Journalistenerklärung zur aaa-Durchsuchung

randbild 24.08.2005 17:42 Themen: Medien Repression
Öffentliche Erklärung von Journalisten zur Beschlagnahme von geschützten
Daten der Zeitschrift "anti atom aktuell" (aaa)
24. August 2005

Öffentliche Erklärung von Journalisten zur Beschlagnahme von geschützten
Daten der Zeitschrift „anti atom aktuell“ (aaa)

Auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Lüneburg durchsuchten am 11. August 2005 etwa
30 Polizisten die Redaktionsräume der Zeitschrift „anti atom aktuell“ im wendländischen
Tollendorf und beschlagnahmten Computer, CD-ROMs, Disketten und Schriftstücke.
Als Grund für diese Durchsuchung gibt die Staatsanwaltschaft an, dass einer der Bewohner
des Hauses, der auch Redakteur der aaa ist, über eine Internetseite des sogenannten
„Prekär-Camps“ zu strafbaren Handlungen aufgerufen habe.

Unabhängig von den Vorwürfen bezüglich des Prekär-Camps stellen wir fest:

Die Zeitschrift „anti atom aktuell“ steht in keinerlei Beziehung zu besagter Internetseite.
Daher verletzt die Durchsuchung der Redaktionsräume und die Beschlagnahme von
Datenträgern das Grundrecht auf Pressefreiheit.
Als Journalisten und Fotografen haben wir der aaa Beiträge geliefert. Somit sind auch wir
von der Beschlagnahmeaktion betroffen. Die Staatsanwaltschaft hat sich ohne rechtliche
Grundlage geschützte Daten angeeignet. Der Informantenschutz und das
Zeugnisverweigerungsrecht schützen jounalistische Arbeit. Dies aber wird in eklatanter
Weise untergraben. Der Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Medien und
Informanten wird durch die Durchsuchungsaktion in den Redaktionsräumen der aaa
empfindlich gestört.
Wird die Informationsbeschaffung behindert, ist die Pressefreiheit, und damit unsere
Aufgabe der öffentlichen Kontrolle und auch der Kritik, massiv eingeschränkt.
Insbesondere in der Rolle als PressefotografInnen sind wir ebenfalls auf dieses
Vertrauensverhältnis angewiesen. Die fotografierten Personen müssen sich darauf
verlassen können, dass mit den Fotografien kein Missbrauch betrieben wird. Gelangen diese
auf widerrechtliche Weise in den Zugriff von Ermittlern, so drängt sich der Verdacht einer
missbräuchlichen und widerrechtlichen Nutzung geradezu auf. Trotz klaren rechtlichen
Schutzes können wir praktisch aber keine Informationssicherheit mehr garantieren.
Die seit Jahren existierende Zeitschrift „anti atom aktuell“ ist als Sprachorgan der Anti-Atom-
Bewegung bundesweit bekannt. Bei der Akribie, mit der Polizei- und Verfassungsschutzorgane
diese Bewegung bis ins Detail observieren, erscheint es uns unglaubwürdig, wenn
der Sprecher der Staatsanwaltschaft Lüneburg behauptet, das Vorhandensein von
Redaktionsräumen der aaa in Tollendorf sei der Staatsanwaltschaft nicht bekannt gewesen.
Wir fordern von der Staatsanwaltschaft die sofortige Herausgabe unserer Datenträger und
eine öffentliche Entschuldigung für deren widerrechtliche Beschlagnahme. Ferner fordern wir
eine schriftliche Versicherung darüber, dass dieses Material in keinerlei Weise von der
Polizei oder sonstigen staatlichen Behörden ausgewertet oder gar gespeichert wurde.

Gezeichnet von:
Gisela und Joachim Petersen, Pressefoto subkontur, Lüneburg
Timo Vogt, randbild-pressefoto, Lüchow-Dannenberg
Ingrid und Werner Lowin, Lüchow-Dannenberg
Bundesverband Arbeiterfotografie, Köln
Hinrich Schultze, Hini-Foto, Hamburg
Günter Zint, Pan-Foto, Hamburg
Markus Golletz, Hannover
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Ergänzungen

weitere hintergründe

ape 24.08.2005 - 19:50
in der aktuellen Jungle World,
hier: