wieder Anquatschversuch durch VS in Berlin

EA Berlin 16.06.2009 17:24 Themen: Repression
Mitte Mai unternahm der Verfassungsschutz in Berlin wiedereinmal einen erfolglosen Versuch, AktivistInnen auszuspionieren, auszuhorchen und an Informationen heranzukommen.
Auch dieses Mal waren sie dabei erfolglos und der konkrete Fall wird hiermit öffentlich gemacht.
Wir als EA rufen dazu auf, alle Anquatschversuche öffentlich zu machen, und Anti-Repressionsgruppen zu informieren. Nur so können wir alle einen gewissen Überblick über solche Methoden bekommen und auch nach außen zeigen, dass wir ihr Spiel nicht mitspielen, dass wir den sogenannten Sicherheitsbehörden nichts über unsere FreundInnen, GenossInnen, Familie, MitbewohnerInnen, KollegInnen etc. etc. mitzuteilen haben.

Es kann jeden und jede treffen. Solidarität mit den Betroffenen - statt Spekulationen hier auf indymedia...
Kommt zum EA, wenn Ihr Unterstützung braucht.
Sprechstunde Di, 20-22 h im Mehringhof
Tel.: 030 - 69 22 22 2
Anquatschversuch in Berlin am 13.5.2009

Am Mittwoch den 13.5.2009 wurde ich auf meinem Arbeitsplatz von einer
männlichen Person angerufen. Sie gab an von der TU (Technische
Universität) anzurufen und fragte mich ob ich Herr X sei, wobei sie
meinen ausländischen Namen nicht richtig aussprach. Der Mann behauptete
an einer Umfrage zur Integration von Asylbewerbern in Deutschland zu
arbeiten und äußerte, dass er sich mit mir unterhalten wolle. Da ich auf
meiner Arbeit keine Zeit für Privatgespräche habe, gab ich ihm meine
Handynummer. Er fragte dann noch, zu welcher Uhrzeit ich mit der Arbeit
fertig sei.

Als ich um 16:30 meine Arbeitsstelle verließ, wurde ich wenige Minuten
nach Verlassen des Betriebs von einem Mann auf der Straße angesprochen.
Er fragte mich, ob ich Herr X sei (wieder wurde mein Name nicht richtig
ausgesprochen). Er stellte sich mit einem Namen vor, erklärte, dass er
für den Verfassungsschutz arbeite und fragte, ob ich Zeit hätte, mit ihm
etwas trinken zu gehen. Er fing dann an zu erläutern, dass der
Verfassungsschutz eine Behörde zum Schutz der Bürger, also auch zu
meinem Schutz sei und sprach von Konfrontationen zwischen rechter und
linker Szene und von dem vergangenen 1.Mai in Berlin als eins der besten
Beispiele, bei dem es auch zur Randale gegen die Polizei gekommen sei.
Ich unterbrach seinen Redefluss und fragte ihn, was das alles mit mir
zutun habe. Er erwiderte, dass sie dafür da seien, um derartige
Auseinandersetzungen zu vermeiden und dass sie dafür meine Unterstützung
bräuchten. Daraufhin fragte ich ihn, wie er mich „gefunden“ habe. Er
fragte zurück, ob er ehrlich sein solle und offenbarte dann, dass er
über die Polizei zu mir gekommen sei. Doch ich bräuchte nichts zu
befürchten, er sei nicht von der Polizei, sondern sie würden nur mit der
Polizei zusammen arbeiten. Ungeduldig bat ich ihn nun mir zu erklären,
was er von mir wolle. Er sagte, dass ich doch wisse, dass Frau y und
Frau Z - er nannte die Nachnamen meiner Frau und den einer Freundin - in
der linken Szene aktiv seien. Nun fragte ich noch mal nach seinem
Arbeitgeber und nach einer Visitenkarte und da er meinte keine
Visitenkarte zu besitzen, bat ich ihn seinen Namen und den seiner
Behörde aufzuschreiben. Er schrieb den Namen „Lanzerath“ auf meinen
Zettel und diktierte als Behörde „Bundesamt für Verfassungsschutz". Als
ich ihm mitteilte, nicht mehr viel Zeit zu haben, fragte er nach einer
zweiten Gesprächsmöglichkeit. Als ich ihm erklärte, dass ich dies erst
einmal mit meiner Frau besprechen würde, erwiderte er sofort, dass ich
das doch auf keinen Fall tun solle! Ich fragte ihn empört, ob er sich
bewusst sei, dass er gerade von mir verlangen würde meine Frau
anzulügen. Ich erklärte, dass ich keine Geheimnisse vor meiner Frau habe
und sie und die Freundin sofort über dieses Gespräch unterrichten werde.
Bevor ich ging, teilte ich ihm noch mit, dass ich keinen weiteren
Kontakt wünsche.

Der Mann war ungefähr Anfang 40, ca. 1,70 cm groß, hatte eine Glatze und
einen deutlichen Bauch. Er trug ein kurzärmeliges Hemd und eine dunkle
Hose.

Dieser Rekrutierungsversuch ist in mehrerer Hinsicht ein Skandal. Im
Herbst 2008 wurde ich Opfer eines offensichtlich rassistisch motivierten
Angriffs, bei dem ich um mein Leben gefürchtet hatte. Diesen Vorfall
brachte ich als Geschädigter zur Anzeige. Nachdem die örtliche
Polizeidienststelle sich zunächst geweigert hatte, meine Zeugenaussagen
zu Protokoll zu nehmen und zudem noch den rassistischen Hintergrund des
Angriffs in Frage stellte, intervenierte meine Rechtsanwältin und
inzwischen liegt das Verfahren zur weiteren Bearbeitung beim LKA. Dort
hatte ich bei meiner Zeugenaussage auch die Telefonnummer meiner
Arbeitsstelle, etc hinterlassen.

Es ist empörend, dass der Verfassungsschutz meint, mich als Opfer
rechter Gewalt adressieren und zur Mitarbeit überreden zu können. Und es
zeigt sich eine ekelhafte Doppelmoral, dass der gegenwärtige
Geheimdienst mich als Ehemann zur Bespitzelung meiner Frau und weiterer
Personen versucht zu gewinnen, während fast täglich mit dem Verweis auf
u.a. die Spitzeltätigkeiten in der ehemaligen DDR von diktatorischen
Verhältnissen gesprochen wird.

Ich bin jahrelang in der Flüchtlingsinitiative Brandenburg (FIB) und im
Rahmen der „No-Lager-Tour“ aktiv gewesen. Meine Frau und die Freundin
bewegen sich seit Jahren im Rahmen ihrer Lohn- sowie politischen Arbeit
in verschiedenen linken Projekten und Initiativen in Berlin.
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