Wegen Demo-Foto vor Gericht gezerrt

Bernd Kudanek alias bjk 05.06.2006 17:27 Themen: Militarismus Repression
Will Berliner Justiz Exempel statuieren?

Vorspann:
am 26. August 2005 fand in Berlin eine Demo gegen Kriegs- und Militärverherrlichung statt, weil am gleichen Mittwochabend vor dem Reichstag ein hochumstrittenes Bundeswehr-Gelöbnis-Spektakel abgehalten wurde. Start und Sammelpunkt dieser Zapfnix-Demo war gegen 18 Uhr die Gontardstraße zwischen Fernsehturm und dem S-Bahnhof Alexanderplatz.
Auch ich, Bernd Kudanek alias bjk, beteiligte mich daran und dokumentierte wie bei vielen anderen Demos auch den Ablauf und besondere demotypische Situationen mit meiner digitalen Mini-Camera. Diese Zeitzeugen-Fotoberichte veröffentliche ich dann in meinem Internet-Forum  http://freies-politikforum.carookee.com und dort sind sie als fortlaufende Bildgeschichten, oft mit eingearbeiteten Textkommentaren, konzipiert. Bei diesen Zeitdokumenten kommt es mir nur nachrangig auf die Bild-Qualität der Fotos an, denn die rüberzubringende Botschaft darin ist mir wichtiger.

Zapfnix-Fotobericht:
die Fotos dieser Demo waren von äußerst dürftiger Qualität, die trotz intensiver Bildnachbearbeitung am PC nicht wesentlich verbessert werden konnte. Weil nämlich wegen der schon ab 18 Uhr einsetzenden Dämmerung die Lichtverhältnisse für meine Uralt-DigiCam mit bescheidenen 1,5 Millionen Megapixels und noch dazu ohne Blitzlicht völlig unzureichend waren. Trotzdem stellte ich neun Fotos in mein Internetportal ein, aus denen bei allen oben angesprochenen Qualitätsmängeln in Zusammenhang mit eingearbeiteten ironisch bissigen Texten Besonderheiten des Demoablaufs während des Starts in der Gontardstraße, nachempfunden werden konnte, nachzulesen hier:  http://www.carookee.com/forum/freies-politikforum/1/7467674#7467674 Im Rahmen dieser Zapfnix-Demo beteiligte sich u. a. auch eine als clowneske Soldaten kostümierte Theatergruppe, das „Antimilitaristische Oberjubelkomitee“. Vor der Lkw-Bühne des bekannten Aktionskünstlers Dr. Seltsam befanden sich im Publikum noch zwei Laiendarsteller von der FRIKO, der Berliner Friedenskoordination, die sich als Parodie gedachte alte Wehrmachtsstahlhelme aufgesetzt und so bei Dr. Seltsams Vorführungen als Statisten mitgewirkt hatten.

Einem sehr wichtig auftretenden jungen Polizisten mißfiel das offenbar sehr. Während seine Einsatzgruppe trotz des klar erkennbar friedlichen Charakters der Demo die auf dem Bürgersteig tanzenden bunt kostümierten AkteurInnen der „Clowns Army“ und einige Punks filzten, also einer empörenden peinlichen Körperkontrolle unterzogen, nahm sich besagter sehr wichtig auftretender Jungpolizist die beiden Stahlhelmträger zur Brust. Als er forsch versuchte, einem der beiden den Helm herunterzureißen, da machten erboste Zuschauer ihrem Unmut mit lautstarken Protesten Luft. Ob solcher „Unbotmäßigleit“ irritiert ließ der Jungpolizist von seiner wichtigen Amtshandlung ab und beorderte die beiden zu seinem Einsatzwagen, um wegen vorgeblich „passiver (Stahl-helm)Bewaffnung“ die Personalien der beiden aufzunehmen und sie zu verwarnen. Sowohl das versuchte Herunterreißen des Helms wie auch die belehrende Verwarnung habe ich trotz mittlerweile miserabelster Lichtverhältnisse mit je einem Foto als Nr. 5 und 6 dokumentiert.

Strafanzeige und Zivilklage:
weil der Jungpolizist sich durch die Veröffentlichung vor allem des Fotos Nr. 6 in seinen Persönlichkeitsrechten am eigenen Bild verletzt und durch meine bissig ironischen Kommentare darin bitterlich beleidigt sieht, hat er, ganz von seiner außerordentlichen Wichtigkeit erfüllt, mich wegen impertinenter Mißachtung ebenderselben beim Strafgericht Moabit angezeigt. Das erfuhr ich durch einen Telefonanruf an einem frühen Sonntagabend, dem 6. November, angeblich aus einem Polizeirevier kommend. Ein männlicher Anonymus forderte mich auf, sofort das Foto Nr.6 mit dem Titel „Büttel Wichtig“ aus meinem Internetportal zu entfernen, weil sein Kollege darin als solcher deutlich zu erkennen sei und ich zudem in dessen Käppi den Text „unterm Käppi ist es hohl“ eingefügt hätte. Ob es nun zuträfe oder nicht, es sei eine nicht hinzunehmende Beleidigung der käppiverdeckten grauen Zellen seines Kollegen und mich erwarte zwecks staatsbürgerlicher Disziplinierung eine Strafanzeige. Mildernd wirke sich aber sicher aus, würde ich das Foto Nr. 6 „Büttel Wichtig“ sofort aus dem Netz nehmen.

Freundlich durch's Telefon lächelnd schüttelte ich den Kopf, denn jede/r wisse doch, wie zwielichtig anonyme Telefonanrufe seien. Und sowieso und außerdem könne ich als berichtender Zeitzeuge in Sachen Demo-Dokumentation sehr wohl auch personenbezogene Fotos aufnehmen und veröffentlichen. Eventuelle Kommentare dazu, selbst ironische, seien freie Meinungsäußerung und als solche durchaus erlaubt. Das solle er ruhig in's Protokoll schreiben. Trotzdem machte ich im Laufe der späteren Sonntagnacht das Gesicht des Jupos erst durch einen Querbalken und dann durch das Drübermontieren eines Nashorns unkenntlich, eine humorvolle Lösung wie ich fand. Das freche „unterm Käppi ist es hohl“ retuschierte ich auch weg.

„Büttel Wichtigs“ Anwalt:
ein paar Tage später erhielt ich von ihm die Aufforderung, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben und ihm mehrere hundert Euro zu überweisen. Denn sein Mandant finde das Nashorn gar nicht lustig, auch nicht, als ich letzterem links und rechts je eine Sonnenblume ins Maul gesteckt und den Nashornbullen dann auf „Blümli“ getauft habe, das Foto solle ganz raus. Ob ein Amtsschimmel vielleicht passender gewesen wäre? Wie auch immer, Blümli hin Amtsschimmel her, das Foto mit dem unkenntlich gemachten „Büttel Wichtig“ ließ ich drin und dachte an nichts Arges, bis eine

Einstweilige Verfügung
mir Anfang Dezember in's Haus flatterte, ausgestellt von drei Richtern am Landgericht. Nach dem Beschluß der drei sicher honorigen Robenträger hatte ich sofort das anstößige Foto Nr. 6 „Büttel Wichtig mit Blümli“ aus dem Internet zu entfernen, anderenfalls mir eine Geldstrafe in Höhe von 250.000 Euro oder ersatzweise 6 Monaten Haft angedroht wurden. Es tat mir zwar leid um's Blümli aber wat mut dat mut. Der Streitwert für das „Büttel Wichtig“ und die Landgerichtsjustiz gar so ärgernde Foto Nr. 6 wurde, man staune, auf die wahrhaft astronomische Summe von 7.500 Euro festgesetzt. Darüber ist mir auch bereits eine Kostenrechnung der Justizkasse in Höhe von 249 Euro zugegangen. „Büttel Wichtigs“ Anwalt hätte den Streitwert sogar lieber bei 15.000 Euro angesiedelt gesehen. Ich wußte gar nicht, wie künstlerisch wertvoll und deshalb hochdotiert meine Fotos schon mittlerweile sind.

Das Strafverfahren
wurde bereits im Februar vom Staatsanwalt vernünftigerweise eingestellt. Die drei LG-Richter, von der Klugheit ihres Amtskollegen unbeeindruckt, haben die Zivilklage (Gerichtstermin siehe Fußnote) des „Büttel Wichtig“ zugelassen. Trotz einer exzellent ausgearbeiteten Klage-Erwiderung meines Rechtsanwalts Sven Richwin vom Republikanischen Anwaltsverein - hier deren Internetadresse  http://www.rav.de/start.htm - ist weder die einstweilige Verfügung noch diese erstinstanzliche Zivilklage vom Tisch. Denn mein Antrag auf Prozeßkostenhilfe wurde von den gleichen Richtern wegen angeblich nicht ausreichender Erfolgsaussichten rigoros abgelehnt. Unsere Beweisführung, auch der Verweis auf das Foto Nr. 5, welches der gegnerische Anwalt dem LG wohlweislich nicht vorgelegt sondern seinen Mandanten sogar an Eides statt hat versichern lassen, es seien keine „spektakulären“ Situationen durch ihn heraufbeschworen worden, brachte die drei LG-Richter nicht von ihrem festen Law-und-Order-Glauben ab, das Foto „Büttel Wichtig“ sei eine geschützte Porträtaufnahme und kein erlaubtes Demofoto. Dem gegnerischen Anwalt sind dabei wohl die blanken Freudentränen in fiebriger Erwartung eines reichlich sprudelnden RVG-Segens, früher BRAGO, ob des LG-Streitwertbeschlusses über das Gesicht gekullert. Denn seine hoffnungsfrohen Kostenrechnungen haben längst meinen Papierkorb zum Überquellen gebracht. Mittlerweile wird ihm aber klar geworden sein, daß von mir, wie immer der Prozeß ausgeht, weder jetzt noch in ferner Zukunft auch nur ein einziger Euro zu holen sein wird. Mittlerweile wird er nämlich wissen, daß ich ein „Parasit“ (O-Ton Clement) mit ALG-II-Almosenbezug bin. Sicher ein herber Schicksalsschlag für ihn! Tja, c'est la vie. Leider trifft's aber auch meinen fairen Rechtsanwalt, der, falls wir unterliegen, finanziell für sein Engagement wohl nicht entschädigt werden kann.

Dem Laien erschließt sich jedenfalls nur schwer, daß die gleichen Richter, welche die einstweilige Verfügung beschlossen und die Prozeßkostenhilfe abgelehnt haben, nun auch noch im Verfahren der ersten LG-Instanz rechtsprechen bzw. urteilen können sollen!

Ein Schelm, wer da nicht so recht an Justitias reine Unbefangenheit glauben mag.

Bernd Kudanek alias bjk
Forum:  http://freies-politikforum.carookee.com



Gerichtstermin:

Do 15. Juni, 10:30 Uhr, Landgericht Tegeler Weg 17-21, 1. Stock, Raum 143

wer Zeugenaussagen machen kann, bitte unbedingt hier anrufen: 030 – 450 88 733
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Ergänzungen

da fällt mir ein

da hab ich noch was 05.06.2006 - 17:56
.

.

. 05.06.2006 - 17:59
.

@da hab ich noch was

Bernd Kudanek alias bjk 05.06.2006 - 18:19
DANKE !!!

Hab ich gleich kopiert und werde es meinem Anwalt zur weiteren (Entlastungs)Verwendung zumailen, denn immerhin hat mein genashornter Zapfnix-Polizist ja eidesstattlich behauptet, da war niiiie eine außergewöhnliche Situation! :)))

Hoffentlich kriegst Du nun keinen Ärger, weil ja mein Zapfnix-Polizist auf beiden Fotos drauf ist :))))))))))))))))))))))))))

Nochmals DANKE
bjk
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Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Ulrich Brosa 05.06.2006 - 21:38
Lasst Euch beim Fotografieren nicht einschüchtern.
"Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte"
sind laut Kunsturheberrechtsgesetz zulässig.
Das Bundesverfassungsgericht hat dazu den Beschluss
1 BvR 758/97 am 26.4.2001 gefällt, erhältlich beispielsweise bei
 http://www.buskeismus.de/BVerfG/1BvR758_97_prinz_fotos.htm

Es geht darin um den sogenannten Prügelprinzen,
der abgemahnt hatte, weil er in diversen Klatschzeitschriften
ohne Caroline von Monaco abgebildet worden war.
Besagter Prügelprinz meinte, er heiße Prinz wie andere Müller
und sei darum keine Person der Zeitgeschichte.

Das BVerfG hielt dagegen, auch Klatsch gehöre zur Zeitgeschichte,
wenn er die Öffentlichkeit interessiert.
Besonders wenn der Prügelprinz prügele, müsse er sich
öffentliche Abbildung gefallen lassen.

Es gibt darüber viel Literatur. Auf Anfrage
kann ich mehr darüber sagen.  http://www.buskeismus.de/
ist eine gute Seite darüber.


@Ulrich Brosa

Jurist 05.06.2006 - 23:07
Nur ist das Bild eines Polizisten bei der Arbeit, und nichts anderes ist das, kein "Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte". Jedenfalls dürften die Gerichte das so sehen.

.

br 05.06.2006 - 23:27
Ulrich Brosa: aus meiner Sicht dürfte ein Polizist bei der Ausübung seiner Tätigkeit durchaus vor Gericht als relative Person der Zeitgeschichte durchgehen. Jedenfalls solange es nicht ein reines Portrait ist, und der Bezug zu einer Demo, die ja ein Ereignis der Zeitgeschichte ist, erkennbar ist. Es ist halt immer eine Einzelfallentscheidung.

Info

Medienaktivist 06.06.2006 - 06:01
Wenn du es schaffst, die beiden Leute von der FRIKO als Zeugen zu laden (dort mal nachfragen), dann klappt es vielleicht mit "Personen der relativen Zeitgeschichte". Denn das ganze ist in dem Moment wo es öffentliches Aufsehen erregt, automatisch auch für die selbige interessant und darf dann auch dokumentiert werden. Du brauchst halt nur ein paar Fotos oder Zeugen, aus denen hervor geht, das die Polizei gerade aufgrund dieses symbolischen Aktion in der Öffentlichkeit dort angerückt ist und dann eben leider mit zum Zeitgeschehen gehört, weil sie sich ins Bild gestellt ahben.

Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte

Ulrich Brosa 06.06.2006 - 10:06
Vor Begriffen wie "absolute Person der Zeitgeschichte"
und "relative Person der Zeitgeschichte" warne ich.
Sie kommen im Gesetz nicht vor. Das Bundesverfassungsgericht
hat erklärt, dass derartige Begriffe zwar nicht verfassungswidrig sind,
sie aber den Gesetzestext nicht zumüllen dürfen. Das ist der Text:

Kunsturheberrechtsgesetz § 23 (1) 1.

(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet
und zur Schau gestellt werden:

1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;

Dreyer / Schulze: UrhG, Verlag C.H.Beck, München 2004,
kommentieren § 23 in Anlehnung an das Bundesverfassungsgericht
so:

> Zur Zeitgeschichte im Sinn des § 23 zählen Erscheinungen
> im Leben der Gegenwart, die von der Öffentlichkeit beachtet werden,
> bei ihr Aufmerksamkeit finden und Gegenstand der Teilnahme oder
> Wissbegier weiter Kreise sind ... Der Begriff ist jedoch nicht auf
> historisch bedeutsame Ereignisse beschränkt, sondern umfasst
> nach gängiger Definition jede Abbildung oder Darstellung
> einer Person, die ständig oder nur vorübergehend im
> Blickfeld eines Teils der Öffentlichkeit steht und an der
> die Allgemeinheit ein legitimes Informationsinteresse hat
> (vgl. auch wieder BVerfG GRUR 2000, 446,452 - Caroline
> von Monaco). Danach zählt zur Zeitgeschichte im weitesten
> Sinn das gesamte politische, soziale, wirtschaftliche und
> kulturelle Leben und was sonst Gegenstand der Aufmerksamkeit,
> Wissbegier oder Anteilnahme der Öffentlichkeit ist ...
> Das dauernde Interesse ist nicht Voraussetzung. Auch ein
> regionales oder nur lokales Interesse reicht entsprechend
> dem Zweck der Ausnahmeregelung aus.

Die Auseinandersetzung um das KUH-G ist ein Dauerbrenner.
Kronawitter hat es auch schon erwischt:
 http://de.indymedia.org/2005/01/104532.shtml
Ich vermute allerdings, dass das Verfahren gegen ihn eingestellt
wurde.

Insgesamt sind alle Datenschutzgesetze fragwürdig. Wenn eine
Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen einen bekannten
oder auch nur halbwegs bekannten Menschen verhängt
und der Betroffene einwilligt, weil er glaubt die Information
über den Strafbefehl käme nicht an die Öffentlichkeit,
hat er sich praktisch immer geschnitten.

Zeigt der Betroffene dann die Staatsanwaltschaft wegen Verletzung
von Datenschutzbestimmungen an, kommt aus der Staatsanwaltschaft
die Antwort, der persönlich Verantwortliche könne nicht festgestellt werden.

Darum:
Gleiche Informationsmöglichkeiten für alle!
Für eine offene Gesellschaft mit gleichen Chancen für alle!

Die Datenschutzbestimmungen sind durch Diskriminierungsverbote
zu ersetzen.

Neues Deutschland zum Prozess:

surfpunk 15.06.2006 - 22:55
16.06.06 Neues Deutschland

Vorsicht bei Zapfnix-Demo-Fotos
Polizisten-Klage vor Landgericht gegen kommentierten Schnappschuss im Internet

Von Anke Engelmann

Ein Schnappschuss könnte den Fotografen Bernd Kudanek teuer zu stehen kommen. Der ALG-II-Empfänger hatte auf der Zapfnix-Demo im Oktober 2005 einen Polizisten fotografiert, der gegen Demonstranten vorging, und das Bild, mit ironischen Kommentaren versehen, auf seine Internet-Seite gestellt. Dagegen hatte der Polizist geklagt. Alte Stahlhelme, Requisiten einer antimilitaristischen Theateraufführung, hatten den Zorn des Ordnungshüters hervorgerufen, stellten sie doch in seinen Augen eine passive Bewaffnung dar. Der Polizist hatte mit einer einstweiligen Verfügung reagiert, es folgten Straf- und Zivilklagen. Gestern sollte der Zivilprozess stattfinden, der Termin wurde jedoch ausgesetzt.
Dreh- und Angelpunkt ist für Anwalt Sven Richwin die längst überfällige Kennzeichnungspflicht für die Berliner Polizisten. Schließlich seien erst kürzlich die Ermittlungsverfahren zu Polizei-Übergriffen auf derselben Zapfnix-Demo eingestellt worden – die Täter konnten wegen mangelnder Kennzeichnung »nicht namhaft gemacht werden«, begründete das Gericht. Vor diesem Hintergrund sei nicht zu verstehen, dass Fotografen verfolgt würden, die rechtswidrige Polizeimaßnahmen dokumentieren, sagte Richwin – rechtswidrig, weil Theaterrequisiten nicht unter das Schutzwaffenverbot fielen.
Grundsätzlich seien Demo-Fotos erlaubt, das schließe auch Polizisten ein, erläuterte der Anwalt. Allerdings sollten Hobbyfotografen vorsichtig sein mit Porträtaufnahmen von Ordnungshütern – nur wenn der fotografierte Beamte an einem spektakulären Ereignis beteiligt sei und damit zu einer Person der Zeitgeschichte werde, sei ein solches Bild erlaubt. »Unseres Erachtens war das so«, erläuterte Richwin.
Für Kudanek kann der ganze Spaß teuer werden. Auf 7500 Euro hat das Gericht den Streitwert festgesetzt und ihm eine Prozesskostenbeihilfe wegen mangelnder Aussicht auf Erfolg verweigert – das selbe Gericht, das unter Richter Mauck über den Fall entscheiden soll. Doch der ist vielleicht bald weg vom Fenster, denn die Kammer muss nun entscheiden, ob er befangen ist: Auf den Antrag, für Kudanek, dessen Hörvermögen erheblich eingeschränkt ist, eine Mikrofonanlage zur Verfügung zu stellen, habe das Gericht lediglich mit einem »Schulterzucken« reagiert, so der Anwalt.

 http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=92101&IDC=5

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andres Datum — GFKPTH

Prozessbeobachter — Roland Ionas Bialke

@GFKPTH — bjk

@bernd das brot — rudi

Stuttgart ist doch Berlin! — SWSG-Mieter X

Juhuu — Der Grummel

@alle — Bernd Kudanek alias bjk