Aubonne - Prozess

anarcho 11.02.2006 20:58 Themen: Globalisierung Repression
Vom 13. bis 15. Februar werden drei Richter den Prozess gegen die beiden
Polizeibeamten führen, die um ein Haar einen englischen Aktivisten und eine
deutsche Aktivistin getötet hätten, als sie deren Kletterseil während der
Proteste gegen den G8 in Evian, 2003, durchtrennten. Mehr als 25 Zeugen,
eingeschlossen Führungskräfte der Polizeizentrale sowie Aktivisten von der
Brücke werden während des Prozesses in Nyon befragt werden. Zentrale Frage wird
sein, welche Befehle gegeben wurden und wer wann welche Informationen hatte. Das
Urteil wird vorraussichtlich am Donnerstag oder Freitag verkündet.
Drei Jahre lang wurde starker öffentlicher und juristischer Druck ausgeübt, der
Fall wurde im Parlament thematisiert, Einspruch beim höheren Gericht eingelegt
und eine breit angelegte Kampagne verfolgt, um die Entscheidung des
Untersuchungsrichters, den Fall zu archivieren, hinfällig zu machen und
Repression zu thematisieren. In der Regel geniesst die Schweizer Polizei eine
weitgehende Straflosigkeit in Fällen von Brutalität oder Inkompetenz. Es ist
mehr als 20 Jahre her, dass sich Polizisten vor einem Gericht dieser
Rangordnung verantworten mussten.

Einer der beiden Angeklagten ist der Polizeiobermeister Claude Poget aus dem
Schweizer Kanton Waadt. Er war Einsatzleiter auf der Brücke und wird damit
belastet die lebensgeführliche Situation auf der Brücke erzeugt zu haben indem
entscheidende Sicherheitsvorkehrungen und -anweisungen missachtet wurden. Der
andere Angeklagte ist Michael Deiss aus Schaffhausen, der Beamte, der das Seil
durchschnitten hatte. Er war als Fahrer eingesetzt und im Umgang mit
Demonstranten überhaupt nicht handlungsbefugt.

Beide sind angeklagt werden fahrlässiger schwerer Körperverletzung. Für einen
der Kletterer, Martin Shaw, bedeutete dies gebrochene Rückenwirbel, Beckenbruch
und einen Splitterbruch des linken Fusses. Er wird sich nie vollständig von
seinen Verletzungen erholen und seine Arbeit als Elektriker wieder aufnehmen
können. Die zweite Kletterin litt mehr als ein Jahr lang unter
posttraumatischen Belastungsstörungen.
Beide sind Nebenkläger in diesem Verfahren.

Die Aktivisten und ihr Anwalt, Jean-Pierre Garbade, sind überzeugt davon, dass
mehr als nur Fahrlässigkeit im Spiel war. "Wir werden vor Gericht zeigen, dass
die Polizei wusste, dass KletterInnen unter der Brücke hingen, bevor Poget und
Deiss am Einsatzort eintrafen", sagte der Anwalt.

"Sie hatten von Anfang an nur ein einziges Ziel - den G8-Konvoi durchzubringen,
koste es, was es wolle. Der Einsatzleiter sagte klar und deutlich - es ist mir
egal, ob sich die Kletterer den Hals brechen!", erinnerte sich eine Aktivistin
der Aubonnebridge-Gruppe, die vor Gericht aussagen wird.

Jean-Pierre Garbade reichte eine Verschärfung der Anklage ein, die zum einen
Köperverletzung mit "dol eventual", beinhaltet, das heisst, dass die
Angeklagten das Risiko, die beiden Aktivisten zu töten, bewusst eingegangen
sind. Zum anderen erhöht sie die Anklge auf Lebensgefährdung, begründet
dadurch, dass die Polizei alle von den Aktivisten getroffene
Sicherheitsvorkehrungen auf der Brücke zerstörten.

"Die Art und Weise, wie sich die Polizei auf der Brücke verhalten hat, spiegelt
wider, wie sich der G8 verhält, wenn er seine neoliberale Politik durchdrückt -
ohne jeglichen Respekt für Leben. Geld und Macht sind wichtiger als Mensch und
Natur", sagte Martin Shaw.

Gesine Wenzel sagte, "Ihre systematische Repression ist eine logische Reaktion
auf den wachsenden Widerstand gegen globalen Neoliberalismus. Wir haben die
Vision einer Welt, in der Menschen frei und selbstorganisiert leben. Unsere
Sehnsucht danach und unsere Solidarität geben uns die Kraft dafür zu kämpfen."

Fotos in hoher Auflösung und Video auf: www.aubonne.ch.vu

[Gruppe Aubonne Support - 9. Februar 2006]
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mhhh.. gute frage — klausmaus