Auf nach Kopenhagen

Heinz Schenck 04.10.2009 21:58 Themen: Atom Ökologie
Vom 2. bis 4. Oktober trafen sich in Berlin über 100 AktivistInnen bei der Kopenhagen-Aktionskonferenz. Die Konferenz war Auftakt für die heiße Phase der Mobilisierung gegen den UN- Klimagipfel im Dezember.
Ist Klimaschutz mit Kapitalismus und Wachstumswahn vereinbar? Wie wird die Unterbringung in Kopenhagen aussehen? Wie lassen sich militante Widerstandskonzepte in die Choreografie der Proteste einbetten?
Diese und andere inhaltliche und praktische Fragen wurden am Wochenende auf der Aktionskonferenz diskutiert. Das Klima!Bewegungsnetzwerk hatte unter dem Titel „Climate Justice Now!“ in die Räume der Rosa- Luxemburg- Stiftung geladen. Ziel war die Mobilisierung gegen den UN- Klimagipfel in Kopenhagen auf breitere Füße zu stellen. Die Vernetzung ist als Nachfolgeprojekt aus dem Antira- & Klimacamp entstanden. International haben sich linke und linksradikale Strukturen aus Europa und Basisbewegungen aus dem Globalen Süden im Climate Justice Action- Netzwerk zusammengeschlossen. Gemeinsam wurde vereinbart vom 11. bis 19. Dezember den Gipfelbetrieb zu stören.

Die Konferenz begann am Freitag mit einer Debatte darüber, welchen Einfluss der Klimawandel und die herrschenden Anpassungsstrategien auf soziale Kämpfe im Norden hat und haben wird.
Am Samstag gab es ein vielfälltiges Angebot an inhaltlichen Workshops. So wurde sich über das Kyoto Protokoll, Emissionshandel, den Green New Deal und alternativen zur herrschenden Klimapolitik informiert und ausgetauscht. Daneben gab es praktische Arbeitsgruppen die sich Beispielsweise mit lokalen Klimapraxen, der Mobilisierung, und den Aktionen „Hit the Production“ und „Reclaim Power!“ beschäftigten. Am Abend wurde der frisch veröffentlichte Film „Age of Stupid“ gezeigt, welcher aufgrund seines moralisierenden Individualismus auf geteilte Meinungen stieß.
Der Schwerpunkt am Sonntag lag auf der Perspektivendiskussion über Kopenhagen hinaus und den Möglichkeiten einer lokalen Praxis.

In Kopenhagen treffen sich die Regierungen der UN-Staaten um ein Nachfolgeabkommen für das 2012 ablaufende Kyoto- Protokoll zu verabschieden. Die AktivistInnen waren sich am Wochenende einig das der Gipfel mit seinen falschen Lösungen keinen Beitrag zum versprochenen Klimaschutz leistet. Stattdessen wird die koloniale Ausbeutung des Südens verschärft und ein weiter so der fossilen Produktionsweise legitimiert. Im Widerstand müsse daher die Verbindungen zu sozialen Kämpfen gesucht werden.

Es wurde folgender Ablauf der Aktionswoche beschprochen:
Fr 11.12. Aktionen gegen den „Business- Day“
Sa 12.12. Großdemo
So 13.12. „Hit the Production“ - Verursacher des Klimachaos angreifen
Mo 14.12. Aktionstag gegen das Grenzregiem
Di 15.12. Aktionstag globale Landwirtschaft
Mi 16.12. „Reclaim Power!“ - Klimagipfel erobern
Do 17.12. „Begrüßung“ der Staatschefs
Fr 18.12. Never trust a cop – Aktionen in der Stadt
Sa 19.12. Reclaim Kopenhagen – Gipfelprotokolle verheizen

Weitere Infos:
klima.blogsport.de
www.climate-justice-action.org
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Ergänzungen

Pressebericht

mensch 04.10.2009 - 22:15
Kopenhagen soll Seattle werden

Samstag, 3. Oktober 2009 19:34
AUS BERLIN SUSANNE GÖTZE
 http://www.wir-klimaretter.de/content/view/3982/256/

Am 11. Dezember beginnt die heiße Phase der Klimakonferenz in Kopenhagen. Dieses Datum haben sich nicht nur Umweltschützer und hoffentlich auch die Bundesregierung rot im Kalender angestrichen, sondern auch die linke, antikapitalistische Bewegung. Sie wollen abseits der geplanten Großdemo am Samstag, den 12. Dezember, die ganze Woche über Aktionen und Proteste organisieren. Kreativ sollen diese werden, kritisch, laut und abseits des seichten Zurechtweisens von den etablierten Nichtregierungsorganisationen. Die deutschen Aktivisten des dazu gegründeten Klima!Bewegungsnetzwerks trafen sich dieses Wochenende das erste Mal in Berlin zur Aktionskonferenz „Climate Justice Now“, um gemeinsam den Widerstand zu planen. „Wir wollen aus Kopenhagen ein neues Seattle machen“, erklärte Christina Eichberger von FelS und Mitorganisatorin der Aktionskonferenz des Netzwerkes.

Hilferuf aus Kopenhagen

Schon seit gut einem halben Jahr diskutiert das Netzwerk, wie man „von links“ in den Kopenhagenprozess intervenieren kann. Das Bündnis entstand bei der Vorbereitung des Klimacamps 08 in Hamburg und reicht mittlerweile von Vertretern der Interventionistischen Linken, FelS, attac bis hin zur Antifa. Mit dabei sind aber auch regionale Protestgruppen gegen Kohlekraftwerke sowie Anti-AKW-Aktivisten. Doch die Vielfalt des Spektrums garantiert noch keinen Erfolg: „Kein leichtes Thema für eine breite Mobilisierung“, räumt FelS-Aktivistin Eichberger ein.riots1.jpg
Wird es auch in Kopenhagen zu Ausschreitungen vom so genannten Black-Block und massenhaften "Ungehorsam" kommen? (Fotos: Götze)

Das zeigt sich auch in den Diskussionen: Gut zwei Monate vor dem Großereignis sind grundsätzliche Fragen einer gemeinsamen Mobilisierung noch nicht geklärt. Etwas wie Torschusspanik schwebt über dem Treffen der rund 50 Aktivisten, die aus ganz Deutschlang angereist sind. „Ihr müsst uns helfen – wir brauchen dringend Unterstützung und Ideen von der deutschen Bewegung“, wirft der Kopenhagener Koordinator des dänischen Klima-Kollektivs Mads verzweifelt in die Runde. Beim Mittagessen in der Vokü erzählt Mads, dass es bei der Vorbereitung vor Ort in Kopenhagen an allen Ecken und Enden fehle. Die größte Herausforderung sei es, genügend Schlafplätze zu organisieren, aber auch Volksküchen und andere Treffpunkte. Da könne nicht auch noch über die Aktionen selbst nachgedacht werden, so Mads. Immerhin seien sie mehr oder weniger nur ein Dutzend wirklich aktive Organisatoren.

Ein grober Fahrplan steht schon

Auf intentionalen Vernetzungstreffen wurde immerhin schon ein grober Fahrplan für die Woche vom 11. bis zum 19. Dezember festgelegt. So soll es neben der Großdemo am 12. einen „Hit the production“- und „Reclaim Power“-Aktionstag geben. Unklar ist noch völlig, was am zweiten Wochenende geschehen soll, wenn die Verhandlungen ihrem Ende entgegen gehen. Die Teilnehmer der Aktionskonferenz sind sich einig, dass gerade am zweiten Freitag noch dringend Druck von der Strasse ausgehen müsse. Doch viele bezweifeln hier, dass die meisten Aktivisten wirklich eine Woche in dem kalten Kopenhagen durchhalten werden – zumal die Übernachtungssituationen nicht gerade optimal sein dürften. Doch eines ist für viele, gerade linksradikalere Kräfte klar: Mit der Großdemo am ersten Samstag wollen sie es nicht bewenden lassen. Doch das „Wie?“ ist derzeit noch völlig unklar.

Die zurückhaltende Begeisterung an Protesten in Kopenhagen liegt nach Ansicht der Organisatorin Eichberger am für die Bewegung „jungen Thema“. Das Klimaproblem müssten sich viele linke Gruppen erst noch erschließen. Ökothemen seien in der linken Szene oft noch verpönt. So gebe es immer noch eine antikapitalistische Linke, die weitgehend parallel zur Umweltbewegung existieren würde. Die Chance von Kopenhagen sei es, beide Spektren zusammenzubringen, so Eichberger. Es handele sich hierbei eben nicht um ein klassisches Ökothema. Der Klimawandel treffe vor allem die ärmsten Menschen auf der Welt – deshalb gehe es in erster Linie um Klimagerechtigeit.

Kyoto sei „antisozial, rassistisch und neokolonial“

Ob das Kyotoprotokoll und sein potentieller Nachfolger dafür geeignet sind das Klimaproblem sozial wie ökologisch zu lösen, daran haben viele Organisationen des Klima!Bewegungsnetzwerks große Zweifel. Eine einheitliche Position, die sich pauschal gegen den Kyotoprozess richtet gibt es aber auch nicht. In der Erklärung des Netzwerkes heißt es lediglich, dass das Kyotoprotokoll und sein wichtigstes Instrument, der Emissionshandel, „antisozial, rassistisch und neokolonial“ ist. Kritisiert wird vor allem die Möglichkeit der Unternehmen im Rahmen des Emissionshandels Verschmutzungsrechte aus Projekten in armen Ländern zu generieren, dem so genannten „Clean Development Mechanism“ .

Einige Gruppen wollen deshalb eine Einigung zwischen den 190 Staaten verhindern, andere dagegen kritisieren den Prozess und wollen aufzeigen, dass mehr getan werden muss, als nur auf die „Einigung der großen Mächtigen“ zu schauen. „ Wer von der Kopenhagener Konferenz die Herstellung von Klimagerechtigkeit erwartet, wird enttäuscht werden“, so Eichberger. FelS wolle mit den Protesten in Kopenhagen vor allem ein Bewusstein für das Klimathema schaffen: „Wir wollen uns die Deutungshoheit zurückholen und damit Schluss machen, dass alle immer nur zu UN aufschauen – uns geht es darum, die Grasroots-Klimabewegung zu stärken“.

Autonome Mobilisierung

beobachter 05.10.2009 - 15:14
Nach Kopenhagen gibt es auch eine autonome Mobilisierung. Unter dem Motto "Alle reden vom Klima - wir nicht!" mobilisiert "Never Trust A COP" ( http://nevertrustacop.org) gegen den Klimagipfel nach Kopenhagen. Fokus der Kritik von "Never Trust A COP" (NTAC) ist nicht der Klimawandel sondern die kapitalistische Ausbeutung von Mensch und Natur, der Versuch der Relegitimierung des Kapitalismus durch den "green capitalism" nachdem das neoliberale Projekt mehr und mehr in die Kritik kommt und die weltweiten (Ressourcen-)Kriege, welche der Kapitalismus verursacht. NTAC sieht den COP15 "Klimagipfel" in der Kontinuität der vergangenen und kommenden neoliberalen Gipfeltreffen, wie den G8-, WTO- oder Weltbank-Treffen. Es wird vorallem zu der Großdemo am 12.12. nach Kopenhagen mobilisiert. Den Aufruf in deutscher Sprache gibt es unter  http://nevertrustacop.org/Deutsch/Aufruf

Inhaltliche Klima-Broschüre

mensch 06.10.2009 - 01:50
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Klima-Casino schließen!
Materialien für eine Klimabewegung von unten.
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Vom Klima- und Antirassismuscamp im Sommer 2008 bis zur Mobilisierung
gegen den Weltklimagipfel in Kopenhagen im Dezember 2009: Eine neue,
radikale Klimabewegung ist im Entstehen. Aus dieser Bewegung und für
diese Bewegung bietet unsere Broschüre Analysen, Aktionsideen und
Anregungen für politische Perspektiven. Die Texte richten sich weniger
an ExpertInnen, sondern sollen für viele AktivistInnen – und Menschen,
die es werden wollen – einen Einstieg in die Debatten ermöglichen.

Inhalt:
• Das Kyoto-Protokoll / Ein nur zu kleiner Schritt in die richtige
Richtung – oder Teil des Problems?
• CDM + REED / und der globale Süden?
• „Grüner“ Kapitalismus? Wir brauchen Klimagerechtigkeit statt
Wachstumswahn!
• Auf nach Kopenhagen! / Aufruf zu den Aktionen beim Weltklimagipfel im
Dezember 2009
• Heute schon die Welt gerettet? / linksjugend-solid stellt sich vor
• Allein machen sie dich ein / wer ist und was will Avanti – Projekt
undogmatische Linke?
• Klar zum Entern! / Was tun gegen den Klimawandel?
• Anti-AKW-Bewegung / Was kann die Klimabewegung von der
Anti-AKW-Bewegung lernen?
• Öko-Kommunismus sha-la-la-la-la / Gesellschaftliche Utopie in den
Zeiten des Klimawandels
• Für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen weltweit – alles
andere ist Quark!

Die Broschüre ist in Zusammenarbeit von Klimaaktiven aus Linksjugend
[‘solid] und AVANTI – Projekt undogmatische Linke entstanden. Viele
andere haben Texte und Unterstützung beigesteuert.

Die Broschüre gibt es auch online als PDF zum Download:
 http://www.avanti-projekt.de/p_antikap/pdf/klimacasino.pdf

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Bezugsadresse:
Die Broschüre wird gegen Spende verschickt und verteilt.

Linksjugend [‘solid]
Kleine Alexanderstraße 28
10178 Berlin
Telefon 030 / 24009-419
Telefax 030 / 24009-326
 info@linksjugend-solid.de
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Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 2 Kommentare

Umwelt sind auch wir

noname 05.10.2009 - 09:25
Erstmal riesen Lob an alle die sich der Aufgabe angenommen haben die Aktionen und die Fahrt zu organisieren. Es wird sicherlich nicht leicht viele Genossen zu mobilisieren. Kurz vor Weihnachten, Orga-Probleme, Schlafplatzproblem, und das tolle Wetter erst :)

Ich denke das Thema ist doch mehr Leuten von Interesse als es scheint. Zumindest die Teilnahme am ersten Wochenende ist für viele wichtig und möglich.

Für eine internationale Bewegung!

Inhalte?!

Kommunist 05.10.2009 - 16:06
"Die AktivistInnen waren sich am Wochenende einig das der Gipfel mit seinen falschen Lösungen keinen Beitrag zum versprochenen Klimaschutz leistet."

Eure Kritik richtet sich mal wieder lediglich gegen die angeblich Fehlende Effizienz des Gipfels...
Wie wärs wenn ihr mal die Funktion des Gipfels (ökonomisch/ideologisch/...) analysiert und daran eure Kritik ausrichtet.