Zehntausende gegen spanische Repression

Ralf Streck 15.08.2006 08:57 Themen: Repression Weltweit
Zehntausende haben sich am Sonntag mit einer Demonstration friedlich gegen die dauernde Repression Spaniens gegen die baskische Linke gewendet. Denn auch die jährliche Demonstration der linken Unabhängigkeitsbewegung zu Beginn der Festwoche im Seebad Donostia-San Sebastián war von Verbotsversuchen überschattet. Die führten nur dazu, dass die Zahl der Teilnehmer sogar im Urlaubsmonat August enorm groß war.
Obwohl die Untergrundorganisation ETA fast fünf Monaten eine „permanente Waffenruhe“ einhält und von einem Friedensprozess gesprochen wird, ist davon bisher wenig zu spüren. Daran ändert auch nichts, dass der sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero nun direkte Kontakte zur ETA aufnehmen will. So verwandelte sich die massive Demonstration in einen Marsch für einen Friedensprozess und wendete sich gegen die Repression. Auch diese Demonstration sollte wieder verboten werden, weil vermutet wurde, hinter dem Anmelder verberge sich die Partei Batasuna (Einheit). Die Partei war im März 2003 von der ultrakonservativen Regierung der Volkspartei (PP) illegalisiert worden. Sie hatte mit dem Friedensvorschlag im Herbst 2004 den Friedensprozess angeleiert.

So bot sich letzte Woche ein absurdes Bild. Die baskische Regionalregierung hatte den Marsch genehmigt, weil Batasuna ihn nicht angemeldet hatte. Gesagt sei aber, dass Batasuna vor der Waffenruhe immer wieder Kongresse und Demonstrationen durchführte, die trotz ihres Verbots meist toleriert wurden. Darunter auch die Vorstellung des Friedensvorschlags im Radsportstadion von Donostia.

Doch ausgerechnet jetzt schien es nicht mehr möglich, hier die jährliche Demonstration unter dem Motto „Euskal Herriak du hitza eta erabakia (Das Baskenland hat das Wort und die Entscheidung) zu begehen. Als Verbotsvorwand diente, dass der Batasuna-Führer Pernando Barrena zum Marsch aufgerufen hatte. Die PP, die gegen den Dialog zur friedlichen Beilegung des Konflikts ist, warf daraufhin ihre Propagandamaschine an und die Sozialisten (PSOE) knickten erneut ein. Sogar ihr Ministerium für Staatsanwaltschaft forderte das Verbot.

Der Ermittlungsrichter Baltasar Garzón am Nationalen Gerichtshof tätig und zitierte letzten Donnerstag Batasuna-Führer vor das Sondergericht und forderte von der 38köpfigen Führung, schriftlich darzulegen, ob sie etwas mit dem Marsch zu tun haben. Der Anmelder, der derweil die Anmeldung zurückzog, wurde als Zeuge vorgeladen. Gleichzeitig meldete aber eine Gruppe von 50 Personen erneut eine Demonstration an und Garzón prüfte erneut, ob sich dahinter Batasuna verberge. Den Parteiführern droht er für diesen Fall Haft an. Die Parteiführung nahm trotzdem teil, lief aber in der Masse mit, statt die Demonstration wie üblich anzuführen.

Mit der Verhaftung der Batasuna-Führung wäre Absurdistan perfekt, denn alle Parteien, auch die PSOE, führt offiziell Gespräche mit der Partei. Die baskischen Parteien fordern von Zapatero, das Parteiengesetz endlich zu streichen, das zum Verbot von Batasuna geschaffen wurde. Die PSOE setzt aber darauf, dass sich Batasuna umbenennt, um vor der PP das Gesicht zu wahren. Doch dieser Weg böte Batasuna keine Sicherheit. Die von der PP mit Richtern durchsetzte Justiz könnte die neue Partei als Nachfolger sofort wieder verbieten. Das ist schon zahllosen Wählerlisten passiert.

Parteisprecher erklärten erneut, noch sei der Friedensprozess „umkehrbar“. Diese massive Demonstration zeigte deutlich den Unmut auf, der sich im Baskenland angestaut hat. Sogar an einer zentralen Frage, die 700 Gefangenen die über ganz Spanien und Frankreich verstreut einsitzen, hat sich bisher nichts verändert, obwohl sogar die Strafgesetze eine heimatnahe Strafverbüßung vorsehe. Immer wieder verunglücken Angehörige auf den langen Besuchswegen, oft über 2000 Kilometer lang. Der Parteisprecher Otegi fragte nun die PSOE, ob „Knast, Verhaftungen, Kautionen, Vorladungen und Verbote“ deren Friedensprozess sei. „So kann der nichts vernünftiges aufgebaut werden“, warnte Otegi.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián den 14.08.2006
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Ergänzungen

Vergessen!

Ralf 15.08.2006 - 10:40
Die Demo war gleichzeitig eine Solidaritätsdemo mit dem Kampf der Palästinenser und der Libanesen gegen die israelische Besatzung. Deshalb die Fahnen am Anfang der Demo.

Anfang der Demo

Euskal Herria askatu ! 15.08.2006 - 16:58
Gleichzeitig eine Solidaritätsdemo mit dem Kampf der Palästinenser und der Libanesen gegen die israelische Besatzung .

 http://www.eitb24.com/portal/eitb24/multimedia_galeria/es?itemId=2006081320334019&cl=%2Feitb24%2Fmultimedia%2Ffotos&idioma=es

Harresiak bota ta independentzia irabazi

segi 16.08.2006 - 23:24
so (siehe bild) sieht's dann auf der demo der baskischen jugend (segi; gestern, Mittwoch, 15.08) ein paar tage spaeter aus. ralf war natuerlich nicht da.

vor der demo filmte die polizei fleissig von einem dach aus und 30 sek nach dem start, bevor die demo aus der altstadt auf die haupstrasse(n) gelangen konnte, flogen den teilnehmern (und natuerlich auch den touristen, passanten und kindern) die ersten gummigeschosse um die ohren. die demo formierte sich kurz darauf zum zweiten mal um verfolgt von anti-riot cops durch die engen (und mit touris ueberfuellten) strassen der altstadt zu laufen.

bilanz: eine verhaftung

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