Ausgrenzung auf Schweizerdeutsch

Bahnhofreglement Nein 12.05.2008 10:45 Themen: Freiräume Repression Weltweit
In der Schweizer Hauptstadt Bern demnächst ein repressives Bahnhofreglement für den öffentlichen Teil des Bahnhofes eingeführt werden. Bern wird regiert von einer Rot-Grün-Mitte Regierung, die sich mittlerweile voll und ganz der Umsetzung bürgerlicher Anliegen widmet. Mit dem neuen Reglement soll der Umgebaute Bahnhof von unliebsamen BenützerInnen gesäubert und, als Visitenkarte der Stadt für die Euro 08, "sauber", "sicher" und lukrativ werden. Der öffentliche Raum am Bahnhof wird faktisch privatisiert. Dabei untergraben schwammige Gesetzesartikel die Grundrechte und das übertragen der Sicherheitspolizeilichen Aufgaben an eine private Firma öffnen der Willkür Tür und Tor.
Das Reglement soll nach der Neueröffnung des Bahnhofplatzes und der Unterführung in Kraft treten. Es würde den städtischen Teil des Bahnhofs – inklusive seiner näheren Umgebung– denselben repressiven Regeln und Verboten unterwerfen, die die SBB bereits für ihren „privaten“ Teil des Bahnhofs aufgestellt haben.

Das Bahnhofreglement schafft somit ein Sonderrecht für einen Teil des öffentlichen Raumes. Es ist zu befürchten, dass dieses vorerst auf den Bahnhof beschränkte Sonderrecht zur Grundlage neuer Einschränkungen im übrigen öffentlichen Raum in Bern wird.

Gegen das Bahnhofreglement wurde das Referendum ergriffen und es wird am 1.Juni an der Urne darüber Entschieden. Alle grossen Parteien haben einstimmig die JA-Parole, für das Reglement, ergriffen.

Ungebührliches Verhalten

Verboten ist laut dem Neuen Reglement Ungebührliches Verhalten. Dieser Begriff ist überaus schwammig und gibt den Sicherheitskräften einen riesigen Ermessensspielraum darüber, wen sie künftig verzeigen oder büssen könnten: Fussballfans, die sich über ein gewonnenes Spiel freuen, sich zu laut unterhaltende TouristInnen, angetrunkene Markt- oder FestbesucherInnen, Jugendliche, die sich für den Ausgang treffen, sie und letztlich alle BenützerInnen könnten davon betroffen sein und im schlimmsten Fall mit Bussen bis zu 2'000 Fr. bestraft werden.

Bettelverbot – aus dem Bahnhof, aus dem Sinn?

Bisher hatte sich die Stadt Bern überzeugt gegen ein Bettelverbot ausgesprochen. Aus gutem Grund: Nicht das Betteln, sondern die Armut der bettelnden Menschen stellt ein Problem dar, das es zu lösen gilt. Mit dem Reglement soll das Bettelverbot nun in einem ersten Schritt für den Berner Bahnhof eingeführt werden. Bereits im November 2007 hat der Gemeinderat aber bekannt gegeben, dass er ein Bettelverbot für die ganze Stadt Bern prüft. Klar ist: Die BettlerInnen werden nicht verschwinden. Ein (partielles) Bettelverbot ist – nebst den zahlreichen Wegweisungen – nur ein weiteres Element im Kreislauf der Vertreibung sozial schwächer gestellter Menschen durch Polizei und Sicherheitskräfte.

Kommerzialisierung

Mit dem neuen Bahnhofreglement sollen zwar die kommerzielle Nutzung und das Ausüben von politischen Rechten im Bahnhof theoretisch gleich gestellt werden. Durch die Verkleinerung der Durchgangswege zu Gunsten der grösser werdenden Verkaufsflächen wird aber die so genannte ideelle und politische Nutzung (Standaktionen, Sammeln von Unterschriften, Verteilen von Flugblättern) stark eingeschränkt. Das Reglement sieht vor, dass die Erteilung von solchen Bewilligungen an die RailCity, einer klar kommerziell ausgerichteten Organisation, abdelegiert werden kann.

 http://www.bahnhofreglement-nein.ch

 http://www.ungebuehrliches-verhalten.ch
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Einer von vielen gründen... — halb-anerchist

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