Guatemala hat die Wahl: Pest oder Cholera

pirata 01.08.2007 01:44 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Der Endspurt im guatemaltekischen Wahlkampf hat begonnen. Am 10. September soll das Wahlvolk entscheiden, wer in den 222 Gemeinden Bürgermeister wird, welche Landkreisabgeordnete und Direktkandidaten ins Parlament kommen und nicht zu letzt, wer Präsident wird. Im Wahlkampf versuchten alle Kandidaten, sich gegenseitig rechts zu überholen. Selbst die sogenannte Linke spricht sich strikt gegen eine Legalisierung der Abtreibung oder erweiterten Rechten für Homosexuelle aus. Die Guatemalteken haben wohl nur die Wahl zwischen Pest und Cholera.
Auch die Ikone der europäischen Solidaritätsbewegung, die Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú (Foto), vermeidet in ihrem Wahlkampf um den Präsidentensessel alle Aussagen, die als fortschrittlich gelten könnten. Bei einem Meeting evangelischer Sekten und Freikirchen sprach sie sich gegen die Abtreibung und gegen weitergehende Rechte für Lesben und Schwule aus. Hätte man sie in Sachen Todesstrafe befragt, wäre sie wahrscheinlich auch gegen deren Abschaffung. Bei guatemaltekischen Linken hat das europäische Soli-Hätschel-Ei eh alle Glaubwürdigkeit verloren, als sie vor drei Jahren als „Botschafterin des guten Willens“ in die amtierende ultrarechte Regierung eintrat, um deren Image im Ausland aufzupäppeln.
Auch ihre Mitstreiterin, Nineth Montenegro, die zweite Ikone der europäischen Solibewegung, wandert seit Jahren auf rechten Pfaden. Die zweifelsohne überaus engagierte Abgeordnete betitelt sich zwischenzeitlich selbst als Sozialdemokratin und streiten sich mit dem Mitte-Rechtskandidaten und aussichtsreichen Präsidentschaftsanwärter Alvaro Colom darum, wer sich denn nun als „echten“ Sozialdemokraten betiteln darf. Beide waren früher einmal in der selben Partei, der sozialistischen ANN. Deren Chef, Pablo Monsanto, ehemaliger Guerillaführer, ist zwar auch ein – in Umfragen weit abgeschlagener - Präsidentschaftskandidat, doch als er kürzlich in einem Jugendmagazin des Fernsehen gefragt wurde, wie er denn zum Kommunismus stehe, gestand er: „Ich bin kein Kommunist“ und auf bohrendes Nachfragen gestand er dann ein: „Ich bin Marxist“. Was man auch immer als Wähler mit solch nem geschwafelten Unsinn anfangen soll.
Und Alvaro Colom schaffte es auf die Titelseiten, weil er mehr Homorechten mit den Worten eine Absage erteilte: „Gott hat Adam und Eva geschaffen, nicht Adam und Stefan“. Das ist das Niveau des aktuellen Wahlkampfes. Schwulen- und Lesbenverbände rufen übrigens seither zum Wahlboykott gegen Colom auf, weil er kein Präsident aller Guatemalteken sei.
Dem super-ultra-rechten Kandidaten Otto Perez Molina kann der Streit nur Recht sein. Der General, der in zahlreiche Korruptions- und Mordaffairen verstrickt ist, scheint für viele die einzig wählbare Alternative zu sein. Der mutmassliche Massenmörder (ihm werden Massaker während des Bürgerkrieges vorgeworfen) holt in Umfragen stetig auf und ist sich bereits des Sieges sicher. Und er hat das Grosskapital, das Militär und die Drogenmafia hinter sich. Wäre fast ein Wunder, wenn solch einer nicht gewinnt. Wenn auch nur durch Wahlfälschung.
Arme Guatemalteken. Werden an die Wahlurnen gerufen und können nur zwischen Pest und Cholera wählen. Egal wer am 10. September oder bei der Stichwahl gewinnt, das Volk hat bereits verloren.
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Ergänzungen

sorry

pirata 01.08.2007 - 03:35
die Wahl findet natürlich am Sonntag, 09. September statt.

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