Interview mit Bruder des ermordten Studenten (Iran)

Saeed Soraia 20.01.2008 15:14 Themen: Repression Weltweit
Ein Interview mit dem Bruder des ermordten iranischen Jurastudent, Ebrahim lotfolahi
Es muss gesagt werden, dass das iranische Regime mehrmals verhaftete politische Gefangene ermordet und diese Morde als Selbstmord dargestellt hat. Allein in den letzten Monaten geschah dies mindesten dreimal, darunter auch eine Medizinstudentin.
Rooz Online
Übersetzung aus dem Persischen: Saeed Soraia
Herr Lotfolahi! Wieviele Tagen nach der Verhaftung Ihres Bruders wurden Sie über seine angeblichen“ Selbstmord“ benachrichtigt? Wie haben Sie von dem Tod Ihres Bruder erfahren?
Die Sicherheitskräfte haben meinen Bruder am 6.Januar nach der Ablegung einer Prüfung auf der Straße verhaftet und ihn in Untersuchungshaft nach Sanandaj gebracht. Drei Tage später wurde er in Isolationhaft überführt, wo wir ihn besuchen konnten. Am 10.Januar ,d.h acht Tage nach seiner Verhaftung hat die Zentrale Informationstelle der Stadt Sanandaj sich bei uns gemeldet und uns über seinen „Selbstmord“ und die bereits durchgeführte Bestattung auf dem Friedhof „Behesht Mohamad“ in der Stadt Sanandaj informiert.
Sind Sie daraufhin auch zum Friedhof gegangen?
Ja.Wir sind hingegangen. Der Mitarbeiter des Friedhofs hat uns Ebrahims Grab gezeigt. Das war kein Grab.Das war Beton.
Beton?
Ja.Sie haben das Grab zementiert!Vielleicht haben sie die Absicht verfolgt, dass wir die Leiche nicht herausholen und das sehen, was sie nicht wollen , dass wir sehen müssen.
Was hätten Sie sehen können?
Die Folterzeichen und die Zeichen, die zu seinem Tod geführt haben.
Ist jemand Zeuge die Begrabung Ihres Bruders gewesen?
Der Mitarbeiter des Friedhofs hat uns gesagt, dass ein Paar Leute vorbei gekommen sind und die Leiche begraben haben.
D.h, dass er die Leiche gesehen hat?
Nein.Er hat sie nicht gesehen, weil die Sicherheitskräfte selbst die Leiche begraben und es nicht zu gelassen haben, dass jemand sich nähert.
Sie haben vorhin gesagt, dass Sie Ihren Bruder im Gefängnis besucht haben. Erzählen Sie über den Besuch.Wie war seine körperliche und psyschiche Lage während des Besuches?
Meine Mutter und ich haben ihn besucht und konnten ihn nur in einer Art Kabine sehen.Es ging ihm körperlich und psychisch gut.Er hat mir sogar gesagt, dass ich ihm warme Sachen mitbringen soll. Allgemein ging es ihm gut.
Es sah also nicht so aus, dass er Selbstmord begehen will?
Absolut nicht.Wir glauben nicht, dass er Selbstmord begangen hat.Er war körperlich und psychisch in guter Vefassung.Wenn er wirklich Selbstmord hat , warum haben sie dann nicht zugelassen , dass wir seine Leiche zur Gesicht bekommen, und warun haben die Sicherheitskräfte selbst die Leiche unter Beton begraben?
Warum wurde er überhaupt verhaftet?
Er hat sich um die studentische Probleme gekümmert und war sehr energiegeladen. Es wird gesagt, dass er an der Universität sehr aktiv war. Bevor er verhaftet wurde, sind die Sicherheitskräfte zweimal zu unserem Haus gekommen , um ihn zu verhaften. Aber er war nicht zu Hause. Bis er dann am Tag seiner Prüfung verhaftet wurde. Er wurde vorher nicht verhaftet oder vernommen.
Was hat Ihr Bruder Ebrahim studiert?
Er war 27 Jahre alt und studierte Jura an der Uni „Payame Nur“ in der Stadt Sanandaj im 7.Semester.
Nachdem Sie über seinen Tod gehört haben, an wen haben Sie sich gewendet und welche Pläne haben sie um dieses Problem weiter zu verfolgen?
Wir sind zur Zentralen Informationsstelle gegangen. Sie haben uns gesagt, dass er Selbstmord begangen habe. Sie haben uns sogar nicht einmal gesagt auf welche Weise? Sie haben uns lediglich für drei Tag die Erlaubnis für die Feierlichkeiten erteilt.
Sie lehnen die Spekulation „Selbstmord“ ab? Um die Warheit ans Licht bringen, werden Sie juristische Schritte unternehmen?
Wir fordern die Ausgrabung der Leiche. Es muss die Leiche meines Bruders untersucht werden, um die wirkliche Usache des Todes festzustellen. Wir werden die Kräfte, die an dem Tod meines Bruders beteiligt waren, anklagen. Wir können auch nicht sicher sein, ob mein Bruder wirklich dort begraben ist oder nicht. Deshalb es muss eine erneute Bestattung meines Bruders stattfinden.
Wie geht es Ihrer Eltern?
Sie sind sehr traurig.Sie können nicht glauben, dass Ebrahim nicht mehr lebt. Das alles hat nur in acht Tagen gedauert. Zuerst verhaften sie ihn, danach besuchen wir ihn und nach einige Tagen rufen sie uns an und geben uns die Adresse seines Grabes. Wir waren zutiefst schockiert.
Möchten Sie uns gern was am Ende der Interview noch sagen?
Nein!Wir hoffen, dass die wirklichen Täter identifiziert und bestraft werden.
Interview Rooz Online
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Ergänzungen

Studierende hinter Gittern

alex 21.01.2008 - 01:09

jungeweltw 21.Jan

Iran: Linke Aktivisten weiter unter fadenscheinigen Vorwürfen inhaftiert
Von Nico Sandfuchs, Ankara
Noch mindestens 37 der mehr als 40 iranischen Studierenden, die Anfang Dezember in Teheran, Täbris, Ahvaz und Schiraz im Zusammenhang mit Protesten zum landesweiten »Studententag« verhaftet wurden, werden weiterhin im Teheraner Evin-Gefängnis festgehalten. Bei den Inhaftierten handelt es sich überwiegend um Mitglieder des linken »Komitees der nach Freiheit und Gleichheit strebenden Studenten«, das am 7. Dezember eine Demonstration »gegen die Kasernenhofmentalität an den Universitäten« und eine »zunehmende Militarisierung« der iranischen Gesellschaft organisierte. In einem Aufruf hatte die Gruppe »Universitäten, die nicht durch den Staat kontrolliert werden und Lehrkörper, die auch andere Meinungen als die allgemeingültigen vertreten«, gefordert.

Iranische Behörden waren gewaltsam gegen die Kundgebung eingeschritten und werfen nun, nach Angaben des Informationsministeriums, den Verhafteten eine ganze Palette schwerer Straftaten vor, die vom Besitz sogenannter »irreführender Schriften« über Alkohol- und Drogenmißbrauch bis hin zu »Herstellung von Sprengvorrichtungen« und »Gefährdung der öffentlichen Sicherheit« reicht.

Kommilitonen der inhaftierten Studierenden bezeichnen die Vorwürfe allerdings als »konstruiert« und verweisen auf den Umstand, daß bislang noch nicht einmal formal Anklage erhoben worden sei. Dies lege die Vermutung nahe, daß es handfeste Beweise gar nicht gebe und die anhaltende Inhaftierung vor allem zum Ziel habe, regimekritische Studentengruppierungen einzuschüchtern. Das »Komitee der nach Freiheit und Gleichheit strebenden Studenten« ist derzeit bemüht, internationalen Protest gegen die willkürlichen Festnahmen und die Haftbedingungen zu mobilisieren

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