Berlin: Neuer Anquatschversuch des VS

EA Berlin 29.06.2009 22:38 Themen: Repression
Am 24. Juni um 15.15 Uhr wurde ich von zwei Männern in Berlin Kreuzberg, Lausitzerstraße / Ecke Skalitzerstraße auf dem Fahrrad fahrend am Arm festgehalten und mit meinem Nachnamen angesprochen. Diese waren von hinten auf mich zugekommen.
Der Eine war so um die 30 Jahre, blond, Brillenträger, ca. 175 cm groß, nicht unsportlich und sprach die ganze Zeit kein Wort. Der Zweite war zwischen 50 und 60 Jahre alt, blond, untersetzt und vollkommen nichts sagend. Er erklärte, dass er mich schon seit Jahren kennen würde - natürlich nur aus den Akten. Er sei auch nicht mehr der Jüngste, und sie hätten mir ein Angebot zu machen. Beide waren ständig am Grinsen, als wären ihnen mit Wäscheklammern die Mundwinkel fixiert worden.

Im ersten Moment dachte ich, sie würden mich nach dem Weg fragen oder es sei irgendjemand von früher, an den ich mich nicht erinnern konnte. Ich fragte: Was denn für ein Angebot? Und er antwortete: 2.500 bis 5.000 Euro monatlich. Ich stand etwas auf der Leitung und erkundigte mich erst jetzt, wer er denn sei. Er gab sich als Beamter vom Bundesamt für Verfassungsschutz zu erkennen. Ich antwortete Ihm in etwa so: "Ihr spinnt wohl...!" und fuhr mit dem Fahrrad weg.

Danach telefonierte ich mit meinem Rechtsanwalt und fing an Mitbewohner_innen, Genoss_innen und Freund_innen über den Vorfall zu informieren.

Ich selber bin seit mehr als 20 Jahren in der autonomen Bewegung in Berlin aktiv, arbeitete in verschiedenen Kollektiven und politischen Projekten.

Trotz meiner langen politischen Geschichte hat mich dieser Anquatschversuch vollkommen kalt und unvorbereitet überrascht, und im Nachhinein sind mir viele großartige Antworten und Verhaltensweisen eingefallen, wie ich mich in dieser Situation offensiver hätte verhalten können. Schließlich war der Anquatschversuch mitten in Kreuzberg und am helllichten Tage. Für mich ist klar, dass es keine kurzfristige Aktion war. So ein Ansprechversuch erfordert eine gewisse Vorbereitung und Logistik.

Mitte Mai wurde ein Freund ebenfalls vom Verfassungsschutz angesprochen. In diesem Zusammenhang ist mein Name genannt worden. Nachzulesen unter:  http://de.indymedia.org/2009/06/253563.shtml

In den letzten Monaten sind in Berlin mehrere Versuche des Verfassungsschutzes, Menschen aus linken Zusammenhängen anzusprechen, öffentlich gemacht worden.

Unsere wichtigste Reaktion darauf muss sein, diese Versuche öffentlich zu machen und darüber offen zu sprechen, um Misstrauen und Gerüchten vorzubeugen. Natürlich geht es dabei auch um die angesprochene Person, aber vor allem geht es um die linke und linksradikale Szene insgesamt. Solche Ansprachen sollen uns verunsichern und Misstrauen erzeugen und sind immer auch Versuche, Menschen zu gewinnen. Sie sollen die eigenen Freund_innen, Genoss_innen und Familienangehörigen bespitzeln. Geld, Erpressung und/oder prekäre Lebensverhältnisse sind Hintergründe, auf denen das funktionieren soll.

Es kann jede und jeden von uns treffen.
Keine Zusammenarbeit mit Justiz, Bullen und Geheimdiensten.

Solidarität mit den Betroffenen - statt Spekulationen hier auf indymedia...
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... — aktenzeichen xy

Fader Beigeschmack — Fragender

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