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Zum Mord an Dennis in Berlin

no 29.01.2009 17:04
Überlegungen zur Killfahndung in Schönfließ mit Bericht zur Spontandemo
Spontandemo wegen Killfahndung in Schönfließ
Im Dezember schaute die linksradikale Bewegung Berlins fasziniert und voller Zustimmung nach Griechenland. Dort hatte die Ermordung von Alexandros durch einen Bullen eine Revolte ausgelöst, die uns angemessen erscheint.
Doch wie sieht unsere Reaktion auf staatlichen Mord vor der eigenen Haustür aus?
Der 16-jährige Halim Dener wurde am 29.6.1994 in Hannover beim Plakatieren durch einen Schuß in den Rücken getötet. Der Schütze, ein ziviler SEK- Beamter, wurde wegen fahrlässiger Tötung angeklagt und vom Landgericht freigesprochen. Diese Hinrichtung führte zu einer gewissen Mobilisierung mit großen Demonstrationen und militanten Aktionen.
Die Ermordung von Achidi John am 9.12.2001 in Hamburg durch Brechmittel brachte zwar eine verstärkte Auseinandersetzung mit der rassistischen Hamburger Innenpolitik mit sich, inclusive militanter Interventionen, aber der große Sturm blieb aus. Für diesen Mord wurde keiner der beteiligten Bullen und Mediziner verurteilt.
Im Sommer 2003 wurde ein 31-jähriger Mann auf einer Kölner Polizeiwache von Beamten totgeschlagen und getreten. Die Beamten bekamen Bewährungsstrafen zwischen 12 und 18 Monaten. Es gab Proteste aus dem linksliberalen Lager aber sonst passierte nichts.
Ende Dezember 2004 wurde Laya Alama Conde in Bremen festgenommen. Nach einigen Tagen war er tot, ertrunken an einem Brechmittel. Der Täter, ein Polizeiarzt wurde wegen fahrlässiger Tötung angeklagt und vom Landgericht freigesprochen. Es gab keine größere Reaktion aus der linksradikalen Bewegung.
Fast zeitgleich verbrannte Oury Jalloh gefesselt im Polizeigewahrsam Dessau. Dieser Mord führte zu starke Protesten von Afrikanern, zu einer Vernetzung mit antirassistischen Gruppen und auch zu einigen Demos, die aber alle relativ klein und friedlich blieben. Außerdem bezogen sich etliche Anschläge auf diesen Mord. Die angeklagten Bullen wurden freigesprochen.
Im April 2006 wurde in Dortmund ein Afrikaner von einer Streifenwagenbesatzung auf offener Straße durch Schüsse hingerichtet. Lediglich die Afrikanische Gemeinde protestierte. Kein Bulle kam vor Gericht.
Im August 2007 vollstreckten Polizeibeamte in Berlin Neukölln, Niemetzstraße ihr Todesurteil gegen ein 22-jährigen Mann. Dieser hatte angeblich einen Raub begangen und wurde im Rahmen einer Killfahndung erschossen. Kein Beamter wurde dafür angeklagt. Niemand protestierte.
Adem Özdamar wurde im Februar 2008 im Polizeigewahrsam in Hagen so gefoltert das er am 5 März starb. Keine Anklage gegen die Beamte, lediglich die Familie protestierte.
Warum tun sich unsere Zusammenhänge so schwer auf staatliches Morden mit Gewalt zu antworten, bei gleichzeitiger Begeisterung wenn so etwas in Griechenland passiert? Sicher ist die Angst vor Repression nicht unberechtigt aber es gibt eine Grenze, denen überschreiten durch den Staat unseren Widerstand zwingend erforderlich macht. Diese Grenze ist der Moment in dem das Leben eines Menschen, der vermutlich wie wir voller Hoffnung und Pläne ist, ausgelöscht wird weil es einem Polizeibeamten grade zweckmäßig erscheint. Weil das Verbrennen, ertränken und erwürgen von Afrikaner zu diesem Staat passt, genauso wie Foltern von Gefangenen und das Erschießen von „Kriminellen“.
Wen dieses staatliche Morden kalt lässt, der ist nicht auf der Seite derer die ein anderes Leben wollen. Wir müssen unsere Angst überwinden und auch nicht fragen was das Opfer für die Revolution getan hat. Es darf keine Rolle spielen ob ein Migrant, ein Krimineller oder ein Linker von der Polizei getötet wird. Die Killfahndung vom Sylvestertag in Schönfließ könnte ein Ende des linksradikalen Schweigens bringen. Mit dem Neuköllner Dennis J. wurde ein Mensch erschossen dem das Leben wichtig war als Gesetze. Der Beamte Reinhard R. vom Abschnitt 25 fand unerträglich das Dennis sich nicht im offenen Vollzug der JVA Hakenfelde zur Verbüßung von 13 Monate gestellt hat. Das reichte aus um ihm hinzurichten.
Video:  http://www.rbb-online.de/_/fernsehen/magazine/beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_8518664.html
Am Abend des 25. Januar gab es deshalb eine Spontandemo am Lausitzerplatz in Kreuzberg. Ein wütender Mob warf Skalitzer-Ecke-Görlitzer Straße Glascontainer um und zog Parolen rufend über den Lausitzer Platz. Dabei wurden Luxusautos gesmasht. An der Ecke Muskauer Straße wurden Sparkasse, O2-Schop und ein Yuppieklamotten Laden entglast. Gleichzeitig wurden Flyer gegen die Killfahnudung von Schönfließ verteilt. Nachdem in der Pücklerstraße eine Barrikade aus brennenden Mülltonen errichtet wurde und dem Sprühen von Parolen löste sich die Demo auf. Kurz darauf flog ein Mollie gegen den Abschnitt 25 in der Joachimstaler Straße. Nachts wurde noch eine Bank in Neukölln gesmasht und ein Auto gegrillt. Eines der Ziele dieser Spontandemo war es die Medien zu veranlassen weiter über die Killfahndung zu berichten. Eine Gesellschaft die das Eigentum höher bewertet als Menschenleben ist nur mit Randale aufzurütteln.
Als linksradikale Bewegung sind wir verpflichtet dem staatlichen Morden etwas entgegen zu setzen. Andernfalls wären wir entweder total gleichgültig oder ein bürgerlicher Verein der sich an Randale Videos aus Griechenland erfreut. Die aktuellen Konfrontationen in Athen sind jedoch genauso wenig erfreulich wie es die Unruhen 2005 in Frankreich waren weil sie nur durch den Tod von Menschen ausgelöst wurden. Sie waren nicht erfreulich sondern Notwendig. Eine Szenen die sowohl in langen Texten von der Revolution spricht als auch Autos gegen Gentrifizierung verbrennt muß sich auch zu dem Mord an Dennis verhalten.
Wir fordern die Entwaffnung der Berliner Polizei und ihren Rückzug aus den Bezirken Neukölln, X-Berg, F-Hain, Prenzlauer Berg und Wedding. Der Mord an Dennis muß aufgeklärt werden und der oder die Täter ausgeliefert werden.
Die neue Gewalteskalation der Polizei wird auch Auswirkungen auf den 1. Mai haben. Achtet auf Ankündigungen.
Presse:  http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0127/berlin/0047/index.html
 http://www.berlinonline.de/berliner-kurier/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0127/berlinbrandenburg/0017/index.html
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Ergänzungen

arg

as 29.01.2009 - 18:07

Zur Sache

internationalistischer Antifa 29.01.2009 - 23:16
Lieber Autor, der entscheidende Unterschied zwischen Griechenland und Deutschland ist, dass es in Griechenland einerseits eine starke revolutionäre Linke gibt, die eine militante Protestkultur über Jahrzehnte hinweg kultiviert und etabliert hat und andererseits eine Lebenssituation, die den größten Teil der Bevölkerung vor wirklich existenzielle Probleme stellt.

Der Mord an Alexandros war nur der Tropfen, der das Faß zum überlaufen gebracht hat, aber nicht der Grund für den Aufstand.

Um in Deutschland vorrevolutionäre Verhältnisse zu schaffen, muss zuerst einmal agitiert und organisiert werden. Klandestin organisierte Scherbendemos in Kreuzberg schaden dieser Aufgabe nicht, sind aber Ausdruck der Selbstisolation in der ihr euch bewegt. Nicht einmal ich, als grundsätzlich interessierter Anwohner, habe davon etwas mitbekommen bevor ich es im Polizei-Presseticker gelesen habe.

Die Ergänzug von Leo Trotzky trifft da den Nagel auf den Kopf, auch wenn ich noch nicht glaube, dass alles verloren ist. Wer aber die Möglichkeit aufgibt, die durch den Angriff auf Gaza empörten Jugendlichen zu agitieren und von linken Inhalten zu überzeugen, weil sie nicht schon von vornherein Linke sind, der überlässt die Agitation den Islamisten und wird die griechischen Verhältnisse in Deutschland niemals erleben.

Der link verweist auf einen guten Artikel zum Thema:

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 9 Kommentare

richtig!!

... 29.01.2009 - 17:43
Sehr guter Artikel...Hört endlich auf euch vor dem Staat zu fürchten!!

Kämpft für ein freies Leben Aller...

Kampf dem Kapital...ACAB!!!

gequirlte Scheiße

... 29.01.2009 - 18:38
ist das hier.

Das die Jugend von immer mehr verblödet ist ja ein altes Gejammer, aber falls das Gesülze hier nicht von agent provocateurs stammt, dann sieht es echt schlecht aus. Allerdings stimmt, dass Randale nicht erfreulich ist.

Wann hören Mittelschichtkiddies endlich auf in Ghetto- und Revolutionsromantik zu schwelgen?

So sehr die Polizisten bestraft gehören (aber bitte nicht von euch), so wenig ist Dennis ein Held oder ein armes Opfer, sondern ein mieser kleiner Gangster, der gerne fette Autos fuhr und sich nen Dreck um andere scherte. Dabei natürlich nichts weiter ein Produkt der Gesellschaft, in der er aufwuchs. Kriminalität und insbesondere die in Form von Banden usw. hat klare gesellschaftliche Ursachen, die es zu bekämpfen gilt, aber weder in irgendwelchen Neuköllner Gangs noch in Frankreichs Vorstädten oder gar in den Favelas in Brasilien (wo hiesiger Gangster wohl keine Woche überleben würden) erkenne ich eine emanzipatorische Kraft o.ä. - ganz im Gegenteil, es werden hierarchische Strukturen und Gewalt wesentlich direkter und brutaler ausgelebt als es im Rest der Gesellschaft üblich ist.

"Radikale" Linke, Reformismus, Gaza

Leo Trotzky 29.01.2009 - 19:43
Solche isolierten Aktionen sind die Strafe für den linken Reformismus. Sie sind ein Aufschrei über die Borniertheit und Gleichgültigkeit der Linken. Die deutsche Linke besteht im wesentlichen nur noch aus der Linkspartei und aus der Antifa nebst Umfeld, letztere nennt sich "radikale" Linke. Sie verbirgt ihren Reformismus hinter radikalen Posen und Parolen. Sie sorgen sich mehr um Fahnenstreit, Gendering und "verkürzte Kapitalismuskritik" statt um Menschenleben. Ihr Hauptinteresse gilt der Verteidigung des bürgerlichen status quo.

Schon nach der Ermordung von Alexis, war die Reaktion der radikalen Linken eher verhalten. Es gab bundesweit eher kleine Demonstrationen. Das Hauptinteresse lag weiterhin darin. jedem Nazipups nachzujagen und sich gemeinsam mit den anständigen Bürgern bei der verteidigung "unserer Demokratie" gegenseitig auf die Schultern ztu klopfen.

Die offen und ehrliche totale Bankrotterklärung der radikalen Linken war das vollständige, beredte und nachhaltige Schweigen zur Gaza. Über 800 Kinder und Frauen kamen durch die israelische Armee ums Leben. ES HAT EUCH EINEN DRECK INTERESSIERT. Ihr habt dazu geschwiegen dass mit einem deutschen Schiff US-Waffen nach Israel unterwegs waren. Es war die Bewegung in Griechenland, die die Verladung der Waffen aufhalten konnte.

Die hunderten Toten in Gaza wären tausend Glasscheiben in Berlin wert gewesen. Wo war ihr?
Ihr seid einfach kaputt.

@ gequirlte Scheiße

spielerfrau 29.01.2009 - 23:35
Wann hören deutsche Mittelstandskiddies endlich mit ihrem spätpubertären Theorie-Geheuchel auf?
Nie.

Geht kacken.

Das ist doch

dümmlich... 30.01.2009 - 11:12
Die deutsche Linke glaubt im Moment offenbar, man könne einfach Aufrufe und Forderungen aus anderen Gesellschaften oder soger Zeitaltern kopieren und damit Aufstände auslösen.

Der Erfolg der griechischen Anarch@s liegt aber nciht darin begründet möglichst reißerische Flugblätter verfasst zu haben, sondern lange und intensive Aufklärungs- und Propaganda arbeit geleistet zu haben.

Also wenn schon, dann guckt euch wenigstens die ganze Praxis einer Bewegung ab, denn die entscheidenste Phase eines Aufstandes findet vor seinem Ausbruch statt.

Heute Nacht

fgsd 30.01.2009 - 14:43
verunglückte in Reinickendorf ein Junge auf der Flucht vor dem SEK.

Was bitte

... 30.01.2009 - 15:02
ist denn hier Theoriegeschwafel? Alles, was länger als 3 Zeilen ist und weniger als 20 Ausrufezeichen enthält? Ansonsten ist erst Denken, dann Handeln (inklusive Schreiben) schon eine gute Idee, die man Leute immer wieder nur ans Herz legen kann.

@ Leo Trotzski

ich 30.01.2009 - 15:50
Als ob Antizionismus und klassenfetischismus (den unterstelle ich dir mal wg deines Nicknames) die Linke weiter bringen würde heutzutage. Sich in der Gesellschaft von Nazis und Islamisten zu demonstrieren kann nicht wirklich das Nonplusultra an linksradikaler Aktion sein.
Und viel Spass beim Agitieren von irgendwelchen Prolls, deren größte Sorge ist, daß Deutschland wieder Fussball-Weltmeister wird, das Bild-Mädchen gute Möpse hat und der "kleine Mann" wieder von "der" Politik und "den Bonzen" betrogen wir und endlich mal jemand kommt und mit diesen Zuständen aufräumt und wieder Zucht ud Ordnung herrscht in Deutschland.

Ignoranz=nonplusultra der "radikalen" Linken

Leo Trotzky 30.01.2009 - 16:36
"Die Linken versäumten darüber hinaus eine seltene Chance, mit diesen Leuten in Kontakt zu kommen, zu denen sie aus ihrer sozialen Lage heraus sonst kaum organische Beziehungen haben.

Sie versäumten ihre Funktion, einen emanzipatorischen Kanal für eine legitime Wut zu schaffen, eine politische Heimat zu eröffnen, in der auch der biographische Heimatfindung erleichtert wird. Diese Chance werden sie sobald nicht mehr bekommen. Denn während der überwältigende Teil der Linken mit ihrer Passivität, Ignoranz und Ansätzen von Zynismus faktisch bei Merkel stand, wussten die radikal-islamistischen Agitatoren von ihrer Chance – das Gefühl der Ignoranz seitens der westlichen Einwohner war der beste Saat, um den Djihad zu pflanzen, hier, vor unserer Haustüren, in unseren angesagten Vierteln. Die Früchte des Zorns werden in nahe Zukunft aufgehen, die Linken werden sie in diesem Lande nicht mehr ernten. Während in Athen und Malmö die linksradikalen und die Arab-Kids gemeinsam kämpfen und auf Barrikaden Freundschaften schließen, verspielt die Linke hier das Terrain der migrantischen Milieus für Jahre, vielleicht für eine ganze Generation."

Pedram Shayar:  http://infoladenludwigsburg.plentyfact.net/infoladen4/sections/news/news_show.php?id=2564