Repression von Bullen und Boehriger

B. SetzerIn 28.07.2009 18:56 Themen: Freiräume Repression Ökologie
Polizeirepression gegen BesetzerInnen vom Boehringer-Tierversuchslabor-Gelände in Hannover. Unverhältnismäßige und kriminalisierende Vorgehensweise inklusiver Durchsuchung von Schlaf- und Wohnraum und Privatsachen. Als Begründung für ihre Vorgehensweise diente ein krudes Konstrukt von herbeigezogenen Vermutungen.
"Dann müssen wir ihn runterschießen!"

Heute kam es erneut zu einem Polizeieinsatz auf dem besetzen Boehringer-Gelände in Hannover. Als Begründung für den Einsatz wurden gesprühte Parolen am Haus von Oberbürgermeister Weil genannt.
Während des Einsatzes wurden Häuser und Privatsachen durchsucht und Personalien festgestellt.
Bei einer Person konnten die Personalien anfangs nicht festgestellt werden, da sie sich auf einem Baum befand. Trotz wiederholter Aufforderung vom Baum runterzukommen, widersetzte sie sich.

Trotz der Ankündigung der Polizei, eine Klettereinheit holen zu lassen, wollte die Person nicht herunterkommen. Es ereignete sich folgende Situation, Beamter 1: "Hoffentlich pisst der jetzt nicht herunter". Beamter 2: "Wenn der mir auf den Kopf pisst, müssen wir ihn herunterschießen!"
Die BesetzerInnen empfinden diese Aussage als illegitimen Angriff auf Leben und körperliche Unversehrtheit aller.
AktivistInnen forderten vom Einsatzleiter die Identität des Beamten bekannt zugeben, doch kam dieser der Aufforderung nicht nach.
Am Ende haben die BeamtInnen um 15:45 Uhr das Gelände verlassen, ohne die Personalien der/s AktivistInnen festgestellt zu haben.
Die BesetzerInnen mussten sich unter anderem mit ZivilbeamtInnen auseinander setzen, die versuchten, unbemerkt Privatsachen, ganze bewohnte Häuser und den Müll des Camps ohne richterliche Anweisung illegaler Weise zu durchsuchen. Auch kreiste nach Ende des Einsatzes ein Bullenheli lange und neugierig über dem Camp.

Die Polizei will mit dieser Aktion die BesetzerInnen unter Druck setzen, kriminalisieren und verunsichern. Das wird ihnen aber nicht gelingen!
"Es kann nicht sein, dass eine Aktion, welche zum Ziel hat eine öffentliche Debatte über Sinn und Unsinn des Versuchslabors zu erzeugen, durch solche Polizeieinsätze kriminalisiert und so die öffentliche Debatte unterbunden wird", sagt eine Unterstützerin der Besetzung.
Eine Bewohnerin der Besetzung sagt dazu: "Wir werden uns durch diese Repression nicht einschüchtern lassen. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass das, was wir tun, richtig ist. Weiterer Widerstand gegen Boehringers Vorhaben, welches unendliche Tierqualen erzeugen wird, ist notwendig!"

Der Einsatz der Polizei wird von den Besetzern und Besetzerinnen als unverhältnismäßig und kriminalisierend angesehen.

-->Böhringers Tierversuchs- und Quällabor verhindern!

-->Keine Polizeiaktionen mehr gegen den legitimen Widerstand gegen Böhringer!

-->Solidarität mit den BesetzerInnen JETZT! Gemeinsamer Widerstand JETZT!
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Ergänzungen

Farbanschlag auf Haus von Oberbürger

Leser 29.07.2009 - 09:53
Auf das Privathaus von Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil (SPD) haben unbekannte Täter in der Nacht zum Dienstag einen Farbanschlag verübt. Sie schmierten mit roter Farbe unter anderem Beschimpfungen wie "Tiermörder" auf das Haus. Weil selbst war nicht anwesend, er ist zurzeit im Urlaub. Die Aktion könnte nach Erkenntnissen der Polizei im Zusammenhang mit dem Streit über den Bau eines Tierimpfstoffzentrums in Hannover stehen.

Die Polizei durchsuchte nach der Farbattacke am Dienstagnachmittag das Gelände, auf dem gebaut werden soll. Es gehört der Firma Boehringer aus dem rheinland-pfälzischen Ingelheim und wird seit mehreren Wochen von Demonstranten besetzt, die gegen die Pläne der Firma protestieren und dort campen. "Wir suchen nach möglichen Beweismitteln", sagte ein Polizeisprecher. Es habe auch noch andere Vorfälle rund um das Gelände gegeben, weitere Details dazu wollte der Sprecher aber zunächst nicht nennen.

Ob Beweismittel gefunden wurden, die einen Zusammenhang zwischen den Besetzern und den Farbschmierereien belegen, stand zunächst nicht fest. Die Beamten nahmen von rund 20 Gegnern des Impfstoffzentrums Personalien auf. Die meisten verhielten sich dabei kooperativ. Allerdings seien mindestens zwei Besetzer auf hohe Bäume geflüchtet und hielten sich dort versteckt. "Da kommt man nicht so ohne weiteres ran", sagte der Polizeisprecher.

Der Protest gegen das geplante Tierimpfstoffzentrum schwelt seit Monaten. Die Demonstranten, die zum großen Teil nicht aus Hannover kommen, haben das Grundstück in einem Wohngebiet besetzt. Das Unternehmen will bis 2011 ein europäisches Zentrum für die Erforschung und Entwicklung von Schweineimpfstoffen errichten.

Artikel auf:  http://www.welt.de/die-welt/vermischtes/hamburg/article4213786/Farbanschlag-auf-Haus-von-Hannovers-Oberbuergermeister.html

sueddeutsche.de

antirep 29.07.2009 - 10:08
Die Angst vor den Schweinen

In einem wohlhabenden Stadtteil von Hannover protestieren Anwohner gegen eine neue Tierversuchsanlage

Von Kristina Läsker

Hannover - Captain Chamäleon ist eine Art Hobby-Besetzer. Noch vor kurzem hat der 28-Jährige im Kelsterbacher Wald in Hessen campiert, um gegen die Erweiterung des Frankfurter Flughafens zu protestieren. Dann hat der Erzieher mit dem Ziegenbart und dem dreieckigen Hut seinen Rucksack gepackt und ist weitergezogen zur heißesten Besetzerszene der Republik: nach Hannover.

Anfang Juli haben dort etwa 30 Gleichgesinnte aus ganz Deutschland ihre Zelte im Stadtteil Kirchrode aufgeschlagen, um gegen den Pharmakonzern Boehringer Ingelheim zu demonstrieren. Seit knapp einem Monat campieren sie illegal in einer ehemaligen Gartenkolonie und haben sich mit Zelten, Sperrmüllsofas und einem Baumhaus in einer 200 Jahre alten Eiche für längere Zeit eingerichtet.

Die Besetzer treibt der Zorn. Darüber, dass Deutschlands zweitgrößter Arzneimittelhersteller auf dem verwucherten Gelände für 35 bis 40 Millionen Euro ein Tierimpfstoffzentrum bauen will. Bis zu tausend Schweine will Boehringer hier von 2011 an auf einer Fläche von drei Hektar einquartieren und neue Impfstoffe an ihnen testen. "Solche Tierversuche sind grausam, und sie fördern die Massentierhaltung", sagt Besetzerin Tanja Meier. Aus Protest hat die 20-jährige Abiturientin mit dem blonden Pferdeschwanz ihr Bett im Elternhaus gegen einen Schlafsack unter der Eiche eingetauscht. "Wir werden das hier durchziehen, bis wir geräumt werden", sagt sie.

Langsam eskaliert die Lage. Unbekannte haben über Nacht mit roter Farbe das Wort "Tiermörder" ans Haus von Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil geschmiert. Grund genug für die Polizei, am Dienstag das Gelände zu durchsuchen und die Namen der Besetzer aufzunehmen.

Doch nicht nur die Aktivisten, auch die Nachbarn sind wütend: Als Ulrich Pitkamin, Deutschland-Chef von Boehringer, im Herbst 2007 gemeinsam mit Niedersachsens Ministerpräsidenten Christian Wulff das Schweine-Labor ankündigte, ging ein Aufschrei durch Kirchrode. Kurz danach gründeten die Betroffenen eine Bürgerinitiative, die heftig gegen Boehringer kämpft. Jeden Mittwoch trifft sich der harte Kern seither in der Alten Hahnenburg, einem Gasthof ein paar hundert Meter vom Baugelände entfernt. Die meisten sind Anwohner, häufig diskutieren und planen sie im dunklen Hinterzimmer bei Kaffee und Bier. Viele sind Akademiker im Ruhestand, ein Ex-Vorstand ist dabei, ein ehemaliger Theaterintendant, einige Anwälte, eine Lehrerin. Sie können es nicht fassen, dass Boehringer um die Ecke ein Tierversuchslabor hochziehen will. Zumal Kirchrode nicht irgendein Stadtteil ist. Hier wohnen die Wohlhabenden, hier wollen sie keine Schweine als Nachbarn.

Anders als die jungen Besetzer ärgern sich die Alten in der Hahnenburg weniger über die geplanten Experimente an Tieren. "Ich bin 83, und ohne Medikamente und Tierversuche wäre ich nie so alt geworden", sagt Rolf Klein. Der pensionierte Architekt fürchtet sich eher vor dem Schweinemief und davor, dass aus den Laboren gefährliche Krankheitserreger entkommen könnten. "Ein Labor ist ein Abenteuer mit lauter Unbekannten."

Laut Boehringer ist solch ein Virenaustritt aber gar nicht möglich. "Die Anlagen werden mit Filtern abgeriegelt", sagt Projektleiter Friedolin Nöker. Boehringer wolle im Forschungszentrum zwar mit genveränderten Krankheitserregern experimentieren, doch diese Versuche konzentrierten sich auf die "Gefahrenklasse 2", sagt Nöker. Also auf Mikroorganismen, von denen keine Gefahr für Menschen ausgehe. Solche Versuche würden bereits in der benachbarten Tierärztlichen Hochschule (Tiho) durchgeführt. Die Nähe zur Tiho - sie gilt als Eliteschule für deutsche Tierärzte - führt Boehringer als Grund für die Standortwahl an. Was die Bürger beunruhigt: In den letzten Bürger-Veranstaltungen hat Boehringer eingeräumt, dass künftig auch Experimente der Gefahrenklasse 3 möglich seien, also Versuche mit etwas erweitertem Risiko für Mensch und Umwelt.

Nur scheibchenweise gibt der Pharmakonzern seine Informationen heraus, denn er befürchtet, dass die Ansiedlung misslingen könnte. Es wäre schon das zweite Mal: 2005 hatte der Konzern die Schweine-Anlage in Tübingen errichten wollen, und war am Widerstand der Bewohner gescheitert. Auch die Hannoveraner wollen das Labor vereiteln: 7000 der 10 000 Anwohner haben laut Bürgerinitative schon per Unterschrift gegen Boehringer gestimmt. Doch die Politiker im Rat der Stadt ficht das kaum an. Bis auf die Linken und die Wählergemeinschaft Wir für Hannover befürworten alle Parteien das Tierimpfstoffzentrum und wollen bei der entscheidenden Ratssitzung im September für Boehringer votieren. Auch SPD-Oberbürgermeister Weil stellt sich hinter den Konzern. Der Grund: Wie der CDU-Politiker Wulff will er Hannover als Standort für Forschung und Lehre profilieren.

Die Besetzer fühlen sich allein gelassen. Neulich sei eine Vertreterin der Grünen da gewesen, erzählt Tanja Meier. "Die hat uns bloß ermahnt, mit der alten Eiche gut umzugehen." Einen Sieg haben Captain Chamäleon & Co. schon errungen: Bisher hat Boehringer das Gelände nicht räumen lassen, die anfangs aufmarschierten Hunde- und Pferdestaffeln der Polizei sind wieder abgezogen.

Während die Aktivisten auf dem Gelände über Tierversuche informieren, bereiten die Anwohner in der Hahnenburg eine Klage vor, falls der Rat das Bauvorhaben erlaubt. Bis dahin helfen sich alle gegenseitig: Rentner Rolf Klein und seine Mitstreiter radeln täglich zum Gelände und versorgen die Besetzer mit Wasser, Sojamilch und Zucchini aus dem Garten. Alles vegan selbstverständlich.

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solidarität — nordlicht

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