Neukölln: Nazis aus der Anonymität gerissen

Schöner wohnen in Rudow 30.04.2007 03:37 Themen: Antifa
In Berlin zwei Rudower Neonazis geoutet: Florian Schumann (Kameradschafter) und Thomas Vierk (NPD). Mit Kundgebungen, Flugblättern und Plakaten wurden die Nachbar_innen am Samstag, den 28.04.2007 über die Aktivitäten der beiden informiert. Dies steht in einer Reihe mit erfreulich vielfältigen antifaschistischen Aktivitäten im südlichen Neukölln in den letzten Monaten. Der nächste Programmpunkt wird die Störung einer NPD-Veranstaltung am 8.5. in Neukölln-Gropiusstadt sein!
Wieder einmal fand in Berlin-Neukölln eine Aktion nach dem Motto "die Nazi-Homezone Rudow ist nichts weiter als ein überholter Mythos" statt. Die Outing-Aktion richtete sich exemplarisch gegen einen Vertreter des Kameradschaftsspektrums, Florian Schumann, und einen Vertreter der NPD, Thomas Vierk, der für seine neonazistische Partei in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Neukölln sitzt. Die knapp 50 gut gelaunten Antifaschist_innen hielten bei dem wunderschönen Wetter ungestört ihre Kundgebungen unter dem Beifall von Nachbar_innen und Passant_innen ab.

Schumann wohnt bei seiner Familie in einem netten Einfamilienhaus im Süden von Rudow. Durchaus erfreut unterbrachen die Anwohner_innen ihr samstägliches Autowaschen und Rasenmähen und kamen an den Gartenzaun, um ein Flugblatt entgegen zu nehmen und den Redebeiträgen zu lauschen. Ihre Freude verdeutlichten sie durch Beifall, "Nazis Raus"-Rufe und das Versprechen, an dieser Stelle alles weitere gegen ihre unangenehme Nachbarschaft zu übernehmen.

Auch bei Thomas Vierk, der in unmittelbarer Nähe des U-Bahnhofs Zwickauer Damm wohnt, waren die Reaktionen durchweg positiv. Auch hier nahmen die Passant_innen gern die verteilten Informationen entgegen, blieben vor den Plakaten stehen und informierten die Demonstrant_innen ihrerseits über weitere Nazis in ihrer Nachbarschaft.

Es lässt sich also von einer durch und durch erfolgreichen Outingaktion sprechen, die weitere Nazis aus ihrer Anonymität gerissen hat, hinter der sie sich nur zu gerne verstecken, um ungestört agieren zu können.


Sieht so ein Stadtteil mit rechter Straßendominanz aus?

Zumindest sind diese erfreulichen Reaktionen und die in letzter Zeit gehäuften antifaschistischen Aktivitäten klares Indiz dafür, dass Rudow mitnichten als Nazi-Homezone zu betiteln ist. Nichtsdestotrotz stellt Rudow für Menschen, die im Weltbild der Neonazis als minderwertig gelten, einen Angstraum dar.
In Westberlin ist Rudow seit den 80er Jahren und insbesondere in den 90ern immer wieder durch neonazistische Aktivitäten in die Schlagzeilen geraten. Im Jahr 2001 griff eine Gruppe Neonazis eine Feier im evangelischen Gemeindehaus an und zerstörte das Mobiliar. Am selben Wochenende jagte eine teilweise mit Baseball- Schlägern bewaffnete Gruppe vermeintliche Migrant_innen an der Rudower Spinne. Im April 2003 griff wiederum eine circa 20-köpfige mit Baseball-Schlägern bewaffnete Gruppe Neonazis 6 Jugendliche mit migrantischem Hintergrund an und verletzte einen von diesen schwer.
Zu nennen wäre auch noch der versuchte Angriff von ca. 30 Nazis auf das Jugendzentrum "Anton-Schmaus-Haus" vom letzten November und der bewaffnete Angriff auf einen Informationsstand im August 2006 (weitere Aktivitäten von Rudower Neonazis lassen sich in der Chronologie auf  http://www.neukoellner-antifa.de.vu nachlesen).
Die Angreifer waren unter anderem Jugendliche, die sich regelmäßig am Rudower Dorfteich sowie an der Rudower Spinne (Ketchup Imbiss) trafen und immer noch treffen. Ansonsten fallen diese mittlerweile 20-jährigen durch ihren weitestgehend konzeptlosen Aktionismus und ihren militanten Habitus auf.


Wer zur Hölle sind eigentlich Schumann und Vierk?

Florian Schumann ist als ein NPD-naher Kameradschafter in der Rudower Neonazi-Szene eine der zentralen Figuren und ist aufgrund dessen mitverantwortlich für oben beschriebene Aktivitäten. Er tritt jedoch nicht öffentlich für die NPD auf und versucht, nicht zu offensichtlich mit Gewaltstraftaten in Erscheinung zu treten. Dennoch war er in der Vergangenheit maßgeblich an Übergriffen beteiligt. Florian Schumann spielte schon bei der Gründung der "Kameradschaft Neukölln" vor einigen Jahren eine zentrale Rolle. Er verfolgte damit die Absicht, die Jugendlichen zunächst kameradschaftlich zu binden, um sie anschließend als Nachwuchs für die NPD zu rekrutieren. Auch aufgrund seines Kampfsportposings kommt ihm in der gewaltorientierten Rudower Neonazi-Szene eine Vorbildfunktion zu.
Inzwischen hat er auch seinen kleinen Bruder Julian für die rechte Szene rekrutiert. Dieser klebte an der Grundschule NPD-Propaganda und nahm an Neonazi-Demonstrationen teil.

Thomas Vierk hingegen erfüllt eine andere Funktion. Wie auch Jan Sturm ( http://four.fsphost.com/npdwatch44/npd-neukoelln.pdf) kommt er aus dem Trinker- und Kneipenschlägermilieu Neuköllns. Mittlerweile sitzen beide für die Neuköllner NPD in der BVV. In dieser Position setzt er sich vor allem für die Ziele der neonazistischen Kameradschaften ein, mit deren Vertretern er in den Sitzungspausen plaudert. So machte er sich als Redner auf der Kameradschafts-Demonstration vom 9.12.2006 für ein so genanntes "Nationales Jugendzentrum" nur für Deutsche stark und beklagte in der BVV, dass Hakenkreuz-Schmierereien verboten sind. Anlässlich der Gründung des Neuköllner Kreisverbandes der NPD äußerte er: "Wir zogen für den Wahlkampf alle auch nur erdenklichen Kameraden zusammen, um in Neukölln einen Propagandasturm hinzulegen wie ihn unser Bezirk noch nie gesehen hat!" Und tatsächlich fällt in Neukölln und insbesondere in Rudow seitdem eine starke Verbreitung von Neonazi-Propaganda auf (NPD-Aufkleber, Plakate, Hakenkreuz-Schmierereien). Vierk fungiert in der BVV als Sprachrohr der gewalttätigen Kameradschaften, deren Selbstbewusstsein dadurch gestärkt wird.

Schumann und Vierk stehen jeweils auf ihre Weise für die Verbindung zwischen NPD und dem militanten Kameradschaftsspektrum. Beide bemühen sich um die Verbindung der Parteilinie mit den außerparteilichen Neonaziaktivitäten.


"Die größte und brutalste Jugendbande in Neukölln ist: die ANTIFA!" (Zitat: Thomas Vierk)

Positiv stellt sich dagegen der zunehmend in Schwung kommende antifaschistische Widerstand und Protest dar:
So gab es in der Vergangenheit mehrere Demonstrationen, die die Situation in Rudow thematisierten. Zur ersten BVV-Sitzung, an der die NPD-Verordneten teilnahmen, rief das Antifaschistische Bündnis Neukölln zu einer Demonstration auf, an welcher sich über 300 Personen beteiligten (zum Hintergrund siehe  http://www.de.indymedia.org/2006/10/159928.shtml).
Ferner wären diverse antifaschistische Kiezspaziergänge zu erwähnen, bei denen in der Vergangenheit mehrfach 30-60 Antifaschist_innen in Süd-Neukölln Flugblätter verteilten und neonazistische Propaganda durch eigene Präsenz ersetzten. (Bericht über einige dieser Spaziergänge siehe  http://de.indymedia.org/2006/12/164937.shtml).
Auch auf anderer Ebene lässt sich ein Ernstnehmen des Problems feststellen. So kündigte das von der Jungendorganisation "Die Falken" betriebene Jugendhaus "Anton-Schmaus-Haus", nachdem es zum wiederholten Male von rechten Schmierereien und Drohungen betroffen war, an: "Als Konsequenz aus den rechtsextremen Aktivitäten im letzten Jahr haben die Neuköllner Falken 2007 ein umfangreiches antifaschistisches Bildungs- und Kulturprogramm begonnen und arbeiten in mehreren lokalen Bündnissen mit." (siehe  http://www.de.indymedia.org/2007/04/172438.shtml)

Aber auch bei zukünftigen Aktivitäten werden die Nazis mit verstärktem Protest und Widerstand zu rechnen haben:
Die NPD will am 08. Mai eine Veranstaltung in den öffentlichen Räumen des Gemeinschaftshauses Gropiusstadt durchführen.
Insbesondere am 08. Mai, dem Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus, stellt dieser Versuch eine Neonazi-Veranstaltung durchzuführen eine Provokation dar, auf die angemessen reagiert werden muss!

Umfangreich über neonazistische Aktivitäten und antifaschistischen Widerstand in Neukölln informiert:  http://www.antifa-neukoelln.de.vu (inklusive Chronik neonazistischer Aktivitäten und Übergriffe)


Des weiteren auch unter:
 http://de.indymedia.org//2006/08/156053.shtml (Neonazi-Aktivitäten in Berlin-Rudow)
 http://two.fsphost.com/tagarchiv/fightback03_web.pdf (Recherchebroschüre über die Berliner Neonaziszene)
 http://de.indymedia.org/2006/08/156142.shtml (NPD-Nazis in Nord-Neukölln)


Nazis raus! ...aus der Anonymität!

Den Nazis die Hölle heiß machen!

Und: NPD-Veranstaltung stören!
Kommt alle am 8.5. ab 17 Uhr zur Kundgebung am Gemeinschaftshaus Gropiusstadt, U-Bhf Lipschitzallee

Hinweise zu Vierk und anderen Neonazis nimmt schoener.wohnen.in.rudow(at)freenet.de oder jede Antifagruppe entgegen.


Die verteilten Flugblätter sind hier dokumentiert:
 http://one.fsphost.com/schoenerwohnen/schumann.pdf
 http://one.fsphost.com/schoenerwohnen/vierk.pdf
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Ergänzungen

8.5. Info-Stand um Hermannplatz

dings 30.04.2007 - 13:33
Super Aktion!

Am Samstag Mittag fand auch am Hermannplatz ein Stand vom Antifa Bündnis Neukölln (ABN) statt, an dem für den 8.5. in die Gropiusstadt gegen die NPD-Veranstaltung mobilisiert wurde.

Neukölln rocken!

@ Antifa

Watn los? 01.05.2007 - 01:06
Also, ich denke mal schon das die Leute erkannt haben das Rudow ein Naziproblemm hat, aber zu behaupten das die antifa hohenschönhausen o. die ALB fette Arbeit leisten würde ich nicht behaupten, wann wird den da schonmal eine outingaction geplant oder gemacht?
Gemacht wird hier schon was, aber nicht nur von der antifa hsh, sondern auch von anderen gruppen die in Hohenschönhausen/Lichtenberg aktiv sind! Die Aktion ist jedenfalls eher positiv als negativ zu bewerten, aber ob es was bringt ist immer eine andere frage, jedenfalls ist es immerhin ein ansatz, weil es nichtnur richtig krasse fette obercheckerichweißallesbesseralsalleanderenundprolldamitrumbinabergegenrumprollen-riot antifas gibt!

Alles mal etwas realistisch sehn!

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Suuupa — prima