Magdeburg: Zivilprozess gegen Feldbesetzer

B. Setza 23.09.2009 16:13 Themen: Biopolitik Repression Ökologie
Diesen Dienstag mussten sich 2 FeldbesetzerInnen vor dem Landgericht Magdeburg verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, im Frühjahr an der Besetzung eines Schaugartens für genetisch veränderte Pflanzen teilgenommen zu haben. Das Gericht bestätigte ein Betretungsverbot für das Feld, bei Nichtbeachtung drohen hohe Geldstrafen oder Knast.
Die Vorgeschichte:

Grüne Gentechnik ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Forschungsinstitute, staatliche Kontrollbehörden, Lobbygruppen sind von einer Seilschaft besetzt worden, die die Etablierung dieser Technik immer weiter vorantreibt. (Siehe dazu:  http://www.projektwerkstatt.de/gen/filz_brosch.htm)
Einer der Orte, wo dies besonders deutlich wird, ist die BioTechFarm in Üpplingen (Magdeburger Börde). Hier wird in einem Schaugarten mit konventionellen und genetisch manipulierten Pflanzen aktiv Werbung für letztere gemacht. (kritische Infos:  http://www.projektwerkstatt.de/gen/biotech.htm , Seite der Betreiber:  http://www.biotechfarm.de/)
Im Frühjahr wurde die Fläche des Schaugartens besetzt. Die Betreiber mieden die von den BesetzerInnen geforderte Debatte, stattdessen veranlassten sie noch am selben Tag die Räumung. Gegen Abend gelang es der Polizei, die letzten BesetzerInnen vom Feld zu entfernen. ( http://de.indymedia.org/2009/03/244018.shtml)
Die Betreiber des Schaugartens erwirkten Verfügungen gegen die Besetzer, die diesen untersagten, dass Feld erneut zu betreten. Bei Nichtbeachtung drohen hohe Geldstrafe oder Knast, die Kosten für die Verfügung sollen die Beklagten auch zahlen.
2 Personen legten daraufhin Widerspruch ein. Nach einer mündlichen Anhörung, kippte das Amtsgericht Oschersleben die Verfügung. (Bericht vom Prozess:  http://de.indymedia.org/2009/06/254764.shtml)
Daraufhin ging die Gegenseite in Berufung.


Vor dem Gericht:

Einige Zeit vor Prozessbeginn tauchte eine handvoll AktivistInnen vor dem Landgericht auf. Sie hängten ein Transparent auf, brachten Kreidemalereien zum Thema Gentechnik auf und verteilten Flugblätter an PassantInnen.
Gerichtsdiener konnten nicht einschreiten, da das alles etwa 10cm von ihrem Hoheitsbereich entfernt stattfand. Die Polizei traf direkt vor Beginn des Prozeßes ein, und konnt daher nur noch eine Versammlung in Auflösung feststellen. Sie zogen ab ohne Personalien einzusammeln.

Der Prozess:

Für die Gegenseite erschienen waren Rechtsanwalt Hartwig Stiebler und Geschäftführerin der BioTechFarm Kerstin Schmidt. Beide sind kein unbeschriebenes Blatt in Sachen Gentechnik.
Hartwig Stiebler ist der Hausanwalt von Monsanto Deutschland und vertritt so ziemlich jeden, der in Deutschland Gentechnik betreibt. Er hat seine Kanzelei in Düsseldorf, in der Goldsteinstraße 31. Wer mit ihm über sein Engagement reden will, erreicht ihn unter 0211354325 oder  hartwig.stiebler@rechtsanwalt-stiebler.de
Kerstin Schmidt ist nicht nur bei Üplingen, sondern auch bei Groß Lüsewitz (in der Nähe von Rostock) an der Freisetzung von genetisch veränderten Organismen beteiligt. Sie ist Geschäftsführerin zahlreicher Vereine und Kleinstfirmen die sich mit Gentechnik befassen, und im großen Stil Fördergelder abgreifen.

Der Prozess war kurz. Zu Anfang machten die Richter klar, dass sie der Berufung recht geben werden. Die AktivistInnen und ihr Anwalt erhielten kaum Zeit für ihre Ausführungen. Schwerpunkt lag auf rein juristischen Fragen.
Stiebler erhielt wieder Zeit, über den Widerstand gegen Gentechnik zu jammern und die nicht vorhandene "rechtsstaatliche Gesinnung" (Zitat) der AktivistInnen zu geißeln. Das Urteil erhalten die beiden Beklagten in der nächsten Zeit zugestellt, sein Inhalt ist aber jetzt schon klar: Der Staat schützt Eigentums- und Kapitalsinteressen.
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Ergänzungen

Feldbefreiungsprozesse und -strafen

feldbefreii 24.09.2009 - 10:26
Bio-Imker Micha Grolm ist nach fast einem Monat wieder raus aus dem Knast - das Verfassungsgericht hat der regionalen Justiz das diktiert. Christian Pratz aus Witzenhausen sitzt zur Zeit in Kassel wegen einer Feldbefreiung. Am 5.10. geht Karl Braig ins Gefängnis (in Ba-Wü).
In Gießen wollen die Robenträger den Prozess möglich sofort zuende bringen. Anträge von Anwälten und Angeklagten werden nicht mehr angenommen und bisherige pauschal als "ohne Bedeutung" abgelehnt. Der nächste Termin ist Mittwoch, der 30.9. um 14 Uhr. Hier soll wohl das Urteil gesprochen werden. Vorher ist mit massiven Einschränkungen der Prozessrechte von Angeklagten und Verteidigung zu rechnen, z.B. mit der pauschalen Ablehnung von über 100 Anträgen als "ohne Bedeutung". Die Staatsanwältin fand schon beim ersten Antrag, dass alles nur der Prozessverschleppung diene.
Zur Zeit wirkt das Gericht so, als wenn die anfällige Nachsichtigkeit vor allem der Beruhigung diente - und nun ein dickes Ende kommt. Um 12 Uhr ist eine Demo durch die Innenstadt geplant - Treffpunkt ist der Kirchenplatz.

Fotos von vorm Gericht

Fotogräfin 26.09.2009 - 16:38
Sorry für das späte Hochladen, aber es gibt noch Fotos von der kleinen Aktion vorm Gericht.