Guantanamo im "Ländle"?

Wilhelm Grunendahl 15.03.2009 15:55 Themen: Repression
Guantanamo im "Ländle"?
Guantanamo im "Ländle"?

Am Montag, den 05. März 2007 kam Oberregierungsrat (ORR) F., Abteilungsleiter der JVA Mannheim, begleitet von Obersekretär (OS) St. zu meinen Sohn in seinen Isolations-Haftraum.
Vor ein paar Wochen war meinem Sohn seine Akku-Haarschneidemaschine wieder ausgehändigt worden (vgl. Beschluss des OLG Karlsruhe vom 26. Februar 2007, Az.: 3 Ws 492/06). Das zugehörige Ladegerät ist aber "verschwunden".
Für dieses "Verschwinden" gibt es nur eine mögliche Erklärung: Ein erneuter Diebstahl durch einen Wärter; selbst die BILD-Zeitung berichtete schon über die Diebstahlserie an Gefangeneneigentum. Der Diebstahl wird von der Anstaltsleitung auch nicht in Abrede gestellt.
Weil sich mein Sohn aber angeblich in diesem Zusammenhang in der Wortwahl vergriffen haben soll, wurde er mit 4 Tagen" Arrest" bestraft — gegen den Dieb weigert sich die JVA Mannheim aber vorzugehen. Dieses war aber nur der Sanktionierungsvorwand. Als OS Stein die Zelle meines Sohnes schon verlassen hatte, ließ ORR F. "die Katze aus dem Sack".
Die 4 Tage Bunker seien nur ein "Vorgeschmack", wenn mein Sohn nicht endlich die Amtshaftungsklage zurückzöge (Anmerkung: Gemeint ist das Verfahren vor der
2. Zivilkammer des LG Karlsruhe,
Az.: 2 O 647/06, Schadenersatz i.H.v. 16.395,-- Euro), würde er den Rest Ihrer (seiner) Haftzeit im Loch verbringen". Diese 4 Tage würde er meinem Sohn "unvergesslich
gestalten", danach würde man sich wieder sehen.

Kommentar Justizministerium:
..... musste gegen Ihren Sohn wegen Störens des geordneten Zusammenlebens (schwere Beleidigung eines Bediensteten) als Disziplinarmaßnahme vier Tage Arrest angeordnet werden. Die Behauptung, die Anordnung des Arrests sei ein "Sanktionierungsvorwand", um ihn zu bewegen, seine Amtshaftungsklage zurückzuziehen, ist nicht zutreffend.
Diese "unvergessliche Gestaltung" sah folgendermaßen aus:

1. Das Wasserzulaufrohr der Toilette im Arrestraum war defekt, der Abzugshahn blockierte. Bis mein Sohn den Hahn lösen konnte, stand das Wasser im Bunker zentimeterhoch. In der Nacht vom Freitag auf Samstag montierte ein Beamter (Hr. Witzel — oder so ähnlich) ein neues Plastik Zulaufrohr, dass ausgetretene Wasser blieb aber die ganzen 4 Tage im Bunker stehen. Zuletzt waren es an der tiefsten Stelle des zum Glück unebenen Bodens auf Grund von Verdunstung und Versickerung "nur" noch ca. 2 cm. Deswegen hatte mein Sohn permanent nasse Schuhe und Socken, fror "wie ein Schneider“.

Kommentar Justizministerium:
..... meldete Ihr Sohn, dass die Toilette im Arrestraum defekt sei. Eine Nachschau ergab, dass das Spülrohr des Druckspülers nicht mehr in der Toilette befestigt war. Durch austretendes Wasser hatte sich im Raum eine Pfütze gebildet. Da der Arrestraum vor Belegung kontrolliert worden war, steht zur Überzeugung der Vollzugsanstalt fest, dass Ihr Sohn für den Defekt selbst verantwortlich ist.

2. In diesem Arrestraum befindet sich hinter einer Plexiglasscheibe eine lichtstarke Neonröhre. Der Schalter für diese befindet sich außerhalb des Bunkers, somit unerreichbar für meinen Sohn. Diese Lampe brannte die gesamte Arrestzeit Nonstop durch, tags und nachts. Deswegen war an ein Einschlafen nicht zu denken, nur 2 oder 3 Mal fiel mein Sohn in einen komatösen, unruhigen und viel zu kurzen Schlaf.
Als ehemaliger Berufssoldat der Bundeswehr weiß ich, dass diese Form der körperlich nicht nachweisbaren Lichtfolter gerne in diversen “Schurkenstaaten" eingesetzt wird; nun auch in Deutschland?

Anmerkung: Der Lichtschalter des Bunkers im 2. Flügel befindet sich im Inneren der Zelle, vom Gefangenen bedienbar.

Kommentar Justizministerium:
...... der im Arrestraum angebrachten Neonröhre wurde auf Ihre Eingabe hinder Einbau eines Lichtschalters im Arrestraum veranlasst. Die von Ihnen geäußerte Vermutung einer beabsichtigten "Folter" durch Licht ist jedoch nicht zutreffend. Ihr Sohn hat während der ganzen Zeit seines Aufenthaltes in diesem Raum zu keinem Zeitpunkt das Ausschalten des Lichtes verlangt; dieses wäre auf Verlangen unverzüglich ausgeschaltet worden.

3. Vor dem Fenster des Bunkers befindet sich ein für Gefängnisse normales Gitter. So weit, so gut. Davor befindet sich aber nach eine zusätzliche massive Stahlplatte, in die nur ca. 2-3 mm kleine Löcher gebohrt sind. Diese Stahlplatte reduziert den Einfall van Tageslicht auf ein Minimum, verhindert einen Luftaustausch, weswegen die Wasserlache (Punkt 1) auch nicht verdunstete und ein nach "draußen" sehen ist nur sehr bedingt möglich.
Mehrere Gerichte klassifizierten derartige Sichtblenden bereits als "menschenunwürdig", die Anstaltsleitung der JVA Mannheim scheint dies aber nicht zu interessieren.

Kommentar Justizministerium:
Vor dem Haftraumfenster des Arrestraumes ist, wie in einer Vielzahl von Hafträumen, ein Sichtschutz angebracht, der die Luftzirkulation nicht behindert.

4. Das Waschbecken im Bunker war extrem verdreckt, auch mit dem Blut eines Vorgängers in diesem Raum. Aus Angst vor einer Infektion mit AIDS, Hepatitis, etc., nutzte mein Sohn dieses Waschbecken/Wasserhahn die ganze Zeit über nicht. Von "seinen" jeweiligen Stockwerksbeamten erhielt er mittags und nachmittags je eine 0,5 Liter große Blechkanne mit heißem Wasser aufgefüllt, also insgesamt l Liter Wasser pro Tag.
Jeder weiß, dass 2-3 Liter Flüssigkeitsaufnahme pro Tag das Minimum sind; meinem Sohn drohte Dehydrierung.

Kommentar Justizministerium:
....... dass Ihrem Sohn nur ein Liter Wasser pro Tag angeboten worden sei, ist unzutreffend. Er hatte jederzeit die Möglichkeit, sich mit Trinkwasser aus dem im Arrestraum installierten Wasserhahn zu versorgen.

5. Das Duschen wurde ihm wahrend der gesamten Zeit verweigert. Mein Sohn stank -wie er mir schrieb- “durch und durch". Die Körperhygiene und damit auch das Duschen, ist ein menschliches Grundbedürfnis. Es ist kein von einem Gefangenen zu erarbeitendes Privileg, es ist jedem unabhängig von allen vermeintlichen oder sogar tatsächlichen Vorwürfen zu gewähren. Merkwürdigerweise durfte mein Sohn aber am Gottesdienst am Sonntag, den 11. März 2007 teilnehmen. Zu "gefährlich" zum Duschen, aber geeignet für die Kirche?
Im Bunker durfte er auch keinen Rasierer, Kamm, Zahnbürste oder Zahncreme besitzen. Selbst die Zahnhygiene wurde ihm also verwehrt.

Kommentar Justizministerium:
....... hatte er jeden Tag die Möglichkeit zu duschen...... zur Körperhygiene war ihm der Besitz von Rasierer, Kamm, Zahnbürste und Zahncreme gestattet. Da er sich geweigert hatte, sich freiwillig in den Arrestraum zu begeben und daher in den Raum getragen werden musste, konnte er keine Gegenstände mitnehmen. Später hat er keinen Antrag gestellt.
6. Selbst im Arrest steht einem Verurteilten der Kontakt zu seinem Verteidiger zu. Dies mit der Konsequenz, dass ihm Papier, Umschläge, Stift und Briefmarken zu belassen sind (vgl. Calliess/Müller/Dietz, HdNr. 3 zu § 104 StVollzG), hier sogar "uneingeschränktes Recht auf Briefversand“. Auch dieses wurde meinem Sehn verweigert. Am Montag, den 12. März 2007 erhielt er von AI Glaser zwar Schreibpapier, JVA-Anträge end Briefumschläge, aber weder ein Schreibgerät noch Briefmarken.
Somit war jeglicher Schriftverkehr die gesamte Zeit über unmöglich.

Kommentar Justizministerium:

Wahrend des Arrestes unterlag Ihr Sohn keinerlei Einschränkungen im Schriftverkehr. Dass er aufgrund seiner Verweigerungshaltung keine Schreibmaterialien in Besitz hatte, hat er selbst zu vertreten.

7. Am Montag, den 12. März 2007 erhielt mein Sohn im Bunker „Besuch" von einem Sanitäter und dem Anstaltsarzt, Herrn Dr. L. Beide waren über die hygienischen Zustände in dieser Arrestzelle entsetzt. Sie schritten von dannen, wollten zumindest die sofortige Verlegung meines Sohnes in eine andere, sowohl saubere als auch trockene Arrestzelle erwirken. Weder meinem Sohn noch mir ist bekannt, mit wem diese beiden sprachen. Auf jeden Fall änderte sich nichts, er verblieb die gesamte Zeit in diesem menschenunwürdigen Dreckloch. Unter Berücksichtigung der o.a. Erpressung (Klagerücknahme) ist das natür1ich nur konsequent. In so einem Fall hätte eine Arrestbeendigung oder auch nur eine Verlegung bedeutet, "Schwäche zu zeigen". Im Fall einer vermeintlichen disziplinären Ahndung wäre die Arztforderung aber sofort zu erfüllen gewesen.

Kommentar Justizministerium:
- Schweigen -

8. Neuer Arrest

Hinsichtlich des neuen Arrestes von weiteren sechs Tagen hat das Landgericht Mannheim mittlerweile entschieden, dass diese Disziplinarmaßnahme unzulässig war (Beschluss vom 08. Mai 2007 (Az.: 18 Stak 122/07-8).
Bedauerlicherweise erfolgte diese Entscheidung nur auf Grund formeller Fehler. Sollte die Anstalt jedoch eine erneute Disziplinarstrafe unter dem gleichen Vorwand verhängen, wird sich das o.g. Gericht erneut mit diesem Vorfall beschäftigen müssen.
Diese Maßnahmen sollen bewirken, dass sich mein Sohn derartig unter Druck gesetzt fühlt, dass er die Amtshaftungsklage gegen das Land Baden-Württemberg (LG Karlsruhe, 2 O 647/06} zurücknimmt. Dies wurde ihm auch genau so eröffnet, auch wenn man heute davon nichts mehr wissen will.
Die o.a. Schikanen bewirken bei meinem Sohn außer einer immer weiter zunehmenden Verbitterung aber nur das absolute Gegenteil. Eine Klagerücknahme kann ich mir nach den o.a. Vorfällen beim besten Willen nicht mehr vorstellen.
Ich habe den Eindruck, dass man meinen Sohn mit aller Gewalt zu einer "Tat" provozieren will. Dann hätte man gegen ihn eine Handhabe, könnte sagen: "Wir haben es ja immer gesagt" und die populistische Forderung erheben: "Wegsperren für immer!"

9. Alter Arrest.

Schon einmal wurde gegen meinen Sohn ein 10-tägiger Arrest verhängt, wegen "Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags auf die JVA-Mannheim".
Nach zehn (10) Tagen Haft geht die Zellentür auf und unter allseitigem Gelächter der Vollzugsbeamten wird etwas von "bedauerlichem Irrtum" gefaselt. So geschehen in einer Vollzugsanstalt eines Rechtsstaates! Kaum zu glauben - aber wahr.
Das Landgericht Karlsruhe hat in seinem Beschluss vom 20.11.06 (Az.: 15 StVK 499/06 BR) gefordert, dass mein Sohn endlich in Vollzugslockerungen erprobt werden solle. Stattdessen wird er in Isolationshaft genommen. Statt ihn auf die Freiheit vorzubereiten, wird er in erpresserischer Absicht in einen unmenschlichen Arrest gesteckt und mit Bunker für die gesamte restliche Haftzeit bedroht.

Wilhelm Grunendahl.
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Ergänzungen

Jawohlschreier

Rainer Rüland 26.12.2012 - 14:02
Nach meinen eigenen Erfahrungen schreibt das Justizministerium genau das, was sie als Stellungnahme von der JVA bekommen hat. Sie überprüfen überhaupt nichts und geben sich nur mit einem von der JVA verfassten Schriftstück zufrieden. Sollte doch mal eine Delegation in einer JVA erscheinen, wird sie am Nasenring durch die Anstalt gezogen und bekommen nur das zu sehen, das sie sehen sollen. Danach heißt es so schön, dass alles getan wurde und alles in Ordnung sei. Eine richtige Entscheidung muss immer von einem höheren Gericht eingeklagt werden und das dauert nun mal seine Zeit. Strafvollstreckungskammer, OLG und das Justizministerium sind in den meisten Fällen nur anstaltskonforme Jawohlschreier.

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