Der Protest hält an: Ein Tag in Grenoble

rêve generale 06.04.2006 22:31 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Am 5. nationalen Protesttag vergangenen Dienstag beteiligten sich in Frankreich zwischen 1 Million und 3,5 Millionen Menschen an den landesweiten Kundgebungen. Es waren somit noch etwas mehr als bei den Grossdemonstrationen vor einer Woche. In Grenoble gingen nach Polizeiangaben 28 000 Demostranten auf die Strasse, die Gewerkschaften sprechen von über 60 000. Im Anschluss kam es dann zur gewohnten "manif sauvage"
(wilde Demo)
Die Demo am 4. April, zur der Gewerkschaften, Schüler- und Studentenverbände aufgerufen hatten, war wohl eine grössten, die Grenoble in den letzten 30 Jahren gesehen hat.
Diesmal endete der Zug vor der Präfektur, die mit Absperrzäunen und einer knappen Hundertschaft CRS (Spezialeinheit der Französischen Polizei)
bestückt war. Nachdem die Demo um 14.00 Uhr offiziell beendet war, bagaben sich kleinere Grüppchen ins Stadtzentrum, um sich zu einem unangemeldeten Demostrationszug zu formieren.
Nach der letzten Grossdemonstration in Grenoble(28.4.), waren es noch zwischen 1000 und 2000 gewesen, die sich im Anschluss versammelt hatten. Bevor sie überhaupt in die Innenstadt gelangen konnten, wurden sie direkt mit Tränengas eingedeckt. Dieses Spielchen aus Dispersion der Menge, bei denen die Sondereinheiten auch "flash-balls" (Gummigeschosse) einsetzte und Re-Gruppierung, gefolgt von einigen fliegenden Flaschen und Steinen setzte sich in Einkaufszone und vor dem Bahnhof bis in die Abendstunden fort. Nicht wenig unbeteiligte Passanten bekamen hierbei was von dem Gas ab.
Am gestriegen Dienstag verhielten sich die CRS jedoch zu Beginn ungewohnt zurückhaltend bzw. waren gar nicht zu sehen, sodass sich relativ schnell ein mâchtiger Zug von schätzungweise 5000 Menschen im Zentrum sammelte. Das wurde einerseits als Order gedeutet um Bilder wie in der Vorwoche zu vermeiden anderseits als Folge der beeindruckenden Menge die relativ schnell zusammenkam.
Interessant war auch zu sehen das dieser Zug wesentlich bunt gemischter war, als noch vor einer Woche. Neben Schülern, Studenten, Anarchisten, Automen beteiligten sich auch viele ältere Meschen und Gewerkschafter (z.T. mit physiologischen Serum und Skibrille gegen das Tränengas ausgerüstet) ohne das eine Mehrheit auszumachen gewesen wäre.
Die Bunte Menge bewegte sich nun gut gelaunt und relativ ziellos durch die Innenstadt. In der Haupteinkaufstrasse kam es zur ersten Konfrontation mit ca. 50 CRS, die sich trotz einiger fliegenden Flaschen jedoch weiterhin ruhig verhielten.
Spontan ging es weiter Richtung Autobahnauffahrt, auf der anderen Flussseite, die das verkehrliche Nadelör der Stadt darstellt. Diese wurde für über eine Stunde blockiert. Das weitere Vordringen auf die Autobahn wurde jedoch durch einen rigiden Tränengaseinsatz verhindert.
Mittlerweile hatte die Polizei Ihre Zurückhaltung abgelegt, war auf die Hauptbrücke vorgedrungen und hatte diese und somit den Rückzugsweg in das Stadtzentrum abgeriegelt. Nachdem die ca. 50 CRS auf der Brücke ungefähr 3000 Demonstranten gegenüberstanden, die zurück in die Stadt wollten entschlossen sie sich zur Offensive und warnten die Menge mit Leuchtmunition vor einer Tränengas und Flashball-attacke. Diese liess auch nicht lang auf sich warten und wurde grosszügig in die Menge geschossen. Viele der noch blockierten Autofahrer und die angrenzenden Restaurant wurden somit einbezogen. Einige Demonstranten flüchteten panisch in einen nahegelegenen Kindergarten. Die zwischen einem Bergmassiv auf der einen Strassenseite und dem Fluss auf der anderen eingekesselte Menge wurde nun systemisch den Fluss entlang zurückgedrängt. Inzwischen waren alle 4 Brücken Richtung Stadtmitte durch die CRS blockiert. Nach ungefähr zwei Stunden gelangte die "manif sauvage" schliesslich mittels die fünfte Brücke über die Isère. Die verbliebenen 1000 Demonstranten lieferten sich nun noch ungefähr zwei Stunden lang im Zentrum Scharmützel mit der Polizei.

Am Tag danach wurde in der Uni die wöchentliche Generalversammlung abgehalten, um über den Fortgang der Blockade der hiesigen Universitäten abzustimmen. Die drei städtischen Unis sind seit vier Wochen völlig blockiert (ein Teil auch besetzt), sodass kein Lehrbetrieb stattfindet. Ca. 2300 stimmten für die Fortsetzung der Blockade bis nächste Woche Mittwoch knapp 1500 dagegen (von knapp 60000 Studenten).
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Ergänzungen