Euromayday in Aachen: Hunderte gegen Merkel

Hans 01.05.2008 21:55 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Hunderte Menschen haben gegen die Karlspreisverleihung an Angela Merkel in Aachen demonstriert. An der Euromayday-Parade nahmen rund 600 Demonstranten teil. Polizeiübergriffe gegen Linke. Einige erste Infos aus Aachen.
So hat sich das Karlpreis-Direktorium den ersten Mai in Aachen sicherlich nicht vorgestellt. Den ganzen Tag über gab es energische Proteste von hunderten Menschen gegen Angela Merkel, Laudator Sarkozy und die hinter dem Karlspreis-Spekakel stehenden autoritären, neoliberalen, militaristischen und imperalistischen Europa – Konzeptionen.

Bereits am morgen zogen ca. 200 Menschen spontan und durch die Polizei kaum kontrollierbar durch Aachen, nachdem die ursprünglich geplante autonome 1. Mai - Demo am Bahnhof wegen angeblicher Verstöße gegen die Auflagen (Tragen von Springerstiefeln) nicht beginnen konnte.
Die Folge war, dass Demonstranten unmittelbar bis an den Markt (dort befindet sich das Rathaus, in dem der Karlspreis verliehen wurde) gelangten. Erst nach einiger Zeit gelang der der Polizei, die Demonstranten abzudrängen. Teilweise gingen die Beamten äußerst brutal vor, im Laufe des Tages gab es wohl mindestens sieben Festnahmen bzw. Gewahrsamnamen, zwei Menschen soll ernsthaft durch Polizisten verletzt worden sein.

Mehr als 100 Karlspreis-Gegner sickerten dennoch auf den hermetisch abgeriegelten Marktplatz durch und meldeten sich lautstark zur Wort. Derweil protestierten andere Gruppe an den Absperrungen rund um den Platz.

Am frühen Nachmittag formierte sich dann die Euromayday-Parade, an der etwa 600 Menschen teilnahmen. Die Demo endete vorzeitig vor dem Bahnhof, als ein Teil der TeilnehmerInnen die Lagerstraße (eine der Hauptverkehrsstraßen in Aachen) für mehrere Stunden blockierten, um so die Freilassung der FreundInnen im Polizeigewahrsam zu beschleunigen. Die Blockade wurde schließlich gegen ca. 16.30 Uhr durch mehrere Hundertschaften der Bereitschaftspolizei aufgelöst.


Einige erste Fotos vom ersten Mai in Aachengibt es unter  http://www.antifa-dueren.org
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Ergänzungen

Weitere Fotos

Antifant 01.05.2008 - 22:25

WDR Video

Olllli 01.05.2008 - 22:44
http://www.wdr.de/mediathek/html/regional/2008/05/01/aks_01.xml

Autonome stören Karlspreis-Verleihung

http://www.rp-online.de/ 01.05.2008 - 22:45
Nicht alle gönnen Bundeskanzlerin Angela Merkel offenbar den Karlspreis. Die Preisverleihung in Aachen, bei der Merkel den Preis aus den Händen von Aachens Bürgermeister Jürgen Linden erhielt, wurde von Angehörigen der autonomen Szene gestört.

Rund 50 Autonome versuchten, sich Zugang zum Aachener Marktplatz zu verschaffen, wo Merkel im historischen Rathaus der Karlspreis erhielt. Die Störer warfen Tische und Stühle von Straßencafés um. Mindestens eine Person wurde festgenommen. Die Polizei ging mit zahlreichen Einsatzkräften gegen die Störer vor. Zuvor hatten Mitglieder der globalisierungskritischen Organisation Attac sowie sogenannte Clown-Demonstranten friedlich gegen die Karlspreis-Verleihung demonstriert.

Die Laudatio auf Merkel hielt der farnzösische Staatspräsident Nicolas Sarkozy. Sarkozy sagte, er habe "viel von Angela Merkel gelernt". Ausdrücklich würdigte er das "Engagement" und die "Willenskraft" der Kanzlerin. Zugleich leget Sarkozy ein nachdrückliches Bekenntnis zur deutsch-französischen Freundschaft ab. Beide Staaten seien "Freunde auf immer geworden".

Merkel erhält den Preis für ihr Engagement für die europäische Einigung. Das Aachener Karlspreis-Direktorium bezeichnete die Kanzlerin als "überzeugte Europäerin". Merkel habe einen "herausragenden Beitrag zur Überwindung der Krise der EU" geleistet. Die Preisverleihung erfolge zudem "in Anerkennung "richtungsweisender Entscheidungen zum Fortschreiten des europäischen Einigungsprozesses". An dem Festakt in Aachen nahmen eine Vielzahl früherer Karlspreisträger teil, darunter Spaniens König Juan Carlos I.. Zu den Festgästen zählte auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).

Der internationale Karlspreis gilt als eine der bedeutendsten Auszeichnungen Europas. Er wird seit 1950 an Persönlichkeiten und Institutionen vergeben, die sich in führender Position um die Einigung Europas verdient gemacht haben. Zu den früheren Preisträgern zählen die CDU-Kanzler Konrad Adenauer im Jahr 1954 und Helmut Kohl, der die Auszeichnung 1988 gemeinsam mit Frankreichs damaligem Präsidenten Francois Mitterrand erhielt. Der vor Merkel letzte deutsche Karlspreisträger war 1997 der damalige Bundespräsident Roman Herzog. Merkel ist die vierte Frau nach der früheren Europäischen Parlamentspräsidentin Simone Veil, Norwegens Ex-Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland und der niederländischen Königin Beatrix, der die renommierte Auszeichnung zuerkannt wurde.

Übersetzung Fr

Indymedia Liège 01.05.2008 - 23:31
Euromayday à Aix-la-Chapelle: des centaines de personnes contre Merkel
 http://liege.indymedia.org/news/2008/05/20209.php

Straßenblockade Neupforte / Verhaftung vorm H

vivalibertad 01.05.2008 - 23:41
Vor Beginn der Euromayday-Parade kam es auf der Neupforte, Ecke Pontstraße und wohl auch an der Pontstraße zu einer Sitzblockade als mehrere Regierungslimousinen mit berliner Kennzeichen durchfahren wollten.
Angeblich soll das Bundesmerkel persönlich in einem der Autos gesessen haben, wahrscheinlicher ist jedoch das dies ein Ablenkmanöver vom wirklichen "Abtransport" der hohen Gäste war.
Nach ungefähr einer halben Stunde der Blockade räumte die Polizei dann die Neupforte, wobei einige Polizisten unverhältnismäßig brutal vorgingen. Es wurde geschlagen, getreten, geschubst, gekniffen,... ohne, dass überhaupt irgendwelche gewaltsame Gegenwehr zu erkennen gewesen wäre.

Vor dem Hauptbahnhof gab es einen weiteren Ausdruck unnötiger Polizeibrutalität, als ein junger Mann auf den Boden geworfen und gefesselt wurde, wobei ein weiterer Beamter auf dem Mann saß und dann abtransportiert wurde. Soweit ich weiß, war das einzige, was sich dieser Mann zu Schulden kommen lassen hat, dass er eine Sekunde zu lange auf der Fahrbahn stand, als diese geräumt wurde.

Die Polizei hat sich heute wirklich wieder von ihrer schlechtesten Seite präsentiert, einige Cops schienen richtig froh, sich mal austoben zu dürfen. Dabei war die Parade selber wirklich eine der unaggressivsten und friedlichsten Demos, die ich bisher gesehen habe mit zahlreicher Teilnahme durch Clowns und andere humorvolle, friedliche Aktivisten.

Einige Beoabachtungen am Rande

Carola Magnus 02.05.2008 - 06:43
Die Situation rund um die Karlspreis-Verleihung war ziemlich unübersichtlich. Deshalb hier noch ein paar Ergänzungen zum Bericht:

Die Demo, die am Morgen vom Hauptbahnhof losgehen sollte, wurde aufgelöst, weil die Bullerei meinte, gegen eine der Auflagen, nämlich das Verbot von "Springerstiefeln" würde verstoßen. Sie weigerte sich aber mitzuteilen, um wen es sich den handele. Die ganze Sache diente lediglich dazu, die Demo bereits am Platz der Auftaktkundgebung fest und von der Innenstadt fernzuhalten.
Die Einsatzleitung der Polizei hatte bestimmt mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass der Veranstalter die Demo daraufhin kurzerhend für aufgelöst erklären würde. In der Folge hatte die völlig verdutzte und desorientierte Polizeiführung die Leute auf einmal da, wo sie sie gerade nicht haben wollte: In größeren Gruppen und sich schnell bewegend in der City an und innerhalb der Absperrungen rund um das Rathaus. Ziemlich dämlich für Team Grün
Es waren erheblich mehr Leute innerhalb der mit spanischen Reiten verbarrikadierten Sicherheitszone, als im Bericht angegeben. Ein Teil war gar nicht erst zur Demo gegangen sondern direkt rund um das Rathaus eingesickert. Zusätzlich gelangten auch Demo-TeilnehmerInnen problemlos durch die Kontrollen, wenn sie optisch nicht in das Freud-Feind-Erkennungsschema der Cops einsortierten. Aber wer geht schon gerne ohne hippen schwarzen Dress auf eine Demo? Insgesamt waren sicherlich mindestens 200 Leute in der roten Zone und es gab immer wieder deutlich vernehmbare Sprechchöre. Einigen Leuten ist gelungen, beim anschließenden "Bad in der Menge" Merkel, Sarkozy und Francos Ziehsohn, König Juan Carlos auf weniger Meter Entfernung zu beschimpfen.
Dadurch, dass der Sammelplatz der Mayday-Parade in direkter Nähe der Fahrstrecke der Protokoll-Fahrzeuge lag und der erste Leer-Konvoi mehr als ein halbe Stunde blockiert wurde, konnte ein Teil der geladenen Gäste nicht mit den dafür vorgesehen Limousinen abstransportiert werden. Stattdessen mussten sie sich, von einem Graupel- und Regenschauer überrascht, teilweise zu Fuß und deutlich verängstigt durch die DemonstrantInnen quetschen. So wurde z.B. auch das 2007 wegen einer Affaire abgelöste EU-Kommisonsmitglied Günter Verheugen auf einmal mit mit Opfern seiner Politik konfrontiert. Nahe bei der Blockadestelle sah man zwei Mitglieder der Einsatzleitung hektisch zwecks Einsatzbesprechung in einer Kneipe verschwinden. Die dürften sich im Nachhinein noch einige peinliche Fragen für ihr logistisches Desaster anhören müssen
Die Mayday-Parade unterschied sich eigentlich nur an zwei Punkten von einer traditionellen Demo. Zum einen wurde der obligatorische Punk aus dem Lautsprecherwagen durch noch lauteren Techno ersetzt. Während es aber ansonsten aber immerhin noch mal Pausen in der Beschallung gibt, war die Berieselung während der Parade Dauerzustand. Dadurch war es fast überhaupt nicht mehr möglich, mal was eigenes zu singen oder zu rufen und damit rüberzubringen, was das Ganze eigentlich soll. Dabei waren die meisten PassantInnen eigentlich ziemlich interessiert. Ob so ein Konsumkonzept mit Mucke aus der Dose irgendeinen Fortschritt gegenüber dem "business as usual" darstellt, wage ich zu bezweifeln. Wie stattdessen gute und energiegeladene Demos mit Vermittlung nach außen aussehen, kann man besser in Frankreich abschauen.
Alles in allem jedenfalls ein recht erfolgreicher Tag mit einer Vielzahl bunter Nadelstiche und eine prima Gelegenheit mal GenossInnen aus den Niederlanden und Belgien kennenzulernen, falls man das wollte...

noch mehr bilder & was zum soundsystem

(muss ausgefüllt werden) 02.05.2008 - 16:19
was das soundsystem betrifft: wer sich über laute beschallung beschwert, hat das konzept euromayday evtl. nicht verstanden. mal ganz davon abgesehen, dass die musik jedesmal sofort ausgemacht wurde, wenn jemand eine rede halten, samba-musik spielen oder seinen geldbeutel suchen wollte.

neben musik wurden übrigens auch reden und andere statements gespielt, die im gegensatz zu denen aus dem offfiziellen lautsprecherwagen nicht ausschließlich auf deutsch abgefasst waren, sondern dem internationalen charakter der euromayday entsprechend auch auf englisch und französisch aus den boxen blubberte.

und nix für ungut, aber was die französischen demos lebendig macht sind die menschen, die sich enthusistisch an ihnen beteiligen und eben nicht nur mitlatschen und konsumieren. dass hat mir persönlich gestern etwas gefehlt, auch wenn der pink-blokk und die clowns einiges herausgerissen haben.

if i cant dance to it, its not my revolution!

Parade oder Demonstration?

rheinischer jeck 03.05.2008 - 08:05
"neben musik wurden übrigens auch reden und andere statements gespielt, die im gegensatz zu denen aus dem offfiziellen lautsprecherwagen nicht ausschließlich auf deutsch abgefasst waren, sondern dem internationalen charakter der euromayday entsprechend auch auf englisch und französisch aus den boxen blubberte."

Von welchen Reden und Statements sprichst du? Ich hatte in Bezug auf die Parade die gleichen Eindrücke, wie scheinbar Carola Magnus. Ich bin den gesamten Zug in der Nähe des Lautsprecherwagens, der die Beschallung gemacht hat, gelaufen. Es gab keinen einzigen Redebeitrag sondern nur Dauerberieselung. Mag sein, dass es vor dem Losgehen oder nach dem Ende der Parade tatsächlich Redebeiträge gab, aber auf jedenfall nicht während der Schweigemarsch durch die Straßen zog und wahrgenommen wurde. Und zur Mehrsprachigkeit: Soweit ich das mitbekommen habe, waren die einzigen, von den während des Zuges etwas auf Französisch kam, eine größere Gruppe von Leuten der FAU, die immer mal wieder versucht haben französische Parolen zu rufen oder zu singen, damit allerdings gegen die Beschallung und die allgemeine Passivität nicht wirklich eine Chance hatten. Aber selbst wenn es vom Lautsprecherwagen Durchsagen gegeben hätte, was hätte das geändert? Statt zentraler Musikberieselung halt noch ein wenig zentrale Wortberieselung bevor die Musikberieselung weitergeht? Auf jeden Fall keinen Raum für die TeilnehmerInnen sich selbst zu artikulieren, wenn sie das wollten. Die einzigen Unterschiede zu einer Kommerz-Parade waren eigentlich, dass kaum jemand Bock hatte, die Hüpfdohle zu geben, dass der größte Teil der deutschsprachigen TeilnehmerInnen im gleichen finsteren Schwarz aufgelaufen war, wie sonst auch und dass einige Leute ein Pappschild dabeihatten, wo was draufstand. Sicherlich kein Fortschritt in Sachen Aktionsformen. Oder anders ausgedrückt: If there is nothing but to dance to it, it's not about revolution!

@ rheinischer jeck

(muss ausgefüllt werden) 03.05.2008 - 13:50
okay, ich verstehe deine kritik. die musik hat zu viel raum eingenommen. bleibt nur die frage, was ohne die "zentrale beschallung" passiert wäre. hätten dann ale teilnehmer_innen spontan ihrer kreativität freien lauf gelasssen oder wäre das ganze einfach ein schweigemarsch geworden?

das "konzept euromayday" ist spannend, weil es einen rahmen bietet der das potential hat, den üblichen rahmen von demonstrationen zu sprengen und damit auch leute anzusprechen, die von "normalen" demos nicht erreicht werden. die gefahr, dass die politischen inhalte hinter dezibel verschwinden, besteht definitiv.

aber in meinen augen bringt auch die inhaltlichste demo nichts, wenn sie von aussen nincht verstanden oder wahrgenommen wird. was für mein gefühl auf ein großteil der demos zutrifft, an denen ich mich bis heute beteiligt habe.

wie können wir also den polit-outpout auf der euromayday verbessern? muss politik im gegensatz zu musik und tanzen wahrgenommen werden? ist es die "zentrale beschallung", die die menschen zu passivität zwingt oder doch eher über jahre antrainiertes demo-latschverhalten?

für eine aktivere, buntere euromayday 2009!

Rex europae

anonymous 03.05.2008 - 17:11
Rex europae

fotos aus aachen

fastpix 03.06.2008 - 14:48
noch ein paar fotos von der blockade und demo und so.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Karlspreis — anonymous

Das nächste — mal