Dresden: Verfassungsschutz hinterm Mond

VS-Beobachter 14.12.2007 10:51 Themen: Antifa Repression
Bilanz des aktuellen Zwischenberichts des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz. Verbreitung von veralteten und falschen Informationen zu Aktivitäten der rechten Szene in Sachsen.
Auf der Nachrichtenseite redok wurde bereits in einem Artikel darauf hingewiesen hat, dass der VS erst nach einer Auswertungszeit von einem halben Jahr in der Lage war, die Aktivitäten der rechten Szene am 1.Mai zu deuten. Informationen die der Öffentlichkeit glücklicherweise schon lange vorher zugänglich waren.

Gravierend ist aber vor allem die Einschätzung zur linken Szene. So heißt es im aktuellen Zwischenbericht des sächsischen Verfassungsschutz:

Störaktionen Autonomer bei einer Straßenveranstaltung am 06. Oktober 2007 in Dresden
Bei einem „Bürgerfrühstück für Toleranz und Demokratie“ einer nicht extremistischen Initiative„Pieschen gegen Rechts“ versuchten nach Feststellung der Polizei Personen des „linken“Spektrums, Teilnehmer des „rechten“ Spektrums mit Fußtritten vom Veranstaltungsgeländezu drängen. Im Internetportal „Indymedia“ hieß es dazu, die „Nazis“ seien „abserviert“ worden.Das gewaltsame Vorgehen gegen politische Gegner lässt auf Autonome schließen.

Hätte der VS doch mal lieber nicht nur die Einleitung des Berichts auf indymedia gelesen. Dort steht, dass es die Veranstalter (also die Nichtextremisten) waren, die dazu aufgerufen haben, die Nazis von der Kundgebung zu drängen, und sich neben vielen anderen Besucheren des Bürgerfrühstücks gegen die NPD daran aktiv beteiligten. Vielleicht hätte der VS auch nicht einfach die Pressemitteilung der NPD abschreiben sollen, immerhin gab es noch weitere Möglichkeiten sich bei den Nichtextremisten zu informieren. In der sächsischen Zeitung vom 8.10. steht in einem Artikel dazu:

In manchen Momenten war das recht wichtig, weil Spannung aufkam. Ein rundes Dutzend bekannte junge Rechtsradikale versuchten, sich mit auf das Gelände zu drängen. Sie waren naturgemäß unerwünscht und standen alsbald einer Kette von Ordnern und weiteren wachsamen Teilnehmern gegenüber. Darin trafen sich einträchtig auch die Oberbürgermeister-Kandidaten Peter Lames (SPD) und Eva Jähnigen (Grüne). Ernste Rangeleien blieben allerdings aus.

Für Unmut bei den Veranstaltern sorgten dann die angerückten rund 20 Polizisten. Zunächst trennten sie die gegensätzlichen Reihen, dann machten die Beamten aber die Veranstalter darauf aufmerksam, dass sie nicht einzelne Personen von dem Fest im öffentlichen Straßenraum fernhalten könnten, wie Polizeisprecher Marko Laske später erläuterte. Dagegen erklärte Björn Redmann von der Bürgerinitiative Pieschen gegen Rechts, es sei im Vorfeld mit der Polizei abgesprochen gewesen, dass sie bei dem Fest das Hausrecht hätten.

Möglicherweise wären für den VS doch noch einige Monate mehr Zeit zum Auswerten nötig gewesen, anstatt so einen Schnellschuss schon nach 2 Monaten zu produzieren. Dass den Linken eine angebliche Störaktion in die Schuhe geschoben werden soll, ist aber nur ein Teil des Komplexes. Völlig unverständlich ist, dass die eigentliche Störaktion von Seiten der Neonazis völlig unter den Tisch gekehrt wird. Obwohl nun mittlerweile schon einige solcher Stör-Aktionen (1,2,3,4,5) in Dresden (vom Umland ganz zu schweigen) stattfanden, scheint der sächsische Verfassungschutz immer noch zu glauben, dass die Neonazis immer wieder völlig zufällig in Veranstaltungen, die sich gegen Nazis richten, hineinstolpern.

Als Fazit kann man festhalten, dass der sächsische Verfassungsschutz völlig überflüssig ist. Alle Informationen über die rechtsextreme Szene kann man viel schneller und genauer bei sächsischen Antifagruppen erhalten. Projekte wie redok informieren inzwischen wesentlich schneller, besser und ausführlicher über die Aktivitäten der rechten Szene. Der VS schreibt letztendlich auch nur ab, und das was nicht abgeschrieben wurde, ist oft einfach falsch. Zusätzlich war der Einsatz dieser Behörde maßgeblich dafür verantwortlich, dass das NPD-Verbotsverfahren gescheitert war. Letztendlich kann diese Behörde froh sein, dass sie dem kapitalistischen Verwertungsdruck nicht ausgesetzt ist und sich auf Kosten der Steuerzahler produzieren darf. Auf dem freien Markt hätte so ein Verein keine Chance.

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Ergänzungen

Erwähnenswert...

an-archo 14.12.2007 - 12:01
...wäre auch noch, das bei örtlichen Nazis polizeiliche Ermittlungsakten mit Fotos und Adressen derer politischen Gegener gefunden wurde. Woraufhin es von der Sächsischen Polizei hies, das man dagegen nichts machen könne.

Staatliche Anti-Antifa in Dresden

Eumel 14.12.2007 - 12:08
das mit den Akten ist hier ganz gut zusammengefasst:
 http://www.autonome-antifa.org/spip.php?page=antifa&id_breve=910&design=2

Die Dresdner Anti-Antifa Akte

ole 14.12.2007 - 13:48

kleine Richtigstellung

der grüne Punkt 14.12.2007 - 20:44
Das mit der Veranstaltung in Pieschen hat der VS schon Ende Oktober veröffentlicht. Nur das mit den Nazis ist neu bzw. alt. :D Das ändert aber nichts daran, dass der VS Blödsinn schreibt. Super Artikel. ;)

Linke und rechte Montagsdemonstranten

http://www.freiepresse.de/ 15.12.2007 - 16:27
Polizei zwischen linken und rechten Montagsdemonstranten

Ordnungsbürgermeister kündigt flankierende Maßnahmen an – Eingreifen gegenüber unerwünschtem Demo-Zuwachs nur bei Störung möglich

Zwickau (fp). Zwickau. Die 161. Montagsdemonstration, die das „Aktionsbündnis gegen Agenda 2010 und Sozialkahlschlag Zwickau“ während seiner Veranstaltung am vorigen Montag bereits für die nächste Woche angekündigt hat, soll stärker von Polizei und Kräften des Ordnungsamtes flankiert werden.

Das sagte gestern Ordnungsbürgermeister Sven Dietrich (SPD).Hintergrund ist der unerwünschte Zuwachs, den die Demonstranten um Sprecher Helmut Zagermann, am vorigen Montag von seiten einer Gruppe bekamen, die sich laut Transparent als „autonome Nationalisten“ bezeichneten.

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