Berlin: Demo für TEKEL-ArbeiterInnen

Internationalist 01.03.2010 03:25 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
200 bis 250 Menschen zogen gestern, am 28.Februar 2010, vom U-BHF Hermannplatz in Berlin - Neukölln zum U-BHF Kottbusser Tor im Stadteil Kreuzberg um ihre Solidarität mit einem Arbeitskampf in der Türkei zu demonstrieren. Dem Kampf der TEKEL-ArbeiterInnen gegen Lohnkürzung und Entlassung. Und dieser Kampf könnte sich in den nächsten Stunden massiv zuspitzen. Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat angekündigt die Zelt-Stadt der streikenden Tekel-Arbeiter in Ankara in den nächsten Tagen gewaltsam von der Polizei räumen zu lassen. Sollte er seine Drohung warmachen gibt es eine Spontandemo um 17 Uhr am U-BHF Kottbusser Tor in Berlin.
Seit mitte Dezember sind 12 000 ArbeiterInnen des türkischen Tabak-Konzerns TEKEL im unbefristeten Streik. Grund für den Arbeitskampf sind massive Entlassungen und Lohnkürzungen im Zusammhang mit der Privatisierung des ehemaligen Staatskonzerns. Wonach die streikenden ArbeiterInnen Ende Dezember von der türkischen Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas angegriffen wurden, entwickelte sich in der Türkei eine breite Solidaritätsbewegung mit dem Streik. In ihr ist es gelungen die Spaltung der
anatolischen Arbeiterklasse in Türken, Kurden, Lasen, Tscherkessen etc zu überwinden und die Dominanz nationalistischer Gruppen in der Arbeiterbewegung zu schwächen. "Alle oder keiner!" ist einer der Schlachtrufe der Bewegung. Der türkische Miniserpräsident Erdogang hat unterdessen angekündigt die Zeltstadt der streikenden ArbeiterInnen in Ankara in den nächsten Stunden (Tagen?) von der Polizei gewaltsam räumen zu lassen. Um den streikenden ArbeiterInnen zu zeigen das sie nicht alleine sind, sondern das es weltweit Menschen gibt die sich gegen die Zumutungen des kapitalistischen Wirtschaftens zu wehr setzen und ihre Kämpfe in einen solidarischen Zusammenhang setzen, fanden in den letzten Wochen auch in der BRD vermehrt Solidaritätsaktionen statt. Unter anderem in Berlin, Nürnberg, Bremen und Köln.

Für gestern, den 28.Februar hatten Gewerkschaften und linke Gruppen zu einen europaweiten Solidaritätstag aufgerufen. In Berlin folgten zwischen 200 und 250 Menschen dem Aufruf des "TEKEL-Solidaritätskomitees Berlin". Um 14 Uhr begann die Demonstration am U-BHF Hermannplatz mit einer Kundgebung. Vertreter des Kurdistan Solidaritätskomitee Berlin, der MLPD, des MLPD-Nahen Montagsdemonstrationsbündnisses und des TEKEL-Komitees bekräftigten in Redebeiträgen ihre Verbundenheit mit dem Kampf in der Türkei. Für die Musikalische Begleitung sorgte die Songgruppe Nümmes der MLPD.

Auf Transparenten war "Es lebe der Widerstand der TEKEL-Arbeiter!", "Es lebe unsere Klassensolidarität", "Privatisierung stoppen - Solidarität mit den TEKEL-Arbeitern!", "Solidarisch Kämpfen statt individuell untergehen" und "Stoppt das staatliche Morden in der Türkei - Wut und Trauer zu Widerstand" zu lesen. Fahnen von der MLPD, deren Jugenbverband REBELL, der trotzkistischen Gruppe RSO, der Linkspartei, der ARAB und eine Anarcha-Feministische waren zu sehen. Einige begnügten sich auch mit einem schlichten Rot.

Nach der Auftaktkundgebung formierte sich die Demonstration und zog unter Parolen wie "Hoch die internationale Solidarität!" den Kottbusser Damm hinunter. Ab und zu gab die Songgruppe Nümmes eines ihrer Lieder zum besten. Die Polizei hielt sich während der gesamten Veranstaltung sehr zurück und war auch nur mit wenigen Kräften vor Ort. Nach einer Zwischenkundgebung auf der Kottbusser Brücke erreichte die Demonstration
kurz vor 16 Uhr das Kottbusser Tor. Auf der Abschlusskundgebung gab es noch eine Handy-Live-Schaltung zu den streikenden ArbeiterInnen in der Zeltstadt in Ankara die mit viel Applaus und Jubel aufgenommen wurde. Dann gab es noch Live-Rap auf türkisch zur Solidarität mit den TEKEL-ArbeiterInnen. Zum Schluss wurden die Anwesenden darüber informiert das es in den nächsten Stunden zu einer gewaltsamen Zuspitzung des Konfliktes kommen könnte. Den der türkische Ministerpräsident Erdogan hat Angekünigt das wenn bis zum 28.2.2010 (also gestern) keine Lösung in dem Arbeitskampf gefunden wurde, er
die Zeltstadt der streikenden ArbeiterInnen in der Mitte von Ankara von der Polizei gewaltsam Räumen lassen wird. Das kann jederzeit so weit sein. Aktuell ist zu hören das Räumungpanzer und wasserwerfer um die Zeltstadt in Stellung gehen. Wenn es zu dem Polizeiangriff auf die Streikenden kommt, ruft das Berliner TEKEL-Soli-Komitee zu einer Spontandemonstration um 17 Uhr am U-BHF KOttbusser Tor auf.
Informiert euch - zeigt Solidarität!

Wenn Polizeiangriff auf die TEKEL-ArbeiterInnen in Ankara:
Dann Spontandemonstration um 17 Uhr Am Kottbusser Tor in Berlin - Kreuzberg! (und überall!)

(Bilder von BJK:  http://www.carookee.com/forum/freies-politikforum/1/25913022#25913022)
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Ergänzungen

taz-artikel zur Berliner tekel-Solidarität

nick 03.03.2010 - 01:46
Der lange Arm der Arbeiter
ARBEITSKAMPF Erstmals seit vielen Jahren arbeiten türkische und kurdische Gewerkschaftsgruppen in Berlin zusammen. Anlass ist die Protestbewegung gegen Streichorgien eines Tabakherstellers in Ankara
Es waren Parolen, die wie aus der Zeit gefallen schienen. "Arbeiter aller Länder, vereinigt euch" und "Sie sind Proletarier, sie sind im Recht", riefen rund 200 Teilnehmer einer Demonstration, die am Sonntag von Neukölln zum Kottbusser Tor zog. Noch ungewöhnlicher ist der Anlass des Protests: Es geht um Solidarität mit den rund 12.000 Beschäftigten des türkischen Tabakmonopolisten Tekel. Schon seit drei Monaten wehren sie sich mit Streiks, Demos und einem Zeltlager in der Innenstadt von Ankara gegen den geplanten massiven Abbau von Arbeitsplätzen nach der Privatisierung des Unternehmens.

In Berlin hat sich ein Solidaritätskreis mit den Tekel-ArbeiterInnen gegründet, in dem verschiedene linke MigrantInnenorganisationen vertreten sind. Seit Anfang Februar hat er bereits drei Kundgebungen und am vergangenen Sonntag die Demonstration organisiert. Der parteiunabhängige Berliner Verein Allmende hat dabei eine wichtige Koordinierungsaufgabe übernommen. Seit mindestens einem Jahrzehnt hat es eine solche Zusammenarbeit verschiedener kurdischer und türkischer Gruppen nicht mehr gegeben.

Gute Kooperation

Die Kooperation der unterschiedlichen Gruppen laufe unter den heutigen Umständen ganz gut, berichtet Garip Bali vom Allmende-Vorstand der taz. Von einem politischen Aufbruch könne allerdings nicht die Rede sein. "In den letzten Jahren hat auch in der türkischen und kurdischen Community Berlins eine Entpolitisierung eingesetzt. Viele lehnen schon die Entgegennahme der Flugblätter ab", sagt Bali. Deshalb war er positiv überrascht, als der Besitzer des Zeitungskiosks, in dem er schon seit Jahren einkauft, sofort bereit war, Flyer auszulegen und Plakate auszulegen.

Enttäuscht ist Bali hingegen über die geringe Beteiligung der deutschen Linken. Der an den Marxismus der Arbeiterbewegung angelehnte Duktus habe wohl viele Aktivistinnen aus der außerparlamentarischen Linken verschreckt, urteilt er selbstkritisch. Auf der Internetplattform Indymedia wird unterdessen moniert, dass sich deutsche Linke auf Mayday-Paraden und bei Bildungsstreikaktionen gegen prekäre Arbeitsverhältnisse wenden, aber zu Betriebskämpfen eine viel zu große Distanz haben.

Der Gewerkschafter Mustafa Efe hingegen zieht Parallelen von dem Kampf in der Türkei und den Problemen in Deutschland. "Die Tekel-Beschäftigten wehren sich gegen eine Privatisierungspolitik, mit der wir auch in Deutschland zu kämpfen haben", meint der in der IG Metall organisierte Betriebsrat des Daimler-Benz-Werkes in Marienfelde. Efe kandidiert für die Betriebsratswahlen, die Mitte März stattfinden werden, auf einer alternativen Liste, die die offizielle IG-Metall-Liste wegen ihres kompromissbereiten Kurses gegenüber dem Unternehmen kritisiert.

Auch der kurdische Aktivist Hasan Cötek mobilisiert vor allem im gewerkschaftlichen Bereich für die Tekel-ArbeiterInnen. Er zeigt sich mit der Resonanz zufrieden. So habe er viel Applaus bekommen, als er während des Warnstreiks von Ver.di Anfang Februar in einem kurzen Redebeitrag über den Streik in der Türkei informierte. Mittlerweile hat sich ein gewerkschaftliches Solidaritätskomitee gebildet. Zwei Berliner Gewerkschaftler haben im Rahmen einer Solidaritätsdelegation inzwischen die Streikenden in Ankara besucht.

Dort könnte sich in Kürze die Lage zuspitzen. Denn die türkische Regierung hat mit der Räumung der Zelte gedroht, in denen die Streikenden seit Monaten ausharren. Das Berliner Solidaritätskomitee ruft - sollte dieser Fall eintreten - zu einer Demonstration am Kottbusser Tor auf.

PETER NOWAK

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Privatsphäre — Klaus

no passarm — nikokiller