Hausbesetzung in Luxemburg

kapitel2 29.05.2009 00:41 Themen: Blogwire Freiräume Soziale Kämpfe
Erklärung aus dem besetzten Haus
Wir haben vor zwei Wochen ein Haus in Luxemburg-Pfaffenthal (Luxemburg/Stadt) besetzt. Wir sind ein Kollektiv von hauptsächlich jüngeren Menschen, teilweise obdachlos, teilweise in einer prekären Lebenssituation, teilweise unzufrieden mit der Situation, in der wir uns bis jetzt befunden haben.
Das Besetzen von Häusern ist illegal – und es ist eine politische Demonstration. Diese Hausbesetzung ermöglicht es uns, uns sowohl auf individuellem Niveau, eine Basis für ein menschenwürdiges Leben zu schaffen, als auch, auf politischem Niveau, die Wohnungspolitik der Regierung und aller etablierten Parteien sowie die Korruption der großen Immobilienmakler in Luxemburg in Frage zu stellen. Während die Immobilienmakler eine Unzahl an Häusern in ganz Luxemburg verfallen lassen, um die Grundstückpreise hochzutreiben, und damit einer ganzen Generation an Menschen das Recht auf Wohnen klauen, schauen alle im Parlament vertretenen Parteien einschließlich der Regierungsparteien zu und jammern über fehlenden Wohnraum.

Wohnraum in Luxemburg ist und wird immer mehr unbezahlbar. Gerade Jugendliche, sogar wenn sie einen festen Job und ein regelmäßiges Einkommen haben, können sich keine eigene Wohnung mehr leisten und sind zum Teil gezwungen, noch bei ihren Eltern zu wohnen. Viele junge Menschen sind obdachlos. Und auch für ältere Menschen schwinden die Perspektiven. Arbeitslosigkeit, überteuerte Mieten oder unterbezahlte Jobs sind nur einige der Gründe dafür.

Schuld an dieser Perspektivlosigkeit sind nicht wir – einzig und allein die Herrschenden, die ihr Kapital aus diesem Elend schlagen, haben das zu verantworten.

Die Stadt Luxemburg wird immer weiter saniert. Alte, schöne Gebäude werden abgerissen, um an deren Stelle Beton- und Glasmonster hochzuziehen. Die Stadt gehört nur noch den Banken. Auch in der Innenstadt werden alle Lokale, die irgendwie auch nur ansatzweise alternativ und noch nicht ganz überteuert sein könnten, entfernt und durch luxuriöse und schicke Bars ersetzt. Ein Beispiel dafür ist die Polemik um das Café „Tramways“. Bald bleibt überhaupt kein Raum mehr zum Leben.

Es fehlt außerdem an Freiräumen, wo jüngere oder ältere Menschen sich ungestört aufhalten und ausleben können. Vom „Square Jan Palach“ an der hauptstädtischen Place d’Armes wurden wir vertrieben, weil wir die Geschäftsleute anscheinend in ihrer heilen Welt störten. Von der „Kinnékswiss“ habt ihr uns mit euren Überwachungskameras vertrieben. Der „Schapp“ in Bonnevoie, in den viele Menschen viel Arbeit gesteckt haben, um eine alte Lagerhalle in ein autonomes und selbstverwaltetes soziales Zentrum zu verwandeln, ist jetzt wieder Lagerraum für irgendein Geschäft.

Wenn ihr uns schon nicht auf euren „öffentlichen“ Plätzen wollt, dann lasst uns wenigstens unsere Freiräume, in denen wir frei und ungestört, in einer freundschaftlichen und lockeren Atmosphäre unsere Ideen und Träume von einer Gesellschaft von und für alle Menschen leben können.

Immer wieder wurden wir vertrieben, jedes Mal mit dem Versprechen, dass wir bald was anderes zur Verfügung gestellt bekämen. Doch nichts davon war ehrlich gemeint, jedes Mal wurden wir betrogen.

Dieses Mal wird es nicht so sein. Wir werden so lange hier bleiben, wie wir Lust und Kraft dazu haben. Wir werden uns diesmal nicht so einfach verjagen lassen. Wir werden diesen Freiraum solange verteidigen, wie es nötig sein wird, um ihn zu halten. Und wenn wir ausziehen sollten, dann erst, wenn uns ein anderes Haus vorgeschlagen wurde.

In diesem Haus leben viele Menschen. Wir fühlen uns gut hier und leben so, wie wir es uns vorstellen. Unser Haus soll aber auch Treffpunkt für alle möglichen Menschen sein. Es soll gleichzeitig Wohnraum und autonomes, selbstverwaltetes Zentrum sein. Hier ist jeder willkommen. Jeder ist eingeladen, uns beim Aufbau dieses Freiraums behilflich zu sein, denn das Haus gehört jetzt uns allen. Und dies ist nur der Anfang. Der Widerstand gegen die kapitalistische Verwertungslogik regt sich. Weitere Häuser werden besetzt werden. Der Kampf hat gerade erst begonnen.

BesetzerInnenkollektiv
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Ergänzungen

AKTIONEN

antifa.sozialbetrug 31.05.2009 - 13:27
Lebensräume statt Preußensträume!

Im Rahmen der Freiraum Aktionstage (06.06 – 21.06) in Berlin und Umland findet als Auftaktveranstaltung am 06.06 ab 15 Uhr eine Freiraumdemo in Potsdam (Start: Hauptbahnhof) statt.


Obwohl es bereits im November 2008 in Potsdam eine erfolgreiche Freiraumdemo mit 2000 Leuten gab, hat sich an der miesen Situation in Potsdam wenig verändert. Deshalb gilt es am 06.06 wieder auf die Straße zu gehen um den Forderungen nach mehr Freiräumen nochmals verstärkt

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FREIRÄUME
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good job — Anarchist