Vorwurf,

aber den Verantwortlichen, die den Einsatz geleitet haben.

Ich bin noch am Überlegen ob ich gegen den Coborger Polizeichef eine Dienstaufsichtsbeschwerde Eingebe."

naziburschis in eisenach

gerni 02.06.2009 - 08:38
erstmal ein großes lob für die demo. war echt klasse!

allerdings tagt die weitaus schlimmere, natioalistischere deutsche burschenschaft erst kommendes wochenende in eisenach:  http://www.burschenschaft.de/termine.html
interessant ist dabei, dass auf der o.g. seite die burschenschaft auch veranstaltungen wie den besuch der "gfm rommel ausstellung" beworben werden.
kein wunder also, dass sich auch die NPD schützend vor die deutsche Burschenschaft stellt:  http://npd-wartburgkreis.de/index.php?ID=110&anfang=20&npd=kommunal

auf zu einer nächsten demo nach eisenach!

Bilder Marktfest

JH 02.06.2009 - 19:16
Bilder vom Marktfest des CC
entstanden um ca 18 00 Uhr
zu diesem Zeitpunkt war das "Fest" schon vorbei...
Wie schön es doch ist über den traditionellen Coburger Marktplatz zu schlendern, wenn er mit besoffenen, pöbelnden "Burschis" und Müll geschmückt ist.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 8 Kommentare an

BRAVO — p.c.

Schön — Bayern-Hasser

@Bayern Hasser — guck mal

@abc — xyz

homophobe Linke? — ich halt

Quantensprung — klugscheisser

@ gerni — ms