NPD-Aufmarsch und Gegendemo in Frankfurt/M

I-330 23.10.2007 23:49 Themen: Antifa Antirassismus Repression

Am 20.10. 07 fand im Frankfurter Stadtteil Hausen eine NPD-Demo mit Kundgebung gegen den geplanten Bau einer Moschee am Fischstein statt. Anders als am 7.7.07, als die Ewiggestrigen schon einmal in Hausen aufmarschierten, waren diesmal nur ca. 100 Rechtsextreme anwesend. Dennoch beschwor ihr Aufzug einen massiven Polizeieinsatz herauf, der zwar nicht zahlenmäßig, aber in seiner Brutalität der Demo im Juli in nichts nachstand.

Das Vorspiel

Die Organisation des rechten Aufmarsches wurde vom hessischen NPD-Landesvorsitzenden Marcel Wöll übernommen, der schon mehrfach u.a. wegen Körperverletzung und jüngst wegen Volksverhetzung verurteilt wurde. Die Stadt Frankfurt hatte den Nazis die Demo untersagt, das Verwaltungsgericht jedoch ermöglichte ihnen das Verbreiten ihrer Hasstiraden mit der Begründung, es würde von ihnen schon keine Gefahr ausgehen, obwohl im Vorfeld die zu verlesenden Texte der Kundgebungen im Internet veröffentlicht wurden und dort eindeutig die Militanz der NPD zum Ausdruck gebracht wurde. Das Römerbergbündnis (ein Zusammenschluss von Gewerkschaften, Kirchen und jüdischer Gemeinden) und die Anti-Nazi-Koordination (im Folgenden ANK) Frankfurt riefen daraufhin zur Gegendemonstration auf.


Der Naziaufmarsch

Die NPD fuhr um ca. 13:30 wie schon am 7.7.07 in einem von der DB bereitgestellten Sonderzug am Westbahnhof ein, um von dort aus nach Hausen vorzurücken. Im Wesentlichen glich die NPD-Route der der letzten Demo. Am Fischstein, wo die neue Moschee gebaut werden soll, fand eine Kundgebung mit SVP-Symbolik statt und man skandierte die üblichen Parolen. Auch diesmal sah die Polizei keinen Grund zum Einschreiten, obwohl wieder sich gegen die BRD richtende und volksverhetzende Aussagen fielen. Etwas Gutes hatte die NPD-Demo trotzdem: Sie war wesentlich schneller vorbei als geplant. Hatte das Verwaltungsgericht Frankfurt den Nazis zugestanden, bis 21:00 zu demonstrieren, waren diese um 17:30 schon wieder auf dem Rückzug.


Gegendemonstrationen

Die Gegendemonstrationen und -aktionen wurden insofern erschwert bzw. z.T. unmöglich gemacht, als die völlige Abriegelung Rödelheims und Hausens viele, die an der Demonstration gegen die NPD teilnehmen wollten, gar nicht erst zum Ort des Geschehens durchkommen ließen. Dennoch beteiligten sich ca. 1200-1500 Personen an den Gegendemonstrationen.
Treffpunkte der Gegendemonstrationen waren Messekreisel und Rödelheimer Bahnhof, 11:00. Eine Demo des Römerbergbündnisses mit ca. 750 Teilnehmern lief von letzterem Treffpunkt nach Hausen. Ein Großteil der Demonstranten versuchte dann, die NPD-Route zu blockieren, wurde von der Polizei jedoch mit Knüppel frei daran gehindert. Die, die sich am Messekreisel trafen, schlossen sich an der Breitenbachbrücke in Bockenheim einer Demonstration von ca. 300 Mitgliedern der ANK an oder mussten unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen, weil die Polizei ihnen den Weg nach Rödelheim verwehrte.
Lob und Bewunderung an dieser Stelle an alle, die durch persönlichen Einsatz mehr gegen die Nazis unternehmen konnten als der übliche Gegendemonstrant, als da wären die Studenten des Ludwig-Landmann-Wohnheims, die dafür sorgten dass die rechten Hetzparolen durch laute Musik übertönt wurden (leider nur solange bis die Polizei das Wohnheim stürmte) und eine alte Dame, die sich unter die Nazis mischte und schließlich NPD-Ikone Marcel Wöll beleidigen konnte, was fast zum vorzeitigen Ende der NPD-Demo hätte führen können, hätte Herr Wöll doch mehr Jähzorn als Manieren gehabt, wie man es sonst von Nazis kennt.


Das Vorgehen der Polizei

Etwa 3000-4000 Polizisten riegelten die Stadtteile Hausen und Rödelheim komplett ab, um den Rechten ihre Hasstiraden zu ermöglichen, mancherorts nicht nur mit Omnipräsenz der Damen und Herren in Grün oder durch Einsatz zweier Hubschrauber, sondern auch durch Stacheldrahtverhaue. Die Polizei legte somit ein ebenso militantes Vorgehen wie schon am 7.7.07 an den Tag.
Das Recht der Einwohner und z.T. auswärtigen Gegendemonstranten, sich in ganz Frankfurt frei bewegen zu können und friedlich demonstrieren zu dürfen, wurde durch die völlige Abriegelung der betroffenen Gebiete mit Füßen getreten. Wo friedliche Teilnehmer von diesen Rechten Gebrauch machten, um überhaupt an der Gegendemonstration teilnehmen zu können, wurden sie Opfer der Polizeiwillkür. So geschehen z.B. zur Mittagszeit im Niddapark, als ca. 50 Personen von der Beweis- und Festnahmeeinheit, obwohl sie bereits in der Innenstadt überprüft worden waren und einige dies sogar durch von der Polizei ausgestellten Scheinen belegen konnten, wiederholt eingekesselt und durchsucht wurden. Sie mussten ihre Personalien preisgeben, wurden fotografiert und bei 5°C stundenlang im Freien festgehalten. Nach dieser kriminalisierenden Aktion drohte die Polizei den Betroffenen mit Strafanzeigen und verteilte kollektive Platzverweise für die Stadtteile Rödelheim und Hausen und das angrenzende Viertel Bockenheim, was insofern absurd ist, als einige der Betroffenen in diesen Orten wohnen.
Bei der Gegendemo in Rödelheim wurde solange friedlich demonstriert, bis plötzlich ein Ei in Richtung der Polizei geflogen sein soll. Im Polizeibericht wurde das Ei zu "Steine und andere Gegenstände" aufgebauscht und ein einzelner Werfer zu "25 vermummte Personen". Daraufhin stürmten die Beamten nach vorne, rissen willkürlich Demonstranten zu Boden, traten und knüppelten auf sie ein.Insgesamt kam es zu 16 Verhaftungen unter anderem von Minderjährigen. Die Polizei ermittelt wegen weiterer angeblicher Vergehen seitens der Demonstranten.


Zusammendfassend haben die Rechten am 20. Oktober ihre Schwäche bewiesen, nicht nur in Frankfurt, sondern auch in Kassel und Rüsselsheim, wo an diesem Tag auch Demos der Rechtsextremen stattfanden (Mit atemberaubenden 30 REPs in Rüsselsheim und sage und schreibe keinem einzigen in Kassel). Gerade mal 130 Faschistchen konnte man für die drei Demos also mobilisieren, dem gegenüber standen tausende Gegendemonstranten. Leider hat die Polizei in Frankfurt es den Gegendemonstranten sehr schwer gemacht, geschlossen aufzutreten, durch Absperrung, Teilung in zwei größere Demos, Salamitaktik-Einkesselungen und last but not least äußerst brutales Vorgehen. Wieder einmal setzte sich die Polizei über die Grundrechte, die sie angeblich verteidigen soll, hinweg. Aber auch geteilt und an ihren Zielen gehindert ist es den Gegendemonstranten gelungen zu zeigen, dass gerade im multikulturellen Frankfurt kein Fußbreit für Faschisten ist!


Links, Fotos, Berichte und mehr:
ANK-Blog mit Berichten, Fotos etc.
Presseschau: Linksammlung der ANK (Frankfurter Rundschau, HR, Frankfurter Neue Presse etc)
Antifa Frankfurt
Vorläufiger Polizeibericht

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Ergänzungen

Anm. d. Aut.

I-330 24.10.2007 - 00:06
"Zusammendfassend hat die NPD am 20. Oktober ihre Schwäche bewiesen, nicht nur in Frankfurt, sondern auch in Kassel und Rüsselsheim, wo an diesem Tag auch NPD-Demos stattfanden (Mit atemberaubenden 30 REPs in Rüsselsheim und sage und schreibe keinem einzigen in Kassel)"
Sorry, die REP ist natürlich kein Teil der NPD. Tut also so als stünde da "Zusammenfassend haben die Rechten am 20. Oktober ihre Schwäche bewiesen, nicht nur in Frankfurt, sondern auch in Kassel und Rüsselsheim, wo an diesem Tag auch Demos der Rechtsextremen stattfanden".
Weitere Verbesserungen, Berichte, Fotos und so weiter natürlich erwünscht... hab mehrere Leute gesehen die gefilmt haben - wo sind die alle?

I-330

Nasendemo in Kassel

mein name 24.10.2007 - 01:21
an besagtem Tag wurden ca. 15-20 Nasen auf dem Platz der deutschen Einheit gesichtet. Dank gilt hier dem Engagement verschiedener Aktivisten, die sich schon vor der Bündnissdemo über die Fulda geschlichen hatten (dieser Fluss sollte die beiden Demonstrationen trennen). Da die Bullen erst zu spät die Brücken kontrollierten, bzw. sperrten, formierte sich in der Nähe des "Aufmarschpunktes" der Nazis eine Gruppe von ca. 80-100 AntifaschistInnen. Allerdings hatte sich zum Zeitpunkt ihres Eintreffens auf dem Platz der vielbeschworene "Nationale schwarze Block" in ein nationales schwarzes Nichts aufgelöst...

Peinliche Aktion für AN und "freien Widerstand"

Antifaschistische Grüße an FFM.

SVP-Symbolik

Unwissende 24.10.2007 - 11:51
Was ist denn "SVP-Symbolik"?

@ unwissender

!!! 24.10.2007 - 12:31
kennste nicht das svp wahlplakat ?

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Freitag in HH — mein name

Schwache Rechte — CarrotParrot