SiKo: Polizeieinsatz gegen Demobus

egal 12.02.2007 15:47 Themen: Militarismus Repression SiKo München
Kurz vor München wurde ein Bus, mit dem AktivistInnen zur Großdemonstration gegen die NATO-Sicherheitskonferenz anreisen wollten, von der Polizei gestoppt. Während der folgenden Personenkontrolle kam es zu Mißhandlungen und Schikanen; 7 Personen wurden vorübergehend festgenommen.
Im Folgenden werden Pressemitteilungen dazu dokumentiert.
Presseerklärung von Heike Hänsel (MdB) und Tobias Pflüger (MdEP)

Tübingen/Straßbourg/Berlin, 12.02.2007

Der Europaabgeordnete Tobias Pflüger (Linksfraktion, GUE/NGL) und die
Bundestagsabgeordnete der Linken, Heike Hänsel, kritisieren das Vorgehen
der Münchner Polizei gegen Demonstrant/innen während der Proteste gegen
die Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Samstag. Beide
Abgeordneten hatten selbst an den Demonstrationen teilgenommen und
massive Behinderungen des Demonstrationszuges durch Münchner
Sondereinheiten der Polizei und willkürliche Festnahmen einzelner
Demonstrationsteilnehmer miterlebt.

Insgesamt waren während und nach Ende der Demonstration mehr als 50
Personen verhaftet worden. Im Mittelpunkt der Kritik der Tübinger
Abgeordneten steht das unverhältnismäßig harte Vorgehen gegen
Demonstrant/innen in einem Bus aus Tübingen/Reutlingen, der weit vor
München von der Polizei gestoppt und mehr als 1 Stunde festgehalten
wurde. Während der Personenkontrolle kam es zu Misshandlungen durch die
Polizei, 7 Personen, darunter ein 10jähriges Mädchen und der Tübinger
Mitarbeiter des Abgeordneten Pflüger, Johannes Plotzki, wurden
vorübergehend festgenommen und erst nach mehreren Stunden wieder auf
freien Fuß gesetzt. Elke Lison, Landessprecherin der Linkspartei aus
Baden-Württemberg, wurde aus dem Bus heraus vorübergehend verhaftet,
weil die Polizei ein Vespermesser in ihrem Rucksack fand. Plotzki wurde
von der Polizei auf den Boden geworfen und an Kopf und Knie verletzt.
"Das werden die Verantwortlichen noch sehr genau erklären müssen,
weshalb sie meinen Mitarbeiter derart brutal festnahmen, der sich als
Gesprächspartner für die Polizei angeboten hatte", so der Tübinger
Europaabgeordnete Pflüger.

"Anscheinend lassen sich die Münchner Polizeibeamten von Teltschiks
anti-demokratischen Gebaren anstecken, wenn sie uns als Abgeordnete erst
fragen, welcher Partei wir angehören, bevor sie uns über den Verbleib
der Festgenommenen informieren", ergänzt die Tübinger Abgeordnete
Hänsel, die zusammen mit Pflüger in der Haftanstalt des
Polizeipräsidiums auf die sofortige Freilassung der festgenommenen
Tübinger und Reutlinger Friedensdemonstranten bestanden hatte.

Die Tübinger Abgeordneten verlangen von der Münchner Polizei eine
offizielle Erklärung für die Vorgänge und wollen die Betroffenen bei
rechtlichen Schritten gegen diesen unverhältnismäßigen Polizeieinsatz
unterstützen.

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Pressemitteilung der Informationsstelle Militarisierung:

Demonstrationsfreiheit erfolgreich unterbunden. Sieben Festnahmen auf
dem Weg zur Münchener Sicherheitskonferenz. "Minuten des Totalitarismus".


44 Personen aus der Region Tübingen/Reutlingen fuhren am Samstag, den
10.Februar gemeinsam nach München, um gegen die
NATO-Sicherheitskonferenz, ein Treffen der Welt-Kriegs-Elite zu
demonstrieren. Kurz vor München wurde ihr Bus von zwei Polizeifahrzeugen
abgebremst und nach einigen Minuten verlangsamter Fahrt auf einem
Autobahnparkplatz zum Anhalten gezwungen.
Beamte des USK stürmten in den Bus, wollten die Mitfahrenden einzeln
herausführen, abfilmen und durchsuchen. Ein von den Insassen bestimmter
Verhandlungsführer wurde zu Boden geworfen und festgenommen, nach
wenigen Sekunden der Einsatz von Pfefferspray angedroht. Anschließend
wurden weitere vier Personen aus dem Bus gezerrt und festgenommen.
Von da an holte die Polizei die Friedensfreunde einzeln aus dem Bus,
nahm ihre Personalien auf und durchsuchte sie eingehend. Die Kontrolle
zog sich 1,5 Stunden hin, während denen die Schikanierten mehrmals
geduzt, ihnen das Rauchen und sogar das Sprechen verboten wurde. Einige
mussten Kleidungsstücke und Schuhe ausziehen und so im kalten Wind
stehen. Die Polizei durchsuchte den Bus und die Taschen der Insassen in
Abwesenheit aller Betroffenen, die nach der Kontrolle hinter ein
Absperrband gedrängt wurden. Eine Frau und ihre zehnjährige Enkelin
wurden in Gewahrsam genommen, weil in ihrem Rucksack in der Vesperbox
ein Taschenmesser gefunden wurde. Ansonsten fand die schwarz
uniformierte Polizei im Bus ein weiteres Taschenmesser sowie einen
Korkenzieher. Nach der Kontrolle konnten nur noch 37 Personen mit 1.5
Stunden Verspätung an der Demonstration teilnehmen.
"Der Veranstalter der Sicherheitskonferenz, Horst Teltschik, hatte das
Demonstrationsrecht wenige Tage zuvor als ´Tragik jeder Demokratie´
bezeichnet und gemeint: ´in einer Demokratie würde so etwas nicht
passieren´. Nun mussten Menschen, die gegen seine Konferenz
demonstrieren wollten, Minuten des Totalitarismus über sich ergehen
lassen" so Christoph Marischka, einer der Organisatoren der Busfahrt.
Einer der Festgenommenen brachte die Kritik am Einsatz auf den Punkt:
"Die Vorkontrolle war von vornherein darauf angelegt, zu verhindern,
dass wir rechtzeitig zur Auftaktkundgebung an den Protesten teilnehmen
können; Festnahmen waren von Anfang an geplant." Die Daten aller
Insassen wurden von der Polizei in vorbereitete Listen eingetragen.
Schon am Abfahrtsort Tübingen wurde der Bus von Tübinger Beamten
beobachtet, eine der OrganistatorInnen befragt. Danach verfolgte ein
Streifenwagen den Bus bis nach Reutlingen, wo die Mitfahrer gezählt und
auch der Busfahrer von den Polizeibeamten befragt wurde.
Die Informationsstelle Militarisierung, die an der Vorbereitung der
Busfahrt beteiligt war, verurteilt diese schikanöse Vorkontrolle. Es sei
nicht mit dem Demonstrationsrecht zu vereinbaren, dass durch solche
Schikanen die Teilnehmer von legitimen Protest abgehalten und dermaßen
eingeschüchtert werden. Auch die Aufnahme der Daten aller
TeilnehmerInnen sei nicht zu rechtfertigen.
"Auch aufgrund von Teltschiks anti-demokratischen Aussagen musste sich
die Polizei dieses Jahr in München selber etwas mehr zurückhalten, es
gab dort wesentlich weniger Verhaftungen als sonst. Auf diesem
Autobahnparkplatz durfte sich, fernab der Medien, das berüchtigte USK
dennoch auch dieses Jahr austoben. Die beteiligten Beamten fielen auch
auf der Demonstration immer wieder durch provozierendes und
gewalttätiges Verhalten auf," so Johannes Plotzki, einer der Teilnehmer
aus Tübingen.
Die Gruppen, die aus Tübingen und Reutlingen zur Demonstration
aufgerufen haben, prüfen nun ein juristisches Vorgehen gegen den
Polizeieinsatz.

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Pressemitteilung von Bernhard Strasdeit, Landessprecher PDS.Linkspartei Baden-Württemberg:

12.02.2007

Landessprecherin der Linkspartei verhaftet

Auf der Fahrt zur Demonstration gegen die Münchner Sicherheitskonferenz
am 10. Februar blockierte die Münchner Polizei schon auf der Autobahn
einen Bus aus Reutlingen und attackierte Mitfahrende. Elke Lison,
Landessprecherin der
Linkspartei aus Baden-Württemberg, wurde aus dem Bus heraus
vorübergehend verhaftet, weil die Polizei ein Vespermesser in ihrem
Rucksack fand. Ebenfalls verhaftet und vorübergehend festgehalten wurde
ihre Enkelin.

Der Europaabgeordnete Tobias Pflüger (Linksfraktion, GUE/NGL) und die
Bundestagsabgeordnete der Linken, Heike Hänsel, kritisieren das Vorgehen
der Müncher Polizei gegen Demonstrant/innen während der Proteste gegen
die Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Samstag. Beide
Abgeordneten hatten selbst an den Demonstrationen teilgenommen und
massive Behinderungen des Demonstrationszuges durch Münchner
Sondereinheiten der Polizei und willkürliche Festnahmen einzelner
Demonstrationsteilnehmer miterlebt.

Insgesamt waren während und nach Ende der Demonstration mehr als 50
Personen verhaftet worden. Im Mittelpunkt der Kritik der Abgeordneten
steht das unverhältnismäßig harte Vorgehen gegen Demonstrant/innen in
einem Bus aus Tübingen/Reutlingen, der vor München von der Polizei
gestoppt und mehr als 1 Stunde festgehalten wurde. Während der
Personenkontrolle kam es zu Mißhandlungen durch die Polizei, 7 Personen,
darunter ein 10jähriges Mädchen und der Tübinger Mitarbeiter des
Abgeordneten Pflüger, Johannes Plotzki, wurden vorübergehend
festgenommen und erst nach mehreren Stunden wieder auf freien Fuß
gesetzt. Plotzki selbst wurde von der Polizei auf den Boden geworfen und
an Kopf und Knie verletzt.

Die Tübinger Abgeordneten verlangen von der Münchner Polizei eine
offizielle Erklärung für die Vorgänge und wollen die Betroffenen bei
rechtlichen Schritten unterstützen.
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Ergänzungen

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exilLBG 12.02.2007 - 17:28
Seit wann ist es denn verboten ein Taschenmesser/Vespermesser in einem Reisebus mitzuführen?
Scheint ja nur 'ne Frage der Zeit der sein, bis man für ein Feuerzeug/Streichhölzer oder so
in Gewahrsam genommen wird.

Messer zu DDR und BRD-Zeiten

Dielisch 20.02.2007 - 11:04
Zu DDR-Zeiten wurde mein Kumpel von der Stasi inhaftiert. Es kam zu einer Hausdurchsuchung bei der ein Taschenmesser (sog. Hirschfänger) eingezogen wurde. Die Mutter fragte daraufhin, was das soll? Die Antwort war: "Na, der Balg könnte ja einen Kommunisten damit umbringen". Worauf sich die Mutter hinstellte und fragte, ob sie nicht gleich das gesammte Besteck mitnehmen wollen, da man ja damit auch einen Kommunisten töten könnte? Nach der Äußerung stellte man sich Nasenspitze an Nasenspitze und meinte, wenn sie noch solch einen Spruch abläßt, wird es sich auf Ihren Sohn negativ auswirken!
Soviel zum Thema Messer!!!