Berlin - Anklage wegen Plakatieren

Roland Ionas Bialke 18.01.2009 20:59 Themen: Antifa Repression
Vorgestern, am 16. Januar 2009, musste sich ein Antifaschist wegen des Plakatierens von Outing-Plakaten im Berliner Amtsgericht Tiergarten verantworten. Auf dem Plakaten, die bei dem Antifaschisten gefunden wurden, waren Fotos und Namen von sechs organisierte Neo-Nazis abgebildet.
Laut Anklageschrift wurden am 4. April 2008 drei Personen in der Rigaer Strasse kontrolliert, die gerade dabei waren zu plakatieren. Der Antifaschist, gegen dem nach Jugendstrafrecht verhandelt wurde, trug etwa 100 Outing-Plakate mit der Aufschrift "Nazis im Kiez" mit sich, auf denen Fotos und Namen von Neo-Nazis abgebildet waren. Ein weiterer Antifaschist trug einen Eimer mit Kleister bei sich. Gegen ihn und einer anderen Person wird aber gesondert und nicht nach Jugendstrafrecht verhandelt.

Vor dem Raum D 703 im Amtsgericht Tiergarten fanden sich gegen 11 Uhr 30 etwa 20 AntifaschistInnen ein um den Angeklagten zu unterstützen. Auch drei Neo-Nazis und vier Polizisten in ziviler Kleidung wollten die Verhandlung beobachten oder waren als Zeugen geladen. Nach Verlesung der Anklageschrift bestätigte der Anwalt des Antifaschisten die Tat seines Mandanten.

Weil der Antifaschist noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten war, wurde das Verfahren gemäss § 47 JGG eingestellt. Allerdings muss er 150 Euro an Amnesty International zahlen. Am Schluss der Verhandlung ermahnte der vorsitzende Richter, dass er linksextreme wie rechtsextreme Menschen in gleicher Weise schützen würde. In dem Verfahren gegen die anderen beiden Antifaschisten sollen übrigens codierte Polizisten des Landeskriminalamt als Zeugen auftreten.

Mehr Informationen gibt es hier:  http://plakataktion.wordpress.com/
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Ergänzungen

Frage!

(muss ausgefüllt werden) 18.01.2009 - 21:42
Hier sollten doch die Nazis oder die Zivis als Zeugen gehört werden!? Hat irgendjemand mehr zu den Nazis oder den Zivis?

Informationen zu Nazis und Zivis

Roland Ionas Bialke 18.01.2009 - 21:59
Die Zivis waren bekannte Gesichter, u.a. einer (Codiernummer 99100269) der gegen Andrea schon codiert ausgesagt hatte. (Starsky und Hutch) Den Strafantrag gegen die drei hat der im Verfassungsschutzbericht erwähnte Neo-Nazi David G. gestellt.

Antwort

muss ausgefüllt werden 19.01.2009 - 13:00
Bei den vier Zivis waren die bereits bekannten Starsky und Hutch (  http://www.carookee.com/forum/WISP/4/21788051.0.30115.html ) dabei. Starsky (Nr. 99100269) und Hutch (Nr. 99100273) sollten lt.  http://plakataktion.wordpress.com/ hier als zeugen aussagen da sie die Leute festgenommen hatten.

Ne Frage

Quarktasche 19.01.2009 - 14:19
Sagt mal, war auf den Plakaten ein V.i.S.d.P.? Ich dachte so etwas würde davor schützen, wegen des Inhaltes des Plakates beim plakatieren belangt zu werden.

@ Quarktasche / V.i.S.d.P.

Roland Ionas Bialke 19.01.2009 - 15:42
Das V.i.S.d.P. schützt nur davor kein Ordnungswidrigkeitsverfahren nach dem Landespressegesetz zu bekommen, wenn Du ein Medium verteilst. Wenn der Inhalt dieses Mediums aber illegal ist, dann kriegst Du aber trotz V.i.S.d.P. ein Strafverfahren.

Landespressegesetz für Berlin:  http://wwwwbs.cs.tu-berlin.de/www/pressegesetz.html - Paragraf 7 regelt die Verantwortlichkeit.

Neben den Landespressegesetzen gibt es für bestimmte Drucksachen auch noch andere Fettnäpchen in die alle treten können. Beispielsweise das DNBG -  http://www.bundesrecht.juris.de/dnbg/BJNR133800006.html - Paragrafen 14 und 15

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Ergänzung

Anthony... 19.01.2009 - 02:41
An Amnesty International? Find ich gut!

Schlimmer fände ich, er müsste Spenden an die NPD zahlen, quasi als "Wiedergutmachung".

Schlimm finde ich, dass ein Richter Neonazis schützt? Was, wenn der Nazis seine Kinder töten will, weil die Kinder nicht der richtigen Rasse oder Art angehören?

vernünftiger Richter

tut nix zur Sache 19.01.2009 - 02:58
So ärgerlich das für den Verurteilten sein mag, aber auch Nazis sind Menschen und _alle_ Menschen haben Menschenrechte. Und Nazis in der Öffentlichkeit gegen deren Willen bloßzustellen ist genauso verwerflich wie wenn die Nazis das mit Antifas machen.

Gerade das Urteil (zwar durchaus vermutlich schmerzhafte, mir aber noch vergleichsweise gering vorkommende Zahlung an eine Menschenrechtsorganisation) zeugt doch sehr davon, dass hier ein möglichst faires Urteil gesprochen werden sollte.

Dito

unruhe 19.01.2009 - 06:34
@ tut nix zur schae: Der Meinung bin ich auch. Es kann nicht angehen Dinge wie Redwatch zu verurteilen und sich artig zu verstecken, während man sich selbst der Methoden irgendwelcher Faschisten bedient. Das ist schlicht selbstgerecht und scheinheilig.

@Anthony: was ist, wenn selbsternannte Antifaschisten jemanden zusammenschlagen, weil ihnen irgendetwas an einer Person nicht passt? Dass ein Outing quasi den gesellschaftlichen Untergang bedeutet, kann leider auch missbraucht werden und beschämende Folgen (für den Kampf gegen Rechtsextremisten) nach sich ziehen.

Menschenrechte

gonsen 19.01.2009 - 08:19
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Und das ist gut so. Deswegen darf ein Geschäft auch nicht Bilder/Namen von Dieben am Eingang aushängen, dasselbe gilt für Hausverbote, etc...

...

... 19.01.2009 - 08:21
der kampf gegen nazis ist immer eine andere sache und als solche auch nicht zu bestrafen. faschismus bekämpfen auf allen ebenen, mit allen mitteln, kann nicht nur eine leere phrase sein. sich zu positionieren und sich auf staatliche argumentationen wie "wir finden linke sind genauso blöd wie rechte" einzulassen, hat schon etwas derbe dreistes. faschismus ist eben keine meinung, sondern ein verbrechen. sie zu suchen und zu outen ist eines unser legitimen mittel. wer den kampf gegen nazis mit den holen phrasen der nazis gleich stellt, hat geschichtlich ins klo gegriffen.

@ ....

Zappa 19.01.2009 - 11:04
Würdest Du auch die Todestrafe gegenüber Neonazis befürworten ? Beispielsweise gegen die Täter von Rostock oder Hoyerswerda ?

Total(itär) toll

unruhe 19.01.2009 - 16:39
@...
Da tun sich Abgründe auf. Wer sich alles als Antifaschist bezeichnet, wissen wir spätestens seit dem Mauerbau. Dass der "Kampf gegen Faschismus" drüben - und beileibe nicht nur in der DDR - ein probates Mittel war, um einfach unliebsame Personen (ungeachtet ihrer tatsächlichen Ansichten) beiseite zu fegen, wird immer so schön unter den Tisch gekehrt oder kleingeredet. Der eigene Zweck heiligt eben immer die Mittel, die man Anderen ankreidet.
Da dreschen verwöhnte Gören erlernte Parolen heraus, in denen sie sich über hohle Phrasen Anderer echauffieren. Aber Hauptsache, man kann rumkrakelen und hat bequeme Mittel gegen beliebige Feindbilder. Damit stellen sie sich auf eine Stufe mit erwähnten Feindbildern; wie verärgerte Kleinkinder halten sie sich die Ohren zu und singen laut vor sich her, weil ihnen diese Tatsache zuwider ist. Wenn diese Energie wenigstens in sinnvolle Maßnahmen gegen braune Ideologen gesteckt würde...

Manche Leute Ahnen gar nicht, wie sehr sie ihrem verlautbarten Ziel eigentlich schaden, zu einem großen Teil durch pure Unglaubwürdigkeit.

Frage

name 20.01.2009 - 20:26
wie kann bei einem prozess nach jugendstrafrecht überhaupt besuch im gerichtssaal sein? das dürfen doch eigentlich nur die eltern und wirklich vertrauliche personen (deren erscheinen muss aber begründet werden)

außerdem dürfen sie dann meiner meinung auch nicht vor dem gerichtssaal herumlungern.

oder wie sieht das aus?