Paläst.Flüchtlingslager im Libanon

tierr@ 29.04.2008 15:28 Themen: Weltweit
"Wir sind 100.000 Flüchltinge, die gezwungen sind, auf kaum 2 qkm ein schlechtes Leben zu fristen". Die palästinensischen Flüchtlinge in den Lagern des Libanon sind die meist Vergessenen bei dem Konflikt. Tausende leben unter extrem prekären Bedingungen und im Stich gelassen von der internationalen Diplomatie.
DAS LAGER FÜR PALÄSTINENSISCHE FLÜCHTLINGE EIN EL-HILWEH (LIBANON)

Das Lager für palästinensische Flüchtige Ein el-Hilweh ist sowohl von seiner Grösse als auch von der Anzahl der Insassen her, das grösste der 11 im Libanon existierenden Lager. Es hat eine Fläche von zwei Quadratkilometern, auf denen mehr als 100.000 Menschen leben. 46.000 von ihnen sind palästinensische Flüchtlinge, die von der Agentur der Vereinten Nationen (UNRWA) registriert sind. Die meisten davon haben Palästina1948 verlassen. Bei weitere 36.000 Personen handelt es sich um palästinensische Flüchtlinge, die zwischen 1948 und 1967 ins Land kamen und die nicht offiziell im Libanon anerkannt sind und deshalb als "Illegale" gelten.
Die übrigen Insassen sind PalästinenserInnen, die nach ihrer Teilnahme an der palästinensischen Revolution (in den 70ger Jahren) als Guerrillier@s im Libanon geblieben sind, die jedoch ebenfalls nicht anerkannt werden.
Ferner gibt es in dem Lager auch noch Flüchtlinge anderer Nationalitäten, in letzter Zeit verstärkt aus dem Irak.http://w


Auf Einladung der internationalistischen Organisation Aldea haben Christine Abú Salem, Präsidentin des Social Solidarity Center, einer im Lager Ein el-Hilweh arbeitenden Organisation und der Direktor des einzigen Hospitals in dem Lager, Mustafá Abú Atieh vor kurzem das Baskenland besucht. Vor der Komission für Zusammenleben und Solidarität International des Parlaments von Nafarroa stellten sie die Situation der palästinensischen Flüchtlinge dar...


INTERVIEW MIT CHRISTINE ABU ALEM UND MUSTAFA ABU ATIEH
Martxelo Díaz

Existieren Differenzierungen bei der Anerkennung, die zu dem Schluss führen, dass die Flüchtlinge unterschiedliche Rechte haben?

Die Unterschiedlichkeit ihrer Rechte gilt besonders im Bezug auf die Dienste seitens der UNRWA. Die 46.000 anerkannten Flüchtlingen haben das Recht auf diese Dienste, während die Übrigen komplett im Stich gelassen werden. Dies bezieht sich auf die interne Zusammensetzung des Lagers, denn was die libanesische Regierung anbelangt, erleiden alle in gleicher Weise deren Politik durch diskriminierende Gesetze.
Bei diesen Normen handelt es sich um das Arbeitsgesetz, welches den PalästinenserInnen die Ausübung von 72 Berufen untersagt; das Eigentumsgesetz, das es ihnen verbietet, Besitztümer zu haben sowie das Gesetz hinsichtlich von NGO´s, das den palästinensischen Nichtregierungsorganisationen die Eintragung in die Register der libanesischen Regierung verwehrt (sie müssen sich im Namen libanesischer Organisationen einschreiben).

Welches sind die Tätigkeiten, die die PalästinenserInnen nicht ausüben dürfen?

Es handelt sich um insgesamt 72, darunter der Ingenieurberuf; alle Berufe im Zusammenhang mit dem Gesundheitswesen und juristische Tätigkeiten. Dadurch wir die palästinensische Community auf einem untersten, kulturellen Niveau gehalten, die Arbeitslosigkeit ist immens. Eine weitere Folge ist die Frustration der Jugendlichen, die auch wenn sie ein Studium absolvieren, keine Aussicht auf Anstellungen haben. Viele brechen daher die Universität ab bzw. oder fangen erst gar kein Studium an. Es ist eine zunehmende die Analphabetisierung unter ihnen zu beobachten. Dabei handelt sich es jedoch nicht nur um einen bildungsmässigen Analphabetisimus sondern auch um einen politischen. Den Jugendlichen ist die Geschichte Palästinas unbekannt. Es ist ein sehr schwieriges Feld, denn wir müssen hiergegen angehen, da unsere Zukunft als Volk steht dabei auf dem Spiel steht. Der Analphabetisimus unter den männlichen Jugendlichen liegt bei 30%.

Der Umstand, dass 100.000 Menschen auf 2 Quadratkilometern leben müssen, verursacht unvermeidlich ernsthafte sanitäre Probleme und macht eine Versorgung mit den grundlegensten Diensten unmöglich.

Die wirtschaftliche Lage der Familien ist auf unterstem Niveau. Im Durchschnitt verfügen sie über 2 Dollar (1,27 €) pro Tag. Mit sovielen Familien die weder ein Recht auf Bildung noch Gesundheitsversorgung seitens der UNRWA haben und die über keine ökonomischen Mittel verfügen, um diesen Mängeln zu begegnen, wachsen die gesundheitlichen Probleme. Die Konfiguration des Lagers selbst trägt ebenfalls dazu bei, diese Probleme noch zu verstärken. Auf einem derart reduzierten Raum, der von gesetzeswegen nicht erweitert werden darf, sind wir gezwungen nach oben zu wachsen. Die unteren Teile der Konstruktionen werden sich in Zonen ohne Sonnenlicht mit hoher Feuchtigkeit verwandeln wo der Müll ständig in den Wegen liegt und die Ratten sich vermehren. Es fehlt an Trinkwasser; die Wege sind sehr eng und es gibt keinerlei Privatsphäre... Alles das wirkt auf die Gesundheit der BewohnerInnen. Als Folge solcher Lebensbedingungen gibt es viele Fälle von Unterernährung, Asthma, Herzproblemen, Bluthochdruck und Diabetes. Dazu kommt der psychologische Druck, der vor allem bei Kindern, zahlreiche Probleme verursacht.

Die Mittel um gegen diese Situation anzukämpfen sind extrem begrenzt.

Nach 2001 und dem 11-S wurden die meisten Hilfen für die palästinensischen NGO´s unter dem Vorwand des Kampfes gegen Terrorismus gestrichen. Heute verfolgt die EU konzentrierte Interessen im Libanon, aber die Hilfen sind sehr begrenzt. Angesichts dieser Situation des im Stichgelassenseins gibt es keine andere Lösung, um all´diese Entbehrungen zu überwinden, als die öffentliche Organisierung. Hieran arbeiten wir alle gerade.

Die libanesische Regierung beteiligt sich in keiner Weise an der Betreuung/Versorgung der Flüchtlingen?

Im Gegenteil. Die libanesische Regierung besitzt zwar eine Gesetzgebung zur Unterstützung von ImmigrantInnen und Flüchtlingen, schliesst die PalästinenserInnen davon jedoch beständig aus. Immer wenn wir einer zur Regierung gehörenden Institution, ein Projekt oder einen Vorschlag präsentieren, versichern sie uns, dass sie bereit sind, Flüchtlinge zu unterstützen..., aber nicht die palästinensischen. Die Palästinafrage wird im Libanon auf vollkommen diskriminierende Weise gehandhabt. Es ist eine absolute Katastrophe.

Umfasst diese gegen die palästinensischen Flüchtlinge gerichtete Haltung alle Sektoren des Libanon oder handelt es sich um eine spezifisch pro-westliche Position der Regierung, während oppositionelle Kräfte wie die Hisbolla, die gegen Israel kämpfen, ihre Unterstützung (der palästinensichen Flüchtlinge) zeigen?

Tatsächlich haben die Gesetze keine realen Verbindung zum Volk. Es sind Gesetze der Regierung. In dieser sind sämtliche Religionen des Libanon repräsentiert. Die Opposition hingegen sympathisiert intensiv mit dem palästinensischen Volk. Das ist der Grund weshalb dieses sie spirituell unterstützt. Sie sehen in den Aktionen der Guerilla der Hisbolla eine Hoffnung gegen die Besetzung.

In Ein el-Hilweh, wie in allen anderen Lagern im Libanon und anderen Ländern, gibt es Flüchtlinge von 1948. Am 15. Mai ist der 60. Jahrestag der Naqba (der "Katastrophe", die für die PalästinenserInnen die Schaffung des Staates Israel bedeutet hat), aber das Recht der Flüchtlinge auf Rückkehr liegt noch immer in weiter Ferne. Tatsächlich befindet sich diese Frage im Rahmen der Verhandlungen der Palästinensischen Verwaltung mit Israel und den USA.

Das Schlimmste von alledem ist, dass sie bereits mit der Vorbereitung neuer Massnahmen gegen die Flüchtlinge im Libanon begonnen haben. Der Fall des Libanon ist der heikelste für die palästinensischen Flüchtlinge. Man fängt an Bewegung in das Palästinaproblem zu bringen und es sind bereits drei "Lösungen" für es im Libanon im Gespräch. In Jordanien, wo eine Lösung gefunden wurde, sind die Flüchtlinge im Besitz der Nationalität und aller anerkannten Rechte. Ebenso in Syrien.
Die drei "Lösungen" für den Libanon sind einerseits, einer sehr geringen Anzahl die Staatsangehörigkeit zu geben, damit das Gleichgewicht der drei Sitze der Regierung nicht zerstört wird (im Libanon wird die Religion der Kandiaten von der Präsidenz der Regierung, dem Parlament und der Republik berücksichtigt und diese müssen ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Konfessionen garantieren). Mit dem Rest wollen sie die PalästinenserInnen unter Druck setzen, um zu erreichen, dass die Jüngsten das Land verlassen. Die Frage ist daher, wer in den Lagern bleiben wird? Die Schwächsten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass diese bei Bürgerkriegen und Angriffen auf die Lager sterben werden. Damit haben sie das Problem "gelöst". Und wenn dies erst einmal der Fall ist, haben sie einen weiteren Punkt gut gemacht, um das nichtveräusserbare Recht der Flüchtlige auf Rückkehr zu elliminieren.

(Quelle: ww.nodo50.org/csca/agenda08/palestina/arti250.html)

Übersetzung: tierr@
www.tierra.bloggospace.de
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Ergänzungen

Aus für UN-Hilfswerk

Palästina/Gaza 29.04.2008 - 19:46
 http://palaestina.org/news/nachrichten/zeigeNachricht.php?ID=6029#

UN-Hilfswerk kündigt Einstellung seiner Arbeit im Gaza-Streifen an

Das Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge der Vereinten Nationen
(UNRWA) kündigte gestern am 26.04.08 die Einstellung seiner Arbeit im Gaza-Streifen an.
Aufgrund des akuten Treibstoffmangels können keine Fahrzeuge eingesetzt
werden, die die Lebensmittelpakete für mehr als 650.000 Flüchtlinge
transportieren. Mit dem Engpass kommt der Betrieb in 19 Gesundheitszentren,
214 Schulen sowie bei der Müllabfuhr zum Erliegen.

Auch Louis Michel, Entwicklungskommissar der Europäischen Union, verlangte
von Israel, die Energieversorgung für den Gaza-Streifen zu garantieren. In
einer Erklärung Michels heißt es: "Es ist nicht hinnehmbar, dass die
Vereinten Nationen sich zur Einstellung ihrer humanitären Hilfe gezwungen
sehen könnten, bloß weil es nicht genügend Treibstoff für die Fahrzeuge
gibt."

Schon im Oktober letzten Jahres begann Israel mit der Reduzierung der
Treibstofflieferung in den Gaza-Streifen. Angaben der Vereinten Nationen
zufolge wurden im März im Vergleich zum Vorjahresmonat 80% weniger Benzin
sowie 57% weniger Dieselkraftstoff geliefert.

25.04.2008

 http://www.ism-germany.net/2008/04/26/isralische-armee-totet-14-jahrige-tochter-von-hamas-fuhrer/

Israelische Armee tötet 14-jährige Tochter von Hamas-Führer

April 26, 2008 Israelische und palästinensische Medien berichten, dass die israelische
Armee am Samstagmorgen ein 14-jähriges palästinensisches Mädchen in der
Stadt Beit Lahiya im nördlichen Gazastreifen tötete. Bei dem Mädchen handelt
es sich um die Tochter des Hamas-Anführers Hassan Marouf. Mindestens neun
Menschen wurde getötet, als dutzende Panzer und Hubschrauber in den
Gazastreifen eindrangen.

Augenzeugen berichteten, das israelische Undercover-Einheiten vor
Sonnenaufgang die Grenze überquerten und Kämpfer der Al-Quds (Islamischer
Jihad) und Al-Qassam Brigaden (Hamas) angriffen. Später sollen die
israelischen Kräfte mit dutzenden Panzern und durch mindestens fünf
Luftangriffe unterstützt worden sein.

Ziel der Operation soll das führende Hamas-Mitglied Hassan Marouf gewesen
sein. Während die israelische Armee Hassan Marouf gefangen nahm, wurde seine
Tochter von israelischen Soldaten getötet und seine Frau schwer verwundet.
Ein Sprecher des Krankenhauses Al-Awda in Gaza-Stadt sagte, dass das
14-jährige Kind von schweren Maschinengewehrfeuer getroffen wurde.
Eine Sprecherin der israelische Armee bestätigte den Einmarsch zum Teil:
"Die Luftwaffe führte zwei Schläge am Samstagmorgen gegen bewaffnete
Elemente im nördlichen Gazastreifen durch." "Es gab auch Schusswechsel aber niemand unserer Leute wurde getroffen."

Quelle: WAFA, Haaretz, Yedioth Ahronoth

Refugees return to Nahr al-Bared - 05 Apr 08

palestina libera , palestina rossa 29.04.2008 - 21:05

libanesische hezbollah rüstet hoch

no nation 30.04.2008 - 12:38
bei heise gibts folgenden artikel dazu:

www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27820/1.html

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 6 Kommentare

auch das sind palästinenser

no nation 30.04.2008 - 09:13
habe dieses schreckliche foto gefunden und wollte es euch nicht vorenthalten.
kommentare erübrigen sich....
no nation-no nazis-no antisemtism !

Auch das sind Österreicher!

Verstecke ich hinter politischem Programm 30.04.2008 - 10:14
Auch mal nachdenken.

@NoNation

sandankoro 30.04.2008 - 10:24
Tolles Bild, und was soll uns das jetzt sagen? Das alle Palaestinenser Nazis sind und somit in einem Lager ohne Perspektive gut aufgehoben sind?

Die ganze Region hat ein Problem, und dieses Problem ist, dass sich Menschen gegenseitig die Birne wegschiessen, die eigentlich so unterschiedlich gar nicht sind, die von Regierungen und diversen Gruppen instrumentalisiert und radikalisiert werden und deren Lebenssituation konsequent den Bach runtergeht, so dass sich immer wieder mehr oder weniger Willige fuer die Fortsetzung des Wahnsinns finden.
In einem solchen extrem schwierigen und noch dazu vorbelasteten Konflikt die Position der einen oder anderen Seite zu uebernehmen bringt den Menschen vor ort gar nichts und fuehrt nur dazu, dass dieser unsaegliche Konflikt auf andere Laender und Gruppen uebertragen wird.

Eine linke Position in diesem Konflikt kann nur auf eine Beendigung der Kaempfe und Anschlaege draengen, auf eine Verbesserung der Lebenssituation der Fluechtlinge, auf das Recht auf Bildung und medizinische Versorgung und auf eine langsame und konsequente Annaeherung beider Seiten.

Alles andere ist zutiefst menschenverachtend!

eine glückliche

glückliche 30.04.2008 - 12:27
hach bin ich froh, dass endlich mal jemand eine vernünftige meinung zu dem thema abgibt!!!!
Pro Israel
Pro Palästina
--> alles nur Spalter ---> alles nur reproduzierter rassismus und völker hass!!!
No borders no nation!!!!

Richtig

Manwe 30.04.2008 - 14:01
Ich schließe mich meinem Vorredner an.
Frieden ist das Ziel das angestrebt werden muss.
Keine Solidarität mit Staaten, Solidarität mit Menschen!

Endlich

abc 30.04.2008 - 15:50
mal vernünftige Ergänzungen zum Thema. Kann mich dem nur anschließen. Denke auch dieser Konflikt ist prinzipiell vernünftig lösbar, denn wenn man den Menschen eine Perspektive gibt, dann haben Hamas, Hisbollah usw. wenig zu melden. Auch in Israel und bei den Palästinensern unterstelle ich mal, wollen 90 % der Bevölkerung lediglich in Frieden leben, arbeiten, für ihre Kinder eine Ausbildung und nicht ständig schikaniert werden. Der Umgang mit den Menschen in den Flüchlingslagern spricht allerdings auch Bände über die arabische Brüderlichkeit - warum sind die nicht längst in Syrien, Libanon usw. integriert sondern werden als Faustpfand für Verhandlungen und Kriege benutzt? Eine Rückkehr ist ja wohl in den meisten Fällen ehe ähnlich wahrscheinlich wie eine der Deutschen nach Ostpreußen.