[Köln] Aktions & Infocamp an der Uni

CamperIn 26.05.2008 14:30 Themen: Bildung Freiräume
Nach der spontanen Rektoratsbesetzung letzte Woche Mittwoch ( http://de.indymedia.org/2008/05/217966.shtml) wollten es einige StudentInnen nicht dabei belassen und haben seit Donnerstag ein Aktions & Infocamp auf der Uniwiese zwischen Mensa und Hauptgebäude eingerichtet.
Die Konstitution des Hochschulrats an der Uni Köln steht kurz bevor. Nach dem 2007 erlassenen Hochschulfreiheitsgesetz (HFG) sind die Universitäten und Fachhochschulen in NRW nunmehr Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 2,(1) ), d.h. eigenständige Unternehmen, und werden auch in Zukunft wie solche geführt. Das bedeutet konkret, dass ein sogenannter Hochschulrat (analog zum Aufsichtsrat bei Aktienunternehmen) eingesetzt werden muss. Zu dessen Aufgaben zählen unter anderem (§ 21,(1) ) "die Wahl der Mitglieder des Präsidiums" (Präsidium bezeichnet die Geschäftsführung der Uni, analog zum Vorstand bei Aktienunternehmen), "die Zustimmung zum Hochschulentwicklungsplan"und "die Zustimmung zum Wirtschaftsplan, zur unternehmerischen Hochschultätigkeit". Außerdem "kann (der Hochschulrat) alle Unterlagen der Hochschule einsehen und prüfen" und "besteht nach Maßgabe der Grundordnung aus sechs, acht oder zehn Mitgliedern, die in verantwortungsvollen Positionen in der Gesellschaft, insbesondere der Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft tätig sind oder waren" (§ 21,(3) ) und mindestens die Hälfte der Mitglieder müssen "Externe", d.h. sie dürfen keine MitarbeiterInnen der Universität sein. In Köln werden im Hochschulrat u.a. Manager von Bayer, der Deutschen Bank und der Deutschen Börse sitzen.
Zudem stehen im HFG so absurde Sachen wie
- "Die Einschreibung kann versagt werden, wenn die Studienbewerberin oder der Studienbewerber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung unter Betreuung steht."
(§ 50,(2) b))
- " Wer vorsätzlich a) gegen eine die Täuschung über Prüfungsleistungen betreffende Regelung einer
Hochschulprüfungsordnung oder b) gegen eine entsprechende Regelung einer staatlichen oder kirchlichen Prüfungsordnung verstößt, handelt ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von bis zu
50.000 Euro geahndet werden." (§ 63,(5)) (d.h. Spicken könnte in Zukunft teuer werden)
Außerdem sind Bibliotheksgebühren zusätzlich zu den Studiengebühren explizit erlaubt (§ 29,(4)).
Das HFG wurde hauptsächlich vom "Centrum für Hochschulentwicklung" ( http://de.wikipedia.org/wiki/Centrum_f%C3%BCr_Hochschulentwicklung) entwickelt, welches von der Bertelsmann Stiftung ( http://de.wikipedia.org/wiki/Bertelsmann-Stiftung) finanziert wird. Diese wiederum hat u.a. auch die Kampagne "Du bist Deutschland" initiiert.
Es ist also nicht isoliert zu sehen, sondern als ein weiterer Schritt zur völligen Unterordnung aller Lebens- und Gesellschaftsbereiche unter die kapitalistische Verwertungslogik. StudentInnen sollen zu KundInnen der Universität gemacht werden, wie auch die Studiengebühren eindeutig belegen. Dies impliziert auch, dass die studentische Mitbestimmung weiter abgebaut wird. Die Kundin ist schließlich Königin und nicht Teilhaberin, im wörtlichen Sinne. Ihre "Mitbestimmung" kann aber nur noch durch die Vermittlung über Marktmechanismen realisiert werden. Genau in dieser Logik sind auch Aktionen wie z.B. der Gebührenboykott zu sehen, eine marktvermittelte Form des Protestes, die auf eine Schwachstelle im Kapitalisums abzielt, die (bewußt herbeigeführte oder aus Mangel an Kapital erfolgte) Verweigerung von Zahlungen führt nämlich zwangsläufig zum Zusammenbruch von Märkten (vgl. z.B. aktuelle "Immobilienkrise").
Wir sehen uns also nicht nur als KämpferInnen für freie Bildung, sondern als KämpferInnen für eine ganz andere Gesellschaft, unser Lebens- und Wirkungsbereich ist aber nunmal die Universität.

Da aber sowohl von Seiten der Uni, als auch von anderen öffentlichen Stellen, keine Information über HFG etc. verbreitet werden, und die Umstrukturierung zudem so schleichend verläuft, dass sie kaum wahrgenommen wird, wissen viele StudentInnen und sogar DozentInnen so gut wie gar nichts darüber.
Daher haben wir auf der Uniwiese ein Aktion & Infocamp eingerichtet um genau diese bewußt herbeigeführte Unwissenheit zu beseitigen und Aktionen für die nächste Zeit zu planen. Seit Donnerstag steht das Camp und soll noch mindestens bis zur Konstitution des Hochschulrats bestehen bleiben. Der Termin wird jedoch von der Universitätsleitung geheim gehalten, soll jedoch innerhalb dieser Woche liegen.
Da das Camp die sonst doch sehr triste Uniatmosphäre etwas auflockert und zudem an einem viel belaufenen und (fahrrad-)befahrenen Weg liegt, bleiben viele Menschen (nicht nur StudentInnen) stehen, lesen Artikel am Infotisch und sprechen auch CamperInnen an. Das Camp finanziert sich über Spenden, ein Gemüsehändler aus der Nähe spendet z.B. jeden morgen die Reste vom Vortag. Zudem wurde heute eine VoKü eingerichtet, als Alternative zum doch oft sehr langweiligen Mensaessen und es werden Buttons der Kampagne bahntrampen.de verteilt.


Also kommt vorbei, beteiligt euch den Aktionen, seid kreativ, leistet Widerstand an der Uni und überall!
Alle Menschen (außer Nazis) sind herzlich willkommen im Camp!

Wetere Links:
 http://www.innovation.nrw.de/Hochschulen_in_NRW/Recht/HFG.pdf (HFG komplett)
 http://de.wikipedia.org/wiki/Hochschulfreiheitsgesetz
 http://www.bahntrampen.de/
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Ergänzungen

statement grünen-hopo-sprecherin

anna panek 27.05.2008 - 20:46
grüße nach köln,

im zuge der vorbereitung eines kleinen grünes-sofa-aktions-nach-gesprächs (vgl.  http://de.indymedia.org/2008/05/217860.shtml und  http://de.indymedia.org/2008/05/217828.shtml - das nach-gespräch it für den kommenden freitag im FU-café kauderwelsch geplant) gelang es, ein statement zu eurem fall von der hopo-sprecherin der grünen, a. schillhaneck, vorab zu erhalten.

es findet sich auf
 http://wiki.bildung-schadet-nicht.de/index.php/Zu_k%C3%B6ln_gibt_es_bereits_ein_erstes_statement_der_gr%C3%BCnen-hopo-sprecherin._es_befindet_sich_hier.
eine antwort von euch hierzu wäre spannen zu lesen - hier auf indybildung - oder direkt im wikinetz (aber vorsichtig beim bearbeiten - ergänzen, nach unten chronologisch fortschreibend, nicht versehentlich löschen o.ä.)

kontakt

al 31.05.2008 - 19:19
für direkte mail an die al bitte folgenden kontakt nutzen:  http://www.al.uni-koeln.de/key.html
danke

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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soligrüße aus FU-richtung und fragen

sterikzentrale 26.05.2008 - 22:22
tausend kräftige soligrüße und noch kräftigeres daumendrücken aus FU-richtung! schön, daß es mit den fotos heute geklappt hat -

hört mal - wir hätten hier ein paar fragen. erstens sagt unser mailer-demon, daß die adresse, die ihr beim letzten
beitrag eingetragen habt, nicht funktioniert und euer AL-kontakt ist eine geschlossene liste, wir kamen also nicht durch...
zweitens: die situation bei euch sieht wirklich ernst aus. das ist mehr als jene "ökonomisierung der bildung",
mit dr wir es an der FU hauptsächlich zu tun haben (ökonomisch verwertbare seminarinhalte, werbeschwemmen auf den FU-fluren, installation von privatunis auf unigelände...) - was sie bei euch versuchen, ist ein zacken schärfer.
mal im ernst - wie weit verbreitet ist die idee vom nov 2007 bei euch?
 http://wiki.bildung-schadet-nicht.de/index.php/International_Network_Proposal_Nov_2007

hättet ihr eine möglichkeit, den link mal aufzuschreiben/auszudrucken und ihn für eure studis - zur info - irgendwo bei den infotischen auszulegen?

also nur für den fall... könnte doch sein, daß ein warten auf 2009 zu spät wäre...

für den punkt "# 22 Europaweite Vernetzung" wären allerdings zuverlässige vernetzungskontakte zu netzfähigen leuten nicht irrelevant. bevor aber an sowas wie "life-schaltungen" zu denken wäre, könnte man z.b. ein erstes interview versuchen, das dann als illustrierte audioaufnahme (also ein standbildfilm mit interview-spur) nach einer sendung ins netz könnte.
hättet ihr lust auf sowas?
wenn ja, wäre ein tel-kontakt zu senden an:
 streikzentrale@gmx.net

per direkte mail könnte man einen termin für das gespräch vereinbaren...