Studiengebühren: Minister will Namen haben

/eeak! 06.02.2007 21:46 Themen: Bildung Repression
Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg will von den Unis die Namen der Studenten haben, die gegen die Universität Stuttgart und gegen die Universität Hohenheim wegen der Studiengebühren geklagt haben. Dazu hat Minister Frankenberg die Unis in einem Rundschreiben nun aufgefordert.
Soeben hat mich eine interessantere Rundmail der FaVeVe (Fachschaftsvertreterversammlung der Uni Stuttgart) erreicht.
Es ist ein offener Brief an das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemgerg, in dem unser freundlicher Herr MWK-Minister Frankenberg dazu aufgefordert wird der Faveve zu verraten, weshalb er von den Unis folgendes haben möchte:

Zu jeder Klage oder jedem Rechtsschutzverfahren bzgl der Studiengebühren sollen die Unis die Namen der Kläger, die Aktenzeichen und eine Kopie von Klage- oder Antragsschrift zukommen lassen. Haben die Kläger an dem Sammelverfahren teilgenommen, so möchte er nur eine Auflistung der Namen und der zugehörigen Aktenzeichen haben. Die Daten der Musterklägerin sollen dem Minister laut AKSE (Arbeitskreis Studiengebühren und Entgelte in der FaVeVe) schon vorliegen.

Seltsam ist dabei allerdings, dass diese Menschen nicht gegen den Minister, nicht gegen die Regierung und auch nicht gegen sein Ministerium, sondern allein gegen die Unis geklagt haben, die diese Gebühren letztendlich erheben.

Damit verstößt Frankenbergs Order ganz massiv gegen die informelle Freiheit des Einzelnen.

Zudem gibt es ja keinen plausiblen Grund für diese Anforderung. Es gibt allenfalls Grund zur Spekulation, diese Daten könnten missbraucht werden um etwa gezielt in die Gerichtsverhandlungen über den Dienstweg einzugreifen. Oder um gezielt Druck auf potentielle Kläger auszuüben, denn schließlich kommen nächstes Wintersemester wieder neue Studenten, und die können dann auch wieder klagen. Denn dass die Klage gegen die Studiengebühren in weniger als einem halben Jahr abgeschlossen ist, das ist wohl unwahrscheinlich.

Aus diesen Gründen kann man jedem Studenten, der gegen die Gebühren geklagt hat, nur Raten sich mal das Datenschutzgesetz durchzulesen und auf den dritten Abschnitt zu achten.
(siehe  http://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/recht/ldsg/default.htm )

Sollte Frankenberg nicht bald sagen was, warum und wieso er mit den Daten gemacht hat, dann sollte jeder Student ein Auskunftsersuchen über die von ihm gespeicherten Daten stellen.

Weitere Infos zur Klage bzw. zum Boykott gibts hier:
 http://www.streikblog.de/
 http://www.klage-stuttgart.de/

/eeak!
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Ergänzungen

(muss ausgefüllt werden)

(muss ausgefüllt werden) 07.02.2007 - 01:19
es sollte geprüft werden ob das Verhalten legal ist, wenn nicht kann man gleich ne zweite Klage hinterherschieben

informelle Freiheit?

KorrekturlesA 07.02.2007 - 13:42
Gemeint ist wohl die _informationelle_ Freiheit bzw. das _informationelle_ Selbstbestimmungsrecht.

Klagen

Egal 07.02.2007 - 16:12
Geklagt wurde gegen die Uni und nicht gegen die Regierung, weil die Uni die Gebuehren eintreibt. Der Gebuehrenbescheid ist ja auch von der Uni und nicht von Frankenberg :-).

In Ba-Wue ist man bei der Univerwaltungsgerichtsbarkeit nicht rechtschutzversichert, aber Gewerkschaftsmitglieder sind in diesem Bereich abgedeckt (ver.di Fachbereich 05 und GEW). Die IG Metall unterstuetzt eine Musterklage.

Aber das sind administrative/technische Infos, die nicht so wichtig sind. Im Vordergrund sollte eher die Frage stehen, was mit der Liste gemacht wird....

Klagekosten

klaus 07.02.2007 - 19:19
Hier in Ba-Wü siehts mit den Klagekosten so aus:
Der Streitwert wurde vom Gericht auf 500 Euro festgesetzt (was ziemlich gnädig ist, hätte man bei z.B. 6 Semestern auch 3000 Euro draus machen können...). Also fallen erst mal um die 100 Euro Gerichtskosten an, Anwalt brauchts keinen.

Dabei klagen die Leute nicht alle komplett selbst sondern verweisen auf eine Musterklage und lassen das Verfahren ruhen. Die Musterklage wird dann von den Asten und unterstützern mit einer Person exemplarisch durchgezogen, wobei da dann gute Anwälte usw. zur Verfügung gestellt werden. Das ganze soll dann wenn möglich vor das BVG gebracht werden.

Erleidet die Musterklage dann eine komplette Niederlage, so kann man (und sollte man) die Klage zurückziehen. Daraufhin erhält man einen Teil der Gerichtskosten zurück (so um die 70 Euro, rund 30 Euro muss man dann noch zahlen). Also im Prinzip kein großes Risiko.

Gewinnt die Musterklage in mind. einem Teil, der einen selbst betreffen könnte (BaföG, Kind, generelles Studiengebührenverbot, etc...) so kann man dann auf diesen Prozess verweisen und seine gezahlten Studiengebühren zurückbekommen, also meist um die 1000 Euro für 2 Semester.

Wegen informationeller vs. informeller Freiheit:

Die informationelle Freiheit ist das Recht, sich aus beliebigen, allgemein zugänglichen Quellen zu informieren und das Recht auf freie Meinungsäußerung.
Hier gehts um den Informationszugang und -austausch.

Die informelle Freiheit ist das Recht, selbst über seine personenbezogenen Daten zu entscheiden bzw. im Fall dass diese Daten erhoben wurden darüber Auskunft zu erhalten.
Hier gehts also primär um den Datenschutz.

Näheres bzgl. informationeller und informeller Freiheit regelt dann jeweils ein Bundesgesetz. *hüstel*.

Antwort des MWK

cosmo 08.02.2007 - 19:20
Was den Beitrag zu StudiVZ angeht, so stimme ich dem voll zu. Selbst kritische Menschen sind da noch aktiv und geben ihre Daten so dem Holtzbrinck-Verlag.

Aber hier die Antwort des Wissenschaftsministeriums zur Datensammlung:

Zu den Meldungen, wonach das Wissenschaftsministerium angeblich Daten zu
Klagen gegen Studiengebühren sammele, stellt Wissenschaftsminister Prof. Dr.
Peter Frankenberg klar:



Das hohe Aufkommen an Klagen gegen Studiengebühren (über 2500) macht eine
standortübergreifende Koordinierung der Verfahren nötig. Im Einvernehmen mit
den Hochschulen hat das Ministerium daher die Führung der Gebührenprozesse
übernommen, soweit nicht die Gerichte bereits das Ruhen der Verfahren
angeordnet haben. Dieses Vorgehen hilft, die Verfahren - auch im Interesse
der Klägerinnen und Kläger - besser und kostengünstiger abzuwickeln. Das
Ministerium hat bereits in einigen Fällen Hochschulen gebeten, Klagebegehren
nachzugeben.



Um diese Aufgabe erfüllen zu können, braucht das Ministerium einen Überblick
über alle anhängigen Klageverfahren. Zur Vereinfachung der Verfahren hat das
Ministerium bei Formklagen darum gebeten, nicht die komplette Klageschrift,
sondern nur Listen der Verfahren zu übersenden. Üblicherweise werden die
Verfahren über das Aktenzeichen und die Namen der Prozessparteien
identifiziert. Dies gilt vor allem bei den Gerichten, wo die Namen der
Parteien durch Aushang bekannt gemacht und die Verhandlungen öffentlich
geführt werden.



Das Ministerium hat an den Namen als solchen kein Interesse und respektiert
das verbriefte Recht aller Studierenden auf eine gerichtliche Überprüfung
ihrer Gebührenpflicht.



Das Ministerium hat sein Vorgehen datenschutzrechtlich geprüft.

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studivz — mann