Streikende blockieren Gate Gourmet

wildcat Koeln 18.11.2005 20:00 Themen: Soziale Kämpfe
Mit Schmierkäse gegen Streikbrecher.
Seit 43. Tagen wird beim Catering-Unternehmen Gate Gourmet am Düsseldorfer Flughafen gegen die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und die Senkung der Löhne gestreikt. Das Unternehmen setzt Streikbrecher aus anderen Gate Gourmet-Standorten und von Zeitarbeitsfirmen ein (siehe unten die Links zum Hintergrund des Streiks).
Als heute (18.11.) Mittag gegen 11:30 Uhr ein Gate-Gourmet-LKW mit Bordverpflegung für ein Flugzeug vom Gelände fahren wollte, wurde er von etwa 70 Streikenden und einigen UnterstützerInnen blockiert. Der LKW-Fahrer, ein Streikbrecher aus einem anderen Gate Gourmet-Standort, fuhr rücksichtslos langsam weiter, aber die Streikenden drückten von vorne dagegen. Von Gate Gourmet eingesetzte Security-Leute von der Firma Chevalier versuchten die Leute wegzuziehen und zu prügeln, konnten sich aber nicht durchsetzen. Auf ihrer Webseite wirbt diese Sicherheitsfirma (Chevalier Sicherheit GmbH, Manfred Liebe, Tannenstraße 48, 47798 Krefeld) mit dem Slogan „Der ritterliche Sicherheitsdienst“ – gegenüber den Streikenden verhielten sie sich wie dahergelaufene Schläger und hielten sich erst etwas zurück, als die Polizei eintraf. Die Gewerkschaft hält sich vor, Strafanzeige gegen einige von ihnen zu stellen.

Die Dreistigkeit des übereifrigen LKW-Fahrers, einfach weiterzufahren, obwohl sich einige der Streikenden auf den Boden vor ihm gesetzt hatten, steigerte nur noch die Wut und Entschlossenheit der ArbeiterInnen. Die Vorderfront des LKW wurde in Mitleidenschaft gezogen, von hinten flogen Äpfel, Speiseeis und Obstquark. Als schließlich die Windschutzscheibe mit Schmierkäse (Fettstufe 40 Prozent i.Tr.) eingerieben wurde und der Fahrer nichts mehr sehen konnte, gab er unter dem Jubel der Streikenden auf und fuhr den verschönerten LKW zurück. Am Tag zuvor hatten die Streikenden Besuch von einer Delegation aus Bayern, vom Südzucker-Werk in Ochsenfurt, bekommen, die ihnen einen herzhaften Gruß aus den Allgäuer Käsereien mitgebracht hatten. Alles Käse – oder was?

Jetzt kam die Polizei und rief die Leute nach einiger Zeit auf, den erneut heranfahrenden LKW durchzulassen. Die Streikenden versuchten wieder, den LKW zu blockieren. Es gab erneut Rangeleien, und die Leute ließen sich erst abdrängen, als die Polizei sofortige Festnahmen androhte.

Über eine Stunde lang hatten es die Streikenden geschafft, die Aus- oder Einfahrt der LKWs von Gate Gourmet zu blockieren. LKWs des Konkurrenzunternehmens LSG (die weltweit größte Catering-Firma für Airlines) fuhren teilweise bewusst langsam vorbei und hupten als Zeichen ihrer Solidarität. Seit Beginn des Streiks waren immer wieder Kollegen von LSG vorbeigekommen und hatten die Streikenden ermuntert, denn durch die Billigkonkurrenz von Gate Gourmet sind langfristig auch ihre Jobs und zur Zeit noch besseren Arbeitsbedingungen gefährdet. Durch die einstündige Unterbrechung der Anlieferung dürfte Gate Gourmet einige Probleme gehabt haben, die Airlines pünktlich zu beliefern, die bei verspäteten Abflügen hohe Konventionalstrafen zahlen müssen.

Die Streikenden haben lange genug zugesehen, wie Gate Gourmet den Streik durch den Einsatz von Streikbrechern und Anlieferungen von anderen Standorten unterläuft. Heute haben sie gezeigt, dass sie dass nicht mehr länger hinnehmen wollen und sich auch von ein paar Schlägertypen eines Sicherheitsunternehmens nicht vom entschlossenen Handeln abhalten lassen.

Links:

 http://de.indymedia.org/2005/10/131034.shtml
 http://de.indymedia.org/2005/11/132243.shtml

Hier findet ihr auch weitere Links, u.a. zum Gate Gourmet-Streik in London-Heathrow im vergangenen Sommer, und eine Liste der Gate Gourmet-Standorte.
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Ergänzungen

Gate Gourmet: LKW fährt in Menschenmenge

PM - NGG v. 18.11.05 21.11.2005 - 06:04
Eskalation beim Streik Gate Gourmet: LKW fährt in Menschenmenge

Zu Beginn der siebten Streikwoche beim Airline-Caterer Gate Gourmet am Flughafen in Düsseldorf kam es heute zu einer gefährlichen Eskalation, als ein LKW von Gate Gourmet ohne Rücksicht auf Verluste in eine Gruppe von rund 90 Streikenden und Passanten, die sich über den Streik informieren wollten, hineinfuhr.

Am späten Vormittag verzögerte sich die Belieferung der Flugzeuge erheblich, da sich zahlreiche Menschen bei den Streikenden einfanden, um sich über den aktuellen Verlauf des Streiks zu informieren und eine Delegation von 40 Streikenden zu verabschieden, die heute als Ehrengäste zur Feier des 140. Geburtstags der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten nach Hannover fahren.

Von Gate Gourmet angeheuerte Sicherheitskräfte versuchten darauf hin, eine Schlägerei anzuzetteln. LKWs versuchten mit unglaublicher Aggressivität, sich durch die Menschenmenge einen Weg zum Fughafen zu verschaffen. Nur Dank der besonnenen Reaktion der Gewerkschaft NGG und der Streikenden wurde niemand ernsthaft verletzt.

Die Menschen vor Ort waren fassungslos. „Offenkundig liegen die Nerven auf Seiten der Geschäftsführung von Gate Gourmet blank. Dass man jetzt sogar Menschenleben gefährdet, um seinen Willen durchzusetzen, sprengt das erträgliche.“ erklärte Dieter Schormann, Geschäftsführer der NGG in Düsseldorf.“

Die Gewerkschaft NGG erwägt, Strafanzeige wegen versuchten Totschlags zu stellen. Am Montag wird ein Gespräch zwischen dem Landeschlichter, Bernhard Pollmeyer, dem Verhandlungsführer von Gate Gourmet, Herrn May und Dieter Schormann von der NGG stattfinden. „Wir können Gate Gourmet nur eindringlich auffordern, solchem Treiben ein Ende zusetzen und mit uns an einer Verhandlungslösung zu arbeiten. Klar ist: Die Beschäftigten werden nicht klein bei geben. Wir appellieren auch an die Flughafengesellschaft und die LTU, als Hauptkunden von Gate Gourmet, auf das Unternehmen einzuwirken, damit eine Lösung gefunden wird!“

Weitere Infos:  http://www.ngg.net oder  http://www.iuf.org.

Fotos können unter der e-mail  lbz.nordrhein-westfalen@ngg.net abgefordert werden.

Der Streik findet statt vor der Firma Gate Gourmet GmbH West, Flughafen Düsseldorf, Halle 8a.

V.i.S.d.P. Gewerkschaft NGG Region Düsseldorf-Wuppertal


Hintergrundinformation zum Streik bei Gate Gourmet, Flughafen Düsseldorf, Halle 8a

Die Forderung der NGG und die Haltung des Arbeitgebers:
Der Entgelttarifvertrag wurde von NGG im Mai 2005 gekündigt. NGG fordert eine Entgelterhöhung von 4,5 Prozent. Gate Gourmet weigert sich, ein Angebot vorzulegen und kündigt im August 2005 den Manteltarifvertrag. Zur Senkung der Personalkosten soll die Wochenarbeitszeit angehoben werden, der Urlaubsanspruch auf 25 Tage reduziert und die Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit abgebaut werden.

In den vergangenen zwei Jahren haben die Beschäftigten durch einen Sanierungstarifvertrag mit dem befristeten Verzicht auf 50 Prozent der Jahressonderzahlung und einer Reduzierung der Zuschläge für Sonn-, Nacht- und Feiertagsarbeit bereits zur Unternehmensgesundung beigetragen. Da Verträge einzuhalten sind, erwarten sie nunmehr wieder die vollen zugesagten Leistungen.

70 Prozent der Belegschaft im Streik
Nach einem Warnstreik im September findet am 04. Oktober die Urabstimmung statt. 93 Prozent der Kolleginnen und Kollegen sprechen sich für einen Arbeitskampf aus. Am 07. Oktober um 03.00 Uhr treten über 80 Kolleginnen und Kollegen – das sind rund 70 Prozent der Belegschaft - in den unbefristeten Streik.

Gate Gourmet – dahinter steckt die Texas Pacific Group
Mit 113 Airport Küchen und 22.000 Beschäftigten ist Gate Gourmet der zweitgrößte Flugcaterer der Welt. Die Firma gehört ursprünglich zur Schweizer Swissair und übernahm 1987 das Catering von Britisch Airways. Hauptkunde von Gate Gourmet West in Düsseldorf ist die LTU, darüber hinaus werden Air France, Iberia. Air Maroc, Türkisch Airlines, Skandinavien Airlines, DBA, und Aegypt Air beliefert.

Seit dem Konkurs von Swissair 2002 ist die Firma im Besitz der in den USA beheimateten Texas Pacific Group. Deren rücksichtloses Vorgehen, wenn es darum geht die Renditen für ihre Anleger zu steigern, ist Hintergrund der starren Haltung des Arbeitgebers. So war es schon beim Streik der Gate-Gourmet Beschäftigten am Flughafen in London/Heathrow, der zu chaotischen Zuständen im Flugverkehr geführt hatte. Die Texas Pazific Group ist eine klassische „Heuschrecke“, d.h. sie hat sich darauf spezialisiert, Firmen mit gutem Namen aufzukaufen, ohne Rücksicht auf die Beschäftigten umzubauen und dann mit Gewinn wieder zu verkaufen. Schon der erste Deal von Texas Pazific 1993 war spektakulär. Die notleidende Firma Continental wurde übernommen und nach einigen Jahren mit einem Plus von 950% wieder verkauft.

„Das ist der wahre Kern der „Heuschrecken-Diskussion“, erläutert Dieter Schormann, Geschäftsführer der NGG in Düsseldorf: „Wenn Finanzunternehmen Firmen auf Kosten von Qualität und Arbeitsbedingungen auspressen um höhere Gewinne für ihre Anleger zu erzielen dürfen wir nicht tatenlos zuschauen. Dieses Gebaren gefährdet Arbeitsplätze, weil im Bestreben der Kostensenkung das operative Geschäft leidet.“

Auswirkungen
Schon jetzt übersteigen die Kosten des Streiks die Lohnforderung der NGG um ein vielfaches. Eine Lohnerhöhung von 4,5 Prozent würde das Unternehmen rund 100.000 € im Jahr kosten. Dagegen stehen Umsatzeinbußen durch mangelhafte Belieferung, Kosten für den Einsatz der Securitiy-Firma, Leiharbeitnehmer, Hotel- und weitere Zusatzkosten für die aus anderen Niederlassungen von Gate Gourmet entsandten Streikbrecher
Weiterhin gibt es erhebliche Auswirkungen bei der Bordverpflegung, die Passagiere werden seitens der betroffenen Fluglinien über den Streik des Cateringunternehmens informiert, teilweise wird eine „Notverpflegung“ gereicht.

Internationales Interesse und Solidarität
Die Gewerkschaft NGG hat den Protest gemeinsam mit ihrem Dachverband der internationalen Gewerkschaft der Lebensmittel- und Hotelarbeiter (IUL) dazu aufgerufen, Protestschreiben and die Zentrale in Deutschland, die europäische Muttergesellschaft in der Schweiz und die Texas Pacific Group zu schicken. Täglich treffen Solidaritäts- und Protestschreiben aus aller Welt bei den Streikenden ein. Konflikte mit Gate Gourmet gibt es weltweit.

Ich glaub's nicht

Blöder Kofferlader 25.11.2005 - 16:14
Hey Rosa,

was stellst Du den da für nen Typen vor. Ich aste seit Jahren als Kofferlader in Hamburg und kenn auch nen paar Fahrer von Caterern. Aber die wie auch ich können es uns nicht leisten andauernd in Urlaub zu fliegen. Ich hielt dein geschreibsel ja erst fürn Fake aber nach Besuch auf der NGG-Seite stellte ich fest diese Type gibts wirklich. Die müssen ja wirklich alle dort in Düsseldorf am Hungertuch nagen. Also wir in Hamburg streiken jetzt auch dafür das wir jedes Jahr zweimal nach Thailand können.
Wahrscheinlich fahren die Streikenden alle ne E-Klasse um sorgen sich darum das die nächste Karre hoffentlich wieder nen Daimler ist.
Ich komme nDüsseldorf wenn ich nicht im Lotto gewinne.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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LSG — JüLa

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streikender — streikende

Festgefahren — Bastian

Das find ich gut — Bastian