Anmerkung der Moderationsgruppe: Trotz der Bitte, de.indymedia.org zum Veröffentlichen von eigenen Berichten und selbst recherchierten Reportagen zu nutzen, wurde hier ein Kommentar, ein Diskussionsbeitrag oder eine Stellungnahme einer Gruppe reinkopiert.
Es ist nicht das Ziel von Indymedia, ein umfassendes Infoportal incl. Forum für die Verlautbarungen politischer Gruppen anzubieten. Indymedia will ein Plattform für engagierte MedienmacherInnen und ihren eigenen Inhalte bieten. Indymedia will nicht als virtueller Flugblattständer für die Verbreitung, Kritik und Diskussion konkurrierender teilweise dogmatischer Ideologien herhalten. Das Veröffentlichen von Gruppenstellungnahmen und Flugblatttext gehört nicht zu den Zielen des Projektes. Mehr Informationen darüber, warum sich Indymedia nicht zum Diskutieren von politischen Texten eignet, findest Du hier.    Bitte nutze stattdessen die verlinkten Online-Diskussionsforen.

Presseerklärung zum DHKP-C Prozess

Stammheima 04.07.2008 10:07
Die revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front DHKP-C wurde 1998 als terroristische Vereinigung in der BRD verboten. Nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 wurde die DHKP-C in die Schwarzen Listen der USA aufgenommen. Diese so genannten „Anti-Terror-Listen“ wurden vollständig von der EU übernommen und sogar noch erweitert. Auf diesen Listen befinden sich fast ausschließlich linke revolutionäre Gruppen, deren Verfolgung und Kriminalisierung damit legitimiert wird.
So auch im Fall der DHKP-C. Mit den Paragraphen 129a und in diesem Fall §129b (der im April 2002 verabschiedet wurde) reicht sogar die Vermutung der Mitgliedschaft oder Unterstützung und Werbung seitens der Strafverfolgungsbehörden aus, um eine umfassende Überwachung von Einzelpersonen, Gruppen, Vereinen, Organisationen und deren Umfeld zu rechtfertigen. In Folge dessen wurden im November 2006 bundesweit mehrere Razzien durchgeführt, wobei 59 Wohnungen und Vereinsräume durch die Polizei durchsucht und teilweise verwüstet wurden.
Im Zusammenhang mit den Razzien wurden voer der jetzigen Angeklagten, Mustafa Atalay, Ahmet Düzgün Yüksel, Devrim Güler und Hasan Subasi festgenommen. Am 8. April 2007 wurde dann auch Ilhan Demirtas festgenommen.
Die fünf Angeklagten befinden sich seitdem in Isolationshaft. Die Bedingungen, denen die Angeklagten durch die Art der Haft ausgesetzt sind, sind menschenunwürdig und menschenrechtsverletzend. Abgesehen von Kontakt- und Informationssperren sind sie in schallisolierten Einzelzellen untergebracht. Auf diese Weise werden die Gefangenen von jeglichen äußeren Reizeinflüssen abgeschirmt. Dies hat stückweise den Verlust der natürlichen Sinneswahrnehmungen zufolge.
Auch verursacht Isolationshaft auf lange Zeit schwerwiegende psychische und physische Schäden. Für Mustafa Atalay sind die Haftbedingungen sogar lebensgefährlich.
Mustafa Atalay wurde nur drei Wochen nach einer komplizierten Bypass-Operation aus der Rehaklinik von Bad Bevensen heraus verhaftet. Seine notwendige zweite Operation ist nun schon seit drei Monaten überfällig. Bereits kurze Zeit nach seiner Verhaftung waren aufgrund der Haftbedingungen die durch die Operation geöffneten Herzgefäße wieder verstopft. Statt einer lebensnotwendigen Operation wurden ihm über Pfingsten dieses Jahres lediglich Stants gelegt, um die betroffenen Gefäße zu dehnen, damit er weiterhin an den Verhandlungen teilnehmen soll. Er befindet sich daher weiterhin in einem kritischen Zustand und benötigt dringend ärztliche Behandlung. Der Strafsenat nimmt mit seinem ignoranten Verhalten bleibende Schäden Lähmungen und Verletzungen des Gehirns, sowie den Herzinfarkt und somit den Tod von Mustafa Atalay in Kauf. Schlimmer noch wird ihm vom Senat auf menschenverachtende Weise unterstellt, absichtlich eine Vernehmungsunfähigkeit vorzutäuschen und seinen Blutdruck so durch Zusammenpressen der Adern gezielt zu erhöhen.
Dieses Verhalten ist bezeichnend für die Art und Weise des gesamten Prozessverlaufs.
So wurde zum Beispiel kurz vor Beginn des Prozesses (am 17. März 2008) der gesamte Strafsenat ausgetauscht und durch einen nicht mit dem Fall betrauten Senat ersetzt.
Die Verteidigung der Angeklagten ist ebenso von vornherein stark erschwert worden. So wurden die für den Prozess und die Verteidigung grundlegenden Akten verspätet, unvollständig und nur teilweise ins Deutsche übersetzt von der Bundesanwaltschaft an die Anwälte der Angeklagten weitergegeben. Die Übersetzung der Asservate, die durch vom BKA eingesetzten Dolmetschern erfolgte enthält gravierende Fehler, so dass die Qualität der gesamten Übersetzung angezweifelt werden muss.
Die Anklageschrift und Beweisführung stützt sich auf Ermittlungsberichte aus der Türkei und den Niederlanden. Die Ermittlungsberichte aus der Türkei berufen sich auf Verhöre des türkischen Geheimdienstes MIT, welcher dafür bekannt ist, Menschen durch Folter zu Aussagen zu zwingen. Viele auf diese weise zustande gekommen Aussagen wurden im Nachhinein wieder zurückgezogen. Trotzdem sind es eben genau diese Aussagen, die der Anklage maßgeblich zu Grunde liegen. Des weiteren ist es der Verteidigung nicht möglich, die Quellen dieser Asservate zur eigentlichen Ermittlungsarbeit und zum Zustandekommen der angeblichen Beweisdokumente zu befragen, weil eben diese zwar der Bundesanwaltschaft bekannt sind aber der Verteidigung durch das BKA vorenthalten werden.
Die durch die Kontaktsperre bereits beeinträchtigte Kommunikation zwischen Angeklagten und Verteidigern wird durch die Anordnung des Gerichtes, dass Angeklagter und Verteidiger nicht nebeneinander sitzen dürfen, sondern hintereinander sitzen müssen, zusätzlich erschwert.
Eine weitere bezeichnende Drohung sprach das Senat kürzlich gegen die Angeklagten aus, wonach die Angeklagten im Falle der Kommunikation untereinander, die ihnen untersagt wird, in Glaskabinen im Gerichtssaal untergebracht werden sollen.
Zu weiteren Schikanen gehören, dass die Gefangenen sich nach jeder Zusammenkunft entkleiden müssen und von den JVA-Beamten durchsucht werden oder dass die Angehörigen bis zu einem Jahr auf ihr Besuchsrecht warten mussten.

Dieser Prozess ist der erste fall, in dem Linke mithilfe des §129b verurteilt werden sollen. Der Verlauf und das urteil werden als Präzedenzfall dienen, um einen Weg für die Kriminalisierung weiterer linker migrantischer Organisationen nach dem §129b zu ebnen.
Im Zusammenhang mit dem Abbau demokratischer Rechte stellt der §129b eine neue Qualität der Repression dar. Mit ihm wird die lückenlose staatliche Überwachung mit dem willkürlichen Begriff des Terrorismus gerechtfertigt und ausgebaut. Durch die Verwendung des §129b hat der deutsche Staat sich nun die Möglichkeit geschaffen, willkürlich nonkonforme politische migrantische Strukturen zu durchleuchten, zu kriminalisieren und zu zerschlagen.

Aufgrund des politischen Prozesses in Stuttgart-Stammheim und der sich zuspitzenden repressiven Entwicklung in der BRD werden wir als Stuttgarter Initiative gegen §129 und Repression am 05. Juli 2008 demonstrieren.

Solidarität ist eine Waffe!
Weg mit den Paragraphen 129 und allen Anti-Terror-Gesetzen und Schwarzen Listen!
Freiheit für Mustafa Atalay, Ahmet Düzgün Yüksel, Ilhan Demirtas, Devrim Güler und Hasan Subasi und für alle politischen Gefangenen weltweit!
Hoch die internationale solidarität!

Initiative gegen §§129 und gegen Repression
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen