Unser Globus schrumpft

Wal Buchenberg 21.06.2006 14:53 Themen: Globalisierung Weltweit
Bevor ein Joghurt seinen letzten Gang vom Kühlschrank zum Frühstückstisch geht, hat er schon 6.7000 km zurückgelegt - nicht der Joghurtbecher als Ganzes, aber alle seine Einzelteile zusammengerechnet.Die 6.7000 Transportkilometer des Joghurts hatte Stefanie Böge in ihrer Diplomarbeit für die Fruchtjoghurte der Südmilch AG Stuttgart analysiert und errechnet.


Bakterienkulturen werden über 917 km aus Schleswig-Holstein geliefert. Die Erdbeeren kommen über 800 km aus Polen nach Aachen zur Verarbeitung und von dort nach Stuttgart. Die Milch stammt aus dem Umland und wird durchschnittlich 36 km gefahren. Sonstige Rohstoffe wie Zucker, Glasbecher, Aludeckel, Etiketten, Etikettenleim, Transportstiege und Transportfolie legen insgesamt 4953 km von den Herstellern bis nach Stuttgart zurück. Hinzu kommen noch die Vertriebskilometer vom Hersteller zum Einzelhandel zum Beispiel in Hamburg mit 668 km.
Die Stiftung Warentest hat für Fruchtjoghurts eine Haltbarkeit von drei bis vier Wochen festgestellt. Da schadet dem fertigen Joghurt ein Transportweg von 700 km und eine Transportzeit von einem Tag nicht.
Da jedoch alle Vorprodukte und auch das Endprodukt in großen Mengen transportiert werden, entfallen rechnerisch auf jeden einzelnen Erdbeerjoghurt 14,2 Meter Weg. Knapp 13 Meter legen die Vorprodukte des Joghurts von allen Lieferanten zum Hersteller zurück, 1,28 Meter beträgt der Weg vom Hersteller zum Verbraucher. Wer mit Wirtschaft nur als Konsument zu tun hat, der sieht nur den kleineren Teil des Weges einer Ware.

1. Zwei Warenwege
1.1. Warentransporte vom Produzent zum Konsument
Metallischer Rohstoff (Zinn) wurde schon vor 7000 Jahren aus England in den Mittelmeerraum transportiert. Gewürze und Seide fanden ihren Weg aus Asien nach Europa. Heute werden auch frische Lebensmittel und Schnittblumen mit einer Haltbarkeit von wenigen Tagen rund um den Globus transportiert.

Die kurze Vertriebszeit und die Transportwege von Frischobst hat die Firma Dell für ihre Computer übernommen. Sie verkauft ihre Rechner über Internet und Callcenter direkt an private Konsumenten. Produziert wird in den Dell-Fabriken in USA, Irland, Malaysia, China und Brasilien nur, was bestellt ist. Zwischen Bestellung und Lieferung liegen nur wenige Tage.

Durchschnittlich dauert aber die Reise jeder fertigen Ware vom Produktionsort bis zum Endverbraucher (Lagerzeiten eingerechnet) 41 Tage (Financial Times, 13.04.2001). Je kürzer die Lebenszeit eines Produkts, desto schneller und häufiger muss es zum Endkunden ausgeliefert werden. Desto höher ist aber auch seine Profitrate.

1.2. Warentransporte von Produzent zu Produzent
Die längste Zeit und die längsten Wege (90 Prozent) legten die Vorprodukte und Rohstoffe des Joghurts von Unternehmen zu Unternehmen zurück, bevor sie zu einem konsumierbaren Endprodukt verarbeitet wurden. Ein Stuttgarter Joghurt besteht aus 10 Teilen. Eine Boeing 747 ist aus über 6 Millionen Teilen zusammengesetzt. Alle diese Einzelteile werden bei Tausenden Lieferanten bestellt und zu den Boeing-Werken geliefert.

Ein Mittelklassewagen besteht aus rund 10.000 Einzelteilen. Mit 10.000 Einzelteilen baut Toyota mehr als 600.000 Wagen pro Jahr in Europa und hat feste Lieferverträge mit 200 strategischen Zulieferern, die in 400 Fabriken in aller Welt produzieren. Jedes einzelne Autowerk von Toyota "schluckt" fast 1000 LKW-Ladungen pro Tag.

Die weltweite Ausdehnung dieser Warenlieferungen zwischen den Unternehmen ist Grundlage der "Globalisierung". Tatsächlich handelt es sich dabei um einen alten kapitalistischen Trend, der mit den Entdeckungsfahrten des 16. Jahrhundert begonnen hatte.

Grafik 1) Weltweiter Warenverkehr


Betrachtet man nur den Zeitraum des letzten Jahrhunderts, dann stellt man fest, dass die Bedeutung des Welthandels und Weltverkehrs - relativ zur Wirtschaftskraft gerechnet -, mindestens in Europa nur wenig zugenommen hat.
Grafik 2) Bedeutung des Außenhandels



Die Bedeutung des Außenhandels in Europa stieg zwar in den letzten fünfzig Jahren an, tatsächlich wurde aber damit nur der Rückweg in Richtung "Nationalwirtschaft" nach dem 1. Weltkrieg umgekehrt. Der Weltkapitalismus ist nach dem zweiten Weltkrieg zu dem globalen Entwicklungspfad zurückgekehrt, der bis zum 1. Weltkrieg vorherrschend und typisch war.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts dominierten Rohstoffe und landwirtschaftliche Produkte den internationalen Warenverkehr. Im Jahr 1900 machten industrielle und landwirtschaftliche Rohstoffe 41% des US-Exports und 45% des US-Imports aus. England importierte im gleichen Jahr Rohstoffe für 75 % seines Importwertes.

Auch wenn mengenmäßig die weltweit umgeschlagenen Rohstoffe gewachsen sind, ihr Wertanteil am globalen Warenverkehr ist seither gesunken, weil Anzahl und Menge der Fertigwaren im Welthandel rascher expandierten.

Vergleiche Grafik 3 Warenarten im Welthandel


Die Transportindustrie (neuerdings mit dem militärischen Term "Logistik" benannt), hatte 1982 in den USA eine Größenordnung von 14,5 % des BSP, heute hat sie noch eine Größenordnung von 8 %. In Europa hat "Logistik" einen Anteil am BSP von 11% und mehr.
Umgerechnet auf ein einzelnes Produkt machen die Kosten für den Transport der Vorprodukte zum Hersteller und der Ware vom Hersteller zum Kunden heute rund 10 Prozent des Warenpreises aus.

2. Transportarten
2.1. Landtransport - vom Ochsenkarren über Eisenbahn zum LKW
Ausgrabungen in England zeigten, dass alle alten Wohnsiedlungen im Abstand von 6 bis 8 Kilometern angelegt waren, so dass man mit einer Traglast an einem Tag zum Nachbarort und wieder zurück gehen konnte.

In der vorrömischen Antike gab es kaum gebaute Wege oder Straßen und keine Brücken über fließende Gewässer. Daher ging Transportarbeit in weit höherem Maß in den Wert der Produkte ein, als wir das heute mit unserem ausgebauten Verkehrswesen uns vorstellen können. Preisangaben aus römischer Zeit, als wenigstens die größeren Städte mit Straßen verbunden waren, ergeben, dass sich der Wert einer Wagenladung Weizen durch eine Transportzeit von 20 Tagen, bzw. eine Entfernung von 500 km verdoppelte.

Der Transport von Dachziegeln von Korinth rund 50 km zum Tempel in Eulesis kostete pro hundert Stück 240 Obolen, während dieselbe Menge für 20 Obolen verschifft werden konnte. Landtransport war hier mehr als das Zehnfache teurer als der Seetransport.Fernhandel über Land war in alter Zeit nur für nicht verderbliche Luxusgüter möglich. Diese wanderten auf ihrem Weg aber durch viele verschiedene Hände, die sie gewaltsam oder friedlich erwarben, und dann weiterverkauften.

Als 1260 die venezianischen Juwelierhändler Maffeo und Nicolo Polo (Vater von Marco Polo) zu ihrer ersten China-Reise aufbrachen, um ihren Fernhandel mit asiatischen Waren vom Anfangs bis zum Endpunkt in einem einzigen Unternehmen zusammenzufassen, waren sie ein ganzes Jahr unterwegs, bis sie in Peking anlangten. Aus ihrer Geschäftsidee wurde nichts, obwohl Marco Polo die Expedition wiederholte. Seine Rückfracht, 500 kg Seide, wurde unterwegs konfisziert. Seine Seide hat sicherlich ihren Weg zum Verbraucher nach Europa gefunden, aber Marco Polo starb als armer Mann.

Weil George Francis Train 1870 Eisenbahnen benutzte, konnte er erstmals die ganze Welt in 80 Tagen umrunden und wurde zum Romanvorbild für Jules Verne.

Eisenbahnen waren das Land-Transportmittel des frühen Kapitalismus. Erst seit dem 2. Weltkrieg übernahm der Straßenverkehr die führende Rolle im Warenverkehr zu Land. 1952 schaffte der Eisenbahntransport noch 42% des binnenländischen Warentransports in Deutschland. Heute macht er noch 6% aus.

LKW-Transport war bislang eine Geschäfts-Domaine kleinerer und mittlerer Unternehmen. Das ändert sich gegenwärtig. Je mehr die Unternehmen nicht nur auf sichere, sondern auch auf pünktliche Anlieferung achten, desto mehr steigt Verwaltungsaufwand und Risiko bei den Transportunternehmen.
Im Transportsektor machen die vielen Kleinfirmen nur kleine Geschäfte. Wenige weltweite Großfirmen wie FedEx, UPS, DHL und Kühne & Nagel, die Luft- und Seefahrt mit Landtransport rund um den Globus verbinden, machen die großen Geschäfte. Es ist immer noch die Geschäftsidee des Nicolo Polo: Den Transport über die ganze Welt vom Ausgangs- bis zum Endpunkt in einem Unternehmen zusammenzufassen, um den Profit nicht mit anderen teilen zu müssen.

2.2. Wassertransport
Die antike Schifffahrt erreichte mit weitaus mehr Ladung eine viel höhere Geschwindigkeit als der Landverkehr. Bei günstigen Sommerwinden konnten die einmastigen griechischen Segelruderer 60 bis 80 Seemeilen am Tag zurücklegen. Wer im athenischen Hafen Piräus auslief, konnte dann Ephesos in 2,5 Tagen, Byzanz in 4,5 Tagen, Rhodos in 3,5 und Ägypten in 7,5 Tagen erreichen.Normalerweise konnte ein griechisches Transportschiff 10 bis 15 Tonnen Ladung neben der Mannschaft aufnehmen. In späterer Zeit wurden allerdings auch zweimastige Handelsschiffe für 200 oder 300 Tonnen Ladegewicht gebaut. Den ganzen stürmischen Winter über musste die griechische Schifffahrt allerdings ruhen. Höchstens die Route von Süd-Griechenland nach Ägypten war befahrbar.
Von einem Holztransport von Makedonien nach Athen wissen wir, dass allein die Transportkosten 1750 Drachmen betragen haben. Das sind fast 15 Jahreslöhne eines griechischen Lohnarbeiters. Trotz gestiegener Schiffstonnagen in römischer Zeit verteuerte die Verschiffung von Getreide durch das Mittelmeer seinen Preis immerhin noch um rund 25%.
In der Bibel lesen wir von dem Propheten Hesekiel um die Wende des 6. Jahrhunderts v. Chr. über die Stadt Tyros: „Die du wohnst am Zugang zum Meer und für die Völker mit vielen Inseln Handel treibst ... Deine Bauleute haben dich aufs allerschönste erbaut ... und deine Wände mit Elfenbein getäfelt, gefasst in Buchsbaumholz von den Gestaden der Kittiter. Deine Segel war beste bunte Leinwand aus Ägypten als dein Kennzeichen und deine Decken waren blauer und roter Purpur von den Gestaden Elischas... Alle Seeschiffe und ihre Schiffsleute fanden sich bei dir ein, um mit deinen Waren Handel zu treiben. Perser, Lyder und Libyer waren dein Kriegsvolk.... Die Männer von Arwad waren in deinem Heer rings auf deinen Mauern und waren Wächter auf deinen Türmen... Tarsis hat für dich Handel getrieben mit einer Fülle von Gütern aller Art und Silber, Eisen, Zinn und Blei auf deine Märkte gebracht.“ (Hesekiel, 27, 1-12)

In derselben Zeit (um 600 v. Chr.) gelang die erste Umsegelung Afrikas, wie der Grieche Herodot berichtet: Der ägyptische Pharao Nekos schickte Phönizier im Roten Meer "mit einer Flotte aus und gab ihnen den Auftrag, den Rückweg durch die Säulen des Herakles (Gibraltar) zu nehmen und also durch das Mittelmeer nach Ägypten zurückzukehren. So fuhren denn die Phönizier durch das Rote Meer nach Süden fort. Als der Herbst kam, gingen sie an Land, bebauten das Feld, an welcher Stelle Afrikas sie sich nun gerade befanden, und warteten die Ernte ab. Hatten sie geerntet, so fuhren sie weiter. So trieben sie es zwei Jahre lang, und im dritten Jahr bogen sie bei den Säulen des Herakles ins nördliche Meer ein und gelangten nach Ägypten." (Herodot, 4, 42).

Dem Pharao brachte diese Seereise keine wirtschaftlichen Vorteile. Es dauerte rund 2000 Jahre bis es dem Portugiesen Gil Eanes 1434 gelang, das Südkap Afrikas zu umschiffen. Vor ihm hatten das seit 1422 portugiesische Seefahrer 15 Mal vergeblich versucht. Hinter diesen Reisen standen klare wirtschaftliche Ziele: einen Seeweg von Europa zu den Gewürzen und anderen Schätzen des Fernen Ostens zu finden um den Fernhandel vom Anfangs- bis zum Endpunkt in einer Hand zusammenzufassen und den ganzen Profit einzustreichen.

Dieselben Ziele hatte auch die erste Weltumsegelung unter Leitung von Magellan 1519 - 1522, der unterwegs starb. Sein Konkurrent, der Engländer Francis Drake, brauchte für seine Weltumrundung 1577-1580 ebenfalls drei Jahre.

Große Containerschiffe fahren heute mit 23 Knoten (42,6 Stundenkilometer) über die Weltmeere. Für den Weg zwischen Asien und Europa benötigt so ein Schiffsriese drei Wochen. Für die Fahrt über den Atlantik rund eine Woche.
Im Jahr 2004 wurden 90 Prozent aller Warenexporte im Wert von fast 9 Billionen Dollar über die Weltmeere geschippert.

Grafik 4) Anteile am Seetransport


1956 ließ McLean, ein amerikanischer LKW-Transportunternehmer, einen ausrangierten Öltanker zum ersten Containerschiff umbauen. Damals kostete die Beladung eines Schiffes 5,83 Dollar pro Tonne. McLean kalkulierte, dass diese Beladungskosten durch Container um 97 Prozent auf 16 Cent pro Tonne sinken würden. Ein modernes Containerschiff kann 9.000 Container transportieren. Das macht eine Ersparnis von 50.000 Dollar pro Ladung.

Grafik 5) Containerumschlag


2.3. Luftfahrt
Lange Zeit wurde die Luftfahrt nur für Personen- oder Bombenbeförderung genutzt.
Luftexpresslieferung von Waren gibt es erst seit 1970, obwohl Flugzeuge unseren Globus noch schneller schrumpfen ließen.
Immerhin benötigte die erste Weltumrundung einer Gruppe von amerikanischen Kampfliegern im Jahr 1924 noch 175 Tage.
1931 schafften die Piloten Wiley Post und Harold Gatty die Strecke in 8 Tagen, 15 Stunden, 51 Minuten.

1949 flog die Boeing B-50A in knapp vier Tagen nonstop um die Welt mit Luftbetankungen durch vier fliegende Tankflugzeuge.

1995 stellte eine Concorde mit 31 Stunden, 27 Minuten und 49 Sekunden den bis heute bestehenden Rekord für die schnellste Weltumrundung auf.

2004 umrundete der Journalist Michael Quandt als normaler Tourist nur mit Linienflugzeugen die Erde und setzte dabei einen Fuß auf alle sechs Kontinente. Für die Strecke Singapur - Sydney - Los Angeles - Houston - Caracas - London - Kairo - Kuala Lumpur - Singapur benötigte er 66 Stunden und 31 Minuten.

Per Luftfracht wird zwar weniger als ein Prozent der Tonnage, aber 30 Prozent des gesamten Warenwerts des Welthandels verfrachtet. Im Jahr 1997 betrug der Anteil der Luftfracht am Import nach Deutschland nach der Tonnage 0,1 Prozent, aber nach dem Wert 10,9 Prozent.
Die Lieferzeiten von Tür zu Tür betragen gegenwärtig von Deutschland nach Hongkong oder Taiwan 72 bis 96 Stunden.

3. Arbeitskämpfe im Transportwesen
Arbeitskämpfe im Transportwesen bilden einen überproportionalen Anteil aller Arbeitskämpfe: "im Durchschnitt 35 Prozent aller industriespezifischen Nennungen von 1870 bis 1996. Damit bilden die Arbeiterunruhen im Transportsektor die größte Kategorie. Sie liegt sogar vor der verarbeitenden Industrie (21 Prozent) und dem Bergbau (18 Prozent)." (Beverly J. Silver: Arbeiterbewegungen und Globalisierung seit 1870. (Forces of Labor). Assoziation A, Berlin, Hamburg 2005: 127)



Aktueller Nachtrag aus dem Jahr 2006: Indy-Bericht über den politischen Streik der europäischen Hafenarbeiter

Wal Buchenberg für Indymedia, 21. Juli 2006
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Ergänzungen

eine Null zuviel?

Eule 21.06.2006 - 21:46
In anderen Quellen finde ich ca. 7000Km fuer Boeges Berechnungen. Ist dir da eine Null zuviel reingerutscht oder lese ich da was falsch?

Fehlerkorrektur: 6.700 km

Wal Buchenberg 22.06.2006 - 08:31
Die Transportkilometer des Fruchtjoghurts addieren sich zu 6.700 km. In meinem Text ist eine Null zuviel.

Sorry!

Gruß Wal

Nicht ganz fair

ein dummer naturwissenschaftler 22.06.2006 - 12:52
Erstmal danke für den Artikel, eine im großen und ganzen wieder sehr gute Analyse von Wal.

Ich finde es nicht ganz fair, für jeden Bestandteil eines Joghurtbechers die Kilometer einzeln zu zählen. Das macht von der Ökobilanz her auch keinen Sinn. Besser wäre es, für jeden Joghurtbecher-Bestandteil Kilometerzahl durch transportierte Einheiten zu nehmen. Beispiel: In einen 40t-LKW voll mit Aludeckel-Rohlingen passen meinetwegen Deckel für eine halbe Million Becher, d.h. pro Aludeckel kommen ein paar Mikroliter Diesel zusammen. Diese entstehenden Zahlen zusammengezählt ergeben dann den Energieverbrauch pro Becher, und ganz ehrlich: So schlecht steht der Joghurt dann gar nicht mehr da.

Andererseits, ganz ohne Regionalchauvinismus: Wenn möglichst viele Verbrauchsgüter aus der Region stammen würden, wäre das für uns alle besser: Kurze Transportwege, Qualitätssicherung, evtl. sogar persönliches Kennen der Produzenten(-kette!), Natur"verbrauch" direkt spürbar etc. pp.

energie = arbeit = kraft X weg

schlauer naturwissenschaftler 22.06.2006 - 16:43
Sind das nun 67.000 oder 6.700 km? Die Schreibweise 6.7000 ist etwas ungewöhnlich.

Was diese Zahl aussagen !könnte!: die Inhaltsstoffe kommen aus sehr vielen Teilen der Welt.

Allerdings hätte ein Joghurt mit weniger Inhaltsstoffen z.B. ohne Obst eine bessere Kilometerbilanz. Oder übertrieben gesagt hätte ein Joghurt mit einem Mikrogramm Mondstaub eine sehr schlechte Kilometerbilanz.

Und das ist genau das Problem an einer solchen Rechnung, wie der "schlechte Naturwissenschaftler" bereits bechrieben hat.

Um den genauen Energieverbrauch auszurechnen, reicht der Weg alleine nicht aus. Es wird auch die Kraft benötigt, um die Stoffe zu transportieren. Die Kraft ist direkt-proportional von der Masse. Also umgangssprachlich ausgedrückt muss die Formel "Gewicht mal Weg" für die Berechnung der Energiebilanz verwendet werden.

Dann könnte mensch im Durchschnitt sagen: 200.000 gkm Energiebilanz --> 200 g Joghurt wurden im Durchschnitt z.B. 1.000 Kilometer transportiert oder so. Dann würde sich natürlich noch die Frage stellen, wie viele Joghurt-Becher auf einen Zug oder LKW passen, der dann die gedanklichen 1.000 km fahren würde, um dann den Verbrauch auf einen Becher umzurechnen.

Fazit: Einleitung unwissenschaftlich, aber sonst ein ganz netter Artikel. Das Problem ist wirklich, dass das Kapital immer versucht, durch geringen Lagerbestand den Kapitalbedarf zu minimieren und somit die Profitrate zu steigern. Dieses just-in-time wird durch einen billigen und unnötigen Transport erkauft. Ein weiteres Problem ist, dass durch die unmittelbar gewordene globale Konkurrenz ein Produkt statt aus der Region lieber von sonstwoher importiert wird, um ein wenig Geld zu sparen.

Das ist eben die anarchistische Produktionsweise und Logik des Profits! Und da diese Logik totalitär und nicht überlistbar ist, die Marktlogik innerhalb des Kapitalismus wie ein Naturgesetz wirkt, hilft nur eins: Weg mit der ganzen Scheisse!

Transportwirtschaft /= Logistik

cand. Verkehrswirt 23.06.2006 - 09:44
Ans ich ist dies ein sehr gut gewordener Artikel. Nur leider kann der/die unbedarfte LeserIn bei deiner Passage
"Die Transportindustrie (neuerdings mit dem militärischen Term "Logistik" benannt)"
denken, dass Transport = Logistik ist. Dem ist aber mit Nichten so! Logistik ist vielmehr als nur der schlichte Transport von Waren. Zum Thema Logistik bietet wikipedia einen ganz ordentlichen Artikel zum nachlesen.
 http://de.wikipedia.org/wiki/Logistik

Gruß

@ Wal

ra0105 23.06.2006 - 10:29
Danke für deine Artikel. Genau solche Artikel sind es, die das Niveau auf Indy heben.

@ Dummie

BSP: Bruttosozialprodukt (veraltet, heute wird das Bruttonationaleinkommen gennant)

BRT: 1 Bruttoregistertonne = 100 Kubikfuß = 2,83 m³

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