GI: Gentechnik kommt nicht vor Gericht

pusteblume47 21.03.2008 13:41 Themen: Biopolitik Ökologie
Gießen ist zumindest in Hessen unangefochten die Hauptstadt der Gentechnik. Drei Versuchsflächen betreibt allein die Universität der Stadt. Für den 7. April war der Beginn des Strafprozesses gegen vier Beteiligte einer spektakulären "Feldbefreiung" im Frühjahr 2006 terminiert. Genau den hatten die Angeklagten mit ihrer Aktion erzwingen wollen. Das Paradoxe: Nicht diejenigen, die auf der Anklagebank sitzen würden, lehrt der Prozess das Fürchten, sondern offenbar die Gentechniklobby, die mit der Gentechnik prahlende Universität und ihre Unterstützer in Robe und Uniform. Zwei Tage, nachdem die "FeldbefreierInnen" eine offensive Prozessführung ankündigten, sagte das zuständige Amtsgericht den Termin kurzerhand wieder ab. Ob es überhaupt noch weitergeht, ist mehr als zweifelhaft. Ein Bericht über den aktuellen Stand der Ereignisse.
Der Gießener Prozess hätte eine bisher einmalige Verdichtung der Debatten um Risiken der Gentechnik, der mit ihrer Anwendung verbundenen Steigerungen von Abhängigkeiten und Machtverhältnissen sowie der Frage von Koexistenz und des Schutzes konventioneller und ökologischer LandwirtInnen, ImkerInnen und PflanzenzüchterInnen bewirken können.

Zudem kündigten die Angeklagten an, die Glaubwürdigkeit der Gentechnikforschung in Gießen und vieler unter propagandistischen Etiketten wie "Sicherheitsforschung" segelnden Experimenten prüfen zu wollen. Mit Prof. Kogel wäre ein sich seriös gebender Gentechnikforscher in den Zeugenstand getreten, zudem weitere Personen aus der Versuchsleitung. Die Angeklagten wollten die Verantwortlichen der Genehmigungs- und Überwachungsbehörden hören, Sachverständige laden und Gutachten zur Frage der Rechtmäßigkeit einfordern. "Der bisherige Verlauf vieler Versuche deutet an, dass hinter der Fassade von Biosicherheitsforschung und moderater Sprache verschleierte wirtschaftliche Interessen, Täuschung der Öffentlichkeit und viel Pfusch in der Anwendungspraxis stehen", warfen sie den Versuchsbetreibern vor.

Für die Universität Gießen beinhaltet der Prozess ein hohes Risiko, denn sie führt neben dem Gerstenversuch noch zwei Sortenprüfungen mit Mon810-Mais in Rauischholzhausen und Groß-Gerau durch, zudem ist sie am umstrittenen Weizenversuch in Gatersleben beteiligt. Ob oder wo was verschwiegen, getäuscht oder gar gelogen wurde, hätte der bevorstehende Gerichtsprozess klären können. Wäre es gelungen, auch die Genehmigungsbehörden und ihre zum Teil bekannten Verflechtungen mit der Gentechnikindustrie genauer zu klären, die nach dem Gentechnikgesetz vorgeschriebene Koexistenzfähigkeit der Gentechnik in Frage zu stellen und auch naturschutzrechtliche Prüfungen vorzunehmen, hätte das Verfahren sogar die Rechtmäßigkeit der Agrogentechnik insgesamt berührt. In Gießen hätte Rechtsgeschichte geschrieben werden können.

Nun zeigt sich, was gerade in Gießen von Justizkritikern schon öfter formuliert wurde: Gerichte dienen den herrschenden Interessen. "Wenn die Schaden für Konzern- und Eliteinteressen nur abwenden können, in dem sie ihr eigenes Verfahren selbst wieder verhindern, so tun sie das eben", kritisiert Jörg, einer der verbliebenen Angeklagten, die Absetzung des Prozesstermins und das drohende Aus des gesamten Prozesses.

An der Entschlossenheit der Angeklagten, einen offensiven Prozess führen zu wollen, ändert die aktuelle Sachlage nichts. "Wir werden uns weiter intensiv vorbereiten", erklärt Patrick, ebenfalls Angeklagter im Verfahren. Für ihn steht fest: "Sollte der Prozess noch kommen, werden wir ihn nutzen, um Gentechnik auf der juristischen wie inhaltlichen Ebene auseinander zu nehmen." Teile der im Zuge der Prozessvorbereitung gewonnenen Erkenntnisse wurden bereits ins Internet unter www.gendreck-giessen.de.vu eingestellt. Fast täglich kommen neue Fakten hinzu, welche Ungereimtheiten des Gerstenversuchs oder die handfesten Interessen von Prof. Kogel dokumentieren - und die Entschlossenheit der Angeklagten unterstreichen.


## Hintergründe und der Stand der Dinge beim Feldbefreiungs-Prozess

Die Geschichte der Gentechnik in Hessen ist eine der ständigen Auseinandersetzung zwischen Anwendung und Zerstörung. Nirgendwo sonst gab es einen derart hohen Anteil an besetzten oder zerstörten Flächen. Auftakt war die mehrjährige Auseinandersetzung um Maisversuche der damaligen Hoechst-Sparte AgrEvo Mitte der 90er Jahre in Melbach (Wetterau), gefolgt von den Rapsversuchen der Uni Gießen in Rauischholzhausen. Zerstörungsquote: 100%. Danach kam es zu einzelnen kommerziellen Anbauversuchen mit dramatischem Ergebnis: Ein Landwirt aus der Wetterau verlor einen Großteil seines Kuhbestandes. Bis heute ist umstritten, wieweit die Gentechnik dafür verantwortlich war. Der Bauer selbst konvertierte vom Befürworter zum entschiedenen Kritiker.
Im laufenden Jahr soll das Maisfeld von Gießen nach Rauischholzhausen (Ebsdorfergrund) verlegt werden - und traf dort sofort auf massiven Protest. Überall sind massive Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, u.a. wurde am Gerstenfeld in Gießen eine ganze Obstwiese bis auf die Stämme zurückgeschnitten, um bessere Sicht für die Sicherheitsdienste zu schaffen. Das hat gute Gründe ...


### Seit 2006: Erbittertes Gerangel in der Hessens Gentechnik-Hauptstadt

Seit 2006 geht der Freilandanbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Hessen von Neuem los. Hauptantreiber war und ist die Uni Gießen. Im Jahr 2007 betrieb sie drei Anlagen: Mais und Gerste in Gießen, nochmals Mais auf ihrem Versuchsgut bei Groß Gerau. Damit waren alle hessischen Gentechnikfelder "Made in Gießen", denn ein viertes - geplant von der Firma Monsanto in Wabern-Niedermöllrich - wurde wegen den Protesten schon vor der Aussaat gestoppt. Doch mit den Gießener Flächen hatte die Universität nur ein kurzes Glück. Im ersten Jahr konnte sie zunächst durch massive Unterstützung seitens der zuständigen Behörden und ungestört von den tief schlafenden Parteien und Umweltverbänden, Kirchen und Bauernverbände ein Versuchsfeld mit transgener Gerste einsäen. Es war einzige Fläche mit solchen Pflanzen in Europa und wurde mit Sofortvollzug durchgeboxt, so dass allen Menschen einschließlich der direkten AnwohnerInnen die Möglichkeit genommen wurde, auf legalem Weg die Ausbringung der Gerste zu verhindern. Doch am 2. Juni (Pfingstfreitag) war Schluss. "FeldbefreierInnen" legten selbst Hand an. Trotz Sonderbewachung durch die Polizei gelang die Aktion - verbunden mit der Ankündigung, in dem unausweichlich folgenden Gerichtsprozess das nachzuholen, was durch den Sofortvollzug verbaut wurde: die Rechtmäßigkeit der Gentechnik insgesamt und des konkreten Gengerstefeldes überprüfen zu lassen. Doch genau das ist, wie beschrieben, nicht mehr sicher. Die Gießener Justiz machte einen deutlichen Rückzieher. Ob der Prozess überhaupt noch in Gang kommt, ist offen.


## Ankündigung eines offensiven Prozesses zur Klärung der Gentechnik

Es folgen Auszüge aus einer Pressemitteilung, die von den "FeldbefreierInnen" nach der Festsetzung des Gerichtstermins verschickt wurde. Zwei Tage später setzte Richter Wendel den Prozesstermin wieder ab und stellte das Verfahren gegen zwei der vier Angeklagten ganz ein:

"Am 2. Juni 2006 gelangten vier Personen auf das Versuchsfeld mit transgener Gerste in Gießen. Dass ihnen dieses Kunststück trotz vorheriger Ankündigung und intensiver Polizeibewachung gelang, ist eine der Besonderheiten des Konfliktes zwischen Gentechnik-BefürworterInnen und den GegnerInnen der DNA-Manipulationen auf den Feldern. Bedeutender könnte eine andere werden: Den FeldbefreierInnen, wie sie sich selbst nannten, ging es nämlich nicht nur um die Beendigung der Freisetzung manipulierter Pflanzen, sondern darum angeklagt zu werden. "Nur dann kann endlich geklärt werden, ob die Gentechnik überhaupt rechtmäßig ist", formulierten sie dieses zusätzliche Motiv.
Nun ist es soweit. Im April 2008 sollen die AktivistInnen vor Gericht gestellt werden. So bunt diese vierköpfige Gruppe aus verschiedenen Städten und von der Studentin bis zum Rentner ist, so brisant sind die Fragen, die sie stellen und klären wollen: "Können einmal ausgebrachte Gensequenzen unter Kontrolle gehalten werden? Ist die gesetzlich vorgeschriebene Koexistenz zwischen gentechnischer und gentechnikfreier Landwirtschaft gewährleistet? Stellt die Gentechnik einen Verstoß gegen naturschutz- und grundrechtliche Vorgaben dar? Wurde beim konkreten Versuch geschummelt, gelogen und nachlässig gearbeitet?"
Der Gießener Prozess kann eine bisher einmalige Verdichtung der Debatten um Risiken der Gentechnik, der mit ihrer Anwendung verbundenen Steigerungen von Abhängigkeiten und Machtverhältnissen sowie der Frage von Koexistenz und des Schutzes konventioneller und ökologischer LandwirtInnen, ImkerInnen und PflanzenzüchterInnen bewirken. Zudem spricht viel dafür, dass es noch um mehr gehen könnte - um die Glaubwürdigkeit der Gentechnikforschung in Gießen und überall. Mit Prof. Kogel tritt ein sich seriös gebender Gentechnikforscher in den Zeugenstand, zudem weitere Personen aus der Versuchsleitung. Die Angeklagten wollen zudem die Verantwortlichen der Genehmigungs- und Überwachungsbehörden hören, Sachverständige laden und Gutachten zur Frage der Rechtmäßigkeit einfordern. "Der bisherige Verlauf vieler Versuche deutet an, dass hinter der Fassade von Biosicherheitsforschung und moderater Sprache verschleierte wirtschaftliche Interessen, Täuschung der Öffentlichkeit und viel Pfusch in der Anwendungspraxis stehen", werfen die Angeklagten den Versuchsbetreibern vor - unter anderem dem Team um Prof. Karl-Heinz Kogel aus Gießen. Allein für die Universität Gießen geht es um viel, denn sie führt neben dem Gerstenversuch noch zwei Sortenprüfungen mit Mon810-Mais in Rauischholzhausen und Groß-Gerau durch, zudem ist sie am umstrittenen Weizenversuch in Gatersleben beteiligt. Ob oder wo was verschwiegen, getäuscht oder gar gelogen wurde, könnte der bevorstehende Gerichtsprozess klären. Am 7. April treffen sich die KontrahentInnen das erste Mal im Amtsgericht Gießen. Weitere Termine sind für den 14. und 28. April vorgesehen."


## Prozessabsage und Stand des Verfahrens

Eine Akteneinsicht im Amtsgericht am 11.3.2008 ergab:

- Die Termine für den Prozess im April waren festgelegt, sind aber bereits wieder aufgehoben worden.
- Die Staatsanwaltschaft hat bereits der Einstellung des Verfahrens gegen drei der vier Angeklagten zugestimmt
- Die Verfahren gegen zwei der Angeklagten sind eingestellt gegen Geldzahlung an Robin Wood
- Die zweite Anklage gegen den vierten Angeklagten ("Beleidigung" des Innenministers als "Rechtsbrecher") soll offenbar verworfen werden. Richter Wendel lässt prüfen, ob der Strafantrag nicht zu spät gestellt wurde und damit unwirksam ist. Mit der Prüfung beauftragt ist ausgerechnet wieder die Staatsschützerin Cofsky, die seit Jahren mit der Verfolgung von ProjektwerkstättlerInnen beauftragt ist und in der Vergangenheit systematisch mit Fälschungen und Unterschlagungen deren Kriminalisierung betrieben hat. Dass gegen sie inzwischen ermittelt wird, kümmert die Justiz wenig - weitermachen!
- Bedauerlich ist immer wieder das Verhalten einiger Anwälte, gerade bzw. auch szenenaher/-empfohlener. So sind Schreiben in den Akten, von denen die Angeklagten nie etwas erfahren haben.


## Termine

- 5. April, 15 Uhr, Giepen, Brandplatz vor dem Regierungspräsidium: Bunte Demonstration gegen die Gentechnik am Samstag (Infos:  http://www.projektwerkstatt.de/gen/prozess_mehr.htm)
- Donnerstag, 15.5. im Amtsgericht Gießen, 11 Uhr, Raum 100 A: Prozess gegen einen Journalisten, der sich wagte, das Gengerstenfeld zu fotografieren (von der Straße aus) und dabei auch gleich verhaftet wurde (Infos:  http://www.projektwerkstatt.de/gen/staatsmacht.htm)

## Mehr Informationen

- Mehr Informationen unter www.gendreck-giessen.de.vu
- Hintergrundtext zum Gerstenversuch und bevorstehenden Prozess im GID Februar 2008 (Gen-ethischer Informationsdienst, S. 26 ff.) ++ als GIF: S. 26, S. 27, S. 28

## Kontakt zu den verbliebenden zwei angeklagten FeldbefreierInnen:

- Patrick, 0171-834 8430, piratenutopie(ätt)web.de
- Jörg: c/o Projektwerkstatt, 06401/903283, joerg(ätt)projektwerkstatt.de
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Ergänzungen

Aufruf für eine Demo gegen Gentechnik am 5.4.

feldbefreii 21.03.2008 - 19:51
Demo gegen Gentechnik
Samstag, 5. April, 15 Uhr in Gießen zu den Verursachern der Genversuchsfelder in Hessen

Keine Gentechnik auf Äckern und Tellern!
Den Protest gegen die Agro-Gentechnologie nach Gießen tragen

2007 gab es in Hessen drei Äcker, auf denen gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut wurden: Zwei Sortenprüfungen mit Mon810-Maissorten westlich von Gießen und in Groß Gerau, dazu ein hochgesichertes Feld mit transgener Gerste a, Alten Steinbacher Weg im Osten der Stadt. Betreiber war in allen Fällen die Universität Gießen, Genehmigungsbehörde unter anderem das Regierungspräsidium in Gießen. Alle drei Felder sollen 2008 erneut ausgesät werden, eines um einige Kilometer verschoben von Gießen-West ist den Ebsdorfergrund. Zudem plant die Firma Monsanto ein Versuchsfeld in Niedermöllrich bei Wabern.
Gießen ist damit die "Hauptstadt der Gentechnik in Hessen":

o Hier werden landesweit die Genehmigungsverfahren vom Regierungspräsidium (RP Gießen) abgewickelt.
o Hier haben die Institute der Universtität ihren Sitz und ihre Versuchsanlagen, die für alle hessischen Gentechnikfelder im Jahr 2007 verantwortlich waren und auch für 2008 wieder drei Versuche planen.
o Hier befindet sich mit den Versuchsfeld mit transgener Gerste eines der riskantesten und wichtigsten Felder in Deutschland. Eine völlig neue Pflanze soll entwickelt und marktfähig gemacht werden. Zudem geht es um die Entwicklung neuer Methoden gentechnischer Manipulation, die die Agrar-Gentechnik schneller und effizienter machen soll. Dieser Versuch spielt sogar international eine bedeutende für Weiterentwicklung der Gentechnik in der Landwirtschaft.

Grund genug also, den Protest in genau die Stadt zu tragen, in der die Manipulation an Organismen vorangetrieben werden, die rein wirtschaftlichen Interessen und dem Renomee einer sich als High-Tech-Standort verkaufenden Universität dienen.

Daher: Eine bunte Demonstration gegen die Gentechnik am Samstag, 5. April, ab 15 Uhr (Brandplatz vor dem RP)!

Die Route führt vom Regierungspräsidium zum Uni-Hauptgebäude und endet am umstrittenen Gerstenfeld am Alten Steinbacher Weg.

Mehr Informationen zu den Feldern der Uni Gießen und zur geplanten Demonstration
auf www.gendreck-giessen.de.vu!

Verbreitet diesen Termin weiter! Kommt und bringt noch viele Menschen, bunte Wägen, Spruchbänder, landwirtschaftliche Maschinen, Lieder und Aktionsideen mit!

Kontakt: AktivistInnen aus dem Gießener Aktionsbündnis gegen Gentechnik, aus der Runde der FeldbefreierInnen und weitere Einzelpersonen
c/o Projektwerkstatt, 06401/903283 und  saasen@projektwerkstatt.de, www.gendreck-giessen.de.vu (unterwegs und während der Demonstration: 0152-29990199)

Text zur Prozessabsage in der Oberhess.Presse

siehe im Text 21.03.2008 - 22:53
„Feldbefreier“-Prozess verschiebt sich

Gießen. Der geplante Genmais-Versuch in Rauischholzhausen ist für die Universität Gießen nicht die erste Konfrontation mit Gegnern grüner Gentechnik.

von Michael Agricola

Eigentlich sollten ab 7. April vier selbsternannte „Feldbefreier“ vor dem Amtsgericht stehen, die am 2. Juni 2006 auf dem Gelände der Justus-Liebig-Universität am Alten Steinbacher Weg ein Versuchsfeld mit genveränderter Gerste zerstört hatten und dabei von der Polizei festgenommen worden waren. Kurz vor Beginn des Prozesses sagte das Gericht jedoch den Termin vorerst ab.

Auch im vergangenen Jahr baute die Universität an gleicher Stelle Gerstenpflanzen an; trotz eines anonymen Hinweises, das Feld sei von Unbekannten verseucht worden, um den Versuch zu verhindern. Im Juni wurde das rund um die Uhr bewachte Feld von Unbekannten zum Teil zerstört.

Auf einem anderen Feld im Westen der Stadt Gießen war im Mai 2007 von Unbekannten der überwiegende Teil der mit einem Zaun gesicherten Maissortenprüfung zerstört worden, die in diesem Jahr nun in Rauischholzhausen fortgesetzt werden soll. In Rauischholzhausen selbst war die Universität schon im Jahr 1997 mit dem Versuch gescheitert, Gen-Raps anzubauen. Gentechnik-Gegner setzten das Feld in Brand und vernichteten die Pflanzen.

Die Absage des „Feldbefreier“-Prozesses kommt zu diesem Zeitpunkt überraschend. Immerhin hatte die Staatsanwaltschaft bereits im Mai 2007 Anklage wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch erhoben, unter anderem gegen Jörg Bergstedt von der Projektwerkstatt in Saasen, einem Ortsteil von Reiskirchen.

Nun sollen zumindest zwei der vier Angeklagten mit einer Geldauflage und ohne Prozess davonkommen. „Gegen zwei Angeklagte ist beabsichtigt, das Verfahren einzustellen“, bestätigt der zuständige Gießener Amtsrichter Michael Wendel. Die Staatsanwaltschaft hat dem Vorschlag des Gerichts laut Sprecher Reinhard Hübner zugestimmt.

„Feldbefreier“ Bergstedt argwöhnt, dass die Einstellung der Verfahren etwas damit zu tun haben könnte, dass die Angeklagten im Vorfeld angekündigt hatten, im Prozess die führenden Wissenschaftler des Pflanzenbau-Instituts, unter anderem den Uni-Vizepräsidenten Professor Karl-Heinz Kogel, der gleichzeitig Leiter des Gengerste-Versuchs ist, als Zeugen vorzuladen, um ihnen „die unwissenschaftliche Vorgehensweise bei dem Versuch“ nachzuweisen.

Das sei der klagenden Universität in der derzeitigen Diskussion um den Genmaisversuch in Rauischholzhausen sicher nicht recht, so Bergstedt. Aber auch die Justizbehörden, die häufig mit der justizkritischen Projektwerkstatt zu tun hätten, seien in seinen Augen nicht unbedingt an einem solch öffentlichkeitswirksamen Prozess interessiert.

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Feldbefreier-Elite?

... 21.03.2008 - 15:21
ist das wieder ein projekt von bergstedts saubermann-werkstatt, die mit niemandem zusammenarbeiten will, immer beleidigt eliten und machtspiele wittert um dann selbst eine besetzung mit spiegel tv (beim g8) zu inszenieren, individuell groß rauskommen zu wollen und damit die ganze aktion gefährden? die cops haben damals wind von der sache bekommen und alle flogen auf. danke j.b.

Boah, was fürn Rufmord!

mit dabei gewesen! 21.03.2008 - 17:44
Wie krass!
DIe Sugestion, dass die Anwesenheit eines Filmteams zum scheitern der Feldbesetzung bei Gross-Lüsewitz beitrug, ist schon krass...

@...

auch dabei gewesen 21.03.2008 - 21:58
Hut ab vor soviel Hass auf eine Einzelperson, der völlig ausblendet, dass die AktionEN in Groß Lüssewitz eben nicht von einem Menschen oder einer zentralen Crew inszeniert wurden (im Gegensatz zu vielen der Anti-G8-Großveranstaltungen), sondern unter Mitwirkung und Mitgestaltung vieler Einzelpersonen, denen es gerade NICHT darum ging, ein Bündnis- oder sonstiges Logo in die Kamera zu halten, sondern denen die Aktion wichtig war. Wenn kaum Menschen bereit sind, vor einer Kamera für die Aktion zu sprechen, kann meiner Meinung nach nicht denen eine Vorwurf gemacht werden, die sich das zutrauen.

Wenn es meine Felder wären...

egal 22.03.2008 - 02:35
... wären dort Selbstschußanlagen installiert. Selbstverständlich mit unmißverständlichen Warnschildern am Zaun - dann können die Querulanten selbst entsche3iden, ob sie zerfetzt werden wollen oder doch lieber meine Felder in Ruhe lassen.

kein logo?

fgg 22.03.2008 - 08:00
kein logo in die kamera halten? jb hat die projektwerkstatt zum logo für isoliertes linkes wirken gegen alle anderen organisierungen gemacht. jedes abweichlertum wird gedisst, bekämpft, auf mailinglisten von ihm schlammschlachten über die "schuldfrage" entfacht (schuld sind natürlich immer die anderen). das ist unappetitlich und sinnlos. die leute von der projektwerkstatt haben sich seit jahren von jb in eine nische manövrieren lassen; da sie ja nicht-hierarcisch organisiert sind haben sie dem wohl zugestimmt. welche gruppe arbeitet mit denen den überhaupt noch zusammen?

Seien wir doch mal ehrlich

: 22.03.2008 - 09:51
Eine Stimme aus der Projektwerkstatt wettert doch meist gegen einen Prototyp von "Elite", "Führer", den einer von dort selbst exakt repräsentiert. Zumindest ist er der einzige der sich in der Öffentlichkeit - zumeist extrem unter der Gürtellinie und auschließlich moralisch, nie inhaltlich - für die PW artikuliert. Das ist schade und diskreditiert jeden anderen Ansatz anti-hierarchischer bzw. anarchistischer Arbeit. Ärgerlich. Es scheint fast als bestünde die PW nur aus einer Person.

Vereinzelungs-Vorwurf

egal 22.03.2008 - 16:56
Die Vorwürfe an die Menschen aus dem Umfeld der Projektwerkstatt Saasen sind meiner Meinung nach aus der Luft gegriffen. Auch wenn derzeit vielleicht tatsächlich nur ein Mensch dort leben und wirken würde, welche Relevanz hätte dies für die durchaus durchschlagenden TATSÄCHLICHEN politischen ERFOLGE, die aus dem Umfeld erkämpft wurden und des grossen publizistischen Ausstoss aus selbiger?
Was ich immer wieder feststelle ist Neid.
Anstatt den offenen Streit mit z.B. Jörg B. zu suchen werden hier auf billige Weise Anwürfe gepostet, oftmals wohl auch von einer Person die für den Innenminister Hessens arbeitet. Darüber soll mensch sich nicht beklagen, auch nicht über den "Stil" einer Person. Auf Erfolge kommt es an, und da ist derzeit für das "anarchistische" Umfeld die ProWe + Umfeld hervorragend. Auch was Publizität (auch negative ist eine solche) angeht.

@ egal:

__ 22.03.2008 - 18:06
der einzige kritiker von JB arbeitet fürs innenminsterium? warum nicht gleich "den mossad"? mal im ernst: es ist dir wirklich schnuppe, selbst wenn die PW nur aus einer person besteht, hauptsache seine medienpräsenz ist positiv? das kann wohl kein maßstab für linksradikale, nicht-hierarchische politik sein. vielleicht ist eine ein-personen-anarcho-medienagentur (die auf genug komparsen die übers maisfeld hüpfen zurückgreifen kann) nicht das schlechteste. ärgerlich eben wenn jene einzelperson sich zum polit-gewissen aufschwingt, alle anderen organisierungen als seine eigene als "machtlüsterne eliten" darstellt. fällt dir da nix auf?

aha?

egal2 22.03.2008 - 19:59
Nochmal: In der Prowe ist eine Hierarchie, eine Person repräsentiert das Prinzip "Elite" und soll dann dort aber ganz allein sein? Phänomenal. Nur leider irgendwie nicht gleichzeitig möglich. Wer die Inhalte dieser seltsamen Einrichtung aus Hierarchie, Elite und nur eine Person lesen will, kann ja auf www.projektwerkstatt.de herumsurfen. Das da keine Inhalte zu finden sind und z.B. zu NGOs, Linkspartei, G8-Mobilisierung keine inhaltlichen Kritiken zu finden sein sollen, kam mir nicht so vor. Aber das ist ja Geschmackssache. Ungefähr so wie die Postings irgendwelcher Leute, die spürbar bei der Feldbesetzung in Lüsewitz nicht dabeiwaren, aber genau wissen, was dort ging.

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Aktivbürger 22.03.2008 - 23:51
Hmmm, ... interessanter Artikel, bin bei meinen Recherchen zu Gentechnik darauf gestoßen. Aber ist es denn wirklich so da die "Linken" zu Gentechnik nichts weiter zu kommentieren wissen als das es da einen JB aus einer PW gibt, der irgendwie anders ist. Irgenwie fragwürdig!

Beispielhafte Qualität

Egal 24.03.2008 - 21:31
Von den flamings mal abgesehen: Ich wünschte mir mehr solche Artikel auf indymedia. Zwar sollen hier nicht nur angehende JournalistInnen schreiben (dürfen), aber ab und an wünsche ich mir schon eingehendere Berichte mit ähnlich vielen Hintergrundinformationen, wie in diesem Artikel. Oft finde ich die Meldungen kryptisch und nicht sehr informativ. Auch das Verbleiben im "coolen" Szene-Jargon das oft als authentisch daherkommen will finde ich auf die Menge der vielen Beiträge eher ermüdend.
Auch die ganze Polemik, oder der oft dogmatisch Pathos (besonders was Artikel zur Lage in Nahost betrifft - egal ob sie von den unsagbaren "Anti-Imps" oder von Israel-solidarischer Seite verfasst sind) schaden dem Gesamtbild des web-Auftritts.
Deswegen bitte mehr Berichte und Nachrichten - von mir aus auch Aufrufe in ähnlich gelungener Form wie dieser hier!