Bolivien: erneut Proteste

Yorck 59 in Berlin bleibt ! ;-)) 31.05.2005 01:01 Themen: Globalisierung Weltweit
In den letzten Tagen haben in Bolivien wieder massive Proteste und Blockaden auf den Strassen Boliviens stattgefunden. Am 25. Mai haben Tausende aus den Dörfern mehrerer Provinzen auf dem Altiplano im Regierungszentrum protestiert. Das Regierungsgebäude ist vom Militär abgeriegelt. Die Protestierenden wurden eingekesselt und mit sehr viel Tränengas und Schockgranaten auseinandergetrieben. Demonstrierende Minenarbeiter, die Dynamit ins Stadtzentrum mitbrachten, hatten mehrere Verletzte zu beklagen. Es gibt Gerüchte dass es einen Militärputsch geben könnte.

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Zwei Oberstleutnants, die im Fernsehen die Soldaten zu einem Militärputsch aufriefen wurden vom Dienst suspendiert. Dennoch sind die sozialen Bewegungen über das Gerücht eines militärisch-zivilen Putsches beunruhigt.

Bei den immer wieder aufflammenden Aufständen geht es längst nicht mehr alleine um die Forderung nach der Verstaatlichung der Erdgasvorkommen, wie die mainstream-Medien gerne behaupten, sondern um Widerstand gegen die neoliberale Politik der Regierung, ähnlich wie in anderen lateinamerikanischen Ländern. Bei den Protesten im Oktober 2003 musste der damalige Präsident Gonzalo Sanchez de Lozada zurücktreten (indymedia berichtete ;-)), es waren mehr als 70 Tote zu beklagen.

Auf jeden Fall ist erneut ein breiter Protest über das ganze Land im Gange (eine kleine Pause erfolgte am vergangenen Donnerstag, ein Feiertag), Zufahrtstrassen nach La Paz sind blockiert, weitere Demonstrationen sind in den nächsten Tagen geplant. Beteiligt sind nebst der Bevölkerung von El Alto (eine ärmere Stadt auf einer Hochebene gleich oberhalb von La Paz), der MAS viele weitere indigena-Organisationen, Coca-BäuerInnen, GewerkschafterInnen, LehrerInnen, usw.


Steht Bolivien vor einem Staatsstreich? ARD (Tagesschau)
Militärisch-ziviler Putsch geplant (engl.): http://narcosphere.narconews.com/story/2005/5/25/16462/4758
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Ergänzungen

Proteste nur in LaPaz und Umgebung

El Viajero 31.05.2005 - 17:41
Nanana,

Die Proteste finden bis jetzt nur in und um LaPaz - el Alto statt.
Im rest des Landes gibt es noch keine groesseren Proteste.
Letzte woche fand zwar in Cochabamba (4 Busstunden von La Paz entfehrnt und 3 Groesste Stadt Boliviens) ebenfalls eine KLEINE Strassenblockade statt aber die loesste sich sehr schnell wieder auf. Mir wurden Bilder davon gezeigt, ausser einem Transpi dass ueber die strasse gespannt wurde und einem brennenden Autoreifen war da nix. Dessweiteren haengt am Hauptplaza von Cochabamba ein grosses Transpi von nem Haus runter welches sich ebenfalls gegen die Ausbeutung der bolivianischen Rohstoffresourcen, durch NeoliberaleKonzerne, richtet.

In Santa Cruz der Stadt in der die Hauptindustrie (vorallem Oel) sitzt war gestern auch alles ruig, es gab auch keinerlei Anzeichen dafuer, dass dort Blockaden statt fanden oder statt finden werden.

Im Gespraech mit einem Einheimischen Studenten, erfuhr ich, dass die Protestierer nur dann gute Aussichten haben, wenn sie es schaffen die Proteste auf das ganze Land auszurichten. Was bis jetzt ja eben nicht der Fall ist.
Dazu kommt ja noch, dass gerade die Bonzen in der Region um SantaCruz genau dass Gegenteil von dem wollen was die Demonstranten in und um LaPaz fordern. Naemlich nicht die Verstadlichung sondern die weitere Oeffnung des Rohstoffmarktes.

soweit meine Eindruecke

trotzdem bleibt ja noch die Hoffnung

Update - Dienstag, 31.Mai

nobody knows my name 31.05.2005 - 20:35
Auch heute kam und kommt es zu großen Demonstration in La Paz, wo der Kongress am Nachmittag tagt.
Die Polizei hat das Gebiet um das Kongressgebäude abgeriegelt da man Störungen der Sitzung befürchtet. Geschäfte in der innenstadt haben angesichts der Proteste geschlossen.

Die Sitzung im Kongress hat heute die Autonomiebetrebungen des Santa Cruz Bezirks auf dem Tagesplan. Der Hauptkritikpunkt der Demonstranten, neben diesen Autonomieversuchen von Santa Cruz,das vor 2 wochen beschlossenen Energiegesetz, wird heute nicht behandelt.

Proteste nehmen zu!

Yorck 59 muss bleiben!!! 31.05.2005 - 20:40
Gestern am 31.05 gab es hier in La Paz 5 grosse Demonstration von verschiedenen Gruppen (Mienenarbeiter, die Bevoelkerung von El Alto, Leher....)
Als Aussenstehender Betrachter kann ich nur sagen, es waren mehrere Hunderttausende, welche aus dem ganzen Land zusammen kamen, da sie zum groessten in Districto Bloecken liefen. Die Leute auf der Strasse haben etwas von ueber 1er Million erzaehlt. Die Stadt ist aber zu unuebersichtlich um genauere Angaben zu machen.
Auf jeden Fall war die komplette Innenstadt blockiert und der komplette Verkehr lag fuer mehrere Stunden lahm.Die Proteste gingen, bis auf eine kleine Pause am frueh Abend, bis spaet in die Nacht.
Heute morgen wurde man dann von Feuerwerk und Dynamit geweckt. Die Strassen sind zur Zeit wieder voll von Menschen, die Hauptplaetze sind blockiert und es wurden mehrere Blockaden in der Innenstadt errichtet, welche von den Bullen teilweise massiv mit Traenengas beschossen werden.
Seit heute knistert die Luft, gestern war es eindrucksvoll soviele Menschen gemeinsam auf der Strasse zu sehen, aber es feehlte ein wenig die Entschlossenheit der Leute zum Presidentenpalast zu gelangen. Momentan ist davon allerdings nichts mehr zuspueren, die Hauptparolen fordern den Ruecktritt Mesa's. Es wird mit viel Dynamit umsich geworfen und die Strassen riechen nach Traenengas. Sowie es zur Zeit aussieht werden die Proteste auch noch anhalten.
Mehr vielleicht in Kuerze

Proteste in Boliland

Teichpirat 02.06.2005 - 20:37
Ich leben nun seit knapp 9 Monaten in El Alto und bekomme die Proteste doch recht hautnah mit.
Auch wenn ich mit den Forderungen der Demonstranten mehr als uebereinstimme scheint mir doch die Art und Weise der Proteste nicht als angebracht.
Ich lehne keineswegs Strassenblockaden und Konfrontationen mit der Polizei ab.
Jedoch legen die Demonstranten mittlerweile eine massive Agresivitaet, auch gegen unbeteiligte, an den Tag.
So kommt es immer wieder zu Angriffen auf Bolivianer die von El Alto runter nach La Paz (z.B. zur Arbeit) wollen.
Diese Leute (unter anderen gute Bekannte von mir) als Streikbrecher zu bezeichnen ist in anbetracht der Situation vieler Menschen hier nicht richtig. So kann der Verlust eines Wochengehalts fuer einen Bewohner von El Alto schon ernsthafte Probleme bedeuten.
Davon abgesehen das auch viele Sozialprojekte, durch die Blockaden, in ihrer Arbeit behindert werden.
Auch ist mittlerweile ein offener teils latenter Rassismus gegen fast alle "Gringos" (Auslaender) zu verzeichnen.
So wurde ein Freund von mir grundlos in der Innenstadt von mehreren Demonstranten angegriffen.
Fuer viele Demonstranten scheinen die Proteste nur eine Moeglichkeit ihre aufgestaute Wut und Frustration raus zu lassen. Das es aber viel mehr darum geht die Bevoelkerung ( auch die der Stadt) hinter sich zu bringen und in einer Bewegung gegen neoliberale Politik zu vereinen die wirklich etwas veraendert, scheint vielen nicht klar oder egal zu sein.


Wenn die demonstranten wirklich , wie sie behaupten, fuer das Volk sprechen, muessen sie ihrer Demonstartionsform ueberdenken und mehr auf einen Dialog mit der (Stadt)Bevoelkerung setzen.
Was nicht heissen soll das sich an Staerke und Power der Proteste etwas aendern sollte.
Es ist jedoch klar das sich in Bolivien nur etwas aendern kann bzw. ein Militarstreich verhindert werden kann, wenn sich die gesammte Bevoelkerung vereinigt.

Momentan fehlt den demonstranten einfach die Legitimation sich als Volksbewegung zu bezeichnen und somit auch die Legitimation ihre Forderungen mit Gewalt durchzusetzen.

siehe auch:

at.indy 09.06.2005 - 17:28
feature auf at.indymedia.org:  http://at.indymedia.org/newswire/display/54014

updates aus den nacronews von Al Giordano:  http://narcosphere.narconews.com/notebook/algiordano