Protestcamp FU: Interview mit A Schillhaneck

anna panek 21.05.2008 08:05 Themen: Bildung
Die Grünen besuchen die Uni – und landen auf dem Dach der Silberlaube, mit Ausblick auf das Protestcamp.
Ein Interview mit der Grünen-Sprecherin Anja Schillhaneck.
Themen: FU-Protestformen und Basisdemokratisches.
Am gestrigen Dienstag fand die von den Grünen organisierte Veranstaltung "'Uni(i)gerecht', grüne Ideen für bessere Hochschulen" in und um die Hauptmensa der FU mehrmals beinahe statt.

Mitverursacher des ‚Beinahe’ war unter anderem eine grüne Couch auf Wanders-Gänsefüßen,
die sich urplötzlich mit Frau Künast als Beisitzer auf dem Dach der FU-Silberlaube mit Forderungen des FU-Aktionsplenums konfrontiert sah.

Forderungen, die das Aktionsplenum aufgestellt hatte, das als studentisches Protestbündnis ein seit dem 13.5. aufgebautes Protestcamp im Innenhof der Freien Universität veranstaltet.

 http://de.indymedia.org/2008/05/217828.shtml (künast aufs dach gesetzt)
 http://de.indymedia.org/2008/05/217679.shtml (vor donnerstag 11h zu lesen, schulstreik 2008)
 http://de.indymedia.org/2008/05/217558.shtml (campbeitrag2)
 http://de.indymedia.org/2008/05/217259.shtml (campbeitrag)
 http://de.indymedia.org/2008/05/217004.shtml (vor dem camp)

Befragt zu den Forderungen des Aktionsplenums, antwortete Frau Künast, daß sie ihr nachvollziehbar und teilweise bekannt vorkommen, besonders die studentische Viertelparität sei schließlich ein seit Jahrzehnten von Studenten eingeforderter Punkt zum Thema studentischer Mitspracherechte.


Auch der zweite Anlauf der Grünen-Veranstaltung sah sich nach der Rückkehr der grünen Edelcouch in eine vorbereitete Keks- und Gesprächsecke in der Mensa mit unerwarteten Schwierigkeiten konfrontiert, als jungstudentische musikalische Untermalung jede weitere Verständigung nur in Form körpersprachlicher Äußerungen erlaubte.

Bei einem Gespräch mit der stellv. Fraktionsvorsitzenden und wissenschaftspolitischen Sprecherin im Abgeordnetenhaus Anja Schilhaneck auf dem Rasen vor der FU-Mensa ergab sich die Gelegenheit, auch sie zu ihrer Meinung zu den Forderungen zu befragen.

"Den größten Teil - vor allem den strukturellen Teil - würde ich sofort teilen. Die Rücktrittsforderung an Dieter Lenzen ist FU-spezifisch, hierzu kann ich nicht allzuviel sagen.“
Hierzu genauer befragt, sagte sie jedoch: "Sicherlich. Das Problem ist bekannt. Ein ehem. Wissenschaftssenator dieser Stadt hat den schönen Begriff der Präsidialdiktatur geprägt." -
Sie riet den Studenten: "tut euch zusammen, sucht sinnvolle Protestformen. Protestformen, die vermitteln, was der Inhalt ist. Vor allem diese Anwesenheitslisten: ich halte diese Form von Anwesenheitskontrollen mit einem wissenschaftlichem Studium, auch mit der Selbstbestimmung junger Erwachsener nicht vereinbar." Das sich anschließende Gespräch über die Nichttolerierbarkeit der Trennung von Ba und MA, die zerrüttung von Lebenschancen junger Erwachsener, die erst nach erfolgreichem Studium feststellen müssen, daß ihr BA-Studium auch weiterhin – wie bereits lange vor der Trennnung seitens auch großer Printmedien warnend eingeworfen wurde – sich nur mit der früheren bestandenen Zwischenprüfung vergleichen können wird, daß auch weiterhin nur der Master sich mit dem früheren Magisterstudium wird vergleichen lassen können und als Studienabschluß überhaupt gelten kann, verlief zufrieden stellen, die Information von 6%en Annahmen von Studienbewerbern und überfüllten Erstsemesterveranstalotungen neben leeren Sälen nahm die wissenschaftspolitische Sprecherin mit Bestürzung zur Kenntnis. Sie verwies auf die Kürzung im Berliner Hochschulhaushalt um 250 Millionen Euro. Befragt, wie viele der Kinder aus den 26% von Armut betroffenen und bedrohten Familien ihrer Meinung nach die Chance auf ein Hochschulstudium haben könnten, sagte sie: „Sehr wenige.“

An dieser Stelle ergab sich die Gelegenheit zu einem kleinen thematischen hyperjump in den off-topic-Bereich „Basisdemokratische Wende“:

“Wieviele Leute bei den Grünen haben sich bisher Gedanken gemacht um die Möglichkeit von Abstimmungen zu Bundestags-Tagesordnuingspunkten? Sei sind längst technisch machbar. Beinahe jeder Bürger in Westlichen Ländern hat bereits Zugang, auch lässt er sich weiter verbreitern. Wieviele bei euch haben diese Möglichkeit bereits angedacht?” - "Weiß ich nicht, ich habe darüber noch nicht nachgedacht, Tagesordnungspunkte des Bundestages abstimmen zu lassen. Man sollte darüber reden. Schließlich: warum sollte man nicht darüber reden. Aber das heißt, daß wir insgesamt das System der repräsentativen Verfassung, so, wie es im Moment praktiziert wird, in Frage stellen. Das muß uns klar sein. Das ist dann eine Grundsatzdebatte" - "Aber dieses jetzt praktizierte System hat einen bestimmten altersbedingten Grund, es wurde in Zeiten konstruiert, da nicht jeder Bürger mal zwischendurch einmal täglich zu einem Sammelpunkt zur Abstimmung pendeln konnte. Es war eine Zwischenlösung über Vertreter nötig. Heute leben wir in anderen Zeiten. Das Basismedium Internet ermöglicht genau das. Die technischen Ressourcen hierfür sind längst vorhanden." - "Was ist mit den Leuten, die nicht so gut mit der entsprechenden Technik umgehen können." - "Der Mißbrauch mit der einmal per Wahlkreuz gegebenen Stimme, der im heutigen System möglich und betrieben wird, ist möglicherweise noch gravierender. Daneben kann man staunen, wieviele alte Leute sich für das Netz interessieren, Senioren-Internetkurse werden angeboten und genutzt... Die Wahlbeteilgung bei solchen Abstimmungen könnte leicht höher werden als die derjenigen, die sich an verregneten Sonntagen auf den Weg ins Wahlbüro machen. Und eine Abstimmungsseite kann so gestaltet werden, daß keine Programmierkenntnisse zur Abgabe der Stimmen nötig wären." - "Wenn wir das als Grundsatzdebatte führen - dann will ich sie aber auch grundsätzlich führen, und dann: gibt es pros, gibt es contras. Und dann laß uns das grundsätzlich abwägen. Es ist letztendlich eine Frage: wie wollen wir in Zukunft leben, wie wollen wir in Zukunft uns selber regieren."

Ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
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Ergänzungen

hopo-themendiskussion am 30.5.08 15h

im kauderwelsch (studi-café FU) 26.05.2008 - 15:12
es wird derzeit über studiprotestlisten zu einem nächsten gespräch eingeladen:

"der termin für das nachhol-gespräch mit der grünen-wissenschaftspolitischen
bzw. hochschulpolitischen sprecherin anja schillhaneck steht fest.

es wird ein lockeres gespräch, dessen themenleitfaden wir - offen auf
wikibildung einlesbar - in den nächsten tagen aufbauen werden.
schwerpunkt hochschulpolitik.

...

das gespräch wird - minimalistisch - aufgezeichnet, später (wie bereits
angedeutet) gesendet und erst nach der sendung online gestellt.

der rahmen wird erwartungsgemäß klein sein, muß aber, wenn euch der termin
interessiert, nicht zwangsläufig völlig ohne weitere beteiligte ablaufen,
oder?

also: wen dies interessiert - sei herzlich eingeladen.

termin: dieser FREITAG - 15 uhr.

ort: kauderwelsch. bei gutem wetter wird das gespräch im innenhof der FU
stattfinden."

online-vorbereitungsort:
 http://wiki.bildung-schadet-nicht.de/index.php/Plan_B.#Fr.2C_30.5.08_15_Uhr

link zum bericht über

das nachgespräch 31.05.2008 - 10:00
"Nachgespräch zwischen Protestcampern und Hochschulpolitischer Sprecherin der Grünen:
Bei einem Gespräch äußerte sich heute (am Freitag, 30.5.08) die hochschulpolitische Sprecherin der Berliner Grünen-Fraktion, Anja Schillhaneck, zu Vorwürfen der Protestcamper.
..."

ein kurzer Bericht zum Verlauf dieses Nachgesprächs findet sich hier:
 http://wiki.bildung-schadet-nicht.de/index.php/Plan_B.#Fr.2C_30.5.08_15_Uhr

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nerviges flugobjekt. — streikzentrale.

Hubschraubereinsatz!? — T.Trundilson