Berlin - Demonstration gegen Nazikneipen

Roland Ionas Bialke 06.05.2007 19:04 Themen: Antifa Antirassismus Repression
Im Berliner Stadtteil Pankow fand am 05.05.2007 eine Demonstration unter dem Motto "Nazikneipen den Hahn abdrehen! Spaßeck und Wohlklang dicht machen! – Dem Rechten Straßenterror entgegentreten!" statt.
Zuvor ist zu bemerken, dass die Wohnung eines Genossen von Nazis angegriffen worden war. Zudem kündigten die Pankower Nationale Sozialisten an die Demo anzugreifen.

Gegen 20 Uhr zog die Demonstration vom S-Bahnhof Wollankstrasse los. Bedingt durch die Demonstration für die Köpi am selben Tag waren mehr Menschen gekommen als sonst zu solchen Demonstrationen in Pankow kommen. Auffällig war, dass die meisten im Black-Block-Stil gekommen waren, ausgenommen ein paar grau-bunte Punks.

Nach kurzer Zeit war die lautstarke Demonstration am Wohlklang angekommen. Dort hing ein selbsgemachtes Plakat auf dem sinngemäss "Wir sind keine Nazis - Hier ist Multi-Kulti" stand. Dann kam der Eigentümer des Wohlklangs heraus um mit den Demonstranten zu reden. Es scheint, als wolle er sich mit den Antifaschisten treffen und keine Nationalen Sozialisten mehr in seine Kneipe lassen. Es ging weiter.

Eine Strassenbahn hielt neben der Demonstration. Darin befanden sich ein halbes Dutzend jugendlicher Black-Block-Menschen. Einer mit einer Thor-Steinar-Aufschrift. Scheinbar wollten sie die Demonstranten verhöhnen. Einige Demonstranten schlugen gegen die Scheiben, aber eher nur prollend als angreifend. Nach einer Weile fuhr die Strassenbahn weiter. Die Polizei hatte mehrere Male die Demonstration nicht unter Kontrolle, auch in diesem Fall. Einige Male standen Nazis aus dem Trinkermileu am Rand der Demo wurden aber gleich durch uniformierte Polizisten abgeschirmt. Als ein solcher Nazi an einem Imbiss an der Demonstration stand und prollte kamen die Demonstranten auf ihn zu. Aus Versehen stand ein gekennzeichneter Zivilpolizist neben ihm, darum beeilte sich die uniformierte Polizei das aus ihrer Sicht kleinere Übel zu entfernen. Der jetzt nicht mehr prollende Mensch wurde von Polizisten weggeschleppt, in einen Polizeiwagen gesteckt und weggebracht.

Toll war, dass eine Gruppe mit "südländischen Erscheinungsbild" sich an der Demonstration beteiligte. Ich erwähne das, weil sie erst etwas beiseite der Demonstration ihre Show abzogen, dann aber die Demonstration exklusiv begleiteten. Die Polizei dachte wohl es seien Störer und wollte diese Gruppe von der Demonstration wegschicken. Die Ordner der Demonstration machten aber vorbildlich der Polizei und den Abgeschotteten klar, dass diese bei der Demonstration willkommen sind. Einige kamen so wirklich in die Demonstration. Ein zweiter Erfolg für die Antifa Pankow an diesem Tag!

Nun aber zum Negativen: Am Spasseck angekommen befanden sich dort augenscheinlich Nazis (auch filmend) in der Kneipe. Vor der Kneipe wurde eine Zwischenkundgebung abgehalten und als die Jalousien runtergingen panisch etwas von "Angriff der Nazis" mit "Hassis" durchgesagt. Es passiert zum Glück nichts.

In der Waldstrasse schräg gegenüber von "Extra" standen 4 Zivilpolizisten im extremen Black-Block-Stil. Es schien, als ob sie Angriffe auf sich provozieren wollten, da sonst eher nur Autonome Nationalisten so ausgerichtet am Rand der Demonstration stehen. Die Demonstration war aber zu dieser Zeit schon zu sehr vom Partygehabe gezierfischt um darauf zu reagieren. Endlich mal eine positive Auswirkung der Party-Demonstrationen!

Dann ging es zum Bahnhof Pankow. Davor verlor die Demonstration den Lauti, schon das zweite Mal, da sich die meisten Demonstranten nach vorne Absetzten. Zwischenzeitlich wurde einem Demonstranten abseits schlecht, da genug Helfer da waren weiss ich nicht wie es mit ihm weiterging. Als der Lautsprecherwagen wieder bei der Demospitze war rannten plötzlich ganz viele los und nun teilte sich die Demonstration wieder, nur das der Haupteil mit Lautsprecherwagen vorne war. Es kam eine Durchsage "Antifa heisst Sport", oder so ähnlich, was zwar richtig ist, aber in dieser Situation total unangebracht war. Auf Schutz von Demonstranten sollte die Demonstrationsleitung schon bedacht sein.

Auffällig war auch, dass kaum ein roter Faden im Kozept der Demonstrationsinhalte zu finden war. Also rot schon, davor aber schwarz und zwischendurch partybunt, sowie später auch durchsichtig. Schien mir alles etwas dissoziativ gestört.

Am Bahnhof Pankow angekommen wurde erstmal ein Mensch aus der schon aufgelösten Demonstration gezogen. Obwohl in der Überzahl wurde sich der Gefangene nicht wieder zurückgeholt. Dann gingen viele in die U-Bahn. Dort wurden stationsweise gezielt Demonstranten aus der Bahn gezogen. Ich hörte von den Polizisten Anweisungen wie "Holen Wir Uns Käppie". Es schwirrten auch gekennzeichnete Zivilpolizisten beobachtend herum und nicht gekennzeichnete waren kurzzeitig in der Bahn.

Alles schien mir recht nervös zu sein. Es ist an der Zeit sich zu ändern!
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Ergänzungen

...

Beobachter 06.05.2007 - 19:53
Ergänzung:

Am U-Bhf. Pankow, unten bei der U2 stiegen die Demonstranten ein. Die ersten 3 Wagons waren überfüllt (100 Köpfe pro Wagon), was ein Nazi mit "Thor Steinar" Jacke irgendwie nicht wahrnehmen wollte und lief in die Bahn rein. Die Reaktion unserer Seite waren Schläge und rausgetrete was richtig ist. Nur versteh ich nicht das die Bullen den Nazi wieder reingeprügelt und nach 5 Minuten wegen Widerstand wieder raus geprügelt hat. Außerdem wurden z.B. an dem U-Bhf. "Eberswalderstraße" wurde Leute brutalste verhaftet. Eine Station später wurde die Notbremse gezogen und die Abfahrt verzögerte sich wieder.

Aber trotzdem ein Fettes lob an die Demo. Ich fands sie Lautstark und gut!

Sehr geehrter Herr Bialke alias madagaskar ..

exilLBG 06.05.2007 - 20:58
Schon die zweite Demo (an einem Tag!) die von ihnen unter Wert
verkauft wird. Beide Demos waren lautstark und entschlossen,
und das ist in Berlin in letzter Zeit ziemlich selten gewesen.
die pankow-demo war so wie sie war top. wobei das sicherlich
subjektive ist. es gab meiner meinung auch einen klaren roten
faden.

+

teilnehmerin 06.05.2007 - 22:44
Der "Nazi in Thor-Steinar-Jacke" ist wohl eher zufällig und blind in die U-Bahn geraten. Zumindest sah er so aus, als hätte er am Anfang überhaupt nicht begriffen was los war. Er stand dann eine ganze Zeit, beschützt von mehreren Polizistinnen, zusammen mit seinen zwei Begleiterinnen an der Seite und wurde dann aus dem Bahnhof begleitet. Ob der nun ein aktiver Nazi war, ich weiß es nicht, war ziemlich jung und unscheinbar, sah aus wie jemand der den Trend hinterher läuft. Pankower Zustände halt. Aber ich will nicht Mutmaßen. Es kann auch sein, dass wir von verschiedenen Menschen in Thor-Steinar-Kleidung reden, ist ja nunmal keine Außnahmen.

Gewaltig Streß gab es U-Bhf Schönhauser Allee. In unserem Wagon hat ein Demoteilnehmer einen Polizist beim aussteigen unbeabsichtigt angerempelt und wurde sofort von mehren Polizisten auf den Boden gedrückt und mit Stiefel auf dem Kopf und Bein auf dem Boden gehalten. Kurz danach wurde eine Demonstrationsteilnehmerin von der Polizei aus der U-Bahn herausgezerrt/getreten, weil sie Protest geäußert hat. Sie war bei Weitem nicht die einzige, was auch die Polizei merkte und den Typen aus der U-Bahn schleppte und erstmal die Eingänge verriegelte. Sie verloren aber etwas die Kontrolle, weshalb sie sich etwas zurückzogen under versucht haben die Demoteilnehmerinnen zum Weiterfahren zu motivieren. Es gab wohl auch in anderen Waggons großen Streß. Die Polizei beorderte auch Nachschub zur Schönhauser Allee.

Zur Demo allgemein:
Es hätten mehr Leute sein können, ich dachte auch, dass sich mehr von der Köpi-Soli-Demo aufraffen und nach Pankow fahren, hat zeitlich total gut geklappt. Hab auch ne Menge Antifas von der Köpidemo vermisst. Es gab auf der Köpi-Demo nen recht großen Block, 1 Transpi und ne Menge Fahnen.
Positiv war auch, dass versucht wurde, die Menschen am Straßenrand aufzuklären.
Ansonsten gibts halt die Standardkritikpunkte: Mehr Ketten (war doch schon ganz gut), besserer CD-Player und bitte kein Deichkind mehr. Ich kanns nicht mehr hören.
In allem war es eine gelungene Demo!

Meine subjektive Meinung. Fehler inbegriffen. Am Ende war die Stimmung doch schon sehr angespannt.

hmm

bart 06.05.2007 - 23:50
Musik mit volksverhetzendem Inhalt abgespielt – Polizei beendete Party
Pankow
# 1307

Gestern Abend alarmierte ein Nachbar die Polizei zu einer Party in der Kurze Straße in Pankow, da im dortigen Hof Musik mit volksverhetzendem Inhalt abgespielt wurde. Als die Beamten gegen 21 Uhr 50 am Einsatzort eintrafen, fanden sie neben dem CD-Player auch mehrere CDs, unter anderem mit einem Cover, auf dem ein „Hakenkreuz“ und ein „Hitler-Foto“ abgebildet waren. Die CDs wurden sichergestellt, das Fest wurde beendet und gegen die 35-jährige Gastgeberin Anzeige erstattet. Der Polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.

Festnahmen

kla 07.05.2007 - 02:00
Die Leute, die vor, während oder nach der Demo festgenommen wurden oder ZeugInnen von Festnahmen wurde, sollten sich beim Berliner Eermittlungsausschus - EA, Tel. 692 22 22, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin (U-Bahnhof Mehringdamm), jeden Dienstag 20-22 Uhr Beratung, (ansonsten telefonisch zu erreichen) melden.

Fotos von der Demo...

oliberlin 07.05.2007 - 02:20

...finden sich hier, wie immer CC-lizensiert.

Sind leider nicht ganz so viele Bilder übrig geblieben wie von der Køpidemo, bei wachsender Dunkelheit lässt meine Kamera leider stark nach :(

Prügel Cop in der U-Bahn

Eugen 07.05.2007 - 16:12
War ebenfalls in der U-bahn in der, der junge Bursche mit Stiefel ins Gesicht auf dem Boden gehalten wurde weil er aussteigen wollte und sich dazu an der Polizei vorbeirempeln musste. Sonst wäre er nämlich nicht mehr rausgekommen. War wirklich ekelhaft wie der Hauptprügler Bulle völlig überreagiert hat. Aber ist ja nichts neues.
Ein Cop hat sogar bei einer Diskussion auf dem Bahnsteig zum Vorfall zugegeben dass das scheisse war, eingeschritten ist er aber auch nicht und aussagen wird er auch nie.
Wäre mensch nicht son Schisser und kräftiger hätten wir die Situation auf dem Bahnsteig aussnutzen sollen und den Cops in Popo treten.

War voll doof dass die wirklich gelungene Demo so enden musste, finde gute Laune ist immer cool. Fands auch echt super das die Boys ausm Wedding angesprochen wurden und danach mitliefen. So solllte es immer sein!

(muss ausgefüllt werden)

(muss ausgefüllt werden) 08.05.2007 - 07:03
"Im Gedenken an die Befreiung vom Hitlerfaschismus vor 62 Jahren demonstrierten am Samstagabend rund 400 Antifaschisten vom S-Bahnhof Wollankstraße ausgehend durch den Stadtteil Pankow. Die Demonstration war Teil der Antifaschistischen Aktionswochen "Liberation Weeks", die bereits am 13. April starteten. Der Protest der zumeist jugendlichen Antifas richtete sich auch gegen zwei Kneipen, die aktuell als Anlaufstelle und Rückzugsraum für organisierte Neonazis genutzt werden." ...

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